TE Vwgh Erkenntnis 1999/12/17 99/02/0342

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Veröffentlicht am 17.12.1999
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §21 Abs2;
AsylG 1997 §21 Abs3;
FrG 1997 §61 Abs1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 99/02/0343 E 17. Dezember 1999 99/02/0344 E 17. Dezember 1999 99/02/0375 E 24. Februar 2000

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des A A in L, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Glawitsch, Rechtsanwalt in 4010 Linz, Graben 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 11. August 1999,

Zlen. E 013/02/1999.058/4 und E 013/02/1999.059/4, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach seinem eigenen Beschwerdevorbringen und den Feststellungen im angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer am 16. Juni 1999 im Gemeindegebiet von Kittsee nach unmittelbar davor liegendem illegalen Grenzübertritt von der Slowakischen Republik festgenommen. Er führte keinen Reisepass mit sich und behauptete, irakischer Staatsbürger zu sein. Inlandsbeziehungen sind nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer verfügte weder über Mittel zu seinem Unterhalt noch über eine Unterkunft; für die Einreise bediente er sich der Hilfe von Schleppern.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See vom 16. Juni 1999 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Zurückschiebung verhängt. Dagegen erhob er mit Schriftsatz vom 6. August 1999 Beschwerde an die belangte Behörde. In dieser verwies er nach seinem Vorbringen vor dem Gerichtshof auf die grundsätzliche Unzulässigkeit der Schubhaft infolge rechtlicher Unmöglichkeit seiner Zurückschiebung als Asylwerber, die fehlende Drittlandsicherheit der Slowakei sowie das Fehlen einer Abwägung der gemäß § 66 Abs. 1 FrG 1997 zu treffenden Entscheidung hinsichtlich der Anwendung gelinderer Mittel.

Mit ihrem Bescheid vom 11. August 1999 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und stellte fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung vorlägen. (Die belangte Behörde bezog in ihren Bescheid auch noch die Entscheidung über eine weitere, von einem anderen Fremden erhobene Beschwerde mit ein.)

Der Beschwerdeführer bekämpft den Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er erachtet sich in seinem einfach gesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit, auf Nichtverhängung der Schubhaft sowie auf Anwendung gelinderer Mittel und auf fehlerfreie Ermessensübung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 FrG 1997 verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides vor, die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Zurückschiebung sei unzulässig; er habe einen Asylantrag gestellt, so dass sich die Unzulässigkeit der Zurückschiebung aus § 21 Abs. 2 AsylG 1997 ergebe. Die Schubhaft sei daher allein auf Grund der Asylantragstellung, zumindest jedoch ab Inhalt der Prüfung des Asylantrages unzulässig gewesen.

Gemäß § 61 Abs. 1 FrG 1997 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf die Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

Nach § 21 Abs. 2 erster Halbsatz AsylG 1997 dürfen Asylwerber nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden. Abs. 3 leg. cit. bestimmt, dass Fremde, deren Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde, in den Herkunftsstaat nur zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden dürfen, wenn die Asylbehörde rechtskräftig festgestellt hat, dass dies nach § 57 FrG zulässig ist.

Schon aus dem Wortlaut der zitierten Bestimmungen ist zu ersehen, dass eine Zurückschiebung grundsätzlich auch bei Fremden erfolgen kann, die einen Asylantrag gestellt haben, sobald dieser rechtskräftig abgewiesen wurde. Zur Sicherung einer Zurückschiebung ist jedoch die Verhängung einer Schubhaft gemäß § 61 Abs. 1 FrG 1997 zulässig, wobei der Gesetzgeber keine Einschränkung dahin trifft, dass etwa für Asylwerber, deren Antrag abgewiesen wurde, eine Ausnahme besteht. Ein Hinweis auf eine insoweit überschießende Formulierung des Gesetzgebers lässt sich den Materialien nicht entnehmen. Auch der Gesetzeszweck spricht im hier gegebenen Zusammenhang nicht notwendig für die Vornahme einer teleologischen Reduktion des Gesetzeswortlautes. Es ist daher davon auszugehen, dass auch Asylwerber zur Sicherung ihrer Zurückschiebung in Schubhaft genommen werden können.

Aus den bereits zitierten Bestimmungen folgt weiters, dass die Schubhaftbehörden (und damit auch der mit Schubhaftbeschwerde angerufene Unabhängige Verwaltungssenat) keine Kompetenz haben, über die Zulässigkeit der Zurückschiebung eines Fremden nach Stellung eines Asylantrages durch diesen zu entscheiden. Schon aus diesem Grunde sind die Beschwerdeausführungen betreffend die Frage, ob eine Zurückschiebung in die Slowakei deshalb nicht vorgenommen werden dürfe, weil diese nicht als sicheres Drittland zu betrachten sei, im Hinblick auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ohne weitere Bedeutung. Aufgabe der belangten Behörde war es im gegebenen Zusammenhang nur zu beurteilen, ob die Gründe für die Verhängung der Schubhaft im Hinblick auf die Sicherung der (möglichen) Zurückschiebung vorlagen oder nicht. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang auf die illegale Einreise des Beschwerdeführers, auf das Fehlen von Reisedokumenten, von Unterkunft und Unterhaltsmitteln verwiesen; dass diese Umstände geeignet sind, die Verhängung der Schubhaft zu rechtfertigen, bestreitet auch der Beschwerdeführer grundsätzlich nicht. Er bringt nur - neben einer nicht näher ausgeführten Kritik an der "floskelhaften" Begründung - vor, gegen die Verhängung der Schubhaft spreche, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen Asylantrag gestellt habe und eine Weiterreise vor Entscheidung über diesen Asylantrag für den Beschwerdeführer keinerlei positive Konsequenzen habe. Damit widerlegt er aber nicht die Annahme der belangten Behörde, es bestünde die Gefahr, dass sich der Beschwerdeführer im Falle seiner Freilassung einem behördlichen Zugriff entziehen würde, weil sich diese Annahme auch auf den Fall der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages erstreckt.

Der Beschwerdeführer rügt weiters unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften das Vorliegen eines Begründungsmangels des bekämpften Bescheides insbesondere dahin, dass die nach § 66 Abs. 1 FrG 1997 aufgetragene Ermessensentscheidung nicht näher begründet werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/02/0309, zu der hier angesprochenen Bestimmung und der damit den Schubhaftbehörden aufgetragenen Ermessensentscheidung (sofern es sich nicht um minderjährige Fremde handelt, was beim Beschwerdeführer nicht der Fall ist) Stellung genommen. Die belangte Behörde hat im Sinne dieser Rechtsprechung eine Ermessensentscheidung vorgenommen und (erkennbar) begründet. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, zu welch anderen Ergebnissen sie bei einer - von ihm geforderten - ausführlicheren Begründung gelangt wäre, insbesondere welche Umstände sie bei der Befassung mit den konkreten Lebensumständen des Beschwerdeführers dazu veranlasst hätte, eine andere Ermessensentscheidung zu treffen.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang die Verletzung seines Rechts auf Gehör insbesondere durch die Unterlassung einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde geltend macht, ist ihm zu entgegnen, dass es ihm freistand, in seinem an die belangte Behörde gerichteten Rechtsmittel alle Umstände vorzubringen, die für die Anwendung gelinderer Mittel seiner Ansicht nach ins Treffen zu führen waren. Seinem Beschwerdevorbringen vor dem Gerichtshof ist aber in keiner Weise zu entnehmen, dass er die Mittellosigkeit, das Fehlen einer zureichend gesicherten Unterkunftsmöglichkeit im Inland oder den Kontakt zu Schleppern bestritten hätte, so dass ein wesentlicher Verfahrensfehler der belangten Behörde für den Gerichtshof nicht erkennbar ist. Welch andere Lebensumstände, die zu einer anderen Entscheidung der belangten Behörde hätten führen können, diese hätte feststellen müssen, ist nach dem Beschwerdevorbringen nicht erkennbar. Allein die Gewinnung eines persönlichen Eindruckes vom Beschwerdeführer vermag konkrete Behauptungen über entsprechende Tatsachen nicht zu ersetzen.

Auch die vom Beschwerdeführer (als Verfahrensfehler) gerügte gemeinsame Entscheidung der belangten Behörde in seiner Sache mit der eines anderen Fremden vermag ihn nicht als solche in seinen Rechten zu beeinträchtigen. Mangels näherer Darlegungen kann der Verwaltungsgerichtshof eine Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers nicht zu erkennen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 17. Dezember 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999020342.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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