Entscheidungsdatum
02.08.2018Norm
BFA-VG §34Spruch
W252 2201132-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elisabeth SHALA, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx und dessen Obmann RA Dr. Lennart Binder LL.M., gegen die Festnahme vom 17.07.2018 zu Recht erkannt:
A)
1. Die Beschwerde gegen die Festnahme vom 17.07.2018 wird als unbegründet abgewiesen.
2. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) stellte am 29.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Mit Bescheid vom 10.03.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Gegen den BF wurde ein Einreiseberbot für die Dauer von acht Jahren erlassen.
3. Der BF erhob gegen den Bescheid des Bundesamtes Beschwerde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.10.2017 wurde die Beschwerde des BF hinsichtlich Spruchpunkt I., II., und IV. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. wurde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchteils des Spruchpunktes
III. lautet wie folgt: "Eine ,Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird XXXX nicht erteilt" Das erlassene Einreiseverbot wurde auf eine Dauer von vier Jahren herabgesetzt. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erwuchs in Rechtskraft.
4. Am 24.10.2017 stellte das Bundesamt ein Rückübernahmeersuchen des BF an die Botschaft der Republik Nigeria.
5. Am 24.10.2017 ehelichte der BF die österreichische Staatsbürgerin Frau XXXX.
6. Mit Schreiben vom 05.11.2017 übermittelte der MigrantInnenverein St. Marx eine Vollmacht des BF zur Vertretung an das Bundesamt.
7. Mit Bescheid vom 08.11.2017 wurde der BF zur Identitätsprüfung mit Vertretern der Botschaft Nigerias am 17.11.2017, zur Prüfung der Ausstellung eines Heimreisezertifikats, geladen. Dieser Bescheid wurde vom BF persönlich am 11.11.2017 übernommen und seinem ausgewiesenen Vertreter zugestellt. Mit Schreiben vom 16.11.2017 teilte der ausgewiesene Vertreter mit, dass der BF krankheitsbedingt nicht am Termin teilnehmen könne.
8. Am 12.01.2018 fand eine Identitätsprüfung an der Wohnadresse des BF statt, die Wohnungstür wurde geöffnet und einer freiwilligen Nachschau im Wohnhaus zugestimmt. Der BF befand sich nicht an der angegebenen Wohnadresse. Eine genaue Adresse, wo sich der BF befinde konnte nicht genannt werden.
9. Mit Bescheid vom 29.01.2018 wurde dem BF mitgeteilt, dass er sich mit der zuständigen ausländischen Behörde seines Herkunftsstaates in Kontakt zu setzten habe und den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken habe. Dieser Bescheid wurde am 31.01.2018 hinterlegt, vom BF jedoch nicht behoben.
10. Mit Bescheid vom 03.04.2018 wurde dem BF mitgeteilt, dass er sich mit der zuständigen ausländischen Behörde seines Herkunftsstaates in Kontakt zu setzten habe und den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken habe. Dieser Bescheid wurde am 09.04.2018 hinterlegt, vom BF jedoch nicht behoben.
11. Am 08.06.2018 suchte der BF bei der BH Hollabrunn um Erteilung einer Bewilligung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetze für Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers an. Zu diesem Zweck legte er eine Kopie seines nigerianischen Reisepasses, ausgestellt am 20.11.2017 vor.
12. Am 13.07.2018 erließ das Bundesamt einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG, da gegen den BF ein Auftrag zur Abschiebung erlassen werden sollte.
13. Der BF wurde auf Grund des Festnahmeauftrags vom 13.07.2018 am 17.07.2018 um 9:00 Uhr von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen und über die Gründe der Festnahme informiert. Es wurde ihm ein Informationsblatt für Festgenommene in englischer Sprache ausgefolgt. Der BF verweigerte die Unterschrift der Übernahmebestätigung über die Information über die bevorstehende Abschiebung vom 13.07.2018 für den 19.07.2018. Das Bundesamt wurde über die Vollstreckung des Festnahmeauftrages in Kenntnis gesetzt.
14. Der Mandatsbescheid vom 13.07.2018 über die Verhängung der Schubhaft wurde dem BF am 17.07.2018 übergeben.
15. Am 17.07.2018 erhob der BF durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde gegen die Festnahme vom 17.07.2018, vormittags in der BH Hollabrunn. Begründend führte er aus, dass BF mit einer Österreicherin verheiratet sei und somit begünstigter Drittstaatenangehöriger. In seiner Position gebe es keinen Grund ihn festzunehmen. Die belangte Behörde wolle sich offensichtlich das Recht herausnehmen den BF festzunehmen um ihn am 19.07.2018 abzuschieben. Dieses Recht habe die belangte Behörde jedoch nicht. Europarechtlich komme dem BF eine Aufenthaltserlaubnis zu, die beantragte Karte (für Angehörige von EWR-Bürgern) sei nur noch die Dokumentation des bereits bestehenden Aufenthaltsrechtes. Der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes iSd Art 47 GRC sei durch die Festnahme nicht eingehalten, sondern die elementaren Rechte des BF seien grob verletzt worden. Prozesskostenhilfe für den BF zur Erhebung eines wirksamen Rechtsbehelfes gebe es für den BF - grundrechtscharterwidrig - nicht. Der Grundrechtscharta entsprechend hätte der BF das Recht auf eine Hilfe für einen rechtzeitigen und effektiven Rechtsbehelf, dh ein Rechtsmittels mit aufschiebender Wirkung, dieses Recht werde dem BF aber verwehrt. Weiters stellte der BF einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, den er dahingehend begründete, dass die Festnahme zum Zwecke der Abschiebung am 19.07.2018 auf einer falschen rechtlichen Meinung beruhe, die Behörde werde die unrechtmäßige Abschiebung aber durchführen, wenn sie nicht davon abgehalten werde. Um eine Effektivität des Rechtsmittels zu garantieren, sei daher die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unbedingt notwendig. Die Ehefrau des BF befände sich in Österreich. Die drohende Abschiebung würde das Familienlieben zerstören. Ohne die aufschiebende Wirkung sei der BF von der Verletzung in Grundlegenden rechten unmittelbar bedroht.
Der BF beantragte die Rechtswidrigkeit der Festnahme vom 17.07.2018 in der BH Hollabrunn festzustellen. Darüber hinaus beantragte der BF der belangten Behörde aufzutragen die Verfahrenskosten zu ersetzen.
16. Das Bundesamt legte am 18.07.2018 den Verwaltungsakt vor und beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und nahm zum gegenständlichen Verfahren Stellung. Das Bundesamt schilderte den Verfahrensgang und brachte im Wesentlichen vor, dass der BF keine Mitwirkung in seinem Verfahren gezeigt habe, indem er zu seinen Ladungsterminen nicht erschienen sei und auch bei einer Identitätsprüfung an seiner Wohnadresse nicht greifbar gewesen sei. Es habe sich durch die Behörde der Verdacht erhärtet, dass der BF seinen Aufenthaltsort über seinen illegalen Aufenthalt wissend und einer eventuell bevorstehenden Abschiebung verbergen habe wollen. Aufgrund der Hochzeit mit einer österreichischen Staatsbürgerin komme ihm kein Aufenthaltsrecht in Österreich zu. Vor der Hochzeit des BF sei über diesen bereits ein schengenweites Einreiseverbot erlassen worden und deshalb könne das Freizügigkeitsrecht seiner Frau nicht auf ihn übertragen werden. Es werde auch festgehalten, dass der Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels alleine keine Aufenthaltsberechtigung darstelle. Der illegale Aufenthalt des BF sei weiterhin aufrecht. Dem BF sei der Abschiebetermin mündlich mitgeteilt worden. Der BF sei schriftlich darüber informiert worden und habe die Information über die bevorstehende Abschiebung persönlich übernommen, jedoch die Unterschrift verweigert. Weiters habe der BF in Österreich strafbare Handlungen begangen und stelle eine Gefahr für die öffentliche Ruhe und Sicherheit dar. Der BF sei nicht willig an einer freiwilligen Ausreise mitzuwirken und sei mehrmals den Mitwirkungsaufträgen der Behörde nicht nachgekommen. Auch seine Verurteilung, das Verheimlichen des tatsächlichen Wohnsitzes und das Wiedersetzen gegen die Ausreiseverpflichtung würden zeigen, dass der BF offensichtlich nicht gewillt ist, an die in Österreich geltende Rechtsordnung zu halten und diene das Vorbringen des BF lediglich dazu um seinen rechtswidrigen Aufenthalt in Österreich fortzusetzen. Die Abschiebung sei für den 19.07.2018 mittels Charter nach Nigeria vorgesehen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Zum Verfahrensgang
Der unter I.1. bis I.16. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
Insbesondere wird folgendes festgestellt:
1.1. Das Bundesamt erließ am 13.07.2018 einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z. 3 BFA-VG, da gegen den BF ein Auftrag zur Abschiebung erlassen werden sollte.
1.5. Der BF wurde am 1707.2018 um 9:00 Uhr auf Grund des Festnahmeauftrages vom 13.07.2018 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen und anschließend angehalten. Er wurde über die Gründe der Festnahme informiert, das Informationsblatt für Festgenommene in englischer Sprache wurde dem BF ausgefolgt.
2. Zur Person des BF
Der BF verfügt über einen Reisepass. Der BF gibt an, nigerianischer Staatsangehöriger zu sein, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Es bestehen keine Zweifel daran, dass der BF volljährig ist. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. I416 2151728-1, die Beschwerde des BF vom 17.07.2018, in den vorliegenden Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister, in das Strafregister sowie in das Grundversorgungs-Informationssystem.
1. Zum Verfahrensgang sowie zur Person des BF
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. I416 2151728-1, der Beschwerde des BF vom 17.07.2018 und der Stellungnahme des Bundesamtes vom 18.07.2018.
1.1. Dass das Bundesamt am 13.07.2018 einen Festnahmeauftrag den BF betreffend erlassen hat, steht auf Grund der im Akt des Bundesamtes einliegenden Ausfertigung dieses Festnahmeauftrages fest.
1.2. Die Feststellungen zum Zeitpunkt und den Modalitäten der Festnahme gründen sich auf den diesbezüglichen Bericht der betreffenden Polizeiinspektion vom 17.07.2018. Diesem Bericht ist insbesondere zu entnehmen, dass der BF über die Gründe der Festnahme informiert und ihm ein Informationsblatt in Englischer Sprache ausgefolgt wurden.
2. Zur Person des BF
Dass der BF über einen Reisepass verfügt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Im Akt finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der BF österreichischer Staatsbürger, Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1.
§ 34 BFA-VG lautet:
"Festnahmeauftrag
§ 34. (1) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden anordnen (Festnahmeauftrag), wenn dieser
1. Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt, oder
2. sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides anordnen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vorliegen und
1. der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, nicht Folge geleistet hat oder
2. der Aufenthalt des Fremden nicht festgestellt werden konnte.
(3) Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,
1. wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt;
2. wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist;
3. wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll oder
4. wenn eine aufgrund eines Bescheides gemäß § 46 Abs. 2b FPG erlassene Vollstreckungsverfügung nicht vollzogen werden konnte oder der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2b FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat.
(4) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Asylwerbers anordnen, wenn er sich dem Verfahren entzogen hat (§ 24 Abs. 1 AsylG 2005).
(5) Der Festnahmeauftrag ergeht in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrages darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden.
(6) In den Fällen der Abs. 1 bis 4 ist dem Beteiligten auf sein Verlangen sogleich oder binnen der nächsten 24 Stunden eine Durchschrift des Festnahmeauftrages zuzustellen.
(7) Die Anhaltung eines Fremden, gegen den ein Festnahmeauftrag erlassen wurde, ist dem Bundesamt unverzüglich anzuzeigen. Dieses hat mitzuteilen, ob der Fremde in eine Erstaufnahmestelle oder Regionaldirektion vorzuführen ist.
(8) Ein Festnahmeauftrag ist zu widerrufen, wenn
1. das Verfahren zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten eingestellt wurde und die Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig ist (§ 24 Abs. 2 AsylG 2005) oder
2. der Asylwerber aus eigenem dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht seinen Aufenthaltsort bekannt gibt und nicht auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er werde sich wieder dem Verfahren entziehen.
(9) Das Bundesamt hat die Erlassung und den Widerruf eines Festnahmeauftrags den Landespolizeidirektionen bekannt zu geben."
§§ 40 und 41 BFA-VG lauten:
"Festnahme
§ 40. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,
1. gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,
2. wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder
3. der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, wenn
1. dieser Fremde nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist,
2. gegen diesen eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde,
3. gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde,
4. gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde oder
5. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.
(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt.
(4) Das Bundesamt ist ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.
(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2015)
(6) Während der Zulässigkeit der Sicherung der Zurückweisung im Flughafenverfahren sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, zu verhindern, dass ein zurückgewiesener Asylwerber in das Bundesgebiet einreist, soweit es ihm nicht gestattet ist.
Rechte des Festgenommenen
§ 41. (1) Jeder gemäß § 40 Abs. 1 und 2 Festgenommene ist ehestens in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme zu unterrichten.
(2) Auf Verlangen eines solchen Festgenommenen ist die konsularische Vertretung seines Heimatstaates unverzüglich von seiner Anhaltung zu unterrichten. § 36 Abs. 4 VStG und § 47 SPG gelten."
Das Bundesamt erließ am 13.07.2018 gemäß § 34 Abs. 3 Z. 3 BFA-VG einen Festnahmeauftrag den BF betreffend, da beabsichtigt war, die Abschiebung des BF anzuordnen. Der BF wurde am 17.07.2018 um 9:00 Uhr auf Grund dieses Festnahmeauftrages des Bundesamtes festgenommen und über die Gründe seiner Festnahme in Kenntnis gesetzt. Das Bundesamt wurde von der erfolgten Festnahme unverzüglich verständigt und der BF in ein Polizeianhaltezentrum eingeliefert.
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 34 Abs. 3 Z. 3 BFA-VG eine geplante Abschiebung genügt (vgl. VwGH vom 29.06.2017, Ra 2017/20/0005).
Da der BF entsprechend dem ordnungsgemäß erlassenen Festnahmeauftrag des Bundesamtes festgenommen wurde und sämtliche Voraussetzungen für die Festnahme des BF erfüllt wurden, war die diesbezügliche Beschwerde abzuweisen.
3.2. Aufschiebende Wirkung
Am 17.07.2018 (9 Uhr) wurde der BF von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen. Zum Zeitpunkt der Beschwerde am 17.07.2018 (14:45 Uhr) war die angefochtene Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt - Festnahme und Anhaltung - damit bereits beendet. Dementsprechend war sie bereits bei Einbringung der Beschwerde der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht mehr zugänglich.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
3.4. Kostenersatz
3.4.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
3.4.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Dem BF gebührt als unterlegende Partei kein Kostenersatz. Die belangte Behörde ist auf Grund der Beschwerdeabweisung hinsichtlich des angefochtenen Bescheides obsiegende Partei, hat allerdings keinen Antrag auf Kostenersatz gestellt.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebungsnähe, Ehe, Festnahme, Festnahmeauftrag, Kostentragung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W252.2201132.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.09.2018