TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/2 W124 2110750-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.08.2018
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Entscheidungsdatum

02.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W124 2110750-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (nunmehr BF) reiste illegal in das Bundesgebiet und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In der niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gab er an, aus dem Dorf

XXXX , Distrikt XXXX , Indien zu kommen, ledig zu sein und der Religionsgemeinschaft der Sikhs und der Volksgruppe der Punjabi anzugehören. Er habe in der Zeit von XXXX die Schule besucht und spreche Punjabi.

Der BF habe sein Land am XXXX mit einem Zug verlassen und sei dabei illegal ausgereist.

In XXXX habe sich der BF einen Schlepper gesucht, der ihm einen Pass besorgt habe. Am XXXX sei der BF mit dem Schlepper nach Griechenland ausgereist. Dort habe man dem BF den Pass weggenommen und ihn in ein Quartier gebracht, wo er sich 10 Tage aufgehalten habe. Danach sei er in einem LKW versteckt und über ihn unbekannte Länder nach Österreich gebracht worden.

Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der BF zu Protokoll, dass ihn ein Freund gebeten habe einen Mann mit dem Namen " XXXX " aufzunehmen. Nach ein paar Tagen habe sich herausgestellt, dass dieser Mann bei einer Terrororganisation beteiligt gewesen sei. Dies habe er erst erfahren, als die Polizei bei ihm gewesen sei. Die Polizisten hätten daraufhin vermutet, dass auch der BF dieser Organisation angehört habe und deshalb von ihnen terrorisiert worden sei. Seither habe sich der BF bei seiner Verwandtschaft verstecken müssen. Er habe Angst, dass er trotzdem von der Polizei gefunden werden könne. In Österreich habe der BF erst erfahren, dass " XXXX " (in Folge S.K.) umgebracht worden sei. Er könne aber nicht sagen von wem er umgebracht worden sei. Er habe jetzt Angst, dass auch er getötet werden würde.

3. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA, Erstaufnahmestelle Ost, am XXXX führte der BF folgendes aus:

...........................

LA: Wie verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?

VP: Sehr gut.

LA: Werden Sie im Verfahren von jemanden vertreten oder besteht für jemand eine Zustellvollmacht?

VP: Nein.

LA: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können. Ich möchte sicher sein können, das alles, was Sie gesagt haben, auch so gemeint wurde.

VP: Ich werde das bei Bedarf machen.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

VP: Ja.

LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

VP: Ich hatte hier in Wien einen Unfall, ein Auto hat mich angefahren, seitdem habe ich Muskel und Gliederschmerzen aber sonst geht es mir gut. Ich bin nicht in Behandlung ich wusste nicht in welches Spital ich gehen soll.

LA: Nenne Sie mir bitte Ihren Namen sowie Geburtsdatum und Geburtsort.

VP: Ich heiße XXXX bin am XXXX im Dorf XXXX im Bezirk XXXX in der Provinz Punjab geboren.

LA: Wann haben Sie Indien verlassen?

VP: Am XXXX .

LA: Wo ist Ihr Reisepass jetzt?

VP: Den hat mir der Schlepper abgenommen.

LA: Geben Sie chronologisch alle Adressen an, an denen Sie bisher - also bis zu Ihrer Ausreise aus Ihrem Heimatland - aufhältig waren!

VP: Ich habe nur an der angegebenen Adresse gelebt bis zu meiner Ausreise.

LA: Haben Sie im Verfahren, insbesondere bei der Erstbefragung bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht und wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?

VP: Ja.

LA: Haben Sie noch zu irgendjemand in Ihrem Heimatland Kontakt (Verwandte, Freunde, Bekannte)?

VP: Letzte Woche habe ich mit meiner Mutter telefoniert. Befragt gebe ich an es geht ihr gut.

LA: Haben Sie Geschwister?

VP: Ja ich habe eine Schwester: XXXX sie ist ca. 19 Jahre alt.

LA: Wie heißen Ihre Eltern?

VP: XXXX ca. 45 Jahre alt und meine Mutter heißt XXXX ist ca. 40 Jahre alt, beide leben an der angegebenen Adresse.

LA: Sind Sie verheiratet?

VP: Nein.

LA: Haben Sie Kinder?

VP: Nein.

LA: Welche Angehörigen haben Sie noch in Indien?

VP: Meine Eltern und Schwester und Onkel und Tanten. Befragt gebe ich an ich habe keine Verwandten außerhalb Indiens.

LA: Womit bestreiten Ihre Angehörigen in Indien den Lebensunterhalt?

VP: Mein Vater ist Taxilenker in Punjab, meine Mutter ist Hausfrau und meine Schwester geht noch zur Schule. Sie macht gerade die Matura.

LA: Womit haben Sie in Indien Ihren Lebensunterhalt bestritten?

VP: Ich bin zur Schule gegangen ich habe nicht gearbeitet.

LA: Welche Ausbildungen haben Sie, insbesondere in Ihrem Herkunftsland absolviert?

VP: Ich bin 8 Jahre zur Schule gegangen und danach habe ich nichts gemacht.

LA: Wieso nicht?

VP: Nur so.

LA: Was haben die Eltern dazu gesagt dass Sie nichts machen?

VP: Sie haben gesagt ich soll was machen aber ich wollte nicht.

LA: Wie schätzen Sie Ihre Deutschkenntnisse ein?

VP: Ich spreche nicht Deutsch.

LA: Wie bestreiten Sie nun Ihren Lebensunterhalt in Österreich? Sind Sie in Österreich jemals einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen?

VP: Ich mache nichts. Ab und zu verrichte ich Hilfsarbeiten und bekomme Taschengeld.

LA: Wie viel Taschengeld bekommen Sie, was machen Sie und von wem bekommen Sie das Geld?

VP: Das unterschiedlich, ca. 100-150 Euro im Monat. Ich helfe Landsleuten aus ich trage Möbel oder ich putze.

LA: Ist das besser jetzt als das Leben in Indien?

VP: In Indien hatte ich ein besseres Leben aber dort war ich in Gefahr.

LA: Sind Ihre Eltern gut situiert?

VP: Sie sind arm.

LA: Bei wem leben Sie in Wien?

VP: Ich wohne in der XXXX .

LA: Wie viele Leute leben noch in der Wohnung?

VP: Ich wohne dort alleine. Die Wohnung gehört Leuten aus Sri Lanka die nebenan wohnen und fürs Putzen und Waschen muss ich keine Miete zahlen.

LA: Wie kommen Sie aus mit den 150 Euro im Monat?

VP: Keine Antwort.

LA: Ich weise darauf hin, dass Sie mitzuwirken haben und die Fragen beantworten und die Wahrheit sagen.

VP: Ja.

LA: Beziehen Sie in Österreich irgendwelche Unterstützungen?

VP: Nein.

LA: Sind Sie arbeitsfähig? Was würden Sie gerne arbeiten?

VP: Ja. Jede Art von Arbeit.

LA: Wer hatte die Idee dass Sie Indien verlassen?

VP: Meine Familie, meine Eltern.

LA: Wann haben sie das entschieden?

VP: Kurz vor der Ausreise, am XXXX .

LA: Wieso wissen Sie das Datum so genau?

VP: Weil ich das Land verlassen habe.

LA: Erzählen Sie etwas über die Reiseroute.

VP: Ich bin mit Hilfe eines Schleppers von Delhi nach Griechenland geflogen und dann mit verschiedenen Autos bis hierher,

LA: Wie sind Sie mit dem Schlepper in Kontakt getreten?

VP: Das haben alles meine Eltern gemacht.

LA: Können Sie noch irgendwelche weiteren Beweismittel vorlegen oder noch beibringen?

VP: Nein.

LA: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen und in Österreich einen Asylantrag gestellt? Nennen Sie bitte all Ihre Fluchtgründe!

VP: Ich bin einmal zu meiner Tante gefahren und habe dort einen Freund besucht, wir haben dann gemeinsam einen Freund des Freundes besucht. Dieser Freund dieser des Freundes hat dann nach drei Tagen mich besucht. Dieser Bursche hieß XXXX es stellte sich heraus, dass er ein Gangster war. Irgendwer aus dem Dorf hat die Polizei benachrichtig, dass XXXX bei mir war. Anschließend hat mich die Polizei immer belästigt, weil sie von mir wissen wollte wo dieser XXXX ist. Irgendwann wurde der XXXX festgenommen und umgebracht. Die Polizei glaubt, dass ich ein Mitglied in der Bande von XXXX bin. Die Polizei hat auch mir gedroht mich umzubringen. Deshalb hat mich meine Familie aus Indien weggeschickt.

LA: Haben Sie nun all Ihre Fluchtgründe genannt?

VP: Ja. Jetzt wird meine Familie von der Polizei belästigt, weil Sie wissen möchte wo ich bin. Das ist alles.

LA: Wie heißt Ihr Freund?

VP: Er heißt XXXX . Das ist sein Rufname.

LA: Woher kennen Sie den?

VP: Aus dem Dorf meiner Tante.

LA: Wie lange kennen Sie ihn?

VP: Ca. ein Jahr.

LA: Da kenne Sie seinen echten Namen nicht?

VP: Nein den kenne ich nicht. Alle sagen XXXX zu ihm. Befragt gebe ich an er ist 22 Jahre alt.

LA: Da sind Sie aber in eine schlechte Partie geraten?

VP: Ja stimmt.

LA: Was macht XXXX so?

VP: Er ist arbeitslos. Ich weiß nicht was er macht.

LA: Wo genau lebt XXXX ?

VP: In XXXX .

LA: Das ist aber eine Stadt.

VP: Ja stimmt.

LA: Wann genau hat der XXXX Sie besucht?

VP: An das Datum kann ich mich nicht erinnern, vor meiner Ausreise. Ca. einen Monat vor der Ausreise. Ich habe erst hier in Österreich erfahren, dass er umgebracht wurde, entweder von der Polizei oder von anderen Gangstern.

LA: Was hat er gemacht warum war er ein Gangster?

VP: Er hat Leute umgebracht.

LA: Wie hat er die Leute umgebracht?

VP: Das weiß ich nicht ich glaube erschossen.

LA: Warum waren Sie mit ihm befreundet?

VP: Er war ja der Freund meines Freundes.

LA: Warum hat er Sie besucht?

VP: Ich glaube er wollte sich verstecken.

LA: Wenn Sie nicht mit ihm befreundet waren warum wollte er sich bei ihnen verstecken?

VP: XXXX hat gesagt ich soll ihn bei mir wohnen lassen.

LA: Machen Sie immer das was XXXX sagt?

VP: Nein.

LA: Was ist genau passiert als XXXX zu ihnen kam?

VP: Er war zwei Tage bei mir, Dann war er weg.

LA: Was haben Ihre Eltern dazu gesagt?

VP: Die wussten nichts davon. Er war nicht in unserem Haus sondern im Stall.

LA: Was genau hat die Polizei gesagt?

VP: Sie wollte wissen was ich mit XXXX zu tun habe und wo ich ihn versteckt halte.

LA: Was haben Sie gesagt?

VP: Ich erklärte, dass ich nichts mit ihm zu tun habe und nicht weiß wo er ist und ich ihn nur wegen eines anderen Freundes beherbergt habe. Das war das einzige Mal dass ich Kontakt mit der Polizei hatte, weil ich mich nachher immer versteckt gehalten habe.

LA: Hat Sie die Polizei weiter gesucht?

VP: Ja.

LA: Warum hat die Polizei ihnen nicht geglaubt?

VP: Sie glaubt dass ich lüge.

LA: Hat die Polizei in Indien keine Möglichkeit dass zu überprüfen, ob der XXXX zu ihnen kommt und ob Sie Kontakt haben?

VP: Sie hat immer meine Familie befragt ich habe mich immer versteck gehalten.

LA: Wo haben Sie sich versteckt?

VP: In XXXX und in XXXX .

LA: Sie sagten doch Ihrer Mutter geht es gut Sie haben doch mit ihr telefoniert.

VP: Sie hat gesagt, dass die Polizei immer nachfragt.

LA: Wie ist die Telefonnummer ihrer Mutter?

VP: XXXX das ist ihre Handynummer

LA: Können wir ihre Mutter anrufen?

VP: Ja. Die Vorwahl ist XXXX

LA: Was wissen Sie über den Genannten XXXX ?

VP: Sonst weiß ich nicht über ihn.

LA: Wie haben Sie erfahren, dass er umgebracht wurde?

VP: Das habe ich im Internet gelesen.

LA: Wo auf welcher Seite?

VP: Auf youtube.

Anmerkung: Auf youtube gefunden.

LA: Wo lebte der Genannte?

VP: Einmal da einmal dort.

LA: Wie genau wurden sie verfolgt?

VP: Die Polizei hat mir gedroht, mich umzubringen, wenn ich ihnen nicht sage wo der XXXX ist.

LA: Warum sollte das die Polizei machen?

VP: Weil die Polizei ihn nicht finden konnte.

LA: Die Polizei könnte Sie doch festnehmen warum sollte die Polizei Sie töten?

VP: Das weiß ich nicht die Polizei in Indien sagt immer wieder ich lüge.

LA: Wie sollte Sie die Polizei finden, wenn Sie sich in Indien verstecken?

VP: Die können mich finden.

LA: Bei der Ersteinvernahmen sagten Sie XXXX ist ein Terrorist.

VP: Ich habe gesagt er ist Scharfschütze.

LA: Warum haben Sie das jetzt nicht gesagt.

VP: Naja Scharfschütze und Gangster das sagt man so, so gut kenne ich mich nicht aus damit.

LA: Warum sollte ein so bekannter Gangster sich bei ihnen verstecken?

VP: Der XXXX hat das gesagt.

LA: Er hatte auch auf XXXX gehört?

VP: Ich weiß nicht vielleicht.

LA: Warum geben Sie nicht einfach zu, dass Sie in Indien in schlechter Gesellschaft geraten sind?

VP: Nein.

LA: Was wissen Sie noch über die Machenschaften des XXXX ?

VP: Mehr weiß ich nicht.

LA: Konnte Sie nicht mehr auf youtube finden?

VP: Nein.

LA: Waren Sie auch beteiligt an seien kriminellen Handlungen?

VP: Nein.

LA: Was ist mit ihrem Freund XXXX wird er auch gesucht?

VP: Ja.

LA: Warum sagen Sie das nicht gleich?

VP: Ich weiß nicht.

LA: Wie oft wurden Sie bedroht?

VP: Einmal. Aber dann wurde meine Familie bedroht und ich war nie zuhause.

LA: Wie ist es Ihrer Mutter und dem Vater dann möglich noch zuhause zu wohnen, wenn ihnen gedroht wird.

VP: Die Polizei fragt immer nach mir. Meinen Eltern wird gedroht, dass ihnen etwas zustößt, wenn sie nicht sagen wo ich bin.

LA: Dann können Sie weiterhin dort wohnen?

VP: Die Dorfbewohner schützen meine Eltern.

LA: Wie schützen die Dorfbewohner?

VP: Sie sagen zur Polizei, dass meine Eltern unschuldig sind die Polizei soll mich finden.

LA: Verstehe ich das richtig, die Polizei geht zu ihren Eltern nach Hause, belästigt Ihre Eltern, die Dorfbewohner sagen der Polizei, dass sie sich irrt die Polizei geht wieder und dass wiederholt sich andauernd?

VP: Ja, die Polizei hört auf den Dorfvorstand und kommt dann immer wieder.

LA: Wenn Sie auf den Dorfvorstand hören warum kommen Sie immer wieder?

VP: Um zu kontrollieren ob ich zuhause bin.

LA: Wie verstehen Sie den Dolmetscher?

VP: Ja.

LA: Welcher Volksgruppe und Religion gehören Sie an?

VP: Ich bin XXXX , ich bin Sikh.

LA: Hatten Sie noch weitere Probleme in Ihrem Herkunftsland?

VP: Nein.

LA: Wurden Sie jemals Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit wegen oder der Religion verfolgt?

VP: Nein.

LA: Waren Sie jemals politisch tätig?

VP: Nein.

LA: Waren Sie jemals in Haft?

VP: Nein.

LA: Wurde gegen Sie eine Anzeige erstattet?

VP: Ja. Weil ich den Aufenthaltsort von XXXX nicht preisgebe.

LA: Wo ist diese Anzeige?

VP: Im Dorf.

LA: Wo und von wem wurde die Anzeige erstattet?

VP: Das weiß ich nicht.

LA: Warum haben Sie die Anzeige nicht mitgenommen?

VP: Keine Antwort.

LA: Läuft ein Verfahren gegen Sie in Indien?

VP: Das weiß ich nicht.

LA: Sie haben doch Kontakt mit Ihrer Mutter.

VP: Ich habe sie nicht gefragt, sie erzählt nur, dass die Polizei immer nach mir fragt.

LA: Haben Sie Einwände dagegen, dass erforderlichenfalls weitere Ermittlungen zu Ihrem Vorbringen in Indien, auch unter Einschaltung eines Verbindungsbeamten oder eines Vertrauensanwaltes, durchgeführt werden? Es werden dabei keinesfalls persönliche Daten an die Behörden Ihres Heimatstaates weitergegeben.

VP: Nein.

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in das vom BFA zur Beurteilung Ihres Falles herangezogene Länderinformationsblatt zu Ihrem Heimatland samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht und gegebenenfalls schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch Botschaftsberichten, die im Einzelnen auch eingesehen werden können.

VP: Ich verzichte.

LA: Haben Sie Familienangehörige in Österreich?

VP: Nein.

LA: Leben Sie mit jemand in Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft? Wenn ja, beschreiben Sie diese Gemeinschaft!

VP: Nein.

LA: Wie sieht Ihr Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich aus? Zum wem haben Sie Kontakt, mit wem haben Sie Umgang?

VP: Nur Landleute.

LA: Wie gestalten Sie Ihre Freizeit in Österreich?

VP: Ich fahre meistens in den Tempel um zu essen.

LA: Welche Sprachen sprechen Sie?

VP: Nur Punjabi.

LA: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr nach Indien?

VP: Ich habe Angst von der Polizei umgebracht zu werden.

LA: Möchten Sie sonst noch etwas angeben?

VP: Nein.

LA: Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen?

VP: Ja.

..............."

4. Eine Beantwortung der Frage des BFA von Seiten der Staatendokumentation, was über die Person des XXXX bekannt sei, ergab im Wesentlichen, dass der als berüchtigter Gangster bekannte

XXXX , alias XXXX am XXXX von Mitgliedern einer Bande auf dem Highway Nr. 1 durch zahlreiche Schüsse getötet wurde, als dieser - von der Polizei eskortiert - auf dem Rückweg von einer Gerichtsverhandlung in das Gefängnis war. Der Vorfall wurde von den Mitgliedern der Gang, die um den Leichnam tanzten, gefilmt und auf YouTube hochgeladen.

Den nachfolgend zitierten Quellen zufolge stammte XXXX aus dem Dorf XXXX und kam XXXX im Zusammenhang mit einem prominenten Mordfall in die Schlagzeilen Er wurde XXXX verhaftet, entkam aus der Haft, wurde jedoch noch XXXX erneut verhaftet. Für Aufsehen sorgte er erneut, als er das Gefängnispersonal in XXXX in Bedrängnis brachte, da er aus dem Gefängnis ein Video, das ihn bei brutalen Misshandlungen von Mitgefangenen zeigt, in das Internet gestellt hat. XXXX 's Facebookseite hat(te) den nachfolgend zitierten Quellen zufolge mehr als 25.000 Anhänger. XXXX wurden zahlreiche Verbrechen in ganz Indien, von Raub bis Auftragsmord, angelastet. Den nachfolgend zitierten Quellen zufolge hatte XXXX - besser bekannt als XXXX der Scharfschütze, mehr als 20 Accounts auf Facebook, die ihm gewidmet waren sowie ein Dutzend Fanseiten. Zwischenzeitlich wurde laut Polizeiangaben auch eine tatverdächtige Person im Zusammenhang mit der Ermordung von XXXX verhaftet.

5. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX , Zl. XXXX wurde der Antrag des BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Das BFA stellte fest, dass die vom BF angegebenen Gründe für das Verlassen des Heimatlandes nicht glaubhaft gewesen seien und es nicht festgestellt werden könne, dass diese einer Gefährdung oder Verfolgung im Herkunftsland ausgesetzt gewesen seien. Der BF würde in Österreich keine Familienangehörigen habe und befinde sich seine Familie in Indien, wobei er den überwiegenden Teil seines Lebens dort verbracht habe.

Beim BF würde es sich um einen indischen Staatsbürger handeln, dessen Identität nicht festgestellt werden könne. Er sei gesund und würde keine Medikamente einnehmen. Eingereist sei der BF nach Österreich illegal.

Beweiswürdigend wurde zum Fluchtvorbringen des BF im Wesentlichen ausgeführt, dass dieser nur einmal im Zuge einer Einvernahme mit der Polizei Kontakt gehabt habe. Dies könne allerdings nicht als Verfolgung ausgelegt werden. Für das BFA sei es nicht nachvollziehbar, weshalb die Polizei den BF nicht gleich verhaftet habe, wenn dieser in Verdacht gestanden sei mit einen Kriminellen gemeinsame Sache zu machen.

Offen würde darüber hinaus auch bleiben, wie es der Familie des BF weiterhin möglich sei in deren Heimatdorf zu leben, wenn diese angeblich von der Polizei bedroht werden würden. Der BF habe gesagt, dass es seiner Mutter gut gehen würde, was im auffallenden Widerspruch dazu stehen würde, dass der Familie seitens der Polizei Gefahr drohe. Außerdem würde die Polizei den BF und die Familie strafrechtlich ahnden, wenn diese tatsächlich in gesetzwidrigen Machenschaften involviert sein würden.

Der BF habe keine Beweise für sein Vorbringen darlegen können. Der BF habe auch nicht den Ort und die Zeit der Anzeigenerstattung nennen können. Ob derzeit ein Verfahren gegen den BF laufe, wisse dieser nicht, obwohl er mit seiner Familie in Kontakt stehe und es anzunehmen sei, dass ihn ein Familienangehöriger darüber informieren würde.

Der BF habe in keiner Weise plausibel erklären können, wie dieser mit dem gesuchten XXXX in Kontakt getreten sei. Lapidar habe dieser lediglich angegeben, dass er ihn über einen Freund mit dem Rufnamen " XXXX " kennen gelernt habe. Der BF sei nicht in der Lage gewesen irgendein Detail zu diesem angeblichen Freund zu machen. Zudem habe er auch keine Einzelheiten zu XXXX abgeben können. Hätte der BF ihn tatsächlich kennen gelernt, so hätte er in der Lage sein müssen mehr über diesen zu erzählen. Es sei anzunehmen, dass er dem BF in den Tagen, in denen er sich angeblich beim BF versteckt habe, über sich etwas erzählt habe. Die Informationen des BF über den " XXXX " würden sich darauf beschränken, dass er ein Gangster sein würde, weil er Leute getötet und der BF auf "YouTube" gesehen habe, dass er erschossen worden sei.

Es sei einerseits nicht nachvollziehbar, weshalb sich ein bekannter Gangster gerade beim BF verstecken hätte sollen, zumal die Recherche ergeben habe, dass dieser Verbrecher in Indien sehr bekannt gewesen sei und über einen großen Freundes-, und Anhängerkreis verfügt habe, anderseits die Recherche ergeben habe, dass XXXX im Jahr XXXX verhaftet und in Polizeigewahrsam genommen worden sei. Im Jahr XXXX sei er dann von der Polizei in Punjab übergeben und ins Gefängnis XXXX überführt worden. Am XXXX sei dieser nach seiner Gerichtsverhandlung von Mitgliedern einer Bande auf dem Highway 1 durch zahlreiche Schüsse getötet worden. Die Recherche habe nicht ergeben, dass XXXX in dem von ihm angegebenen Zeitraum auf der Flucht gewesen sei.

Abgesehen davon sei XXXX nun nicht mehr am Leben, weshalb nicht klar sei, weshalb der BF noch von der Polizei gesucht werden würde.

Zu dem angeblichen Freund XXXX , der laut den Angaben des BF ebenfalls von der Polizei gesucht werden würde, habe auf Grund der dürftigen Information des BF keine Information eingeholt werden können.

Darüber hinaus habe der BF angegeben lediglich einmal mit der Polizei in Kontakt gewesen zu sein. Dies könne nicht als Verfolgung ausgelegt werden. Der BF sei zwar der Meinung gewesen sich danach versteckt gehalten zu haben, doch selbst wenn dem so gewesen wäre, so sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Polizei ihn nicht einfach verhaftet hätte, wenn er im Verdacht gestanden sei mit einem Kriminellen gemeinsame Sache gemacht zu haben.

Zu Beginn der Einvernahme habe der BF behauptet mit seiner Mutter in Kontakt zu stehen und es ihr gut gehen würde. Dies würde auffallend im Widerspruch dazu stehen, dass seiner Familie von Seiten der Polizei Gefahr drohen würde. Außerdem würde die Polizei den BF und dessen Familie strafrechtlich ahnden, wenn diese tatsächlich in gesetzeswidrige Machenschaften involviert sein würden.

Der BF habe zwar angegeben, dass er angezeigt worden sei, doch habe er keine entsprechenden Beweise vorlegen und den Ort bzw. Zeit der Anzeigenerstattung nicht nennen können. Ob derzeit ein Verfahren gegen den BF in Indien laufen würde, habe der BF nicht gewusst, obwohl dieser mit seiner Familie in Kontakt stehen würde.

Der BF habe zudem angegeben niemals Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen zu sein.

Zudem existiere in seinem Heimatland jedenfalls die Möglichkeit sich an einem anderen Ort in seinem Herkunftsstaat zu begeben, um seinen Problemen zu entgehen: Dass man gerade den BF in ganz Indien suchen und finden würde, sei zu den herangezogenen Länderberichten

widersprüchlich.

Betreffend der Rückkehr des BF wurde ausgeführt, dass er im Falle seiner Rückkehr nach Indien nicht um sein Leben fürchten müsse. Da dem BF auf Grund der erfolgten Beweiswürdigung im Herkunftsstaat keine Verfolgung drohe und der BF eine erwachsene, arbeitsfähige gebildete Person sei, der es zumutbar sei, selbst für sein Auskommen zu sorgen, gehe die Behörde davon aus, dass dem BF im Herkunftsstaat keine Gefahr drohen würde, die eine Rechtfertigung des subsidiären Schutzes verlangen würde.

Der BF sei eine gesunde, erwachsene, arbeitsfähige Person und sei es ihm auch zumutbar anfänglich mit Gelegenheitsjobs seinen Unterhalt zu bestreiten. Ferner sei in Betracht zu ziehen, dass der BF den Großteil seines Lebens in seinem Heimatland verbracht habe, dort über Freunde, Bekannte, sowie seiner Familie und Verwandte verfügen würde, die ihn unterstützen würden.

Zum Privat und Familienleben des BF wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dieser in Österreich keine sozialen Kontakte haben würden, die ihn an Österreich binden würden. Er würde keine Familienangehörigen im Bundesgebiet haben und würde sich seine Familie in Indien befinden. Der Bf würde einer geringfügigen Tätigkeit nachgehen, die deutsche Sprache nicht sprechen und habe anderweitig keine Schritte während seines bisherigen Aufenthaltes gesetzt, um seine Integration voranzutreiben.

6. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die XXXX als Rechtsberater zur Seite gestellt.

7. Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde wurde der angefochtene Bescheid zur Gänze aufgrund inhaltlich falscher Entscheidung und mangelhafter Verfahrensführung angefochten.

Das BFA habe keine konkreten Recherchen zum Vorbringen des BF angestellt.

Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen würden unvollständig sein, würden zwar allgemeine Aussagen über Indien treffen, sich aber kaum mit dem konkreten Fluchtvorbringen des BF befassen und seien dadurch als Begründung zur Abweisung eines Antrages auf internationalen Schutz unzureichend.

Die Behörde hätte bei der Heranziehung der Länderberichte zur Feststellung kommen müssen, dass die Polizei in Indien oft jugendliche Sikhs verfolge und diese willkürlich verhafte. Es wäre ersichtlich geworden, dass das Vorbringen des BF in Bezug auf seine Verfolgung durch die Polizei in den Länderfeststellungen Deckung finden würde. Der BF sei nicht auf Grund der Zugehörigkeit zur Gang von S. K., sondern auf Grund seiner Zugehörigkeit zur religiösen und ethnischen Minderheit der Sikh von der indischen Polizei verfolgt worden.

Selbst hinsichtlich der vom BFA angeführten Quellen sei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der BF keinen hinreichenden Schutz in seinem Heimatsstaat finden würde. So gehe aus einem Bericht des Auswärtigen Amtes hervor, dass trotz aller bestehenden Bemühungen religiöse oder soziale Minderheiten im öffentlichen und im privaten Bereich weiter benachteiligt werden würden.

Die Behörde ziehe aus den von ihr herangezogenen Berichte die falschen Schlüsse. Aus Sicht der BF habe die Behörde die Berichte nicht entsprechend berücksichtigt und sich nicht eingehend mit der Situation des BF in Indien auseinandergesetzt.

Wie die Behörde richtig feststellt habe, sei S. K. bereits XXXX aus der Haft entkommen. Hätte die belangte Behörde dem BF die Feststellungen vorgehalten, so hätte dieser vorbringen können, dass mittlerweile penibel darauf geachtet werden würde, dass solche Berichte nicht mehr an die Öffentlichkeit gelangen würden.

Zur Beweiswürdigung wurde vorgebracht, dass der BF gemeinsam mit einem Freund einen Mann mit dem Namen S. K. besucht habe. Drei Tage später sei der BF von ihm besucht worden und habe sich verstecken wollen. Der BF habe diesen in der Getreidekammer Unterschlupf gewährt. Erst später habe der BF erfahren, dass es sich dabei um einen gesuchten Verbrecher gehandelt habe. Ein Dorfbewohner habe diesen Mann entdeckt und die Polizei verständigt. Aus diesem Grunde sei S. K. verschwunden und habe die Polizei den BF verdächtigt, dass er ein Mitglied dieser Gang gewesen sei. Der Dorfvorstand habe allerdings die Polizei zunächst davon überzeugen können, dass der BF mit. S.K. nichts tun gehabt habe. Die Polizei sei jedoch auch danach ins Dorf des BF gekommen und habe diesen bedroht ihn umzubringen, wenn er nicht erzählen würde, wo sich S.K. befinde.

Die belangte Behörde habe das Vorbringen des BF nicht entsprechend gewürdigt und hätte diese einen derartigen Abgleich vorgenommen, wäre sie zu dem Schluss gekommen, dass die geschilderte Verfolgungsgefahr objektiv nachvollziehbar gewesen sei.

Dem Vorhalt, der BF könne in keiner Weise plausibel erklären, wie er mit dem gesuchten in XXXX in Kontakt getreten sei, sei zu entgegnen, dass dieser in der Einvernahme es sehr wohl erklärt habe. Der BF habe sich in einem Dorf namens XXXX mit dem Nachbarn seiner Tante namens XXXX , den er seit zwei, drei Monaten, gekannt habe, getroffen. Dass der BF den Nachbarn seiner Tante bereits seit einem Jahr kenne, sei falsch und unrichtig übersetzt worden.

Beim Spazierengehen durch das Dorf habe XXXX den BF zu S.K., der ihm erzählt habe, dass die Familie seiner Freundin ihn verfolgen würde, geführt. Die Tatsache, dass S.K. auf seiner Facebook Seite prahlerisch mit seinen Taten umgegangen sei, bedeute noch nicht, dass er dies auch dem BF gegenüber gemacht habe, zumal dieser offensichtlich beim Untertauchen gewesen sei.

Dem BF sei erzählt worden, dass sich S.K. vor der Familie seiner Freundin verstecken und Hilfe benötigen würde. Es sei daher naheliegend gewesen, dass man die Unwissenheit des BF ausgenützt habe, um S.K. Unterschlupf zu gewähren.

Der BF habe vorgebracht, dass S.K. im Jahr XXXX aus dem Gefängnis entkommen sei. Die Gefängnisbeamten hätten dies nicht publik machen wollen, da ihm dies schon einmal gelungen sei. Dass S.K. zum vom BF angegebenen Zeitraum auf der Flucht gewesen sei, könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werde bzw. habe die belangte Behörde diesbezüglich keine genauen Ermittlungen angestellt.

Wenn die belangte Behörde auf Berichte verweise, wonach S.K. nicht von der Polizei, sondern von einer rivalisierenden Gang umgebracht worden sei, so müsse dem entgegnet werden, dass die Rolle der Polizei in der Ermordung von S.K. noch nicht geklärt sei. Da die Polizei keinen einzigen Schuss erwidert habe, liege der Verdacht nahe, dass sie die Ermordung von S.K. zumindest billigend in Kauf genommen haben.

Dass man den BF auch in anderen Gebieten Indiens finden könne, ergebe sich aus dem vom BF zitierten Bericht des IRB vom XXXX , der bestätige, dass die Polizei im Punjab durchaus in der Lage sei, Verdächtige auch in anderen Provinzen Indiens zu finden.

Rechtlich wurde im Wesentlichen zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass der BF in Indien wegen der ihm unterstellten Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (in diesem Falle der Gang von S. K.) verfolgt werden würde. Dies lasse eine Definition im Sinne der GFK zu, weil sich die Verfolgungshandlungen und asylrelevanten Diskriminierungen unter Art 10 Abs. 1 lit. d der Statusrichtlinie subsumieren lassen würden.

Zu Spruchpunkt II. wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem BF auf Grund der ihm unterstellten Zugehörigkeit zur Gang von S.K. unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung drohen würde. Im Falle einer Verhaftung durch die Polizei drohe ihm auch eine Verletzung seines Rechtes auf Leben.

Zu Spruchpunkt III. führte der BF aus, dass die belangte Behörde feststellen hätte müssen, dass der BF in Österreich gut integriert sei, über private Kontakte verfügen und Hilfstätigkeiten ausüben würde. Zudem arbeite der BF als Zeitungszusteller und besuche den Sikh Tempel regelmäßig.

Der BF sei strafrechtlich unbescholten und habe nicht gegen die öffentliche Ordnung verstoßen. Der Aufenthalt des BF in Österreich gefährde weder die öffentliche Ruhe oder Ordnung, noch die nationale Sicherheit oder das wirtschaftliche Wohl. Darüber hinaus habe der BF zahlreiche private Kontakte und arbeite als Zeitungszusteller. Der Eingriff in das schützenswerte Privatleben des BF sei unverhältnismäßig und daher auf Dauer unzulässig.

Beantragt wurde überdies die unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass dem BF kein Rechtsanspruch auf Vertretung im Verfahren vor dem BVwG zukomme. Eine bloße Rechtsberatung sei mit einer Rechtsvertretung durch einen Verfahrenshelfer nicht gleichwertig. Der unvertretene und rechtsunkundige BF stehe im Verfahren vor dem BVwG einer Organpartei gegenüber, die als Spezialbehörde im Asyl-, und Fremdenwesen tätig sei und sohin grundsätzlich mit dem Verfahrensrecht des Verfahrens vor dem BVwG und der diesbezüglichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung vertraut sei.

Die belangte Behörde habe es zur Gänze unterlassen sich mit der Bedrohung bzw. Verfolgung des BF durch die indische Polizei auseinander zu setzen. In der Folge wurden auszugsweise mehrere Berichte zur Behandlung von Sikhs durch die indische Polizei zitiert. Demnach hätte die Behörde bei entsprechender Heranziehung der Länderberichte feststellen müssen, dass jugendliche Sikhs von der Polizei in Indien oft verfolgt und verhaftet werden würden. Darüber hinaus sei ersichtlich geworden, dass das Vorbingen des BF in Bezug auf seine Verfolgung durch die Polizei in den Länderfeststellungen Deckung finden würde. Der BF würde nicht nur auf Grund der ihm unterstellten Zugehörigkeit zur Gang von S.K., sondern auch auf Grund seiner Zugehörigkeit zur religiösen und ethnischen Minderheit der Sikh von der indischen Polizei verfolgt werden.

Die Behörde habe aus den von ihr herangezogenen Berichten falsche Schlüsse gezogen. Die Berichte seien nicht entsprechend berücksichtigt worden und habe sich nicht eingehend mit der Situation und der Fluchtgeschichte des BF auseinandergesetzt.

Außerdem habe die belangte Behörde dem BF die Feststellungen zu S. K. vorenthalten. Ansonsten hätte dieser vorbringen können, dass mittlerweile penibel darauf geachtet werden würde, dass derartige Berichte nicht mehr an die Öffentlichkeit gelangen würden. Vor diesem Hintergrund sei es durchaus vorstellbar, dass über die erneute Flucht von S. K. aus dem Gefängnis am Ende des Jahres 2014 nicht berichtet worden sei.

Der BF habe erst später erfahren, dass es sich bei S. K. um einen gesuchten Verbrecher handeln würde. Ein Dorfbewohner habe ihn entdeckt und die Polizei verständigt, weshalb dieser wieder verschwunden sei und die Polizei den BF verdächtigt habe, dass er ein Mitglied der Gang von S.K. gewesen sei. Der Dorfvortsand habe die Polizei jedoch zunächst davon überzeugen können, dass der BF nichts mit S.K. zu tun habe. Die Polizei sei jedoch auch danach ins Dorf des BF gekommen und habe ihn bedroht, dass sie ihn umbringen würden, wenn er nicht erzählen würde, wo sich S.K. befinde. Der BF verließ schließlich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung das Land. Der BF würde auch jetzt noch von der indischen Polizei verfolgt werden.

Dem Vorhalt der BF habe in keiner Weise plausibel erklären können, wie er mit dem gesuchten XXXX in Kontakt getreten sei, sei zu entgegnen, dass der BF dies in seiner Einvernahme erklärt habe.

Beim Spaziergehen habe XXXX den BF zu S.K. geführt, der ihm erzählt habe, dass die Familie seiner Freundin ihn verfolgen würde. Wenn die belangte Behörde dem BF vorwerfe, dass der BF nicht mehr über S. K. in Erfahrung bringen habe können, so sei dem zu entgegnen, dass XXXX die meiste Zeit mit ihm gesprochen habe und der BF so nicht dazu gekommen sei viele Fragen zu stellen.

Darüber hinaus ist es nicht ungewöhnlich, dass ein von der Polizei gesuchter Verbrecher nicht die volle Wahrheit über seine Aktivitäten und die Gründe seines Untertauchens erzählt. Die Tatsache, dass XXXX auf seine Facebook-Seite prahlerisch mit seinen Taten umging, bedeutet jedenfalls noch nicht, dass er dies auch gegenüber dem BF tat, zumal er ja offensichtlich bei diesem untertauchen wollte. Dem BF wurde nur erzählt, dass sich XXXX von der Familie seiner Freundin versteckt und Hilfe benötigt. Später bat XXXX den BF XXXX bei sich zu verstecken. Es ist daher naheliegend, dass XXXX und XXXX die Unwissenheit des BF ausnutzten, um XXXX Unterschlupf zu gewähren.

Wie bereits weiter oben erwähnt, bringt der BF vor, dass XXXX im Jahr XXXX aus dem Gefängnis XXXX entkam. Da ihm dies schon einmal gelang, wollten die Gefängnisbeamten eine erneute Flucht nicht publik machen. Dass XXXX zum vom BF angegebenen Zeitraum auf der Flucht war, kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden bzw. hat die belangte Behörde diesbezüglich keine genauen Ermittlungen angestellt.

Wenn die belangte Behörde auf Berichte verweist, wonach XXXX nicht von der Polizei, sondern von einer rivalisierenden Gang umgebracht wurde, so muss dem entgegnet werden, dass die Rolle der Polizei in der Ermordung von XXXX noch nicht geklärt ist. Da die Polizisten offensichtlich - wie aus dem weiter oben zitierten Bericht von The Tribüne vom XXXX hervorgeht - keinen einzigen Schuss erwidert haben, liegt der Verdacht nahe, dass sie die Ermordung von XXXX zumindest billigend in Kauf nahm.

Dass man den BF auch in anderen Gebieten Indiens finden würde, würde sich aus dem vom BF zitierten Bericht des Immigration and Refugee Board of Canada (IRB) vom XXXX , der bestätige, dass die Polizei im Punjab durchaus in der Lage sei, Verdächtige auch in anderen Provinzen Indiens zu finden.

Die erstinstanzliche Behörde habe also nach mangelhaftem Ermittlungsverfahren und anderer Verfahrensfehler das Verfahren zusätzlich mit einer mangelhaften Beweiswürdigung und Begründung belastet.

Rechtlich wurde dazu ausgeführt, dass gemäß § 3 AsylG einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf nationalen Schutz gestellt habe, soweit dieser Antrag nicht wegen der §§ 4,4a oder 5 AsylG zurückzuweisen sei, der Status des Asyberechtigten zuzuerkennen wäre, wenn glaubhaft sei, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention drohe.

Der Artikel 1 Abschnitt A Z 2 der GFK besage, dass jene Personen als Flüchtlinge gelten würden, die aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer "Rasse", Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befinden, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen können oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen wollen.

Unter Verfolgung sei ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liege vor, wenn der Eingriff geeignet sei, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr stehe mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und sei Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr sei dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohe, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genüge nicht. (VwGH 21.12.2000, ZI. 2000/01/0131 ;VwGH 25.1.2001, ZI. 2001/20/0011). Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe sei gemäß Art 10 Statusrichtlinie zu beachten, dass man von einer sozialen Gruppe dann spreche, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden könne, gemein habe oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teile, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen seien, dass der Betreffende nicht gezwungen werden solle, auf sie zu verzichten, und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität habe, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet werde.

Dem Umstand Rechnung tragend, dass der BF in Indien wegen der ihm unterstellten Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (in diesem Fall: der Gang von XXXX ) verfolgt werden würde, lasse für ihn die Definition eines Flüchtlings im Sinne der GFK zutreffen, weil sich die Verfolgungshandlungen und aslyrelevanten Diskriminierungen unter Art 10 Abs 1 lit d der Statusrichtlinie subsumieren lasse.

Somit wäre dem BF internationaler Schutz gemäß § 3 AsylG zu gewähren gewesen. Die angeführten Verfahrensfehler seitens der Behörde 1. Instanz und die mangelhafte Rechtsanwendung hätten allerdings zu einer Nicht-Gewährung jenes internationalen Schutzes geführt.

Der Spruchpunkt I. sei aufgrund von erheblichen Verfahrensfehlern und einer unrichtigen Rechtsanwendung erlassen worden und daher unzulässig.

Zu Spruchpunkt II wurde ausgeführt, dass § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG besage, dass einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen sei, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen werde, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe bedeuten würde, oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Art 3 EMRK beziehe sich auf das Verbot der Folter und benenne konkret, dass niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden dürfe. Wie aus den angeführten Länderberichten und den Aussagen des BF hervorgehe, drohe dem BF aufgrund der ihm unterstellten Zugehörigkeit zur Gang von XXXX umenschliche bzw. erniedrigende Behandlung. Im Falle einer Verhaftung durch die Polizei drohe ihm auch eine Verletzung seines Rechts auf Leben. Eine Verletzung des Art 3 EMRK würde im gegebenen Fall der Abschiebung nach Indien auf jeden Fall vorliegen, und mache jene somit unzulässig.

Hätte die Behörde demnach ihre Ermittlungspflicht in angemessener Weise wahrgenommen und den vorliegenden Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, hätte sie ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen müssen.

Zu Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, dass gemäß § 9 BFA-VG die belangte Behörde über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung begründet absprechen müsse. Eine Rückkehrentscheidung dürfe gemäß § 10 Abs 1 AsylG im Falle der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz nur dann erlassen werden, wenn ein Aufenthaltstitel nach § 57 leg. cit. nicht erteilt werden würde. Wenn es zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK geboten sei, sei gemäß § 55 AsylG ein Aufenthaltstitel zu erteilen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruhe, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehende seien.

Auch im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung habe das BFA den angefochtenen Bescheid auf Grundlage eines mangelhaft geführten Verfahrens und einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung erlassen, wie im Folgenden zu zeigen sei:

Das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde sei mangelhaft, da der im Hinblick auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht erhoben worden sei. Das BFA habe es insbesondere unterlassen, Ermittlungen zum bestehenden Privatleben des BF in Österreich anzustellen. Wäre die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen, so hätte sie feststellen müssen, dass der BF in Österreich gut integriert sei, über private Kontakte verfügen und Hilfstätigkeiten ausüben würde. Zudem arbeite der BF als Zeitungszusteller und besuche regelmäßig den Sikh-Tempel im XXXX Wiener Gemeindebezirk.

Die belangte Behörde habe nicht nachvollziehbar begründet, warum der BF über keine nennenswerte Integration in Österreich verfügen würde. Die Beweiswürdigung sei daher nicht nachvollziehbar. Die Behörde hätte erkennen müssen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den BF auf Dauer unzulässig sei.

Entgegen der gesetzlichen Vorgaben habe die belangte Behörde auch nicht nachvollziehbar begründet, warum gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen worden sei.

Wie die Behörde richtigerweise anführen würde, sei bei Erlass einer Rückkehrentscheidung auf § 9 BFA-VG bzw. auf das gemäß Art 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben Bedacht zu nehmen. Gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen: die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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