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L57108 Sport Vorarlberg;Norm
AVG §59 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/10/0112 Ra 2018/10/0111Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision 1. des R A, 2. der T A, beide in G, und 3. der B S in E, alle vertreten durch Dr. Meinrad Einsle, MMag. Dr. Rupert Manhart und MMMag. Dr. Susanne Manhart, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Römerstraße 19, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 3. April 2018, Zl. LVwG-342-2/2017-R4, betreffend Bewilligung zur Verwendung eines Schneegeländefahrzeuges (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 3. April 2018 erteilte das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg den Revisionswerbern - in teilweiser Stattgebung deren Beschwerde gegen einen Bescheid der bel. Behörde (BH Bludenz) vom 16. November 2017 - gemäß § 6 Abs. 2, 3 und 5 des Vbg. Sportgesetzes (SportG) die Bewilligung zur Verwendung eines bestimmten Schneegeländefahrzeuges zum Zweck der Versorgung des Ferienhauses St. mit Sachen und zum Transport von Familienangehörigen, und zwar von der Bergstation S. zum Ferienhaus unter Vorschreibung (unter anderem) der folgenden "Auflagen und Bedingungen":
2 Für Transporte während der Wintersaisonbetriebszeit der Seilbahnen S. (23. Dezember bis 31. März) sei für die Versorgung des Ferienhauses St. der Zustellservice der Seilbahnen S. zu nutzen; davon seien Fahrten aufgrund von auftretenden Notfällen (z.B. im Falle eines Unfalles oder einer akuten Erkrankung oder in den Fällen, in jenen der Zustellservice nicht innerhalb von 24 Stunden ab Anforderung durchgeführt werden könne) ausgenommen, worüber auf näher bestimmte Weise Aufzeichnungen zu führen seien.
3 Die Fahrten mit dem Schneegeländefahrzeug seien darüber hinaus nur von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang zulässig.
4 Die Revision gegen dieses Erkenntnis ließ das Verwaltungsgericht nicht zu.
5 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse - zugrunde, in der Wintersaison werde von der Seilbahn S. GmbH ein Zustellservice für Personen- und Gepäcktransporte von der Bergstation (unter anderem) zum Ferienwohnhaus der Revisionswerber gegen Entgelt angeboten. Für diesen Transport stünden eine Pistenraupe (Fassungsvermögen 10 bis 12 Personen mit Handgepäck) sowie ein Quad, mit welchem eine Person transportiert und für Gepäckstücke ein Schlitten angehängt werden könne, zur Verfügung. Der Zustellservice sei grundsätzlich innerhalb von 24 Stunden ab Anfrage "bewerkstelligbar".
6 Nach den Ausführungen des beigezogenen Sachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz würden Schneegeländefahrzeuge in Gebieten eingesetzt, in denen kein regelmäßiger Verkehr durch Kraftfahrzeuge stattfinde. Die dort ansässigen Wildtiere seien nicht an derartige Störfaktoren adaptiert und reagierten schreckhaft. Der durchschnittlich von Schneegeländefahrzeugen ausgehende Lärm rufe biologische Reaktionen negativer Natur bei Wildtieren hervor, etwa Fluchtreaktionen, die die Tiere vor allem im Winter an ihre physiologischen Grenzen bringen könnten. Auch die dadurch ausgelösten physiologischen Stressreaktionen würden sich negativ auf die Stoffwechselrate, das Immunsystem, die Reproduktion und die Überlebensrate der Population auswirken und nachteilige Verhaltensänderungen hervorrufen.
7 Das Verwaltungsgericht erachtete die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung nach § 6 Abs. 3 lit. a SportG bei entsprechender Schneelage außerhalb der Wintersaisonbetriebszeit der Seilbahn S. als gegeben. Während der Wintersaisonbetriebszeit werde das Ferienhaus allerdings durch den vom Seilbahnunternehmen angebotenen Transportservice versorgt; davon ausgenommen seien unter Bedachtnahme auf das Kriterium der Erforderlichkeit in § 6 Abs. 3 lit. a SportG nunmehr die erwähnten Notfälle. Dadurch trug das Verwaltungsgericht - gegenüber den einschränkenderen Auflagen im Bescheid der belangten Behörde - einem entsprechenden Beschwerdevorbringen der Revisionswerber Rechnung, wobei es sich rechtlich auf § 6 Abs. 5 SportG stützte.
8 Die zeitliche Beschränkung der Fahrten mit dem Schneegeländefahrzeug jeweils von Sonnenauf- bis zum Sonnenuntergang finde ihre Grundlage in den Ausführungen des naturschutzfachlichen Gutachtens zu der natürlichen diurnalen Rhythmik der im gegenständlichen Gebiet vorherrschenden Vogelpopulation.
9 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 3.1. Die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision machen ausschließlich geltend, die im angefochtenen Erkenntnis ausgesprochenen Nebenbestimmungen seien im Sinn der hg. Rechtsprechung nicht ausreichend bestimmt:
13 Aus der Verpflichtung, für Transporte während der Wintersaisonbetriebszeit der Seilbahnen (grundsätzlich) das Zustellservice der Seilbahnen zu nutzen, ergebe sich, dass auch Transporte ohne Verwendung des antragsgegenständlichen Schneegeländefahrzeuges in dieser Zeit unzulässig seien. Es gehe auch nicht näher hervor, was eine "akute Erkrankung" sei und auf welche Rechtsgrundlage die Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen gestützt werde.
14 3.2. Dem ist zu erwidern, dass aus dem gesamten Inhalt des mit dem angefochtenen Erkenntnis lediglich in Spruchpunkt I.1. abgeänderten, sonst jedoch bestätigten Bescheides der belangten Behörde vom 16. November 2017 zweifelsfrei hervorgeht, dass sich die vom Verwaltungsgericht vorgeschriebene grundsätzliche Inanspruchnahme des Zustellservice der Seilbahnen S. GmbH während deren Wintersaisonbetriebszeit bloß alternativ zur Verwendung des gegenständlichen Schneegeländefahrzeuges versteht.
15 Die grundsätzliche Zulässigkeit der Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen zum Schutz der in § 6 Abs. 3 lit. b SportG genannten Interessen folgt aus der Bestimmung des § 6 Abs. 5 zweiter Satz SportG; die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung der Revisionswerber, die in Notfällen auch in der Wintersaisonbetriebszeit der Seilbahnen erforderlichen Verwendungen des Schneegeländefahrzeuges zu dokumentieren, dient der der Behörde (und dem Verwaltungsgericht) übertragenen Wahrung der in § 6 Abs. 3 lit. b SportG genannten Interessen (vgl. dazu etwa Hengstschläger/Leeb, AVG § 59 Rz 19).
16 Das Vorliegen einer "akuten Erkrankung" schließlich ist einer Auslegung im Einzelfall zugänglich.
17 4. In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
18 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 8. August 2018
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018100110.L00Im RIS seit
04.09.2018Zuletzt aktualisiert am
13.09.2018