TE Vwgh Erkenntnis 1999/12/17 96/02/0477

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.1999
beobachten
merken

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des GK in Wien, vertreten durch Boller Langhammer Schubert, Rechtsanwälte OEG in Wien I, Kärntnerstrasse 10, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 16. April 1996, MA 65-PB/517/95, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 9. August 1995 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der im

6. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der Kurzparkzone in der Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 bis 20.00 Uhr geltenden höchstzulässigen Parkdauer von zwei Stunden für ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gemäß § 45 Abs. 2 StVO abgewiesen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 24. September 1996, B 1880/96, die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde abgelehnt und diese gleichzeitig dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als in Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straßen gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z. B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert, oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und weder eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, noch wesentliche schädliche Einwirkungen auf die Bevölkerung oder die Umwelt durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe zu erwarten sind.

Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Verwaltungsverfahren damit, dass das Fahrzeug im Rahmen des Unternehmens von seinem Mitarbeiter benötigt werde, weil sich sein Unternehmen in erster Linie mit dem Vertrieb von gefahrenmeldetechnischen Produkten, Hard- und Software, beschäftige. Diese Produkte würden zwar von Errichterunternehmen an Ort und Stelle installiert. Es bedürfe jedoch immer wieder des unverzüglichen Einsatzes eines Technikers, wenn bei der Inbetriebnahme eines Systems oder einer Anlage im Betrieb Probleme aufträten. Da solche Sofort- und Störeinsätze nicht geplant werden könnten, entstünden zwischen den Einsätzen unterschiedlichste Wartezeiten. Das einsatzbereite Fahrzeug vor der Zentrale sei daher für die Aufrechterhaltung des Wartungs- Service und Reparaturbetriebes unbedingt erforderlich. Ein Abstellen des Fahrzeuges in einer Parkgarage sei nicht möglich, weil durch den Weg zur Parkgarage und die Fahrt von dort zum Unternehmen zu viel Zeit vergehe. Eine weitere Notwendigkeit liege darin, dass bei Blitzschlag rasch Hilfe geleistet werde. Der Einsatz des Technikers mache es auch erforderlich, sich neben dem Handwerkszeug auch mit den erforderlichen Ersatzteilen und Messgeräten auszustatten, die der örtliche Einsatz und das System erfordere. Dies beinhalte auch die Mitnahme von "High-tech-Messgeräten". Ihrer Größe und ihres Umfanges wegen könnten die Geräte nicht über weite Strecken getragen werden. Da es sich bei den benötigten Geräten überdies teilweise um empfindliche und teure Messgeräte handle, könnten diese nicht im Fahrzeug gelassen werden und müssten vor jedem Einsatz in das Fahrzeug eingeladen werden. Sein Mitarbeiter mache auch den Telefonsupport, sodass das genannte Fahrzeug immer zur Verfügung stehen müsse.

Es entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung, dass bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO ein strenger Maßstab anzulegen und eine solche daher nur bei Vorliegen von gravierenden, die antragstellende Partei außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen ist (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1994, Zl. 93/02/0311, mwN). Unter Zugrundelegung des von der Rechtsprechung geforderten "strengen Maßstabes" muss daher die Benützung von vorhandenen öffentlichen Verkehrsmitteln und Taxis ebenso wie die Möglichkeit, in angemessener Entfernung zum Geschäftslokal einen Abstellplatz zu mieten, ausgeschöpft werden (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom 14. Oktober 1994, Zl. 93/02/0311).

Soweit der Beschwerdeführer die konkrete örtliche Situation seines Betriebsstandortes ins Treffen führt, ist ihm entgegenzuhalten, dass er auch im Falle der Erteilung einer Ausnahmebewilligung auf Grund der bestehenden Verkehrsregelung nicht mit einem schnelleren Fortkommen rechnen könnte. Gerade in Anbetracht der "besonderen Dringlichkeit" der Einsätze und der Größe und des Gewichtes des zu befördernden Werkzeuges bzw. der Ersatzteile ist auch eine Beförderung durch Taxis in Betracht zu ziehen.

Wie die belangte Behörde hiezu in der Gegenschrift auch zutreffend ausgeführt hat, ist die wegen der vorhandenen zeitraubenden Einbahnregelungen behauptete Unzumutbarkeit der Benützung einer Parkgarage einer Überprüfung deshalb nicht zugänglich, weil es der Beschwerdeführer unterlassen hat auszuführen, welche Parkgarage er einer zeitlichen Überprüfung unterzogen hat und ob die festgestellte zeitliche Verzögerung im selben Ausmaß auch bei anderen in der Nähe gelegenen Abstellplätzen eintreten würde.

Damit ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers der Boden entzogen, dass ein Abstellplatz während der üblichen Verkehrszeiten nur mit "jeweils mehr als halbstündigem Zufahrtszeitraum vom Betrieb zur Garage erreichbar" sei und dieser "für Einsatzzwecke mit der dabei erforderlichen Mitnahme von schweren Geräten" wirtschaftlich und faktisch nicht genutzt werden könne.

Der Beschwerdeführer wendet unter anderem ein, dass es die belangte Behörde im bekämpften Berufungsbescheid unterlassen habe, Feststellungen betreffend den Tätigkeitsbereich seines Unternehmens zu treffen. Ferner habe es die belangte Behörde unterlassen, ein zur ordnungsgemäßen Entscheidung erforderliches Ermittlungsverfahren zu den von ihm dargelegten wirtschaftlichen Beeinträchtigungen zu führen.

In diesem Zusammenhang ist zunächst ebenfalls den Ausführungen in der Gegenschrift zu folgen, in der die belangte Behörde zu Recht darauf hinweist, dass aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen (Kilometergeldabrechnung, Kalenderauszüge, Rechnungen) lediglich hervorgeht, dass das Fahrzeug seines Mitarbeiters wenige Tage im Monat und nur selten mehrmals täglich im Einsatz ist. Die vom Beschwerdeführer besonders hervorgehobenen Sofort- und Störfalleinsätze sind hinsichtlich ihrer Häufigkeit und Dauer sowie Dringlichkeit auf Grund seiner Angaben und der beigebrachten Unterlagen nicht nachvollziehbar.

Im Übrigen obliegt nach der ständigen hg. Rechtsprechung die Behauptungslast hinsichtlich des Tatbestandselements "erhebliches wirtschaftliches Interesse" dem Beschwerdeführer, dies bedeutet, dass es ungeachtet dessen, dass die Behörde gemäß § 39 AVG verpflichtet ist, von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, Sache des Beschwerdeführers ist, darzulegen, ob und in welchem Umfang ihm ohne die beantragte Ausnahmebewilligung durch den Verlust der behaupteten dringenden Sofort- und Störfalleinsätze mangels rechtzeitiger Verfügbarkeit des Fahrzeuges ein wirtschaftlicher Schaden entsteht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. April 1994, Zl. 93/02/0202, mit weiteren Judikaturhinweisen). Es hätte somit eines konkreten, einer Überprüfung zugänglichen Vorbringens - wozu der Beschwerdeführer spätestens im Berufungsverfahren Gelegenheit hatte - über die wirtschaftlichen Auswirkungen bedurft, die die Kurzparkzonenregelung auf den Betrieb des Beschwerdeführers hatte, um das nach dem Gesetz erforderliche erhebliche wirtschaftliche Interesse darzutun. Die allgemein gehaltenen Ausführungen des Beschwerdeführers, er habe einen "deutlichen Umsatzrückgang" feststellen müssen, reichten hiezu nicht aus (vgl. auch dazu das oben zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. April 1994, Zl. 93/02/0202).

Da es der Beschwerdeführer sohin unterlassen hat, ein erhebliches wirtschaftliches Interesse konkret darzutun, liegt auch in der Unterlassung seiner Einvernahme und der des Zeugen F. zu den Umständen der Arbeitsausübung kein wesentlicher Verfahrensmangel begründet.

Die Beschwerde erweist sich aus den dargelegten Gründen als unbegründet; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Dezember 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996020477.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten