Entscheidungsdatum
31.07.2018Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
W252 2201625-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elisabeth SHALA LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien alias Kroatien, gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft auf Grund des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.04.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) stellte am 31.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er unrechtmäßig nach Österreich eingereist war, wobei er behauptete am 20.12.1997 geboren zu sein. Durch eine Altersfeststellung wurde die Volljährigkeit des BF festgestellt. Der BF hatte bereits am 30.05.2015 in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
2. Der Asylantrag wurde infolge der Nichtzuständigkeit Österreichs mit Bescheid vom 17.11.2015, rechtskräftig mit 09.12.2015, zurückgewiesen und eine Anordnung zur Außerlandesbringung gegen den BF erlassen. Der Bescheid wurde infolge des unbekannten Aufenthaltes des BF im Akt hinterlegt und durch Aushang bekundet. Der Transfer nach Ungarn wurde ausgesetzt.
3. Am 20.07. 2016 wurde der BF aufgegriffen und nach einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) entlassen. Der BF stellte einen Asylfolgeantrag. Aufgrund dessen wurde dem BF am 20.07.2016 für den 21.07.2016 eine Ladung zur Erstbefragung ausgefolgt.
4. Am 21.07.2016 fand eine Erstbefragung des BF vor dem BFA statt.
5. Der Asylfolgeantrag des BF wurde infolge der Nichtzuständigkeit Österreichs mit Bescheid vom 08.09.2016, rechtskräftig mit 23.09.2016, zurückgewiesen und eine Anordnung zur Außerlandesbringung gegen den BF erlassen. Infolge des unbekannten Aufenthalts des BF wurde der Bescheid im Akt hinterlegt und durch Aushang bekundet.
6. Am 26.07.2016 wurde die Ablehnung der Übernahme des BF von Ungarn an das Bundesamt übermittelt.
7. Mit Verständigung vom 15.12.2017 gemäß § 105 (2) FPG, § 37 (3) NAG und § 30 (5) BFA-VG wurde das Bundesamt durch die Staatsanwaltschaft von der Anklageerhebung gegen den BF wegen §§ 223 (2), 224 StGB informiert. Mit Schreiben vom 12.01.2018 wurde eine Hauserhebung an der angegebenen Wohnanschrift veranlasst. Das LPD Wien teilte dem BFA am 19.01.2018 mit, dass sich der BF nicht an der angegebenen Wohnanschrift aufhalte und bereits mit 30.11.2017 abgemeldet worden sei. Der Aufenthaltsort des BF konnte nicht ermittelt werden.
8. Am 01.04.2018 um 14 Uhr wurde der BF von Beamten des LPD Wien SPK Brigittenau in Wien am Praterstern kontrolliert. Im Rahmen der Personenkontrolle wurde festgestellt, dass gegen den BF eine gerichtliche Aufenthaltsermittlung wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat gem. §§ 223 (2), 224 StGB sowie eine rechtskräftige Anordnung zur Außerlandesbringung vom 08.09.2016 vorliegen. Der BF wurde gemäß den Bestimmungen des BFA-VG festgenommen und in das PAZ HG eingeliefert.
9. Am 01.04.2018 führte das BFA unter Beziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch zur beabsichtigten Anordnung der Schubhaft und zur Prüfung der Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot eine niederschriftliche Einvernahme durch.
Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass er gesund sei und wegen seinen Nerven das Beruhigungsmittel, Diazepam einnehme. Als Geburtsdatum führte der BF den XXXX an. Er gab an, dass er keinen Reisepass habe und auch nie einen besessen habe. Er sei bei der Botschaft gewesen, die hätten ihm jedoch keinen Reisepass ausgestellt. In Österreich habe er keine Verwandten, seine Schwester, mehrere Cousins und Cousinen leben in Frankreich, ein Bruder und ein Cousin leben in Italien. Die Eltern des BF und die restlichen Geschwister befänden sich in Algerien und er habe regelmäßigen Kontakt zu ihnen. Überdies sei er ledig und habe keine Sorgepflichten. Zu seiner aktuellen Wohnadresse befragt und dem Vorhalt, dass er von der Adresse XXXX , Wien 12. Am 30.11.2017 abgemeldet worden sei, gab der BF an, dass er von der Abmeldung durch den Hauptmieter, der seinen Bruder anmelden habe wollen, nicht Bescheid gewusst habe. Der BF habe jedoch weiter in dieser Unterkunft gewohnt. Mittlerweile seien jedoch die Schlösser in diese Wohnung ausgetauscht worden und der BF könne deshalb nicht mehr in die Wohnung. Deshalb habe der BF nunmehr Unterkunft bei einem nicht benennbaren Freund, Nähe der U-Bahn-Station Längenfeldgasse, die genaue Anschrift sei ihm aber unbekannt. Seinen Lebensunterhalt bestreite der BF dadurch, dass ihm seine Familienangehörige in Frankreich immer wieder Geld schicken würden, manchmal arbeite er auf einem Markt im 20.Bezirk oder als Mechaniker. Der BF gab an, dass ihm die rechtskräftige Anordnung zur Außerlandesbringung nicht bekannt sei, er habe in Algerien Probleme und wolle nicht dorthin zurückgehen, lieber würde er nach Ungarn gehen. Im Zuge der Einvernahme wurde dem BF ein Formblatt der algerischen Botschaft zur Identifikation bzw. Personenfeststellung vorgelegt. Das Ausfüllen dieses Formblattes hat der BF verweigert.
10. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 01.04.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass der BF seit 2015 verpflichtet gewesen sei, Österreich zu verlassen. Dieser Ausreiseverpflichtung sei er jedoch nicht nachgekommen und verfüge auch nicht über finanzielle Mittel oder einen ordentlichen Wohnsitz. Einer geregelten Beschäftigung gehe er nicht nach. Auf Grund des Verhaltens des BF sei auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 3 und 9 FPG von erheblicher Fluchtgefahr auszugehen. Dieser Bescheid wurde dem BF am 01.04.2018 durch persönliche Übernahme zugestellt. Ein Rechtsmittel dagegen hat er nicht erhoben.
11. Der BF befand sich von 02.04.2018 bis 03.04.2018 in Hungerstreik.
12. Mit Bescheid vom 03.04.2018 hat das Bundesamt gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Gleichzeitig wurde ein auf die Dauer von 4 Jahren befristet Aufenthaltsverbot erlassen. Gegen diesen Bescheid hat der BF kein Rechtsmittel erhoben.
13. Am 18.04. 2018 wurde der BF der algerischen Botschaft zur Feststellung der Identität vorgeführt. Dabei wurde der BF aufgrund seiner Angaben als algerischer Staatsangehöriger mit Geburtsdatum
XXXX identifiziert, es bedarf jedoch noch weiteren Erhebungen in Algerien, die vier bis fünf Monate in Anspruch nehmen können.
14. Am 29.05.2018 stellte der BF einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz um seine Haftentlassung zu erreichen, wobei der als Fluchtgrund wirtschaftliche Gründe angab.
15. Mit Meldung vom 06.06.2018 wurde das BFA darüber informiert, dass der BF unerlaubterweise ein Smartphone in seine Zelle geschmuggelt habe, von dem er behauptete, dass es nicht ihm gehöre. Der BF gab die mehrmalige Benutzung des Handys zu.
16. Der Antrag auf internationalen Schutz vom 29.05.2018 wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.06.2018, dem BF persönlich ausgefolgt am 12.06.2018, vollinhaltlich abgewiesen eine Rückkehrentscheidung den BF betreffend getroffen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Algerien zulässig ist und ein Einreiseverbot für die Dauer von zwei Jahren ausgesprochen.
17. Am 12.06.2018 und 17.07.2018 führte das Bundesamt jeweils eine Schubhaftprüfung durch.
18. Mit der Vorlage gem. §22a Abs. 4 BFA-VG datiert mit 23.07.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen am 24.07.2018, informierte das Bundesamt das Bundesverwaltungsgericht darüber, dass der BF über den Zeitraum von vier Monaten hinaus in Schubhaft angehalten werden soll. In der diesbezüglichen Stellungnahme wird ergänzend zum geschilderten Sachverhalt ausgeführt, dass die Abt. BII am 27.06.2018 dem Bundesamt mitgeteilt habe, dass erfahrungsgemäß die Überprüfung durch die algerische Behörde vier bis fünf Monate in Anspruch nehme. Es werde mit einer Antwort im Juli oder Anfang September 2018 gerechnet. Im August sei die algerische Botschaft geschlossen. Es sei daher davon auszugehen, dass mit Ende Juli bzw. spätestens Anfang September 2018 die Antwort aus Algerien einlange, woraus ersichtlich sei ob die Ausstellung eines Heimreisezertifikats erfolge.
Zur Sicherung der Abschiebung des BF sei die Schubhaft über den Zeitraum von vier Monaten hinaus aufrecht zu erhalten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Zum Verfahrensgang (I.1. - I.18.)
Der unter Punkt I.1. bis I.18. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
2. Zur Person des BF und zu den Voraussetzungen der Schubhaft
2.1. Der BF ist algerischer Staatsbürger, er wurde als solcher von der algerischen Botschaft identifiziert. Der BF ist am XXXX geboren, auch dies wurde von der algerischen Botschaft bestätigt. Seine Identität steht jedoch nicht fest, er verfügt über keine Dokumente, die seine Identität belegen, insbesondere über keine Reisedokumente. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. In Österreich ist der BF unbescholten.
2.2. Der BF wird seit 01.04.2018 in Schubhaft angehalten.
2.3. Im Akt finden sich keine Hinweise auf gesundheitliche Beschwerden des BF. Er ist haftfähig.
3. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr
3.1. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.11.2015, rechtskräftig mit 09.12.2015, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 31.05.2015 infolge von der Nichtzuständigkeit Österreichs zurückgewiesen und eine Anordnung zur Außerlandesbringung erlassen. Der Bescheid wurde infolge des unbekannten Aufenthalts des BF im Akt hinterlegt und durch Aushang bekundet. Der Transfer nach Ungarn wurde ausgesetzt.
3.2. Der BF stellte am 21.07.2016 einen Asylfolgeantrag. Der Asylfolgeantrag des BF wurde infolge der Nichtzuständigkeit Österreichs mit Bescheid vom 08.09.2016, rechtskräftig mit 23.09.2016, zurückgewiesen und eine Anordnung zur Außerlandesbringung gegen den BF erlassen. Infolge des unbekannten Aufenthalts des BF wurde der Bescheid im Akt hinterlegt und durch Aushang bekundet.
3.3. Mit Bescheid vom 03.04.2018 hat das Bundesamt gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Gleichzeitig wurde ein auf die Dauer von 4 Jahren befristet Aufenthaltsverbot erlassen. Gegen diesen Bescheid hat der BF kein Rechtsmittel erhoben. Es liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendene Maßnahme vor.
3.4. Der BF stellte am 29.05.2018 einen neuerlichen Asylantrag. Der Asylantrag des BF wurde mit Bescheid vom 09.06.2018 abgewiesen und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot für die Dauer von zwei Jahren erlassen. Der Bescheid wurde dem BF am 12.06.2018 persönlich ausgefolgt.
3.5. Der BF verfügt seit 30.11.2017 über keine Meldeadresse in Österreich. Er hat dem Bundesamt auch sonst keine Zustelladresse bekannt gegeben. Der BF ist untergetaucht und hat seine Abschiebung dadurch behindert.
3.6. Der BF befand sich von 02.04.2018 bis 03.04.2018 in Hungerstreik um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen.
3.7. Der BF hat an der Erlangung eines Heimreiszertifikates nicht mitgewirkt. Er hat sich am 01.04.2018 geweigert das Formular zur Erlangung eines Heimreisezertifikates auszufüllen.
3.8. Der BF hat - außer in Österreich - in Ungarn um internationalen Schutz angesucht. Es bestehen Zweifel daran, dass der BF in Österreich seine tatsächlichen Identitätsdaten genannt hat.
3.9. Der BF verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.
3.10. Der BF geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.
3.7. In Österreich leben keine Familienangehörigen und keine engen Freunde des BF.
4. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft
4.1. Der BF ist unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist, hat sich seinem Asylverfahren entzogen und ist untergetaucht. Er verfügt weder über familiäre noch soziale Anknüpfungspunkte in Österreich.
4.2. Es bestehen Zweifel darüber, ob seine in Österreich genannten Daten der Wahrheit entsprechen.
4.3. Nach Erlangung eines Heimreisezertifikates scheint eine zeitnahe Außerlandesbringung des BF zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung möglich.
4.5. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 01.04.2018 hat sich im Verfahren nicht ergeben.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
1. Zum Verfahrensgang, zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes.
Die Feststellung, wonach der BF algerischer Staatsbürger ist, seine Identität jedoch nicht feststeht, ergibt sich aus dem Ereignis seines Interviewtermines bei der algerischen Botschaft vom 18.04.2018. So wird im Bericht der algerischen Botschaft festgestellt, dass der BF algerischer Staatsbürger ist und das Geburtsdatum XXXX führt, jedoch eine Identitätsprüfung in Algerien erforderlich ist.
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit gründen sich auf die Einsichtnahme in das Strafregister.
Dass der BF seit 01.04.2018 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Haftfähigkeit des BF beruhen auf den Aussagen des BF in seinen Einvernahmen am 01.04.2018, 12.06.2018 und 17.07.2018, in denen er jeweils angab, gesund zu sein.
2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr
Dass der Antrag des BF vom 31.05.2015 auf internationalen Schutz infolge Nichtzuständigkeit Österreichs zurückgewiesen wurde, wie auch der Asylfolgeantrag vom 21.07.2016 steht auf Grund des Akteninhaltes des Verfahrensaktes des Bundesamtes fest. Die Feststellung, dass mit Bescheid vom 03.04.2018 das Bundesamt gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen hat, festgestellt hat, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist und gleichzeitig ein Aufenthaltsverbot befristet auf die Dauer von 4 Jahren erlassen hat, konnte aufgrund des Verwaltungsaktes des Bundesamtes getroffen werden. Aufgrund des Verwaltungsaktes des Bundesamtes konnte weiters festgestellt werden, dass der BF am 29.05.2018 einen neuerlichen Asylantrag gestellt hat und der Asylantrag des BF mit Bescheid vom 09.06.2018 abgewiesen und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot für die Dauer von zwei Jahren erlassen wurde.
Es konnte auf Grund des Akteninhalts des Verfahrensaktes des Bundesamtes festgestellt werden, dass eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendene Maßnahme vorliegt.
Aus dem Zentralen Fremdenregister, in dem die Eurodac-Treffer bezüglich des BF enthalten sind, ergibt sich, dass er am 30.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in der Ungarn gestellt hat.
Dass der BF seit 30.11.2017 über keine Meldeadresse verfügt steht auf Grund der Angaben im Zentralen Melderegister fest. Dafür, dass er dem Bundesamt eine Zustelladresse bekannt gegeben hätte, findet sich im Verfahrensakt kein Hinweis. Dass der BF untergetaucht ist um seine Abschiebung zu behindern, ergibt sich aufgrund der mangelnden Erreichbarkeit. Auf Grund dieses Verhaltens steht in Zusammenschau mit den Aussagen des BF in seinen Einvernahmen vom 01.04.2018, 12.06.2018 und 17.07.2018, in denen er jeweils ausdrücklich angegeben hat, nicht nach Algerien zurückkehren zu wollen, fest, dass er sich bewusst der Behörde entzogen hat.
Die Feststellung zur mangelnden Mitwirkung des BF an der Erlangung eines Heimreisezertifikats ergibt sich daraus, dass er sich am 01.04.2018 im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme geweigert hat das entsprechende Formblatt der algerischen Botschaft auszufüllen.
Die Feststellungen zum Hungerstreik konnten auf Grund der Eintragungen in der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres getroffen werden.
Dass der BF auch in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ergibt sich aus dem im Akt des Bundesamtes befindlichen Eurodac-Treffer. Die Zweifel an der Richtigkeit seiner in Österreich genannten Daten ergeben sich aus dem Ergebnis seines Termins bei der algerischen Botschaft.
Die Feststellung zum mangelnden Wohnsitz, dem mangelnden Einkommen und Vermögen sowie die Tatsache, dass der BF in Österreich weder über Familienangehörige noch über enge Freunde verfügt, gründen sich auf den Angaben des BF in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 01.04.2018.
3. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft
Dass der BF unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, ergibt sich aus seinen Angaben im Verfahren, wonach er noch nie einen Reisepass besessen hat.
Die Feststellungen zum Verfahren über die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beruhen auf der Stellungnahme des Bundesamtes vom 23.07.2018 und dem Bericht des Bundesamtes vom 18.04.2018.
Im Akt finden sich keine Hinderungsgründe, dass nach Erlangung eines Heimreisezertifikates eine zeitnahe Außerlandesbringung des BF möglich ist.
Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 01.04.2018 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch
3.1.1. Gesetzliche Grundlagen
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."
§ 77 Gelinderes Mittel
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1
FPG.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
3.1.2. Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.
3.1.4. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit einer Abschiebung des BF ist insofern zu rechnen, als das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet worden ist und der BF am 18.04.2018 der algerischen Botschaft vorgeführt worden ist und von der algerischen Botschaft bereits als algerischer Staatsangehöriger identifiziert worden ist. Von der algerischen Botschaft wurde bislang nicht mitgeteilt, dass kein Heimreisezertifikat für den BF ausgestellt wird und wurde bereits nach seinem Interviewtermin im April 2018 bekannt gegeben, dass zur Feststellung der Identität des BF Erhebungen in Algerien erforderlich sind, die vier bis fünf Monaten in Anspruch nehmen können. Bedingt ist das Erfordernis dieser Erhebungen dadurch, dass der BF unrichtige Angaben zur Identität gemacht hat. Die Dauer zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ist durch Umstände begründet, die aus dem Verhalten des BF selbst resultieren. Mit der Abschiebung des BF ist zeitnahe nach Vorliegen des Heimreisezertifikats zu rechnen.
3.1.5. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus. Der BF hält sich unrechtmäßig in Österreich auf, er hat auch in Ungarn einen Asylantrag gestellt und es liegt eine den BF betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).
Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten und die Tatsache, dass der BF in Österreich weder sozial noch beruflich verankert ist, als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist.
Der BF hat in einem anderen Mitgliedstaate einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Während seiner derzeitigen Anhaltung in Schubhaft hat er versucht, durch Hungerstreik seine Freilassung zu erzwingen. In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des BF noch ist er sonst sozial verankert. Der BF verfügt in Österreich über keinen Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung, einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.
Das Verfahren hat nicht ergeben, dass der BF nach seiner Freilassung nicht untertauchen werde um sich seiner Abschiebung zu entziehen.
Es liegt daher auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, 7 und 9 FPG weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.
3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
Der BF hat keinerlei familiäre oder soziale Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht der BF in Österreich nicht nach. Auch an der Richtigkeit seiner in Österreich angegeben persönlichen Daten bestehen Zweifel.
Den persönlichen Interessen des BF kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der BF bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft unter Berücksichtigung der bevorstehenden Abschiebung ändert.
Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF bedingt. Dass sich die Erlangung dieses Dokumentes verzögert, ist dem Verhalten des BF zuzurechnen, da er keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Darüber hinaus hat er sich geweigert, die entsprechenden Formulare zur Erlangung eines Heimreisezertifikates auszufüllen und ist einem Interviewtermin unentschuldigt ferngeblieben.
Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, da sämtliche Verfahrensschritte zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bereits getroffen wurden.
3.1.7. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel nicht zur Anwendung kommen kann. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft und/oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des neuerlichen Untertauchens des BF besteht. Dies umso mehr, als bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Entscheidung vorliegt und von der algerischen Vertretungsbehörde festgestellt wurde, dass er algerischer Staatsbürger ist.
Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nicht in Betracht.
3.1.8. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.
Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre über die Frist von vier Monaten hinausgehende Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
3.2. Zu Spruchteil B. - Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Amtswegigkeit, Fluchtgefahr, Folgeantrag, Fortsetzung der Schubhaft,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W252.2201625.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.09.2018