Entscheidungsdatum
02.07.2018Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
G313 2199428-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2018, Zl. XXXX, und gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 08.06.2018 zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der Schubhaftbescheid vom 06.06.2018 ersatzlos behoben.
Gleichzeitig wird festgestellt, dass die Anhaltung des BF in Schubhaft seit 08.06.2018, 14:50 Uhr, für rechtswidrig erklärt wird.
II. Der Bund (BFA) hat dem Beschwerdeführer zu Handen des ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in der Höhe von 737,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 06.06.2018 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
3. Am 28.06.2018 langte die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1.
Auf den Verfahrensgang im gegenständlichen Bescheid wird verwiesen.
Am 25.06.2010 wurde von der zuständigen Bundespolizeidirektion aufgrund von strafrechtlichen Verurteilungen des BF im Bundesgebiet gegen den BF ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, welches aufgrund unmittelbarer Anwendbarkeit der RückführungsRL am 29.06.2015 außer Kraft trat.
1.2. Im Bescheid des BFA vom 07.09.2015, mit dem gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und ein achtjähriges Einreiseverbot erlassen wurde, wurde einerseits die russische Staatsangehörigkeit des BF und gleichzeitig die melderechtliche Registrierung des BF im Bundesgebiet unter einer Alias-Identität mit rumänischer Staatsangehörigkeit festgestellt.
Dieser Bescheid ist am 24.09.2015 in Rechtskraft erwachsen.
Der Beschwerdeführer wurde XXXX2015 straffällig und wurde er zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und 6 Monaten verurteilt. Entlassen wurde er dazu am 12.9.2017.
Danach wurde er erneut XXXX2017 straffällig und zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt die er bis 8.6.2018 in der Strafhaft verbüßte, aus welcher er am 08.06.2018 aus der Strafhaft entlassen und anschließend mittels Festnahmeauftrages des BFA festgenommen und in das zuständige Anhaltezentrum überstellt wurde.
1.3.Mit der Beschwerde wurde eine laut beglaubigter Übersetzung :"Mitteilung der "Botschaft von Russland in Österreich, Konsularabteilung" an den in Strafhaft befundenen BF vom 28.12.2016 vorgelegt, darin wurde dem BF als Ergebnis der von ihm beantragten Überprüfung mitgeteilt, dass beim BF nicht die Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation vorliege.
1.4. Gegenständlicher Anfechtungsgegenstand ist der Mandatsbescheid des BFA vom 06.06.2018, in welchem die Staatsangehörigkeit des BF seitens des BFA jedoch nicht festgestellt, sondern lediglich festgehalten wurde, dass der BF nicht österreichischer Staatsbürger sei.
1.5. Bisherige Bemühungen des BFA um Erlangung eines Heimreisezertifikates sind bisher vergeblich gewesen, konnte doch bislang, was aus Ablehnungen seit 2016 bzw von Dezember 2017 und zuletzt vom 6. April 2018 ersichtlich ist, kein Heimreisezertifikat erlangt werden. Zuletzt wurde vom BFA festgestellt, dass "keine Identifizierung unter dem Namen" möglich sei.
Ein offenes Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit welcher Aussicht auf zeitnaher Erlangung eines solchen ist im Bescheid nicht angeführt.
1.6. Der BF stellte am 15.02.2017 einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte zur Duldung im Bundesgebiet wegen unmöglicher Abschiebung aus tatsächlichen, vom fremden nicht zu vertretenden Gründen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes sowie des Gerichtsaktes.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A) I.
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 132 Abs. Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
(...).
3.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, lautet:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."
Das BVwG ist nach § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Zu Spruchteil A):
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005
(FPG),
BGBl. I Nr. 100/2005, lautet:
"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
(...)."
Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde, wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.
Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 06.06.2018 wurde gegen den BF die Schubhaft angeordnet.
Gegen die bescheidmäßige Schubhaftanordnung vom 06.06.2018 und die Anhaltung in Schubhaft seither wurde mit Schreiben des Rechtsvertreters des BF vom 27.06.2018 Beschwerde erhoben und darin unter anderem beantragt, den bekämpften Bescheid zu beheben und die Rechtswidrigkeit der Schubhaftanordnung und der bisherigen und der fortgesetzten Anhaltung des BF auszusprechen.
3.3. Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).
3.4. Im gegenständlichen Fall verliefen die Bemühungen des BFA zur Erlangung eines Heimreisezertifikates seit 2016 für den BF erfolglos, wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF doch am 28.12.2017 und 06.04.2018 abgelehnt und am 18.04.2018 vom BFA "keine Identifizierung unter dem Namen" festgestellt.
Ein anderes laufendes Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates unter Angabe wie zeitnah ein solches erlangt werden könnte ist im Bescheid nicht erwähnt.
Der Beschwerdeführer verbrachte seit dem Jahre 2015 längere Zeit in Strafhaft zuletzt im Jahr 2017/2018 für 7 Monate. Ein Ermittlungsverfahren mit Einvernahme des Beschwerdeführers zu seinen persönlichen Verhältnissen bzw. weitere Feststellungen einer möglichen anderen Staatsangehörigkeit wurde seitens der Behörde nicht durchgeführt.
Gerade ein solches Ermittlungsverfahren durchzuführen ist jedoch wenn Gefahr im Verzug nicht vorliegt, und das ist im gegenständlichen Verfahren beim BF der sich für sieben Monate in Strafhaft befand der Fall, unbedingt erforderlich.
Es stand für die Behörde bereits im Vorhinein - vor Erlassung des gegenständlich angefochtenen Mandatsbescheides vom 06.06.2018 - fest, dass mangels in Aussicht gestandener Erlangung eines Heimreisezertifikates die Abschiebung des BF zu diesem Zeitpunkt nicht durchführbar ist. Zum Zeitpunkt des gegenständlich angefochtenen Mandatsbescheides vom 06.06.2018, in dem die belangte Behörde nur feststellen konnte, dass der BF nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitze, fehlte somit mangels bereits erlangten oder in nächster Zeit in Aussicht gestandener Erlangung eines solchen Heimreisezertifikates die Grundlage für die Anordnung der Schubhaft.
Laut mit Beschwerdevorlage erstattetem Vorbringen des BFA gibt es derzeit Erhebungen bei andersstaatlichen Behörden zur Identität des BF.
Fest steht jedenfalls, dass erst nach Erlassung gegenständlich angefochtenen Mandatsbescheides vom 06.06.2018, wie mit Aktenvermerk des BFA vom 11.06.2018 festgehalten wurde, eine niederschriftliche Einvernahme des BF vorgenommen wurde und die bei der niederschriftlichen Einvernahme des BF vom 11.06.2018 anwesende Dolmetscherin feststellte, dass es sich beim BF "mit höchster Wahrscheinlichkeit" um einen moldawischen Staatsangehörigen handeln dürfte, der laut Dolmetscherin Russisch mit moldawischem Akzent spreche.
Ob der BF, dessen russische Staatsangehörigkeit und melderechtliche Registrierung unter einer Alias-Identität mit rumänischer Staatsangehörigkeit laut BFA-Bescheid vom 07.09.2015 festgestellt wurde und welcher im Zuge seiner Erstbefragung im Asylverfahren am 13.06.2018 angab, im Jahr 2017 von der Russischen Botschaft erfahren zu haben, dass es keine Möglichkeit gebe, seine Staatsangehörigkeit zu erlangen, "aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen" nicht abschiebbar sei, ist hinsichtlich eines Duldungsrechts des BF, der am 15.02.2017 einen Antrag auf Duldung im Bundesgebiet wegen unmöglicher Abschiebung aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenen Gründen gestellt hat, zu prüfen.
Da der angefochtene Mandatsbescheid vom 06.06.2018 absolut nichtig ist, war auch die darauffolgende Anhaltung des BF seit 08.06.2018, 14:50 Uhr, für rechtswidrig zu erklären.
Zu Spruchpunkt A II.:
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
Der mit "Kosten" betitelte § 35 VwGVG lautet:
"§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.
(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:
1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,
2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie
3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.
(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."
Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:
"1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro
2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro
3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro
4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro
5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro
6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro
7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro."
Da der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Schubhaftbescheid vom 06.06.2018 ersatzlos behoben wurde, ist der BF gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG obsiegende und die belangte Behörde unterlegene Partei.
Dem BF hat in der Beschwerde beantragt, ihm Kostenersatz im Umfang anzuwendenden Pauschalersatzverordnung (Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) - und auch "den Ersatz sämtlicher Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die er aufzukommen hat, insbesondere die Gebühren für Dolmetscher und Sachverständige, die diese für ihre Aufwendungen im gegenständlichen Verfahren geltend machen", zuzuerkennen.
Dem Bund (vertreten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) war daher spruchgemäß als unterlegener Partei der nach § 35 Abs. 7 Z. 1 VwGVG zu leistende Aufwandersatz (Schriftsatzaufwand) in der Gesamthöhe von 737,60 Euro aufzuerlegen
3.5. Gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.
Da im vorliegenden Fall bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass gegenständlich angefochtener Bescheid zu beheben ist, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.
Schlagworte
Anhaltung, Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, ersatzloseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G313.2199428.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.09.2018