TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/26 I411 1408212-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.07.2018

Norm

AsylG 2005 §55
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs2

Spruch

I411 1408212-3/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 26.07.2016, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid

ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste am 28.11.2008 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte unter der Identität XXXX und dem Geburtsdatum XXXX einen Asylantrag. Dieses Asylverfahren wurde, verbunden mit einer Ausweisung, am 27.07.2009 negativ entschieden. Die gegen den negativen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 11.11.2009 abgewiesen. Seit 20.11.2009 ist das Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen. Im Anschluss daran tauchte der Beschwerdeführer unter und verlieb weiter unerlaubt im Bundesgebiet.

2. Zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates kam es nie, da sich der Beschwerdeführer nie zu seiner Vertretungsbehörde begeben hat, um das notwendige Interview durchzuführen.

3. Am 08.01.2010 stellte er im Stande der Schubhaft einen Asylfolgeantrag. Dieser wurde in 2. Instanz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und neuerlich mit einer durchsetzbaren Ausweisung verbunden. Am 20.10.2010 erzwang der Beschwerdeführer seine Haftentlassung nach Hungerstreik. Anschließend tauchte er wieder unter.

4. Am 04.07.2013 wurde über den Beschwerdeführer neuerlich die Schubhaft verhängt. Am 02.08.2013 erzwang er abermals seine Haftentlassung durch Hungerstreik.

5. Der Beschwerdeführer beantragte unter der Identität XXXX und dem Geburtsdatum XXXX am 21.10.2014 mittels Formularvordruck die Erteilung eines Aufenthaltstitels als Gründen des Artikel 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens".

6. Mit dem Bescheid vom 26.07.2016, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.). Zugleich erließ sie gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage (Spruchpunkt III.).

7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 12.09.2016.

8. Mit Schriftsatz vom 21.09.2016, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 27.09.2016, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

9. Am 15.11.2016 wurde dem Beschwerdeführer von der nigerianischen Botschaft in Wien ein bis 14.11.2021 gültiger, authentischer, nigerianischer Reisepass auf den Namen XXXX und dem Geburtsdatum

XXXX ausgestellt.

10. Am 30.05.2018 schloss der Beschwerdeführer in Neapel, Italien, die Ehe mit XXXX, einer slowakischen Staatsangehörigen, welche in Wien lebt und über eine Anmeldebescheinigung gemäß § 51 Abs 1 Z 1 NAG verfügt.

11. Im Rahmen der am 14.06.2018 zu Aktenzahl W117 2197789 durchgeführten Schubhaftverhandlung legte der Beschwerdeführer den Reisepass und die Heiratsurkunde dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verfahrensgang wird zum maßgeblichen Sachverhalt erhoben und ergänzend festgestellt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer trägt den Namen XXXX und wurde am XXXX in Onitsha, Nigeria, geboren.

Der Beschwerdeführer beantragte am 21.10.2014, eingelangt bei der belangten Behörde am 24.10.2014, mittels Formularvordruck unter dem Namen XXXX die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens".

Am 30.05.2018 ehelichte der Beschwerdeführer unter dem Namen XXXX seine Lebensgefährtin XXXX, eine slowakische Staatsangehörige.

Seine Lebensgefährtin verfügt über eine Anmeldebescheinigung gemäß § 51 Abs 1 Z 1 NAG.

Der Beschwerdeführer ist somit begünstigter Drittstaatangehöriger iSv § 2 Abs 4 Z 11 FPG.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und stehen unstrittig fest.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer am 30.05.2018 seine Lebensgefährtin unter dem Namen XXXX ehelichte, ergibt sich aus der in Vorlage gebrachten Heiratsurkunde der Gemeinde Neapel.

Die Feststellung zur Identität des Beschwerdeführers ergibt sich aus der im Akt erliegenden Kopie des nigerianischen Reisepasses des Beschwerdeführers.

Dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers über eine Anmeldebestätigung gemäß § 51 Abs 1 Z 1 NAG verfügt, ergibt sich aus der ebenfalls im Akt erliegenden Kopie selbiger.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergeben sich aus dem, dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde

Gemäß § 2 Abs 4 Z 11 FPG ist begünstigter Drittstaatangehöriger:

Der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich eine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

§ 54 Abs 5 AsylG normiert, dass die Bestimmungen des 7. Hauptstückes, worunter auch der gegenständlich vom Beschwerdeführer beantrage Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG fällt, nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige gelten.

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 Abs 2 FPG lautet:

"§ 52 [...]

(2) Gegen einen Drittstaatangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status als Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

und kein Fall des §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatangehörige. [...]"

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, ist der Beschwerdeführer der Ehegatten von XXXX, einer slowakischen Staatsangehörigen bzw. EWR-Bürgerin und somit begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 11.

Gegen begünstigte Drittstaatsangehörige kann eine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG nicht erlassen werden (vgl. nur VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/0133), Rn. 7). Das ordnet das Gesetz zwar ausdrücklich nur für die Konstellation des § 52 Abs 2 FPG an, die generelle Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gegen begünstigte Drittstaatsangehörige ergibt sich aber schon daraus, dass die mit § 52 FPG umgesetzte Rückführungsrichtlinie (2008/115/EG) auf begünstigte Drittstaatsangehörige nach ihrem Art 2 Abs 3 nicht anzuwenden ist (siehe auch VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0179).

Begünstigten Drittstaatsangehörigen kann weiter gemäß § 54 Abs 5 AsylG auch kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen - insbesondere also auch nicht ein solcher nach § 55 AsylG - erteilt werden.

Im gegenständlichen Fall wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG zurück, stützte ihre Entscheidung dabei aber nicht auf § 54 Abs 5 AsylG sondern § 58 Abs 11 AsylG. Weiters erließ die belangte Behörde eine Rückkehrentscheidung den Beschwerdeführer betreffend. Aufgrund der oben dargestellten Rechtslage bzw. Judikatur war der Bescheid ersatzlos zu beheben und spruchgemäß zu entscheiden.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 VwGVG abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht, Behebung der Entscheidung, Ehe, ersatzlose
Behebung, EU-Bürger, Rückkehrentscheidung behoben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I411.1408212.3.00

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten