TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/23 I411 2196863-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

23.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2

Spruch

I411 2196863-1/5E

I411 2107568-2/5E

I411 2139358-1/7E

I411 2141926-1/7E

I411 2196865-1/5E

Schriftliche Ausfertigung des am 05.07.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerden

1. von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Rechtsanwalt Edward W. DAIGNAULT, Solicitor, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 20.10.2016, Zl. XXXX

2. von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Rechtsanwalt Edward W. DAIGNAULT, Solicitor gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 20.10.2016, Zl. XXXX

3. von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch die Mutter XXXX, diese vertreten durch Edward W. DAIGNAULT, Solicitor, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 22.11.2016, Zl. XXXX

4. von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch die Mutter XXXX, diese vertreten durch Edward W. DAIGNAULT, Solicitor, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 20.04.2018, Zl. XXXX

5. von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch die Mutter XXXX, diese vertreten durch Edward W. DAIGNAULT, Solicitor, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 20.04.2018, Zl. XXXX

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.07.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer stellte am 03.02.2014 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er mit einer Verfolgung durch Boko Haram begründete. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2015, Zl. 1001345304-14072567, negativ entschieden. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Am 20.07.2015 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht - Außenstelle Innsbruck eine mündliche Verhandlung statt und wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers sodann mit Erkenntnis vom 30.07.2015, GZ. I403 2107568-1, als unbegründet abgewiesen. Der Frist zur Ausreise kam der Beschwerdeführer nicht nach und stellte am 28.10.2015 einen neuen (den hier gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz.

Diesen begründete der Beschwerdeführer nunmehr wie folgt: "Ich habe mich bei meinem ersten Asylantrag geschämt, dass ich einen homosexuellen Mann geholfen habe. Dies habe ich beim ersten Mal nicht erzählt. Das ist in meinem Land verboten. Meine Frau, die Mutter meiner Kinder, lebt auch im Burgenland." Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde ergänzte der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen wie folgt: "Ich bin Taxifahrer. Ich habe einen schwulen Fahrgast, den ich zweimal die Woche befördert habe. Er sagt mir immer wo er hinfahren möchte und bezahlt mich dafür. Ich habe nicht gewusst, dass er Probleme hat. Eines Tages ist er wieder zu mir gekommen. Ich dachte, dass er zu mir kommt, dass ich ihn wieder wo hinführen soll. Ich dachte aber nicht, dass er zu mir kommt, weil Leute hinter ihm her waren, weil er schwul ist. Als ich die Türe aufmachen wollte, sah ich, dass draußen eine große Menschenmenge ist. Meine Frau war auch zu Hause. Sie hat die Tür verriegelt. Die Leute hatten draußen cutlass und alles Mögliche bei sich. Da wusste ich, dass ich weglaufen muss."

2. Am 10.11.2015 stellte die Zweitbeschwerdeführerin ihren gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete sie wie folgt: "Mein Mann war Taxifahrer in Nigeria, in Benin. Eines Tages fuhr ein Homosexueller mit ihm mit, daraufhin wurde meinem Mann von der Polizei vorgehalten, dass er auch homosexuell sei und deshalb ist er geflüchtet. Die Polizei sagte mir, dass ich meinen Mann suchen müsste, daraufhin kam ich in Kontakt mit der Madam. Sie schlug mir vor, in Italien als Prostituierte zu arbeiten. Das habe ich auch drei Wochen lang getan. Ich beschloss nach Österreich zu fliehen, weil mein Mann auch schon hier ist."

3. Mit dem Bescheiden vom 20.10.2016, Zl. XXXX und XXXX, wies die belangte Behörde die Anträge des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie den Beschwerdeführern keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage (Spruchpunkt IV.).

3. Gegen diese Bescheide richten sich die fristgerecht erhobenen Beschwerden vom 07.11.2016.

4. Mit Schriftsatz vom 27.10.2016 stellte die Zweitbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 22.11.2016 ebenfalls negativ entschieden.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 06.12.2016.

6. Mit Schriftsatz vom 21.03.2018 stellte die Zweitbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin für den minderjährigen Viert- und den Fünftbeschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. Auch diese Anträge wurden mit Bescheid vom 20.04.2018 negativ entschieden.

7. Gegen diese Bescheide richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 22.05.2018.

8. Am 05.07.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, zu der die Beschwerdeführer sowie eine Dolmetscherin für die englische Sprache erschienen sind. Die belangte Behörde teilte im Vorfeld mit, auf die Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu verzichten. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer erschien unentschuldigt nicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer ist volljährig und mit der ebenfalls volljährigen Zweitbeschwerdeführerin traditionell verheiratet. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführer sind die Eltern der minderjährigen Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer. In Nigeria leben vier weitere Kinder des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin (XXXX, ca. 18 Jahre alt, XXXX, 16 Jahre alt, XXXX 14 Jahre alt und XXXX, 12 Jahre alt). Die Beschwerdeführer sind gesund, Staatsangehörige von Nigeria und bekennen sich zum christlichen Glauben. Sie gehören der Volksgruppe der Edo an. Ihre Identität steht nicht fest. Sie halten sich seit (mindestens) 03.02.2014 (Erstbeschwerdeführer) bzw. 10.11.2015 (Zweitbeschwerdeführer) und 08.10.2016 (Geburt der Drittbeschwerdeführerin) sowie 28.02.2018 (Geburt des Viert- und des Fünftbeschwerdeführers) in Österreich auf. Das Verfahren wird als Familienverfahren nach § 34 AsylG geführt.

Der Erstbeschwerdeführer besuchte keine Schule und verdiente sich seinen Lebensunterhalt in Nigeria als Taxifahrer. Die vier Kinder des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin leben in Nigeria bei der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin. Zu ihnen hält er ca. einmal im Monat telefonisch Kontakt.

Die Zweitbeschwerdeführerin besuchte ebenfalls keine Schule und verdiente sich ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von selbst zubereiteten Speisen an einem Stand. Mit ihren in Nigeria lebenden Kindern und ihrer Mutter hält sie zweimal wöchentlich telefonisch Kontakt.

Es wird des Weiteren festgestellt, dass es dem Erstbeschwerdeführer möglich ist, im Falle einer Rückkehr den eigenen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt für die Zweit-, Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer zu bestreiten. Auch die Zweitbeschwerdeführerin selbst ist arbeitsfähig und hat auch sie eine Chance am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Keiner der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft.

Weder der Erst- noch die Zweitbeschwerdeführerin sprechen Deutsch.

Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich über keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte. Sie weisen keine maßgeblichen sprachlichen, sozialen oder integrativen Verfestigungen auf. Ihren Lebensunterhalt bestreiten die Beschwerdeführer in Österreich aus Mitteln der Grundversorgung.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Der Erstbeschwerdeführer konnte keine asylrelevanten Gründe glaubhaftmachen, insbesondere nicht, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht. Dasselbe gilt für die Zweit- und Drittbeschwerdeführerin. Der Viert- und der Fünftbeschwerdeführer haben keine eigenen Fluchtgründe und wurden solche für sie auch von ihren Eltern als gesetzliche Vertreter nicht vorgebracht.

Im Falle ihrer Rückkehr droht den Beschwerdeführern in Nigeria keine reale Gefahr, in ihrem Leben bedroht zu werden, Folter oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung zu erleiden oder in ihrem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt zu werden. Ihnen droht im Falle der Rückkehr nach Nigeria weder die Todesstrafe, noch besteht eine reale Gefahr, dass ihr Leben oder ihre körperliche Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in ihrem Herkunftsstaat gefährdet wäre.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Die aktuelle Situation im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in die Akten der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführer vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in die bekämpften Bescheide und in die Beschwerdeschriftsätze, in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria sowie durch Einvernahme des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2018.

2.2. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die Feststellung zur Volljährigkeit des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin sowie zur Minderjährigkeit der gemeinsamen Kinder ergeben sich aus dem Akt und sind augenscheinlich. Die Feststellung zum Familienstand, der Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und ihrer Konfession gründen sich auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Erst- bzw. der Zweitbeschwerdeführerin bei ihrer Einvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2018.

Die Beschwerdeführer bestätigen glaubhaft, dass sie und ihre minderjährigen Kinder gesund sind.

Der bisherige Aufenthalt der Beschwerdeführer leitet sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister ab.

Nachdem die Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnten, stehen ihre Identitäten nicht fest.

Die Feststellung zu den Familienangehörigen in Nigeria sowie zur beruflichen Situation des Erst- bzw. der Zweitbeschwerdeführerin vor ihrer Ausreise aus Nigeria, ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften und übereinstimmenden Angaben des Erst- bzw. der Zweitbeschwerdeführerin bei ihrer Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer ihren Lebensunterhalt in Österreich aus Mitteln der Grundversorgung bestreiten ist durch einen aktuellen Auszug des Betreuungsinformationssystems belegt. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem eigeholten Strafregisterauszug der Republik Österreich.

Die Feststellung, wonach es den Beschwerdeführern auch nach ihrer Rückkehr nach Nigeria möglich sein wird, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, resultiert aus der Überlegung, dass sowohl der Erst- als auch die Zweitbeschwerdeführerin gesund sind und sich auch, trotz ihrer vier Kinder in Nigeria, vor ihrer Ausreise ihren Lebensunterhalt verdienen konnten. Zudem verfügt die Familie über familiäre Anknüpfungspunkte in Nigeria und sind sie daher nicht völlig auf sich alleine gestellt, zumal der Familienverband soziale Sicherheit bieten kann bzw. dessen Schutz und Obsorge in Anspruch genommen werden können.

Dass die Beschwerdeführer in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügen und auch sonst nicht sozial bzw. integrativ verfestigt sind, ergibt sich aus den glaubhaften und übereinstimmenden Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung. In der mündlichen Verhandlung konnte sich auch der erkennende Richter davon überzeugen, dass weder der Erst- noch die Zweitbeschwerdeführerin, trotz ihres ca. viejährigen Aufenthaltes in Österreich, Deutsch sprechen und auch keine einfache Konversation mit ihnen auf Deutsch möglich ist.

2.3. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

Das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer erweist sich als unglaubhaft. Für die Glaubhaftigkeit eines Vorbringens spricht, wenn das Vorbringen genügend substantiiert ist. Das Erfordernis der Substantiierung ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Zudem muss das Vorbringen, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen. Ferner muss das Vorbringen plausibel sein, dh mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist ua dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Außerdem muss der Asylwerber persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert. Außerdem ist - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung betont (vgl zB 13.09.2016, Ra 2016/01/0070; 10.09.2015, Ra 2014/20/0142; ua, siehe auch bereits VwGH 24.06.1999, 98/20/0435; 20.5.1999, 98/20/0505) - der persönliche Eindruck den der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer gewinnt, von wesentlicher Bedeutung. Gerade diese Kriterien sind im vorliegenden Fall, wie im Weiteren zu erörtern sein wird, nicht erfüllt und ist daher das Fluchtvorbringen als unglaubhaft zu werten.

Was das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers betrifft ist auszuführen, dass er bei der gegenständlichen Antragstellung von seinem ursprünglichen Fluchtgrund, Boko Haram, komplett abwich bzw. sogar zugab bei seinem Erstverfahren gelogen zu haben. Der Beschwerdeführer log in seinem ersten Verfahren aber nicht nur in Bezug auf seinen Fluchtgrund, sondern auch was seinen Familienstand betrifft. So gab er nicht nur im gesamten Administrativverfahren, sondern auch in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 20.07.2015 an, ledig und kinderlos zu sein. Als Begründung für seine falschen Angaben führte der Beschwerdeführer lediglich ins Treffen, er habe Angst gehabt. Aufgrund der zahlreichen unwahren Angaben des Beschwerdeführers im Erstverfahren, geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass dem Erstbeschwerdeführer jegliche Glaubwürdigkeit abzusprechen ist. Was das nunmehrige Fluchtvorbringen mit dem homosexuellen Fahrgast betrifft, so ist auszuführen, dass dieses gänzlich unglaubwürdig und lebensfremd erscheint. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso der Fahrgast zum Haus des Taxifahrers laufen sollte, wenn er verfolgt wird, und auch nicht, wieso sich der Umstand, dass der Beschwerdeführer diese Person mit dem Taxi transportiert hat, negativ auf den Beschwerdeführer auswirken bzw. zu einer Verfolgungshandlung führen sollte. Dies, da der Beschwerdeführer selbst angab, nicht gewusst zu haben, dass der Fahrgast homosexuell sei und dies auch nicht offensichtlich gewesen sei. Auch habe er ihn nie in Schwulenbars oder zu vergleichbaren Orten gefahren. Das Fluchtvorbringen ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes daher konstruiert und entspricht nicht den Tatsachen.

Das Fluchtvorbringen der Zweitbeschwerdeführerin entspricht im Wesentlichen jenem des Erstbeschwerdeführers, wenn auch Details abweichend geschildert werden, und ist daher auf die Ausführungen zu diesem zu verweisen. Es erscheint darüber hinaus unglaubwürdig und nicht nachvollziehbar, wieso das Haus der Beschwerdeführer, aufgrund des Umstandes, dass der Erstbeschwerdeführer einen Homosexuellen chauffiert hat, von den anderen Dorfbewohnern bzw. der Polizei zerstört werden sollte bzw. die Zweitbeschwerdeführerin mit einem Messer am Bein verletzt werden sollte. Das in diesem Zusammenhang von der Zweitbeschwerdeführerin in Vorlage gebrachte Lichtbild untermauert ihr Fluchtvorbringen ebenfalls nicht, da diese Fotografie, die lediglich eine Verletzung am Knöchel zeigt, die im Übrigen nicht auf eine Schnittwunde hindeutet, keinerlei Rückschlüsse, auf die Person des Verletzten oder das Fluchtvorbringen der Zweitbeschwerdeführerin zulässt. Auch widerspricht sich die Zweitbeschwerdeführerin was ihre Beschäftigung in Italien betrifft. Bei der Antragstellung gab sie an, dass ihr von einer Frau angeboten worden sei, in Italien als Prostituierte zu arbeiten und dies auch für drei Wochen getan hätte. Vor dem erkennenden Richter gab sie jedoch an, dass ihr diese Frau ursprünglich vorgeschlagen hätte in einem African Shop zu arbeiten und erst in Italien als Prostituierte zu arbeiten. Dies hätte sie jedoch abgelehnt, da sie eine verheiratete Frau sei. Sie hätte nicht als Prostituierte gearbeitet und auch die Kosten für die Reise nicht bezahlen müssen. Auch ihr Fluchtvorbringen ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes konstruiert und unglaubhaft.

Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erstmals vorgebrachte Fluchtgrund der Drittbeschwerdeführerin, wonach diese bei einer Rückkehr nach Nigeria mit einer Beschneidung zu rechnen habe, verstößt gegen das in § 20 BFA-VG normierte Neuerungsverbot und hat damit bei der Entscheidung außer Acht zu bleiben. Im Übrigen ist zu diesem Fluchtvorbringen auszuführen, dass die Erst- und Zweitbeschwerdeführer beide angaben, christlichen Glaubens zu sein und auch die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin Christin ist. Weiters gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass weder ihr Mann noch sie selbst einer Beschneidung ihrer Tochter zustimmen würden. Zumal christlichen Mädchen keine Beschneidung droht und eine solche auch von den Eltern der Drittbeschwerdeführerin nicht gewollt ist, droht der Drittbeschwerdeführerin auch keine Genitalverstümmelung.

Der Viert- und der Fünftbeschwerdeführer verfügen über keine eigenständigen Fluchtgründe.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Den Beschwerdeführen bzw. ihrem Rechtsvertreter wurde der aktuelle Länderbericht zu ihrem Herkunftsstaat mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 05.07.2018 zur Kenntnis gebracht und ihnen die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt, von der allerdings kein Gebrauch gemacht wurde.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

-

AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-

AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

-

BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

-

FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Ge-sellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

-

IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017

-

ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

-

OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017

-

SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

-

UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Ni-geria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 12.6.2017

-

USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria,

https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (19.7.2017): Country Report on Terrorism 2016 - Chapter 2 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/344128/487671_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Prac-tices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die Beschwerdeführer traten diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerden

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie oben ausgeführt, konnte weder der Erst- noch die Zweitbeschwerdeführerin eine asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen und wurde auch in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet, das zu einer anderen Beurteilung durch das Bundesverwaltungsgericht führt. Das Fluchtvorbringen der Drittbeschwerdeführerin hat aufgrund des geltenden Neuerungsverbotes des § 20 BFA-VG außer Acht zu bleiben und verfügen der Viert- und der Fünftbeschwerdeführer selbst über kein eigenen Fluchtgründe.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide):

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Den Beschwerdeführern droht in Nigeria - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführer sind volljährig, gesund und somit arbeitsfähig und konnte sich ihren Lebensunterhalt und den ihrer vier in Nigeria geborenen und aufhältigen Kinder bereits vor der Ausreise aus Nigeria finanzieren.

Damit sind die Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Nigeria nicht in ihrem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass die Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber ihrer Situation in Nigeria besser gestellt sind, genügt nicht für die Annahme, sie würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit ihre Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht in Nigeria derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Nigeria, die nahelegen würden, dass bezogen auf die Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III., erster Satz der angefochtenen Bescheide)

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass die Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklichen, bei dem ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt der Beschwerdeführer seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch sind die

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten