Entscheidungsdatum
27.07.2018Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W191 1406070-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch Kocher & Bucher Rechtsanwälte OG, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.04.2018, Zahl 478612802, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 10, 55 und 58 Asylgesetz 2005, §§ 46, 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 sowie §§ 4 und 8 Asylgesetz-Durchführungsverordnung als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. gemäß § 53 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 insoweit stattgegeben, als die Dauer des befristeten Einreiseverbotes auf zwei Jahre herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Vorverfahren:
1.1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein indischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Hindus und ledig, reiste irregulär und schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein und stellte am 21.01.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
1.1.2. In seiner Erstbefragung am 22.01.2009 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF an, er stamme aus einem genannten Dorf im Distrikt Karimnagar, Bundesstaat Andra Pradesh.
Sein Heimatland habe er verlassen, weil sein Vater ein ehemaliger Funktionär einer Oppositionspartei sei. Die Gegner dieser Partei hätten den BF umbringen wollen, um dadurch seinen Vater von dessen Arbeit für die Partei abzubringen. Seine Eltern seien aus dem Heimatdorf weggezogen. Er habe Angst, umgebracht zu werden, und könne daher seinen Beruf als Elektriker nicht ungestört ausüben.
1.1.3. In seinen Einvernahmen am 28.01.2009 und 01.04.2009 vor dem Bundesasylamt (in der Folge BAA) führte der BF seine Fluchtgründe näher aus. Sein Vater sei bei der TDP (Telugu Desam Party) gewesen, geflüchtet sei der BF vor der politischen Gruppierung der Naxaliten.
1.1.4. Mit Bescheid vom 01.04.2009, Zahl 09 00.801-BAW, wies das BAA den Antrag des BF gemäß §§ 3 und 8 AsylG als unbegründet ab und verband diese Entscheidung gemäß § 10 AsylG mit einer Ausweisung des BF nach Indien.
1.1.5. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 15.03.2010, Zahl C12 406.070-1/2009/3E, gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG als unbegründet ab.
Der BF habe eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Im Falle einer Überstellung des BF in seinen Herkunftsstaat Indien wäre nicht zu erwarten, dass er in Rechten gemäß Art. 2 oder 3 der EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Im Fall des BF sei nicht davon auszugehen, dass ihm im Falle der Abschiebung eine reale Gefahr einer solchen Menschenrechtsverletzung drohe.
1.1.6. In der Folge wurde ein Verfahren zur Effektuierung der Rückreise des BF geführt, im Zuge dessen der BF am 20.04.2010 ein Antragsformular an die indische Botschaft in Wien zur Ausstellung eines Reisedokumentes ausfüllte. Das BAA ersuchte das BMI, bei der indischen Botschaft ein Heimreisezertifikat für den BF zu beantragen, und legte dem Antragsformular ein Fingerabdruckblatt und zwei Lichtbilder bei.
1.1.7. Am 31.08.2010 und 30.01.2011 wurde der BF wegen Betretens ohne gültigen Aufenthaltstitel verwaltungsstrafrechtlich angezeigt. Die Verfahren wurden aus formalen Gründen eingestellt.
Schriftstücke wurden dem BF an seiner Meldeadresse in 1060 Wien durch Hinterlegung zugestellt.
Weitere Betretungen ohne gültigen Aufenthaltstitel erfolgten am 02.09.2011, am 17.07.2013 und am 07.09.2013.
Im Verwaltungsakt wurde wiederholt festgehalten, dass noch kein Heimreisezertifikat ausgestellt worden sei.
1.2. Gegenständliches Verfahren:
1.2.1. Mit spärlich ausgefülltem Formularvordruck "Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK, Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens", datiert mit 10.08.2015, stellte der BF beim nunmehr zuständigen, neu eingerichteten Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA), Regionaldirektion Wien, einen Antrag gemäß § 55 Abs. 1 AsylG (Aufenthaltsberechtigung plus). Modul 1 der Integrationsvereinbarung sei erfüllt.
Dem Antrag lag offenbar ein Konvolut von Anlagen bei (dem Verwaltungsakt liegen ein Empfehlungsschreiben, eine indische Geburtsurkunde in Kopie, ein Mietvertrag ohne Unterschriften und Erstellungsdatum, ein Auszug aus dem Melderegister, ein Deutsch-Zertifikat B1, ein vom ARBÖ ausgestellter österreichischer Mopedausweis und zahlreiche Entgeltbestätigungen für Zustellertätigkeiten gemäß Werkvertrag).
1.2.2. Mit ergänzendem Schreiben seines damaligen anwaltlichen gewillkürten Vertreters vom 14.10.2015 zitierte der BF maßgebliche Gesetzesbestimmungen und brachte vor, dass er seit Jahresbeginn 2008 [Anmerkung: richtig 2009] durchgehend in Österreich aufhältig sei. Er sei selbsterhaltungsfähig, krankenversichert, unbescholten und ohne Familienangehörige im Bundesgebiet. Er habe die Deutschprüfung B1 bestanden und sei in seinem Lebensumfeld gut integriert.
1.2.3. Bei seiner Einvernahme am 29.06.2017 vor dem BFA, Regionaldirektion Wien, im Beisein seiner damaligen gewillkürten Vertreterin, legte der BF eine Geburtsurkunde samt Apostille, die in Farbkopie zum Akt genommen wurden, sowie ein Deutsch-Zertifikat B1 vor. Der BF beantwortete einige Fragen zu seinen Lebensumständen in Indien und Österreich. Er arbeite als Zeitungszusteller. Seine Familie (Eltern, ein Onkel) lebe in Indien.
1.2.4. Mit Stellungnahme seiner damaligen Vertreterin vom 11.07.2017 wiederholte der BF im Wesentlichen seine bisherigen Angaben im Verfahren. Der BF zeige sich am politischen Geschehen in Österreich interessiert und fühle sich aufgrund des mittlerweile langjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet zuhause.
Der BF legte eine Krankenversicherungsbestätigung und zahlreiche Honorarbestätigungen vor.
1.2.5. Mit "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 25.08.2017 wurde dem BF mitgeteilt, dass eine "Ablehnung" seines Antrages beabsichtigt sei. Ihm wurden Länderberichte zu Indien (offenbar ein Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA) übermittelt und die Möglichkeit eingeräumt, dazu Stellung zu nehmen.
1.2.6. Mit Schreiben seiner damaligen Vertreterin vom 12.09.2017, ergänzt am 21.09.2017, wiederholte der BF im Wesentlichen zusammengefasst sein bisheriges Vorbringen. Bei einer Rückkehr nach Indien wäre es dem BF, der der ländlichen Bevölkerung zuzurechnen sei, nicht möglich, in Indien eine adäquate Beschäftigung zu finden. Er habe Versicherungsbeiträge und Steuern gezahlt und durch seine Erwerbstätigkeit auch einen Beitrag zum BIP geleistet. Bei einer Rückkehr nach Indien würde er sämtliche Beitragszahlungen und Anwartschaften verlieren.
1.2.7. Mit weiterer "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 02.11.2017 wurde der BF darauf hingewiesen, dass gemäß § 8 Abs. 1 AsylG-Durchführungsverordnung (AsylG-DV) von ihm ein gültiges Reisedokument und eine Geburtsurkunde, jeweils im Original und in Kopie, beizubringen sei, ansonsten der Antrag zurückzuweisen sei. Gemäß § 4 AsylG-DV sei auf Antrag eine Heilung dieses Mangels möglich, wenn ihm die Nichtvorlage dieser Dokumente nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sei.
1.2.8. Dazu antwortete der BF mit E-Mail seiner damaligen Vertreterin vom 10.11.2017, dass er bei der indischen Botschaft nur dann einen Reisepass erhalte, wenn er eine Bestätigung des BFA erhalte, aus der sich ergebe, dass für die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Vorlage eines neuen Reisepasses erforderlich sei.
1.2.9. Mit beantwortender E-Mail vom 14.11.2017 teilte das BFA mit, dass die indische Botschaft Passbefugnis habe und bei entsprechendem Willen ihrer Staatsbürger Reisepässe ausstelle. Sie sei in Ausübung ihrer Hoheitsbefugnis nicht auf Bestätigungen des BFA angewiesen. Weiters wurde aus den maßgeblichen Gesetzesbestimmungen zitiert.
1.2.10. Mit weiterem Schreiben seiner damaligen Vertreterin vom 20.11.2017 legte der BF noch einmal seine Geburtsurkunde in Kopie vor und beantragte, gemäß § 4 AsylG-DV den Mangel des fehlenden Reisepasses zu heilen.
1.2.11. Mit Schreiben vom 03.04.2018 teilte der nunmehrige anwaltliche Vertreter des BF seine Vertretungsbefugnis mit. Der BF habe am 21.03.2018 abermals bei der indischen Botschaft - "mit Zeugen" - vorgesprochen, und sei ihm abermals die Ausstellung eines Reisedokumentes verwehrt worden. Es sei daher von einem heilungsfähigen Mangel auszugehen.
1.2.12. Mit Bescheid vom 18.04.2018, der zuerst offenbar irrtümlich der vormaligen Vertreterin des BF und erst auf deren Hinweis dem nunmehrigen Vertreter rechtswirksam zugestellt wurde, wies das BFA in Spruchpunkt I. den Antrag auf Mängelheilung vom 20.11.2017 gemäß § 4 Abs. 1 Z1 in Verbindung mit § 8 AsylG-DV ab. In Spruchpunkt II. wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) erließ das BFA gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt V.).
In Spruchpunkt IV. wurde gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
In der Bescheidbegründung traf das BFA Feststellungen zur Person des BF und zum Herkunftsstaat. Seine Identität stehe nicht fest, der BF habe keinen Reisepass vorgelegt. Ob die vorgelegte Urkunde (Geburtsurkunde) echt sei, sei nicht sicher. Seine Familie (Eltern und Onkel) lebten nach wie vor in Indien.
Der BF lebe seit 2009 in Österreich, sein Antrag auf internationalen Schutz sei im April 2010 rechtskräftig abgewiesen worden und lebe der BF seither unrechtmäßig in Österreich. Der BF habe seine Behauptungen, dass er sich um die Ausstellung eines indischen Reisepasses bemüht habe, in keiner Weise bewiesen oder belegt. Der BF arbeite seit 2012 als Zeitungszusteller und sei sozialversichert. Aufgrund des geringen Einkommens und der Angewiesenheit auf fremde Betriebsmittel sei diese als "Scheinselbständigkeit" zu qualifizieren, die grundsätzlich eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung erforderlich machen würde. Eine Geburtsurkunde habe der BF erst am 10.08.2015 vorgelegt und damit die verfahrensrechtliche Mitwirkungspflicht verletzt. Der BF habe seit Jänner 2016 mehr als elf Monate lang keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt und stelle daher eine finanzielle Belastung für Österreich dar.
In rechtlicher Beurteilung wurden die Voraussetzungen für die materielle Erledigung des gegenständlichen Antrages gemäß Asylgesetz-Durchführungsverordnung (AsylG-DV, § 8 - Vorlage eines gültigen Reisedokumentes, Geburtsurkunde, Lichtbild) angeführt. Ein Reisedokument sei nicht vorgelegt worden.
Die Voraussetzungen des § 4 AsylG-DV zur Heilung eines Mangels gemäß § 8 AsylG-DV (Z2: zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK, Z3: im Falle der Nichtvorlage von Schriftstücken, dass deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar wäre) lägen nicht vor.
Sein Antrag sei daher gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG zurückzuweisen gewesen.
Bei einer Rückkehr nach Indien würde der BF nicht in Rechten nach Art. 3 oder 8 EMRK verletzt.
Die Interessen des BF an einem Verbleib im Inland würden - im Hinblick auf den ca. neun-jährigen unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich mit dem Unwillen auszureisen und das Fehlen familiärer Anbindungen - das Interesse an einem geordneten Fremdenwesen nicht aufwiegen.
Er habe den weit überwiegenden Teil seines Lebens in Indien verbracht, sei dort sozialisiert worden und würden noch Bezugspersonen wie Familienangehörige oder Bekannte dort leben. Der BF habe auf längere Dauer unberechtigt Aufenthalt in Österreich genommen und habe ihm dies bewusst sein müssen.
Unter Berücksichtigung von Art, Dauer und Rechtmäßigkeit des bisherigen Aufenthaltes des BF, tatsächlichem Bestehen eines Familienlebens und Schutzwürdigkeit des Privatlebens sei die Zurückweisung seines Antrages mit einer Rückkehrentscheidung gegen den BF zu verbinden gewesen.
Die Abschiebung Fremder in einen Staat sei gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Im Fall des BF sei nicht davon auszugehen, dass ihm im Falle der Abschiebung eine reale Gefahr einer solchen Menschenrechtsverletzung drohe. Eine Abschiebung nach Indien sei zulässig, die Frist hierfür betrage 14 Tage. Besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, hätten nicht festgestellt werden können.
Wegen des Bemühens des BF um die Ausübung einer legalen Tätigkeit sei das Ausmaß des Einreiseverbotes nicht höchstmöglich (drei statt fünf Jahre) festgelegt worden.
1.2.13. Gegen diesen Bescheid richtet sich das mit Schreiben seines Vertreters vom 17.05.2018 fristgerecht eingebrachte Rechtsmittel der Beschwerde, mit dem der Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, Rechtswidrigkeit infolge "Verletzung von Verfahrensvorschriften" und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten wurde.
In der Beschwerdebegründung wurde der Verfahrensgang zusammengefasst und angegeben, dass es dem BF trotz mehrfacher persönlicher Vorsprache - "auch mit Zeugen" nicht gelungen sei, einen Reisepass bei der indischen Botschaft zu erhalten.
Weiters folgten Wiederholungen des Vorbringens des BF aus dem erstbehördlichen Verfahren und Rechtsausführungen.
Der Feststellung des BFA im angefochtenen Bescheid, dass der BF seit Jänner 2016 keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt habe, wurde nicht konkret entgegengetreten, sondern lediglich - ohne dies zu belegen - behauptet, dass der BF über eine Krankenversicherung verfüge, "die alle Risiken abdeckt" (Seite 9 der Beschwerde).
Auch in der Beschwerde wurden die fehlenden Dokumente (Reisedokument oder Bestätigung oder sonstige Beweismittel bezüglich der Nichterlangbarkeit) nicht nachgereicht.
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
* Einsicht in die dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakten samt Vorakten des Bundesamtes und des Asylgerichtshofes, beinhaltend das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.03.2010, mit dem der Asylantrag des BF abgewiesen worden war, sowie die Niederschriften der Einvernahmen des BF vor dem Bundesamt, die polizeilichen Anzeigen über den unrechtmäßigen Aufenthalt des BF, den gegenständlichen Antrag vom 10.08.2015, die vom BF vorgelegten Belege samt seinen ergänzenden Eingaben, die Schriftstücke des BFA sowie die Beschwerde vom 17.05.2018
* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (Seiten 11 bis 79 des angefochtenen Bescheides).
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Die nachfolgenden Feststellungen gründen sich auf die unter Punkt 2. erwähnten Beweismittel.
3.1. Zur Person des BF:
3.1.1. Der BF führt den Namen XXXX, geboren am XXXX, ist indischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Hindus und stammt aus einem genannten Dorf im Distrikt Karimnagar, Bundesstaat Andra Pradesh. Seine Muttersprache ist Telugu.
Der BF hat keine hinsichtlich Art. 8 EMRK relevanten Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich. Seine Familie (Eltern, Onkel) lebt im Herkunftsstaat. Allfällige freundschaftliche Beziehungen in Österreich sind erst zu einem Zeitpunkt entstanden, an dem sich der BF seiner unsicheren bzw. illegalen aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst sein musste.
3.1.2. Der BF hält sich seit Jänner 2009 in Österreich auf. Ihm steht kein Aufenthaltsrecht zu, und er hatte niemals ein anderes als das vorübergehende Aufenthaltsrecht als Asylwerber in Österreich (von Jänner 2009 bis März 2010).
Der BF hat den Besuch von Kursen oder Schulen in Österreich oder kulturelle oder soziale Interessen oder Tätigkeiten weder konkret behauptet noch belegt. Er hat die Ausübung von Erwerbstätigkeiten (Zeitungszusteller) angegeben und belegt und ein Deutsch-Zertifikat B1 erlangt.
Wie der BF ohne Identitätsdokument (der BF hat im Verfahren lediglich eine Kopie einer übersetzten und beglaubigten indischen Geburtsurkunde vorgelegt) einen österreichischen Mopedausweis (ausgestellt vom ARBÖ Österreich) erlangen konnte, ist dem Verwaltungsakt nicht nachvollziehbar zu entnehmen.
3.1.3. Eine Integration des BF in Österreich in besonderem Ausmaß liegt nicht vor.
3.2. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:
Die im erstbehördlichen Verfahren getroffenen und in Punkt 2. dieses Erkenntnisses angeführten Feststellungen zur Lage in Indien decken sich mit dem Amtswissen des BVwG und werden im Folgenden diesem Erkenntnis zugrunde gelegt.
Zur allgemeinen Lage in Indien (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA vom 09.01.2017, Schreibfehler teilweise korrigiert):
Überblick über die politische Lage:
Indien ist mit über 1,2 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA Factbook 12.12.2016; vgl. auch: AA 16.08.2016, BBC 27.09.2016). Die - auch sprachliche - Vielfalt Indiens wird auch in seinem föderalen politischen System reflektiert, in welchem die Macht von der Zentralregierung und den Bundesstaaten geteilt wird (BBC 27.09.2016). Die Zentralregierung hat deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten (AA 9.2016a). Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 13.04.2016). Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus (AA 9.2016a).
Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung entspricht britischem Muster (AA 16.08.2016), der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist durchgesetzt (AA 9.2016a). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit, die über einen dreistufigen Instanzenzug verfügt, ist verfassungsmäßig garantiert (AA 16.08.2016).
Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein Zweikammerparlament (USDOS 13.04.2016). Die Legislative besteht aus einer Volkskammer (Lok Sabha) und einer Staatenkammer (Rajya Sabha). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene (AA 16.08.2016).
Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister Leiter der Regierung ist (USDOS 13.04.2016). Das Präsidentenamt bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse. Seit Juli 2012 ist Präsident Pranab Kumar Mukherjee indisches Staatsoberhaupt (AA 9.2016a). Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet aber der Premierminister (GIZ 11.2016).
Die seit 2014 im Amt befindliche neue Regierung will nicht nur den marktwirtschaftlichen Kurs fortsetzen, sondern ihn noch intensivieren, indem bürokratische Hemmnisse beseitigt und der Protektionismus verringert werden soll. Ausländische Investoren sollen verstärkt aktiv werden (GIZ 12.2016).
Sicherheitslage:
Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven. Widersprüche, Gegensätze oder Konflikte entladen sich in den gesellschaftlichen Arenen und werden von der Politik aufgegriffen, verarbeitet und teilweise instrumentalisiert (GIZ 11.2016). Blutige Terroranschläge haben in den vergangenen Jahren in Indiens Millionen-Metropolen wiederholt Todesopfer gefordert (Eurasisches Magazin 24.5.2014). Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (GIZ 11.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt (AA 16.08.2016).
Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011 Mumbai, September 2011 New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 Chennai und Dezember 2014 Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt, und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt (AA 24.04.2015). Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2011 1.073 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt, für das Jahr 2012 803, für das Jahr 2013 885, für das Jahr 2014 976, für das Jahr 2015 722 und für das Jahr 2016 835 [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 09.01.2017).
Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir, die nordöstlichen Regionen und der maoistische Gürtel. In Jharkhand und Bihar setzten sich die Angriffe von maoistischen Rebellen auf Sicherheitskräfte und Infrastruktur fort. In Punjab kam es bis zuletzt durch gewaltbereite Regierungsgegner immer wieder zu Ermordungen und Bombenanschlägen. Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten (maoistische Untergrundkämpfer) zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People's Liberation Front etc.). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, vielmehr als "communal violence" bezeichnet (ÖB 12.2016).
Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 16.08.2016).
Justiz:
In Indien sind viele Grundrechte und -freiheiten verfassungsmäßig verbrieft, und die verfassungsmäßig garantierte unabhängige indische Justiz bleibt vielmals wichtiger Rechtegarant. Die häufig lange Verfahrensdauer aufgrund überlasteter und unterbesetzter Gerichte sowie verbreitete Korruption, vor allem im Strafverfahren, schränken die Rechtssicherheit aber deutlich ein (AA 16.08.2016; vgl. auch:
USDOS 13.04.2016). Eine generell diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis lässt sich nicht feststellen, allerdings sind vor allem die unteren Instanzen nicht frei von Korruption (AA 24.04.2015).
Das Gerichtswesen ist auch weiterhin überlastet, und der Rückstau bei Gericht führt zu langen Verzögerungen oder der Vorenthaltung von Rechtsprechung. Eine Analyse des Justizministeriums ergab mit 01.08.2015 eine Vakanz von 34% der Richterstellen an den Obergerichten (USDOS 13.04.2016). Die Regeldauer eines Strafverfahrens (von der Anklage bis zum Urteil) beträgt mehrere Jahre; in einigen Fällen dauern Verfahren bis zu zehn Jahre. Auch der Zeugenschutz ist mangelhaft. Dies führt dazu, dass Zeugen vor Gericht häufig nicht frei aussagen, da sie bestochen oder bedroht worden sind (AA 16.08.2016; vgl. auch: USDOS 13.04.2016).
Sicherheitsbehörden:
Die indische Polizei (Indian Police Service) ist keine direkte Strafverfolgungs- oder Vollzugsbehörde (BICC 6.2016) und untersteht den Bundesstaaten (AA 16.08.2016). Sie fungiert vielmehr als Ausbildungs- und Rekrutierungsstelle für Führungsoffiziere der Polizei in den Bundesstaaten. Im Hinblick auf die föderalen Strukturen ist die Polizei dezentral in den einzelnen Bundesstaaten organisiert. Die einzelnen Einheiten haben jedoch angesichts eines nationalen Polizeigesetzes, zahlreicher nationaler Strafrechte und der zentralen Rekrutierungsstelle für Führungskräfte eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Allgemein ist die Polizei mit der Strafverfolgung, Verbrechensprävention und -bekämpfung sowie Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung betraut und übt gleichzeitig eine teilweise Kontrolle über die verschiedenen Geheimdienste aus. Innerhalb der Polizei gibt es eine Kriminalpolizei (Criminal Investigation Department - CID), in die wiederum eine Sondereinheit (Special Branch) integriert ist. Während erstere mit nationalen und bundesstaatenübergreifenden Verbrechen betraut ist, hat die Sondereinheit Informationsbeschaffung und Überwachung jeglicher subversiver Elemente und Personen zur Aufgabe. In fast allen Bundesstaaten sind spezielle Polizeieinheiten aufgestellt worden, die sich mit Frauen und Kindern beschäftigen. Kontrolliert wird ein Großteil der Strafverfolgungsbehörden vom Innenministerium (Ministry of Home Affairs) (BICC 6.2016).
Ein Mangel an Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Polizei entsteht neben den strukturellen Defiziten auch durch häufige Berichte über Menschenrechtsverletzungen wie Folter, außergerichtliche Tötungen und Drohungen, die mutmaßlich durch die Polizei verübt wurden (BICC 6.2016; vgl. auch: USDOS 13.04.2016). Die Polizei bleibt weiterhin überlastet, unterbezahlt und politischem Druck ausgesetzt, was in einigen Fällen zu Korruption führt. (USDOS 13.04.2016). Versprochene Polizeireformen verzögerten sich 2015 erneut (HRW 27.01.2016).
Die Effektivität der Strafverfolgung und der Sicherheitskräfte ist im gesamten Land sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während es einerseits Fälle von Polizisten/Beamten gibt, die auf allen Ebenen ungestraft handeln, so gab es andererseits auch Fälle, in denen Sicherheitsbeamte für ihre illegalen Handlungen zur Verantwortung gezogen wurden (USDOS 13.04.2016).
Das indische Militär ist der zivilen Verwaltung unterstellt und hat in der Vergangenheit wenig Interesse an einer politischen Rolle gezeigt. Der Oberbefehl obliegt dem Präsidenten. Ihrem Selbstverständnis nach ist die Armee zwar die "Beschützerin der Nation", aber nur im militärischen Sinne (BICC 6.2016). Das Militär kann im Inland eingesetzt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit notwendig ist (AA 16.08.2016; vgl. auch: BICC 6.2016), wie etwa beim Kampf gegen bewaffnete Aufständische, der Unterstützung der Polizei und der paramilitärischen Einheiten sowie dem Einsatz bei Naturkatastrophen (BICC 6.2016).
Für den Einsatz von Streitkräften - vor allem von Landstreitkräften - in Unruhegebieten und gegen Terroristen wird als Rechtsgrundlage der "Armed Forces Special Powers Act" (AFSPA) herangezogen. Der AFSPA gibt den Streitkräften weitgehende Befugnisse zum Gebrauch tödlicher Gewalt, zu Festnahmen ohne Haftbefehl und Durchsuchungen ohne Durchsuchungsbefehl. Bei ihren Aktionen genießen die Handelnden der Streitkräfte weitgehend Immunität vor Strafverfolgung. Der AFSPA kommt zur Anwendung, nachdem Regierungen der Bundesstaaten ihre Bundesstaaten oder nur Teile davon auf der Basis des "Disturbed Areas Act" zu "Unruhegebieten" erklären. Als Unruhegebiete gelten zurzeit der Bundesstaat Jammu und Kaschmir und die nordöstlichen Bundesstaaten Arunachal Pradesh, Assam, Meghalaya, Manipur, Mizoram und Nagaland (AA 16.08.2016 vgl. USDOS 25.06.2015).
Die unter anderem auch in den von linksextremistischen Gruppen (sog. Naxaliten) betroffenen Bundesstaaten Zentralindiens eingesetzten paramilitärischen Einheiten Indiens unterstehen zu weiten Teilen dem Innenministerium (AA 16.08.2016). Dazu zählen insbesondere die National Security Guard (Nationale Sicherheitspolizei NSG), eine aus Angehörigen des Heeres und der Polizei zusammengestellte Spezialtruppe für Personenschutz, auch als "Black Cat" bekannt, die Rahtriya Rifles, eine Spezialtruppe zum Schutz der Verkehrs- und Nachrichtenverbindungen bei inneren Unruhen und zur Bekämpfung von bewaffneten Rebellionen, die Central Reserve Police Force (CRPF) - die Bundesreservepolizei, eine militärisch ausgerüstete Polizeitruppe für Sondereinsätze -, die Border Security Force (BSF - Bundesgrenzschutz), als größte und am besten ausgestattete Miliz zum Schutz der Grenzen zu Pakistan, Bangladesh und Myanmar. Sie wird aber auch zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung in anderen Landesteilen eingesetzt. Weiters zählen die Assam Rifles - zuständig für Grenzverteidigung im Nordosten -, die Indo-Tibetan Border Force (ITBP) als Indo-Tibetische Grenzpolizei sowie die Küstenwache, die Railway Protective Force zum Schutz der nationalen Eisenbahn und die Central Industrial Security Force, zum Werkschutz der Staatsbetriebe dazu (ÖB 12.2016). Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 16.08.2016).
Die Grenzspezialkräfte ("Special Frontier Force)" unterstehen dem Büro des Premierministers. Die sogenannten Grenzspezialkräfte sind eine Eliteeinheit, die an sensiblen Abschnitten der Grenze zu China eingesetzt werden. Auch für das Handeln der Geheimdienste, das sogenannte Aufklärungsbüro ("Intelligence Bureau" - Inlandsgeheimdienst) und den Forschungs- und Analyseflügel ("Research and Analysis Wing" - Auslandsgeheimdienst), bestehen gesetzliche Grundlagen (AA 24.04.2015; vgl. auch USDOS 25.06.2015).
Der "Unlawful Activities (Prevention) Act" (UAPA) wurde verschärft. Die Änderungen beinhalten u.a. eine erweiterte Terrorismusdefinition und in Fällen mit Bezug zu Terrorismus die Möglichkeit zur Ausweitung der Untersuchungshaft ohne Anklage von 90 auf 180 Tage und erleichterte Regeln für den Beweis der Täterschaft eines Angeklagten (die faktisch einer Beweislastumkehr nahekommen) (AA 24.04.2015).
Allgemeine Menschenrechtslage:
Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 16.08.2016). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt. Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB 12.2016). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet (AA 16.08.2016). Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien, z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, aber ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u. a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt.
Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme sind Missbrauch durch Polizei und Sicherheitskräfte einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen, Folter und Vergewaltigung. Korruption bleibt weit verbreitet und trägt zur ineffektiven Verbrechensbekämpfung, insbesondere auch von Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Mitglieder registrierter Kasten und Stämme sowie auch gesellschaftlicher Gewalt aufgrund von Geschlechts-, Religions-, Kasten- oder Stammeszugehörigkeit bei (USDOS 13.04.2016).
Die Menschenrechtslage ist in Indien regional sehr unterschiedlich (BICC 6.2016), eine verallgemeinernde Bewertung kaum möglich:
Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt (AA 16.08.2016). Ursache vieler Menschenrechtsverletzungen in Indien bleiben tiefverwurzelte soziale Praktiken wie nicht zuletzt das Kastenwesen (AA 16.08.2016). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 6.2016). Während die Bürger- und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen dort, wo es interne Konflikte gibt, teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräften, aber auch den nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen, seien es separatistische Organisationen oder regierungstreue Milizen, werden massive Menschenrechtsverletzungen angelastet. Dem Militär und den paramilitärischen Einheiten werden Entführungen, Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hinrichtungen vorgeworfen. Insbesondere hinsichtlich der Spannungen zwischen Hindus und Moslems, welche im Jahr 2002 zu Tausenden von Todesfällen führten, wird den Sicherheitskräften Parteilichkeit vorgeworfen Die Stimmung wird durch hindunationalistische Parteien angeheizt, welche auch in der Regierung vertreten sind (BICC 6.2016).
Separatistische Rebellen und Terroristen in Jammu und Kaschmir, den nordöstlichen Bundesstaaten und im Maoistengürtel begehen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, darunter Morde an Zivilisten, Polizisten, Streitkräften und Regierungsbeamten. Aufständische sind für zahlreiche Fälle von Entführung, Folter, Vergewaltigung, Erpressung und den Einsatz von Kindersoldaten verantwortlich (USDOS 13.04.2016).
Die Behörden verstoßen auch weiterhin gegen die Privatsphäre der Bürger. In manchen Bundesstaaten schränkt das Gesetz die religiöse Konversion ein, und es gibt Berichte von Verhaftungen, aber keine Verurteilungen nach diesem Gesetz. Manche Einschränkungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit dauern an (USDOS 13.04.2016).
Im Oktober 1993 wurde die Nationale Menschenrechtskommission (National Human Rights Commission - NHRC) gegründet. Ihre Satzung beinhaltet den Schutz des Menschenrechtgesetzes aus dem Jahre 1993. Die Kommission verkörpert das Anliegen Indiens für den Schutz der Menschenrechte. Sie ist unabhängig und wurde durch ein Umsetzungsgesetz des Parlaments gegründet. Die NHRC hat die Befugnis eines Zivilgerichtes (NHRC o.D.). Die NHRC empfiehlt, dass das Kriminalermittlungsbüro alle Morde, in denen die angeblichen Verdächtigen während ihrer Anklage, Verhaftung, oder bei ihrem Fluchtversuch getötet wurden, untersucht. Viele Bundesstaaten sind diesem unverbindlichen Rat nicht gefolgt und führten interne Revisionen im Ermessen der Vorgesetzten durch. Die NHRC-Richtlinien weisen die Bundesstaatenregierungen an, alle Fälle von Tod durch Polizeihandlung binnen 48 Stunden an die NHRC zu melden, jedoch hielten sich viele Bundesstaatenregierungen nicht an diese Richtlinien. Die NHRC forderte von den Bundesstaatenregierungen, den Familien von Opfern eine finanzielle Kompensation zu bieten, aber die Bundesstaatenregierungen erfüllten diese Richtlinien nicht konsequent. Die Behörden haben die Streitkräfte nicht dazu aufgefordert, Todesfälle während der Haft an die NHRC zu melden (USDOS 13.04.2016).
Bewegungsfreiheit:
Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 13.04.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 16.08.2016).
Die Regierung lockerte Einschränkungen in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen, vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen. Die Sicherheitskräfte untersuchen Wagen und deren Inhaber bei Checkpoints im Kaschmirtal, vor öffentlichen Veranstaltungen in Neu Delhi oder nach großen terroristischen Angriffen (USDOS 13.04.2016).
Die Regierung darf die legale Ausstellung eines Passes an einen Anwärter, von dem geglaubt wird, dass er in Aktivitäten außerhalb des Landes verwickelt ist, die "schädlich für die Souveränität und Integrität der Nation" sind, verweigern. Bürger von Jammu und Kaschmir sind auch weiterhin mit massiven Verzögerungen bei der Ausstellung eines Passes konfrontiert, oft dauert es bis zu zwei Jahre, bis ihnen das Außenministerium einen Pass ausstellt oder erneuert. Die Regierung setzt Antragsteller - geboren in Jammu und Kaschmir -, darunter auch Kinder von Militäroffizieren, Berichten zufolge zusätzlichen Kontrollen aus, bevor sie einen Pass erhalten (USDOS 16.08.2016).
Mit dem geplanten Datenverbundsystem für die zentralen Sicherheitsbehörden und die Unionsstaaten, Crime and Criminal Tracking Network System (CCTNS), soll künftig ein Informationsaustausch auf allen Ebenen gewährleistet sein. Für 2012 war eine Anbindung von 15.000 Polizeistationen und 6.000 übergeordneten Stellen vorgesehen. Die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens liegt jedoch weit hinter dem ursprünglichen Zeitplan (AA 03.03.2014).
Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern (ÖB 12.2016). Es ist davon auszugehen, dass Betroffene sich durch Flucht in einen anderen Landesteil jeglicher Art der privaten/halbstaatlichen Probleme entziehen können, da nicht davon auszugehen ist, dass über das Dorf hinaus Anwohner oder lokale Behörden Hinweise erhalten oder recherchieren können oder sich überhaupt dafür interessieren, was ein Zugezogener in der Vergangenheit gemacht haben könnte. Es fehlen jegliche zentrale Aktenführung oder Informationsaustausch. Es bedarf lediglich eines sehr einfachen, öffentlichen Namensänderungsverfahrens, um seine Identität zu verschleiern (AA 03.03.2014).
Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 16.08.2016). Ob der Betreffende nach der Umsiedlung dort die Möglichkeit hat, sich ein wirtschaftliches Auskommen zu verschaffen, hängt ausschließlich von seiner Eigeninitiative ab (AA 03.03.2014).
In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2016).
Grundversorgung:
Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen.
Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 16.08.2016).
Medizinische Versorgung:
Die Struktur von Indiens Gesundheitssystems ist vielseitig. Nach der indischen Verfassung haben die verschiedenen Staaten die Leitung über die meisten Aspekte des Gesundheitswesens, inklusive öffentlicher Gesundheit und Krankenhäuser. Rund 80% der Finanzierung des öffentlichen Gesundheitswesens kommt von den Staaten (BAMF 12.2015).
Die gesundheitliche Grundversorgung wird vom Staat kostenfrei gewährt. Sie ist aber durchweg unzureichend (AA 16.08.2016) und schließt keine kostenfreie Gesundheitsversorgung für die gesamte Bevölkerung ein (BAMF 8.2014). Staatliche Krankenhäuser bieten Gesundheitsversorgung kostenfrei oder zu sehr geringen Kosten (BAMF 12.2015).
Staatliche Gesundheitszentren bilden die Basis des öffentlichen Gesundheitswesens. Dies sind meist Ein-Mann-Kliniken, die auch kleine Operationen anbieten. Diese Zentren sind grundsätzlich in der Nähe aller Dörfer zu finden. Insgesamt gibt es mehr als 23.000 solcher Kliniken in Indien. Gemeindegesundheitszentren (Community Health Centres) sind als Basis des Gesundheitswesens in städtischen Gegenden verfügbar. Taluk Krankenhäuser werden von der Regierung und dem zuständigen Taluk [Anmerkung: Verwaltungseinheit] betrieben. Bezirkskrankenhäuser (District level hospitals) und spezialisierte Kliniken sind für alle möglichen Gesundheitsfragen ausgestattet (BAMF 12.2015).
Der private Sektor hat ebenfalls eine wesentliche Rolle bei der Gesundheitsversorgung (BAMF 12.2015), und da der Andrang auf Leistungen des staatlichen Sektors sehr stark ist, weichen viele für eine bessere oder schnellere Behandlung auf private Anbieter aus. Die privaten Gesundheitsträger genießen wegen der fortschrittlicheren Infrastruktur und des qualifizierteren Personals einen besseren Ruf. In allen größeren Städten gibt es medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Behandlungen durchgeführt werden können. Dies gilt mit den genannten Einschränkungen auch für den öffentlichen Bereich (AA 16.08.2016). Einige wenige private Krankenhäuser in den größten Städten gewährleisten einen Standard, der dem westlicher Industriestaaten vergleichbar ist. Im wirtschaftlich starken Punjab und in New Delhi ist die Gesundheitsversorgung im Verhältnis zu anderen Landesteilen gut (AA 16.08.2016). Private Gesundheitsversorgung ist vergleichbar teuer, und den Großteil der Kosten zahlen die Patienten und deren Familien selbst. Für den Zugang zu den Leistungen ist grundsätzlich ein gültiger Personenausweis nötig (Adhaar card, Voter ID, PAN, driving license) (BAMF 12.2015).
Mehrere Versicherungsgesellschaften bieten eine Krankenversicherung an, die bestimmte medizinische Kosten abdeckt, unter anderem auch stationären Krankenhausaufenthalt. Die Abdeckung variiert je nach Versicherungspolizze (BAMF 8.2014). Die staatliche Krankenversicherung (Universal Health Insurance Scheme) erfasst nur indische Staatsbürger unterhalb der Armutsgrenze. Für den Rest der Bevölkerung ist eine beitragspflichtige Krankenversicherung durch verschiedene private und staatliche Firmen zu unterschiedlichen Konditionen gegeben. Bekannte Versicherer sind General Insurance, Bharti AAA, HDFC ERGO, Bajaj, Religare, Apollo Munich, New India Assurance, Max Bupa etc. Zudem gibt es viele wohltätige Institutionen, die bezahlbare Behandlungen anbieten (BAMF 12.2015).
In Indien sind fast alle gängigen Medikamente auf dem Markt erhältlich (AA 16.08.2016). Medikamentenläden sind in Indien zahlreich und auch in entlegenen Städten vorhanden. (BAMF 12.2015). Die Einfuhr von Medikamenten aus dem Ausland ist möglich. Indien ist der weltweit größte Hersteller von Generika, und Medikamente kosten einen Bruchteil der Preise in Europa (AA 16.08.2016). Die Kosten für die notwendigsten Medikamente sind staatlich kontrolliert, sodass diese weitreichend erhältlich sind (BAMF 12.2015).
Behandlung nach Rückkehr:
Allein die Tatsache, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 16.08.2016). Die indische Regierung hat kein Reintegrationsprogramm und bietet auch sonst keine finanzielle oder administrative Unterstützung für Rückkehrer (BAMF 12.2015).
Dokumente:
Echtheit der Dokumente:
Der Zugang zu gefälschten Dokumenten oder echten Dokumenten falschen Inhalts ist leicht. Gegen entsprechende Zahlungen sind viele Dokumente zu erhalten. Erleichtert wird der Zugang überdies durch die Möglichkeit, Namen ohne größeren Aufwand zu ändern. Angesichts der Unzuverlässigkeit des Urkundenwesens werden indische öffentliche Urkunden seit dem Jahr 2000 von den deutschen Auslandsvertretungen nicht mehr legalisiert (AA 16.08.2016).
Echte Dokumente unwahren Inhalts:
Echte Dokumente unwahren Inhalts sind problemlos (gegen entsprechende Zahlungen oder als Gefälligkeit) erhältlich. Bei Personenstandsurkunden handelt es sich dabei um echte Urkunden falschen Inhalts, bei Gerichtsentscheidungen (z.B. Scheidung, Sorge) um echte Urteile, die jedoch aufgrund erfundener Sachverhalte und ohne Einhaltung grundlegender Verfahrenserfordernisse (rechtliches Gehör, Interessenabwägung, Begründung) ergehen (AA 16.08.2016).
Zugang zu gefälschten Dokumenten:
Der deutschen Botschaft New Delhi werden im Rahmen laufender Asylverfahren nur sehr selten Unterlagen zur Überprüfung vorgelegt. In der Vergangenheit haben sich Dokumente im Zusammenhang mit Strafsachen und Fahndung sowie dazugehörige Eidesstattliche Versicherungen (affidavits) auch als falsch oder gefälscht herausgestellt. Die Überprüfung der Echtheit von Haftbefehlen gestaltet sich schwierig. Vorgelegte Dokumente ("Warrant of Arrest", "First Investigation Report", Bestätigungsschreiben von Rechtsanwälten, "Affidavits" von Dorfvorstehern oder Angehörigen) stellen sich bei Überprüfung häufig als gefälscht heraus. Überprüfungen im Asylverfahren ergeben häufig, dass weder der Sachvortrag noch die Identität des Betreffenden bestätigt werden kann (AA 16.08.2016).
Adhaar/Identifizierungsbehörde:
Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar ID Nummer ausgestellt. Obwohl diese nicht verpflichtend ist, gaben Beamte an, dass der Nichtbesitz den Zugang zur Staatshilfe limitieren werden könnte (FH 03.10.2013). Die unverwechselbare Identitätsnummer ermöglicht es beispielsweise, dass staatliche Zuschüsse direkt an den Verbraucher übermittelt werden. Anstatt diese auf ein Bankkonto zu senden, wird sie an die unverwechselbare Identitätsnummer überwiesen, die mit der Bank verbunden ist und geht so an das entsprechende Bankkonto. 750 Mio. Inder haben derzeit eine derartige Identitätsnummer, ca. 130 Mio. haben diese auch mit ihrem Bankkonto verknüpft (International Business Times, 02.02.2015).
Die Identifizierungsbehörde Indiens wurde eingerichtet, um die rechtliche und technische Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist, um allen indischen Einwohnern eine 12-stellige Identitätsnummer (UID) auszustellen, die online überprüft werden können. Dieses Projekt soll gefälschte und doppelte Identitäten ausschließen. Das neue Identitätssystem wird mit Fotos, demographischen und biometrischen Details (Fingerabdrücke und Iris-Bild) verbunden. Der Erwerb einer UID ist freiwillig und kostenlos. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, sich registrieren zu lassen (UK Home Office 2.2015).
Da die im Rahmen des UID bzw. Aadhaar Projektes gesammelten Daten nicht in das nationale Bevölkerungsregister (NPR) integriert werden, stellt dieses jedoch nur eine bloße Auflistung von Namen und demographischen Details dar. Bisher wurden 1,04 Milliarden Aadhaar Nummern generiert, mit dem Plan der vollständigen Erfassung der Bevölkerung bis März 2017. Die zuständige Behörde für die einheitliche Identifikationsnummer weigert sich, die gesammelten Daten an das für das Bevölkerungsregister zuständige Innenministerium weiterzuleiten, da sie aufgrund des im Juli 2016 verabschiedeten Gesetzes von einem Datenaustausch ausgeschlossen ist (HAT 08.08.2016).
4. Beweiswürdigung:
Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des Bundesamtes, des Asylgerichtshofes und des BVwG.
4.1. Zur Person des BF und zu den Gründen für die Zurückweisung seines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, die Rückkehrentscheidung sowie das Einreiseverbot:
Die Feststellungen zur Identität des BF ergeben sich aus seinen Angaben im Asylverfahren und aus der von ihm vorgelegten übersetzten und beglaubigten indischen Geburtsurkunde in Kopie sowie einem österreichischen Mopedausweis.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft, insbesondere zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des BF, stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF im Asylverfahren und im gegenständlichen Verfahren (Antrag auf Erlangung eines Aufenthaltstitels) sowie auf die Kenntnis und Verwendung der Sprache Telugu und die Kenntnis der geografischen Gegebenheiten Indiens.
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des BF (Name und Geburtsdatum) getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im Verfahren. Zur Individualisierung im Verfahren war der vorgebrachte Name durchaus ausreichend.
Der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt - insbesondere für die Frage, ob die Voraussetzungen für die Zurückweisung des Antrages des BF vorliegen, sowie die für die Interessenabwägung bei der Rückkehrentscheidung und die Erlassung eines Einreiseverbotes maßgebenden Umstände - ergibt sich unzweifelhaft aus dem Akteninhalt.
Die vom BF im Verfahren wiederholt gemachten Behauptungen - zuletzt in der gegenständlichen Beschwerde -, er habe bei der Botschaft vorgesprochen und es gebe Zeugen für seine Bemühungen, hat er in keiner Weise glaubhaft gemacht (weder schriftliche Bestätigungen noch namhaft gemachte Zeugen oder ähnliches).
4.2. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:
Die diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergaben. Angesichts der Seriosität der dort angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Insoweit diesen Feststellungen Berichte älteren Datums zugrunde lagen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation fallrelevant nicht wesentlich geändert haben.
Der BF hat diese Feststellungen nicht bestritten.
5. Rechtliche Beurteilung:
5.1. Anzuwendendes Recht:
Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung).
Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangene