TE Bvwg Beschluss 2018/7/18 L502 2200935-1

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Veröffentlicht am 18.07.2018
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Entscheidungsdatum

18.07.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L502 2200935-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Irak, gegen den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2018, FZ. XXXX, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte im Gefolge seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 26.03.2016 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 08.08.2016 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und u.a. festgestellt, dass für die Prüfung desselben gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO Ungarn zuständig ist.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 08.11.2016 wurde der gegen den Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde des BF gemäß § 21 Abs. 2 BFA-VG stattgegeben, der Bescheid aufgehoben und war das Verfahren damit zugelassen.

Im Gefolge einer niederschriftlichen Einvernahme des BF vor dem BFA am 21.09.2017 zu seinen Antragsgründen wurde dessen Antrag auf internationalen Schutz vom 26.03.2016 mit Bescheid des BFA vom 24.11.2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß §§ 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn gemäß § 52 Abs. 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt.

Dieser Bescheid wurde dem BF durch Hinterlegung beim Postamt mit Wirksamkeit vom 04.12.2017 zugestellt und erwuchs in der Folge mangels Beschwerde in Rechtskraft.

2. Am 22.01.2018 stellte der BF in Deutschland einen Asylantrag, wo er sich bis Juni 2018 aufhielt.

3. Am 19.06.2018 stellte der BF im Gefolge seiner Überstellung von dort nach Österreich einen (weiteren) Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag).

Am gleichen Tag erfolgte dazu die Erstbefragung des BF durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

Am 09.07.2018 wurde der BF an der Erstaufnahmestelle-West des BFA zu seinem nunmehrigen Antrag niederschriftlich einvernommen und wurde ihm zu den länderkundlichen Informationen des BFA zur Lage in seinem Herkunftsstaat Parteigehör gewährt.

Mit Verfahrensanordnung vom gleichen Tag wurde ihm auch zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt sei seinen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und seinen faktischen Abschiebeschutz aufzuheben.

4. Mit 11.07.2018 gab der BF eine handschriftliche Stellungnahme dazu ab, die amtswegig einer Übersetzung in die deutsche Sprache zugeführt und zum Akt genommen wurde.

5. Am 13.07.2018 wurde dem BF im Gefolge der Durchführung einer Rechtsberatung nochmals zur Absicht des BFA Parteigehör gewährt.

Im Zuge dieser Einvernahme wurde gem. § 22 Abs. 10 AsylG der mündliche Bescheid über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes des BF gem. § 12a Abs. 2 AsylG verkündet und beurkundet.

Die abschließende Frage des Organwalters des BFA, ob er gegen diese Entscheidung Beschwerde an das BVwG erheben wolle, bejahte der BF ausdrücklich und verwies begründend auf sein bisheriges Vorbringen.

6. Mit 13.07.2018 wurde der BF in Schubhaft genommen.

7. Mit 17.07.2018 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim BVwG, Außenstelle Linz, ein und wurde dies in der Folge dem BFA bekannt gegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG sind die Behörden, sofern das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufhebt, verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017, und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-G obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG 2005 idgF.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Zu A)

1. Feststellungen:

Staatsangehörigkeit und Identität des BF stehen fest.

Der Verfahrensgang im Zusammenhang mit dem ersten Antrag auf internationalen Schutz des BF vom 26.03.2016 steht fest.

Fest steht auch, dass der BF am 22.01.2018 in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat und von dort nach Österreich als zuständiger EU-Mitgliedsstaat für sein Schutzbegehren überstellt wurde, wo er am 19.06.2018 einen Folgeantrag stellte.

Im gg. Verfahren über seinen Folgeantrag hat sich der BF ausschließlich auf individuelle Antragsgründe berufen, die er bereits im Rahmen seines Erstverfahrens vorgebracht hat. Auch eine entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Situation in seinem Herkunftsstaat seit Abschluss des Erstverfahrens war nicht festzustellen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des BF, zum Gang des Erstverfahrens und des gegenständlichen Verfahrens sowie zur Antragstellung in Deutschland und Überstellung von dort nach Österreich wurden auf der Grundlage des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA getroffen.

Die Feststellungen zu den individuellen Antragsgründen des BF im gegenständlichen Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz gründen sich auf das Ergebnis seiner Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, dessen Einvernahmen durch ein Organ der belangten Behörde und den Inhalt seiner schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem BFA. Dort hat er sich ohne weitere Einlassungen alleine auf sein vormaliges Vorbringen im ersten Verfahrensgang berufen (vgl. AS 13, AS 103 ff, AS 331, AS 341). Diesen Aussagen war sohin in der Gegenüberstellung zu den Angaben im Erstverfahren, in Übereinstimmung mit den Feststellungen der belangten Behörde dazu, keine maßgebliche Neuerung zu entnehmen.

Die Feststellungen hinsichtlich der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat stützen sich auf die im mündlich verkündeten und beurkundeten Bescheid des BFA enthaltenen länderkundlichen Feststellungen der Behörde, denen der BF nicht substantiiert entgegengetreten ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. § 12a Abs. 2 AsylG 2005 lautet:

"Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

Gemäß § 12a Abs. 6 AsylG bleiben Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG für 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn, es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt.

§ 22 Abs. 10 AsylG lautet:

Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

§ 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.2. Die im Bescheid des BFA vom 24.11.2017 gegen den BF erlassene Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erwuchs mit der Zustellung dieser Entscheidung durch Hinterlegung sowie mangels dagegen erhobener Beschwerde in Rechtskraft.

Dass der BF seit der Abweisung seines ersten Schutzbegehrens das österr. Bundesgebiet verlassen hat, wurde durch den im Akt einsehbaren EURODAC-Treffer in Deutschland und seine Überstellung von dort nach Österreich bestätigt.

Die Behörde zog aus diesen Tatsachen und ihrer daraus folgenden Feststellung, dass der Antragsteller "zwischenzeitlich das Bundesgebiet verlassen hat, aber nicht in sein Heimatland zurückgekehrt ist", die Schlussfolgerung, dass die gegen den BF erlassene Rückkehrentscheidung "nach wie vor aufrecht" sei.

Bereits das am 1. Juli 2011 in Kraft getretene Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 38 (FrÄG 2011), hat das System der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen neu geordnet. Gegen nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige, nicht privilegierte Drittstaatsangehörige gibt es nunmehr in Umsetzung der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungs-RL) eine einheitliche Rückkehrentscheidung, die - grundsätzlich - mit einem Einreiseverbot zu verbinden ist (vgl. ErläutRV zu diesen Bestimmungen, 1078 BlgNR

24. GP 29 ff; weiters Art 6, 7 und 11 der Rückführungs-RL).

Die Rückführungsrichtlinie gilt grundsätzlich für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Entsprechend dem Erwägungsgrund 25 der Rückführungsrichtlinie hat sich auch Dänemark für die Umsetzung der Richtlinie in sein nationales Recht entschieden. Nicht beteiligt sind nach den Erwägungsgründen 26 und 27 der Rückführungsrichtlinie allerdings das Vereinigte Königreich sowie Irland. Gemäß den Erwägungsgründen 28 bis 30 stellt die Richtlinie für Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein eine Weiterentwicklung von Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes dar. Demgemäß sind alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland und Vereinigtes Königreich, sowie die assoziierten Schengen-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein an die Rückführungsrichtlinie gebunden.

Die gegen den BF gemäß § 52 FPG erlassene Rückkehrentscheidung umfasst daher das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, außer Irland und Vereinigtes Königreich, sowie die assoziierten Schengen-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein. Der BF hat dieses Hoheitsgebiet mit der erstmaligen Einreise nach Österreich am 26.03.2016 betreten und sich seither nur in Österreich und Deutschland aufgehalten, er hat das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sohin bis zur gg. Entscheidung des BFA nicht verlassen.

In Ansehung dessen war die Voraussetzung des § 12a Abs. 2 Z. 1 AsylG erfüllt.

3.3. Aus den Feststellungen oben zu den nunmehrigen individuellen Antragsgründen des BF im Folgeantragsverfahren in Gegenüberstellung zu jenen im ersten Verfahrensgang war zur Schlussfolgerung zu gelangen, dass der Folgeantrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil von ihm keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts behauptet worden ist.

Das BFA hat im Erstverfahren bereits die Frage, ob dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohen würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehe, geprüft und verneint. Eine entscheidungswesentliche Änderung ist zwischenzeitlich auch dahingehend nicht eingetreten, wie sich aus den aktuellen Länderinformationen ergab, die dem BF im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA vorgehalten wurden, und wurde dies vom BF auch nicht substantiiert behauptet.

Es bestanden sohin keine Anhaltspunkte dafür, dass seine Abschiebung in den Irak eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeutet oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.

Dem zufolge lagen im gg. Fall auch die Voraussetzungen für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes iSd §12a Abs. 2 Z. 2 und 3 AsylG vor.

3.3. Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes durch die belangte Behörde mit mündlich verkündetem und beurkundetem Bescheid vom 13.07.2018 ist daher gemäß § 12a Abs. 2 AsylG rechtmäßig erfolgt.

4. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

5. Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG war diese Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der eine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Insoweit derzeit beim VfGH ein Anfechtungsantrag des VwGH hinsichtlich des § 12a Abs. 2 AsylG iVm § 22 Abs. 10 AsylG anhängig ist, mit dem die Frage nach der Verfassungskonformität des dort normierten Rechtsinstruments der "amtswegigen" Beschwerde releviert wurde, ist darauf zu verweisen, dass der BF im gg. Verfahren im Zuge der mündlichen Verkündung des Bescheides über die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes ausdrücklich niederschriftlich dagegen eine Beschwerde erhoben hat, weshalb das gg. Beschwerdeverfahren auch nicht als "amtswegiges" anzusehen war.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag, Identität der Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L502.2200935.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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