Entscheidungsdatum
08.05.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
L502 2128014-1/21E
L502 2128017-1/15E
L502 2128013-1/9E
L502 2160402-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX alle StA.
Irak und vertreten durch: Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2016 und 15.05.2017, FZ. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.10.2017 zu Recht erkannt:
A)
1. Die Beschwerden werden hinsichtlich Spruchpunkt I gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG als unbegründet abgewiesen.
2. Den Beschwerden wird hinsichtlich Spruchpunkt II stattgegeben und den Beschwerdeführern gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 iVm § 34 Abs. 3, 4 und 6 AsylG der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
3. Den Beschwerdeführern wird gemäß § 8 Abs. 4 und 5 AsylG eine bis zum 07.05.2019 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
4. Der Spruchpunkt III der bekämpften Bescheide wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) stellte am 17.09.2015, die Zweitbeschwerdeführerin (BF2), diese zugleich als gesetzliche Vertreter für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin (BF3), bereits am 17.08.2015, im Gefolge ihrer jeweils unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet, vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am 18.08.2015 sowie am 19.09.2015 fanden die Erstbefragungen von BF2 und BF1 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt.
3. In der Folge wurde in der Sache des BF1 ein Konsultationsverfahren mit den belgischen Asylbehörden geführt, die ihrerseits am 12.10.2015 ein Antwortschreiben übermittelten. Im Gefolge dessen wurden die Verfahren zugelassen.
4. Am 25.02.2016 und 17.03.2016 wurden BF1 und BF2 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Steiermark, einvernommen.
5. Mit den im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde vom 17.05.2016 wurden die Anträge von BF1, BF2 und BF3 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurden diese Anträge auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihnen eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt ((Spruchpunkt III.).
6. Mit Verfahrensanordnungen des BFA vom 19.05.2016 wurde ihnen gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
7. Gegen die am 20.05.2016 zu eigenen Handen zugestellten Bescheide wurde mit Schriftsatz vom 10.06.2016 innerhalb offener Frist Beschwerde in vollem Umfang erhoben.
8. Am 15.06.2016 langten die Beschwerdevorlagen beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurden die gegenständlichen Beschwerdeverfahren der zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.
9. Am 24.11.2016 langte beim BFA, RD Steiermark, ein Antrag auf internationalen Schutz im Rahmen des Familienverfahrens für das am
XXXX geborene zweite Kind von BF1 und BF2, den Viertbeschwerdeführer (BF4), unter Einschluss einer Kopie der Geburtsurkunde desselben ein.
10. Mit Bescheid des BFA vom 15.05.2017 wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt III.).
Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 15.05.2017 wurde dem BF4 von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
11. Gegen den der BF2 als gesetzlicher Vertreterin am 17.05.2017 zugestellten Bescheid wurde von deren gewillkürter Vertretung am 30.05.2017 fristgerecht in vollem Umfang Beschwerde erhoben.
12. Mit 06.06.2017 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts im Rahmen des Familienverfahrens zur Entscheidung zugewiesen.
13. Am 30.05.2017 langten beim BVwG diverse Integrationsunterlagen der Beschwerdeführer ein.
14. Das BVwG führte am 05.10.2017 eine mündliche Verhandlung in der Sache der Beschwerdeführer durch.
Als länderkundliche Beweismittel führte das BVwG aktuelle Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer ins Verfahren ein und veranlasste die Erstellung von Auszügen des Zentralen Melderegisters, des Grundversorgungsinformationssystems, des Informationssystems Zentrales Fremdenregister und des Strafregisters.
Die Beschwerdeführer legten ihrerseits nationale Identitätsnachweise, die in Kopie zum Akt genommen wurden, weitere Integrationsunterlagen sowie medizinische Unterlagen den BF4 betreffend vor.
15. Am 18.10.2017 leitete das BVwG Erhebungen zur Abklärung des Gesundheitszustandes sowie der Behandlungsbedürftigkeit des BF4 ein. Ein entsprechendes Informationsschreiben des behandelnden Arztes langte noch am gleichen Tag ein.
16. Am 30.10.2017 ersuchte das BVwG die Staatendokumentation des BFA um Erhebungen zu medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat den BF4 betreffend.
Am 13.02.2018 langte das entsprechende Antwortschreiben beim BVwG ein, das in unmittelbarer Folge zum Parteigehör gebracht wurde.
17. Am 28.02.2018 langte beim BVwG eine Stellungnahme der Beschwerdeführer dazu unter Einschluss weiterer medizinischer Unterlagen den BF4 betreffend ein.
18. Am 02.03.2018 ersuchte das BVwG den behandelnden Arzt des BF4 um Übermittlung einer aktuellen Stellungnahme zur Frage der Behandlungsbedürftigkeit des BF4.
Entsprechende medizinische Unterlagen langten am 07.03.2018 beim BVwG ein.
Ein ergänzendes ärztliches Schreiben langte am 15.03.2018 beim BVwG ein.
19. Der BF1 legte am 20.02., 01.03., 04.04. und 10.04.2018 dem BVwG weitere Integrationsnachweise vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Identitäten der Beschwerdeführer stehen fest. Sie sind irakische Staatsangehörige sowie Angehörige der kurdischen Volksgruppe und Muslime der sunnitischen Glaubensrichtung. BF1 und BF2 - die am 04.09.2013 in XXXX zivilgerichtlich die Ehe schlossen - sowie BF3 stammen aus XXXX in der nordirakischen Provinz XXXX an der Grenze zur kurdisch-autonomen Provinz XXXX. Seine Herkunftsfamilie betrieb dort eine Landwirtschaft. Der BF1 ging ehemals auch den Berufen des Frisörs und Maurers nach.
Er stellte bereits im August 2009, Mai 2010 und Mai 2011 in Belgien, im Februar 2010 in der Schweiz, im Juni 2010 in Luxembourg, im Juli 2010 in Deutschland, im Oktober 2010 in Österreich und im November 2010 in Italien jeweils Asylanträge, ehe er im Juni 2011 aus Belgien in den Irak abgeschoben wurde. Bis April 2012 lebte er mit seiner Herkunftsfamilie in der Gemeinde "XXXX" nahe der irakisch-syrischen Grenze, ehe die Familie wieder nach XXXX zog.
Im Zuge des Überfalls der bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf die Provinz XXXX verließen BF1, BF2 und BF3 gemeinsam mit den übrigen Mitgliedern ihrer Herkunftsfamilien Anfang August 2014 ihre engere Heimat um sich in der Folge wieder in "XXXX" bei Verwandten niederzulassen, ehe vorweg BF2 und BF3 - gemeinsam mit einem jüngeren Bruder des BF1 namens XXXX - im August 2015 auf dem Landweg aus dem Irak in die Türkei aus- und anschließend schlepperunterstützt auf dem Landweg bis Österreich weiterreisten, wo sie am 17.08.2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz stellten und sich seither aufhalten. Der BF1, der sich im September 2014 für ca. zwei Monate bis Ende Oktober 2014 freiwillig den bewaffneten Einheiten der kurdischen Peshmerga im Kampf gegen den IS angeschlossen hatte und bis Anfang September 2015 im Umkreis von XXXX als gewöhnlicher Soldat weiterdiente, verließ danach den Irak und gelangte auf dem gleichen Weg nach Österreich, wo er am 17.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich seither aufhält. Der genannte Bruder des BF1 hielt sich bis August 2017 in Österreich auf, ehe er auf illegale Weise nach Deutschland ausreiste, wo sich ein weiterer Bruder mit Familie aufhält, um 11.01.2018 von dort wieder nach Österreich überstellt zu werden.
Die Eltern, sechs weitere Brüder und zwei Schwestern des BF1 leben seit ihrer Ausreise aus dem Irak im Sommer 2016 aktuell in der Türkei, ebenso die Eltern und 8 Geschwister der BF2, die den Irak im Sommer 2015 verließen.
BF1, BF2, BF3 und BF4 bewohnen in XXXX ein kleines Haus und beziehen seit der Einreise Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber. Der BF1 hat die Sprachprüfung für die deutsche Sprache auf dem Niveau A2 erfolgreich absolviert, besucht aktuell einen Kurs auf dem Niveau B1 und verfügt über ausreichende Deutschkenntnisse für den täglichen Gebrauch. Er geht in seiner Wohnsitzgemeinde gemeinnützigen Tätigkeiten für die Gemeindeverwaltung nach. BF2 und BF3 besuchen ebenfalls einen Sprachkurs bzw. den Kindergarten.
1.2. Der in Österreich nachgeborene BF4 leidet seit seiner Geburt an einer mittelgradigen "XXXX", d.h. an einer Verengung der Lungenschlagader, iVm einer "XXXX", weswegen er seit der Geburt unter regelmäßiger fachärztlicher Kontrolle steht. Eine Herzoperation ist ärztlicherseits noch im Vorschulalter geplant.
Laut aktuellen länderkundlichen Informationen von IOM besteht in der nordirakischen Stadt XXXX grundsätzlich die Möglichkeit von medizinischen Kontrolluntersuchungen, die Möglichkeit der Durchführung von Herzoperationen wird allgemein in der kurdischen Autonomieregion als sehr eingeschränkt und sofern möglich, so etwa in der Stadt XXXX, als mit hohen Kosten verbunden bewertet, "komplexe Herzoperationen" sind innerhalb des Iraks überhaupt nicht durchführbar. Eine Rückkehr in den Herkunftsstaat wird derzeit im Hinblick auf die erforderliche regelmäßige kinderkardiologische Betreuung des BF4 aus österreichischer fachärztlicher Sicht als "nicht zu verantworten" bewertet.
1.3. BF1, BF2 und BF3 verließen ihre engere Heimat angesichts der vormaligen Präsenz der bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) und einer von ihnen ausgehenden allgemeinen Bedrohung. Es konnte nicht festgestellt werden, dass BF1 und/oder BF2 darüber hinaus im Irak vor ihrer Ausreise einer individuellen Verfolgung ausgesetzt waren oder im Falle einer Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt wären.
1.4. Die Stadt XXXX liegt im Bezirk XXXX in der nordirakischen Provinz XXXX an der Grenze zwischen dieser und der kurdischen Autonomieregion des Iraks. Anfang August 2014 drangen die bewaffneten Milizen der Terrororganisation IS im Zuge ihres Überfalls auf die Provinz auch auf die Stadt vor, die sie am 04.08.2014 besetzten, ehe es im Rahmen einer bis September 2014 andauernden Gegenoffensive der kurdischen Peshmerga, die als "Schlacht um XXXX" bekannt wurde, zur Befreiung der Stadt kam. In weiterer Folge blieb die Region umkämpft.
Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den sogen. Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mosul der Provinz XXXX gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein geringer Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Vor dem Hintergrund einer längerfristigen Tendenz unter den Binnenvertriebenen zur Rückkehr in ihre Herkunftsgebiete waren mit 31.12.2017 noch ca. 2,6 Mio. (seit 2014) Binnenvertriebene innerhalb des Iraks registriert, diesen standen wiederum ca. 3,2 Mio. Zurückgekehrte gegenüber.
Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogen. Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul, Provinz XXXX, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul. Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mosul eingekesselt. Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt XXXX durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk. Mit Beginn des Dezember 2017 mußte der IS seine letzten territorialen Ansprüche innerhalb des Iraks aufgeben, am 01.12.2017 erklärte Premier Abadi den gesamtem Irak für vom IS befreit.
Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich XXXX, XXXX und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Am 25.09.2017 hielt die kurdische Regionalregierung ein Referendum für eine mögliche Unabhängigkeitserklärung der Autonomieregion mit zustimmendem Ausgang ab. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk. Am 15.10.2017 wurden die in Kirkuk stationierten kurdischen Sicherheitskräfte von Einheiten der irakischen Armee und der Polizei sowie der sogen. der Zentralregierung nahestehenden Volksmobilisierungseinheiten angegriffen, die sich in der Folge aus Kirkuk zurückzogen. Zuletzt kam es zur Besetzung weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze sowie von Grenzübergängen an der irakisch-syrischen Grenze durch die irakische Armee und die Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist aktuell aus Österreich auf dem Luftweg ausgehend vom Flughafen Wien via Amman und via Dubai nach XXXX und auf indirektem Weg via Bagdad möglich.
Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte vorerst eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte. Aktuell sind im Gefolge der Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet im Irak keine maßgeblichen sicherheitsrelevanten Ereignisse bzw. Entwicklungen für die Region bekannt.
Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die oben genannten Ereignisse im Zusammenhang mit der Bekämpfung des IS im Zentralirak. Im Laufe der Jahre 2016 und 2017 kam es jedoch im Stadtgebiet von Bagdad zu mehreren Anschlägen bzw. Selbstmordattentaten auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern, die sich, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS, gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Zuletzt wurden am
13. und 15. Jänner 2018 von Selbstmordattentätern zwei Sprengstoffanschläge auf öffentliche Plätze in Bagdad verübt, deren genaue Urheber nicht bekannt wurden. Für den Großraum Bagdad sind im Gefolge der nunmehrigen Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet darüber hinaus keine außergewöhnlichen sicherheitsrelevanten Ereignisse bzw. Entwicklungen bekannt geworden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten des Bundesamtes unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben von BF1 und BF2, der von ihnen vorgelegten Beweismittel, der bekämpften Bescheide und der Beschwerdeschriftsätze, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG, die Einsichtnahme in die vom Bundesverwaltungsgericht beigeschafften länderkundlichen Informationen und in den Verfahrensakt des Bruders des BF1 und durch die amtswegige Einholung von Auskünften der og. Datenbanken. Ergänzend nahm das BVwG zum Entscheidungszeitpunkt noch in tagesaktuelle länderkundliche Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer Einsicht.
Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangte das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu den entscheidungswesentlichen Feststellungen.
2.2. Die Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit sowie Religionszugehörigkeit der Beschwerdeführer konnten angesichts ihrer Kenntnis der kurdischen Sprache ihrer Herkunftsregion und ihrer Ortsangaben in Verbindung mit dem Inhalt der von ihnen vor dem BVwG vorgelegten Identitätsnachweise festgestellt werden.
Die Feststellungen zum Lebenswandel und zu den familiären Verhältnissen der Beschwerdeführer im Irak vor der Ausreise und dem aktuellen Aufenthalt und Lebenswandel ihrer Angehörigen resultierten in unstrittiger Weise aus der Zusammenschau der verschiedenen Aussagen dazu im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens und in der Beschwerdeverhandlung.
Die Feststellungen zur aktuellen Lebenssituation der Beschwerdeführer seit der Einreise in Österreich stützen sich ebenso unstrittig auf die Aussagen vor dem BVwG in Verbindung mit den vom BVwG eingeholten Informationen aus den genannten Datenbanken.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand sowie dem Behandlungsbedarf des BF4 stützen sich auf den unstrittigen Inhalt der von seinen Eltern vorgelegten sowie vom BVwG selbst beigeschafften ärztlichen Stellungnahmen. Die Feststellungen zur medizinischen Versorgungslage in der Herkunftsregion im Hinblick auf die Erkrankung des BF4 waren den vom BVwG über die Staatendokumentation des BFA eingeholten länderkundlichen Informationen von IOM zu entnehmen.
2.3.1. Im Zuge seiner Erstbefragung gab der BF1 zu seinen Antragsgründen befragt an, dass er wegen der schlechten Sicherheitslage im Irak geflüchtet sei, "dort herrsche nun Krieg".
In seiner erstinstanzlichen Einvernahme führte der BF1 vorweg aus, dass er bei der Erstbefragung die Wahrheit gesagt habe, die Einvernahme rückübersetzt und richtig protokolliert worden sei und er alle Fluchtgründe angegeben habe. Nach der Aufforderung, die für die Ausreise ausschlaggebenden Gründe zu schildern, gab er an, dass die Terrororganisation IS die Kontrolle über seine Heimatregion übernommen habe und dabei am 02.08.2014 auch sein früherer Wohnsitz in XXXX in Brand gesetzt worden sei. Bei einer Rückkehr befürchte er zum Dienst in der irakischen Armee im Kampf gegen den IS eingezogen zu werden, weitere Gründe gebe es nicht. In weiterer Folge legte er dar, dass er bereits von 01.09.2014 bis 05.09.2015 als gewöhnlicher Soldat der (kurdischen) Peshmerga im Wachdienst sowie bei der Verpflegung gedient habe. Seine Heimat sei nun zwar vom IS befreit, aber "alles sei dort zerstört". Zuletzt ergänzte er noch, dass er von den Peshmerga desertiert sei und auch deswegen Probleme befürchte.
Die BF2 verwies in ihrer Erstbefragung ebenfalls auf das Eindringen der Milizen des IS in ihre Heimat im Juni 2014, die damit einhergehende Zerstörung der Infrastruktur und die Tötung junger Männer. Sie sei angesichts dessen mit ihren Angehörigen aus der engeren Heimat in eine andere Region an der irakisch-syrischen Grenze geflüchtet, wo sie bis zur Ausreise mit ihrer Tochter und ihrem Schwager geblieben sei. In ihrer erstinstanzlichen Einvernahme machte sie keine darüber hinaus gehenden Angaben.
Der miteingereiste Bruder des BF1 trug in der Erstbefragung inhaltlich idente Ausreisegründe wie die BF2 vor. Auch in seiner erstinstanzlichen Einvernahme verwies er auf die Frage nach seinen Antragsgründen auf die Invasion des IS in XXXX, weshalb es zur Flucht der Familie am 02.08.2014 zu Verwandten in "Sahela" gekommen sei, dort sei er bis August 2015 verblieben um dann mit seiner Schwägerin, der BF2, auszureisen. Am Rande erwähnte noch eine Rivalität zwischen seiner und einer benachbarten Sippe um eine gemeinsame landwirtschaftliche Wasserversorgung, vor deren Hintergrund es im Jahr 2008 im Zuge eines Streites zur Tötung von drei Mitgliedern der Nachbarssippe durch seinen Onkel gekommen und seine Familie daher zwischen 2008 und 2012 nicht in XXXX wohnhaft gewesen sei, wohin sie aber zu diesem Zeitpunkt wieder zurückgekehrt sei. Der genannte Onkel sei im Übrigen selbst auch seinen beim Konflikt erlittenen Verletzungen erlegen. Im Jahr 2016 sei es dann zu einem Schussattentat auf seinen Vater in "Sahela" gekommen, wobei die Täter unbekannt geblieben seien. Bei einer Rückkehr fürchte er die Rache der verfeindeten Sippe.
2.3.2. Die belangte Behörde erachtete im Rahmen ihrer Beweiswürdigung das Vorbringen des BF1 zu seinen Rückkehrbefürchtungen als nicht glaubhaft. Zum einen sei der IS aus seiner Herkunftsregion vertrieben worden, wobei ihm auch eine Ausweichmöglichkeit in die kurdische Autonomieregion, etwa in die Großstadt XXXX bzw. die gleichnamige Provinz, offen gestanden wäre, zum anderen seien behauptete Probleme wegen einer Desertion aus dem Militärdienst bei den Peshmerga im Lichte der länderkundlichen Informationen der Behörde dazu nicht plausibel. Auch eine ausweglose Lage wegen des eventuellen Fehlens der erforderlichen Existenzgrundlage sei nicht zu erwarten. Auch dem Vorbringen der BF2 habe sich keine individuelle Bedrohung entnehmen lassen.
In der Beschwerde wurde dieser Beweiswürdigung nur insoweit entgegen getreten, als es entgegen der Einschätzung der belangten Behörde zur Bedrohung der Beschwerdeführer durch Milizen des IS "wegen der Verweigerung einer Unterstützung" kommen würde.
In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG wurde das bisherige Vorbringen von BF1 und BF2 neuerlich mit diesen erörtert.
2.3.3. In einer Gesamtbetrachtung ihrer Aussagen zum maßgeblichen die Flucht auslösenden Geschehen und ihren aktuellen Befürchtungen ging das erkennende Gericht von folgenden Erwägungen aus.
2.3.3.1. Soweit Ungereimtheiten zwischen den Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und jenen vor einem Organwalter der belangten Behörde von der belangten Behörde ins Kalkül gezogen und letztlich auch vom BVwG beachtet wurden, ist im Hinblick auf das Erkenntnis des VfGH vom 27.6.2012, U 98/12, festzuhalten, dass die vom Höchstgericht aufgezeigten besonderen Aspekte einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht verkannt werden. Es kann jedoch nicht sein, dass den Angaben vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zum Ausreisegrund generell kein Beweiswert zukommt, sondern sind im Rahmen einer Beweiswürdigung lediglich die Spezifika einer solchen Befragung zu berücksichtigen. Darüber hinaus stellt die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienst die erste sich dem Antragssteller bietende Möglichkeit dar, vor den Organen jenes Staates, den er für gewillt und befähigt hält ihm Schutz vor Verfolgung zu gewähren, darzulegen aus welchen Gründen er diesen Schutz begehrt.
Mit Blick auf diese Erwägungen waren die Angaben des BF1 in der Erstbefragung im Vergleich mit jenen in der Einvernahme vor der belangten Behörde in maßgeblicher Weise inkonsistent bzw. divergierend. Während er nämlich bei der Erstbefragung lediglich auf die schlechte allgemeine Sicherheitslage in seiner engeren Heimat verwiesen hatte, führte er in der nachfolgenden Einvernahme vor der belangten Behörde darüber hinaus an, er befürchte "Probleme" wegen seiner Desertion aus dem Militärdienst der Peshmerga, wo er zwischen 2014 und 2015 gedient habe.
Diese Steigerung der behaupteten Bedrohungsszenarien war schon ein wesentliches Indiz dafür, dass der BF1 bezüglich einer behaupteten Desertion einen bloß konstruierten und nicht den Tatsachen entsprechenden Sachverhalt behauptete.
2.3.3.2. Jenseits dessen hatte die belangte Behörde auch auf länderkundliche Informationen dazu verwiesen, dass es - einer als Beweismittel herangezogenen Anfragebeantwortung der Staatendokumentation der Behörde zufolge (vgl. S. 29 des bekämpften Bescheides) - nicht als plausibel anzusehen sei, dass das bloße Verlassen des Dienstes bei den Peshmerga maßgebliche negative Konsequenzen bei einer Rückkehr nach sich ziehen würde. Dieser Einschätzung wurde in der Beschwerde des BF1 nicht entgegen getreten.
In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG wurde dieser Sachverhalt nochmals kurz mit dem BF1 erörtert, wobei er diesbezüglich nur neuerlich darlegte, wie lange und in welcher Funktion er als Freiwilliger bei den Peshmerga gedient habe, nämlich für etwa zwei Monate im Jahr 2014 im Kampf gegen den vorrückenden IS und danach noch als Wachsoldat und Pionier rund um XXXX, ehe er seine militärische Ausrüstung bei einem Kameraden abgegeben und nach einigen Tagen den Irak verlassen habe. Auch aus dieser Schilderung ließ sich kein stichhaltiger Anhaltspunkt für eine individuelle Bedrohung des BF1 bei einer Rückkehr gewinnen, etwaige anderslautende länderkundliche Beweismittel zu diesem Thema wurden ebenso nicht vorgelegt.
2.3.3.3. Dass die Terrororganisation des IS mittlerweile nachhaltig aus dem Irak, so auch aus der Herkunftsregion des BF1 und der BF2, vertrieben wurde, war als notorisch vorauszusetzen und der gg. Entscheidung zugrunde zu legen.
Im Lichte dessen ging die Aussage in der Beschwerde des BF1 und der BF2, sie seien bei einer Rückkehr durch Angehörige des IS bedroht, ins Leere, da das behauptete Bedrohungsszenario schon faktisch nicht mehr existent ist.
2.3.3.4. Soweit der BF1 erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG - in ähnlicher Form wie sein Bruder bereits vor dem BFA - auf eine frühere Feindschaft zwischen seiner Sippe und einer benachbarten arabisch-stämmigen Sippe verwies, war ihm diesbezüglich das Neuerungsverbot im Beschwerdeverfahren entgegen zu halten, zumal er auf eine solches Bedrohungsszenario weder in seiner Erstbefragung noch in seiner erstinstanzlichen Einvernahme noch in seiner Beschwerde eingegangen war und er auch auf Nachfrage in der Verhandlung nicht dartun konnte, weshalb es ihm nicht möglich gewesen wäre dieses Vorbringen schon vor der belangten Behörde zu erstatten. Schon deshalb war dieses Vorbringen unbeachtlich.
Im Übrigen war dem Vortrag seines Bruders vor dem BFA zu entnehmen, dass es zwar im Jahr 2008 zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern der beiden Sippen mit Todesfolge gekommen sei, ab 2012 sei die Herkunftsfamilie des BF1 aber wieder - bis zum Eindringen der Milizen des IS im Sommer 2014 - in XXXX wohnhaft gewesen, ohne dass es zu etwaigen maßgeblichen Vorfällen gekommen wäre, woraus abzuleiten war, dass es keinen stichhaltigen Grund für die Annahme einer aktuellen Bedrohung durch Mitglieder der Nachbarssippe gab.
Soweit - neben dem BF1 selbst in dessen mündlicher Verhandlung - (auch) dessen Bruder vor dem BFA auf einen Anschlag auf seinen Vater im Jahr 2016 in bzw. unweit von "XXXX" verwiesen hatte, den sie wiederum der verfeindeten Nachbarssippe zuschrieben, kam dieser Behauptung insoweit kein maßgeblicher Beweiswert zu, als über dieses von beiden per se nur sehr vage dargelegte Szenario hinaus keine konkreten Angaben gemacht wurden, aus denen sich ein hinreichend substantiiertes und nachvollziehbares Bild des tatsächlichen Geschehens gewinnen hätte lassen. Auch etwaige Beweismittel für diese Behauptung wurden nicht vorgelegt. Unter Bedachtnahme darauf, dass es wie schon erwähnt in der Zeit nach 2008 wie auch in jener des Aufenthalts der Familie in XXXX ab 2012 zu keinen weiteren Vorfällen gekommen war, stellte sich daher dieses Szenario eines angeblichen Anschlags auf den Vater für das BVwG als bloße, nicht glaubhafte Schutzbehauptung dar.
2.3.4. In einer Gesamtbetrachtung dieser Erwägungen gelangte das erkennende Gericht sohin zu den negativen Feststellungen oben unter 1.2., zumal es dem BF1 und der BF2 über den Verfahrensgang hinweg nicht gelang ein etwaiges aktuelles Verfolgungs- bzw. Bedrohungsszenario glaubhaft darzulegen.
2.4. Die länderkundlichen Feststellungen des BVwG zur allgemeinen Lage im Irak stützen sich auf das Amtswissen des erkennenden Gerichtes und die als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignisse im Irak in Verbindung mit den dazu ergänzend eingesehenen länderkundlichen Informationsquellen, denen zuletzt auch kein substantiiertes gegenteiliges Vorbringen der Beschwerdeführer oder ihrer Vertretung entgegen stand.
Diesen war auch kein über die oben erörterten, von BF1 und BF2 selbst dargebotenen Verfolgungsgründe hinaus gehender Sachverhalt zu entnehmen, der allenfalls Anhaltspunkte für eine aus sonstigen Gründen drohende individuelle Gefährdung beinhaltet hätte.
III. Rechtliche Beurteilung
Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z. 7 B-VG wurde der Asylgerichtshof mit 1.1.2014 zum Bundesverwaltungsgericht, die Mitglieder des AsylGH wurden zu Mitgliedern des BVwG.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG 2005 idgF.
Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.
Zu A)
1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.
Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
1.2. BF1 und BF2 waren nicht in der Lage, mit ihrem Vorbringen glaubhaft darzulegen, dass sie aus den von ihnen im gg. Verfahren behaupteten Gründen bei einer Rückkehr einer individuellen Verfolgungsgefahr ausgesetzt wären, weshalb es dahingehend schon an einer Grundvoraussetzung für eine Asylgewährung mangelte.
1.3. Gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gilt der Antrag auf internationalen Schutz eines Familienangehörigen (§ 2 Z 22) eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 1), die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist (Z 2) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7) (Z 3).
Gemäß Abs. 4 leg.cit. hat die Behörde Asylanträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
Gemäß Abs. 5 leg.cit. gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß Abs. 6 leg.cit. sind die Bestimmungen dieses Abschnittes nicht auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind (Z 1) und auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind (Z 2), anzuwenden.
Gemäß § 2 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Gemäß Abs. 3 leg.cit ist ein Fremder im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt (Z 1), oder mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist (Z 2) rechtskräftig verurteilt worden ist.
1.4. Im gg. Fall sind zwei minderjährige Kinder des BF1 und der BF2, im Genaueren BF3 und BF4, zwar deren Familienangehörige iSd § 2 Abs. 22 AsylG, jedoch wurde das Begehren ihrer leiblichen Eltern auf Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 rechtskräftig abgewiesen, weshalb auch ihnen nicht in Anwendung des § 34 Abs. 2 AsylG der Status von Asylberechtigten zuerkannt werden konnte.
2. Vor diesem Hintergrund waren daher die Beschwerden gegen Spruchpunkt I der angefochtenen Bescheide spruchgemäß abzuweisen.
3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
Gemäß § 8 Abs. 5 AsylG gilt in einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 der Abs. 4 mit der Maßgabe, dass die zu erteilende Aufenthaltsberechtigung gleichzeitig mit der des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, endet.
Gemäß § 34 Abs. 3 AsylG hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1.
dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3.
gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4.
dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
Gemäß Abs. 4 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
Gemäß Abs. 5 gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß Abs. 6 sind die Bestimmungen dieses Abschnitts nicht anzuwenden:
1.
auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2.
auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3.
im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).
3.2. Somit war zu klären, ob im Falle der Rückführung der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).
Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).
Der EGMR geht allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische oder sonstige unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann diesbezüglich die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no.