TE OGH 2018/8/23 4Ob46/18w

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.08.2018
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Markenrechtssache der Antragstellerin T***** GmbH, *****, vertreten durch Kletzer Messner Mosing Schnider Schultes Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Eintragung der Wortmarke STIMMUNG HOCH ZWEI, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 20. Dezember 2017, GZ 133 R 125/17f-3, womit der Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 18. September 2017, GZ AM 53329/2016-4, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert hat, dass sie zu lauten hat:

Dem zu AM 53329/2016 eingebrachten Antrag, die Wortmarke STIMMUNG HOCH ZWEI in das Markenregister einzutragen, wird auch für folgende Waren stattgegeben:

Klasse 32: für Biere

Klasse 33: für Alkoholische Getränke [ausge-nommen Biere]; Spirituosen und Liköre; Weine; Apfelwein; alkoholische Mixgetränke; alkoholische Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Energiegetränke; alkoholische Essenzen; alkoholische Extrakte; alkoholhaltige Fruchtextrakte.

Text

B e g r ü n d u n g :

Mit Anmeldung vom 30. 12. 2016 beantragte die Antragstellerin die Registrierung der Wortmarke STIMMUNG HOCH ZWEI für folgende Waren und Dienstleistungen:

         32 Biere; Mineralwässer [Getränke]; kohlensäurehältige Wässer; nichtalkoholische Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe für die Zubereitung von Getränken; Präparate für die Zubereitung von Getränken; Energiegetränke.

         33 Alkoholische Getränke [ausgenommen Biere]; Spirituosen und Liköre; Weine; Apfelwein; alkoholische Mixgetränke; alkoholische Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Energiegetränke; alkoholische Essenzen; alkoholische Extrakte; alkoholhaltige Fruchtextrakte.

         43 Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; Beherbergung von Tourismus- und Urlaubsgästen in Hotels, Hostels und Pensionen; Verpflegung- und Beherbergungsdienstleistungen in Kindergärten und Krippen, Tagesbetreuungseinrichtungen, Altenheimen; Vermietung von Veranstaltungsräumlichkeiten, temporären Büroräumen, Konferenzeinrichtungen; Dienstleistungen von Tierpensionen; Vermietung von Möbeln, Haushaltswäsche und Tafelzubehör; Catering; Zimmerreservierung; Zimmerreservierung in Pensionen; Zimmerreservierung in Hotels; Vermietung von Stühlen, Tischen, Tischwäsche, Gläsern; Vermietung von Kochgeräten; Vermietung von Trinkwasserspendern; Vermietung von Zelten; Vermietung von transportablen Bauten.

         Das Patentamt wies den Antrag in Bezug auf „Biere” in der Klasse 32 und in Bezug auf „alle in der Klasse 33 genannten Dienstleistungen“ [richtig: Waren] ab, weil dem Zeichen für diese Waren die erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Der Verkehr werde das Zeichen insgesamt als werbliche Anpreisung erkennen und davon ausgehen, dass mit der angekündigten „noch nicht potenzierten” Stimmung selbst bereits eine gute oder hohe Stimmung gemeint sei. Das Zeichen vermittle einen wünschenswerten Gemütszustand und sei für Bier insoweit beschreibend, als alkoholische Getränke sehr wohl geeignet seien, den Gemütszustand und die Stimmung zu beeinflussen.

         Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss, bemaß den Wert des Entscheidungsgegenstands mit 30.000 EUR übersteigend und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.

         Die Eintragung einer Marke, die aus Zeichen oder Angaben bestehe, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen, auf die sich diese Marke bezieht, verwendet werden, sei nicht schon wegen einer solchen Verwendung ausgeschlossen. Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken, etwa Werbeslogans, seien daher nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken. Sie seien dann nicht schutzfähig, wenn der Satz oder Satzteil nur eine beschreibende Aussage über die Ware oder Dienstleistung enthalte. Anderes gelte, wenn die Wortfolge eine interpretationsbedürftige Aussage enthalte.

         Das angemeldete Zeichen bestehe im hier relevanten Kontext aus einer gewöhnlichen und grammatikalisch grundsätzlich korrekten Aneinanderreihung von drei gebräuchlichen Wörtern in der Art einer an den Konsumenten gerichteten Anpreisung. Diese Wortfolge erfordere nicht einmal einen geringen Interpretationsaufwand, sondern bilde vielmehr einen allgemein verstandenen und eindeutigen (Wirkungs-)Hinweis zum Produkt ohne Zuordnung zu einem bestimmten Anbieter. Die angesprochenen Konsumenten assoziierten ohne Weiteres (also ohne längeren Denkprozess und ohne Unklarheiten) die Wortkombination mit dem (angestrebten) Gemüts- oder Stimmungszustand durch den Konsum dieser alkoholhaltigen Getränke. Sie verstünden das Zeichen ausschließlich als (positive) Beschreibung der durch den Konsum der so bezeichneten Waren bewirkten (positiven) Stimmung, auch wenn keine unmittelbare und ohne Weiteres erkennbare Aussage über Art, Natur, Beschaffenheit oä der angemeldeten Waren gegeben sei.

         Die in Frage stehende Wortfolge sei eine rein werbliche Anpreisung. Sie sei in der Gesamtwahrnehmung in Bezug auf die angemeldeten Waren weder mehrdeutig, noch erzeuge sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine besondere oder gar vielschichtige Gedankenoperation, ein weiteres Nachdenken oder gar Unklarheiten. Damit fehle dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft für die vom Teilbeschluss erfassten Waren der Klassen 32 und 33. Im Gegensatz zur Entscheidung 17 Ob 18/09k, Gute Laune Tee, sei die Zweckbestimmung von Tee nicht eindeutig und immer „gute Laune”, weil Tee auch zum primären Erreichen anderer Wirkungen verwendet werde (zB Linderung von Erkältungen oder Magenverstimmungen). Hingegen liege bei alkoholischen Getränken die gewünschte Wirkung auf die Stimmung und deren Veränderung wesentlich näher.

         Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, dem Registrierungsantrag zur Gänze stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

         Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

         1.1. Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.

         1.2. Nach ständiger Rechtsprechung besitzt eine Marke Unterscheidungskraft, wenn sie in der Lage ist, ihre Hauptfunktion zu erfüllen, nämlich dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden und somit die Erfahrung zu wiederholen, falls sie positiv war, oder zu vermeiden, falls sie negativ war (Engin-Deniz, MSchG3, 71 mwN).

         1.3. Ob eine Marke unterscheidungskräftig ist, ist gemäß § 1 Abs 2 MSchG unter Berücksichtigung aller Tatumstände nach Maßgabe der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen. Entscheidend ist daher nicht so sehr, ob die Marke an sich Unterscheidungskraft besitzt, sondern vor allem, ob sie im Geschäftsverkehr als Zeichen der Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen aufgefasst werden kann (RIS-Justiz RS0079038) und geeignet ist, diese Ware oder Dienstleistung von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Nur unter dieser Bedingung kann eine Marke ihre Hauptfunktion als betrieblicher Herkunftshinweis erfüllen (4 Ob 36/14v, Selective Line [2.3]; 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix [2.3] je mwN; vgl auch RIS-Justiz RS0118396; 4 Ob 180/16y, Fair Use [2.]).

         Die Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion muss nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit geprüft werden (4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix [2.4]; 4 Ob 36/14v, Selective Line [2.4]). „Beteiligte Verkehrskreise“ sind alle Personen, die als Erwerber der Ware in Betracht kommen, also Handel und/oder der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 4 Rn 67; 4 Ob 49/14f, My Taxi [3.2] je mwN; vgl auch RIS-Justiz RS0079038 [T1]).

         1.4. Die Tatsache allein, dass eine Marke von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird und dass andere Unternehmen sie sich im Hinblick auf ihren lobenden Charakter zu eigen machen könnten, begründet nicht automatisch das Fehlen der Unterscheidungskraft dieser Marke (vgl EuGH C-398/08 P, Vorsprung durch Technik, Rn 44).

         Der anpreisende Sinn einer Wortmarke schließt es nicht aus, dass sie geeignet ist, gegenüber den Verbrauchern die Herkunft der bezeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Eine solche Marke kann daher von den angesprochenen Verkehrskreisen gleichzeitig als Werbeslogan und als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden (EuGH C-311/11 P, Wir machen das Besondere einfach, Rn 30).

         Somit ist einer Marke Unterscheidungskraft zuzuerkennen, wenn sie über ihre Werbefunktion hinaus von den maßgeblichen Verkehrskreisen ohne Weiteres als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen aufgefasst werden kann (EuG T-250/17, Avanti, Rn 16). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marke nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung besteht, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweist, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordert oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslöst (EuGH C-398/08 P, Vorsprung durch Technik, Rn 57).

         1.5. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3–5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b–d MarkenRL) sind zwar nach der Rechtsprechung des EuGH gesondert zu prüfen (EuGH C-304/06, Eurohypo). Unterscheidungskraft fehlt bei einer Wortmarke aber jedenfalls dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft; eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG und Art 3 Abs 1 lit c MarkenRL ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG und Art 3 Abs 1 lit b MarkenRL. Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (4 Ob 11/14t mwN).

         1.6. Da allein das Fehlen jeder Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen. Jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (OPM Om 15/12, Gute Laune Tee mwN; vgl auch BGH I ZB 22/11, Starsat).

         2. Im Lichte dieser Grundsätze besitzt die angemeldete Marke Unterscheidungskraft auch für Biere und alkoholische Getränke.

         2.1. Nach der zuvor dargestellten Rechtsprechung ist einer Marke Unterscheidungskraft nicht schon dann abzusprechen, wenn die relevanten Verkehrskreise bei Kenntnis des Produkts (auch) einen direkten Bezug zu einer bestimmten Wirkung herstellen, sondern nur, wenn die Marke unmittelbar und ohne Weiteres Rückschlüsse auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung erlaubt. Letzteres trifft auf die angemeldete Marke nicht zu.

         2.2. Die für das Zeichen gewählte Wortfolge geht über eine gewöhnliche Werbemitteilung hinaus, weil sie eine gewisse Originalität aufweist und zu ihrem Verständnis ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordert. Das Wort „Stimmung“ kann vieldeutige und unterschiedlichste Assoziationen auslösen und lässt den Adressaten nicht in erster Linie oder gar ausschließlich an stimmungsverbessernde Substanzen im Zusammenhang mit Alkoholkonsum denken (zumal letzterer auch zu depressiven Stimmungen führen kann). Der nachfolgende mathematische Begriff „HOCH ZWEI“ erfordert einen Denkprozess, um als solcher erkannt und dahin verstanden zu werden, dass damit eine potenzierte, also eine besonders gute Stimmung, gemeint ist.

         2.3. Wie die Revisionsrekurswerberin zutreffend aufzeigt, hat der Oberste Gerichtshof zu 17 Ob 18/09k (= ecolex 2010, 783 [Schumacher] = ÖBl 2010, 234 [Donath], Gute Laune Tee) das Zeichen „Wunderbarer Gute Laune Tee“ als (zwar schwach, aber doch) unterscheidungskräftig für Tee angesehen und begründend ausgeführt, mit „Gute Laune“ wird nicht unmittelbar die Beschaffenheit oder Bestimmung des Tees beschrieben, die unmittelbar auf einen bestimmten Inhalt oder eine bestimmte Wirkung des Tees schließen lässt. Der Tee wird vielmehr bloß mit einem wünschenswerten Gemütszustand in Verbindung gebracht und damit eine einen solchen Zustand fördernde Wirkung angedeutet (vgl auch OPM Om 15/12, PBl 2014, 34, Gute Laune Tee III [3.3, 5.4]). Für das Zeichen STIMMUNG HOCH ZWEI gelten diese Aussagen sinngemäß.

         2.4. Das Zeichen ist demnach keine Bestimmungsangabe im Sinne eines Wirkungshinweises für das markierte Produkt, sondern wird vielmehr – ähnlich wie bei Gute Laune Tee – mit einer wünschenswerten Gemütslage in Verbindung gebracht. Es ist damit geeignet, als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren zu dienen.

         3. Dem Revisionsrekurs ist somit Folge zu geben und die Eintragung der Marke auch für die von den Vorinstanzen abgelehnten Klassen anzuordnen.

Schlagworte

STIMMUNG HOCH ZWEI,

Textnummer

E122553

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00046.18W.0823.000

Im RIS seit

04.09.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten