TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/9 L523 2191617-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.05.2018
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Entscheidungsdatum

09.05.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

L523 2153377-1/9E

L523 2153370-1/9E

L523 2153374-1/6E

L523 2191617-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja DANNINGER-SIMADER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, alias XXXX, geb. XXXX, StA. Armenien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien, vom 15.03.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.04.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja DANNINGER-SIMADER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, alias XXXX, geb. XXXX, StA. Armenien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien, vom 15.03.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.04.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja DANNINGER-SIMADER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, alias XXXX, geb. XXXX, StA. Armenien, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX, rechtsfreundlich vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien, vom 15.03.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.04.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja DANNINGER-SIMADER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Armenien, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX, rechtsfreundlich vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien, vom 23.03.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.04.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Republik Armenien. Die beiden volljährigen Beschwerdeführer (Herr XXXX - BF1 und Frau XXXX - BF2) reisten im Oktober 2015 zusammen mit der minderjährigen Tochter der BF2 XXXX (BF3) illegal in das Bundesgebiet ein und stellten am 29.10.2015 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz. Am 30.12.2017 wurde in Österreich die gemeinsame Tochter XXXX (BF4) geboren, für die am 23.01.2018, vertreten durch die Mutter (BF2), ebenfalls ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.

Im Zuge einer Erstbefragung bei der Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug am 24.01.2016, gab der BF1 zum Fluchtgrund befragt Folgendes an:

"Ich habe in Armenien auf dem Markt mit Fleisch gehandelt. Ich sollte dann Fleisch für 2 unbekannte Männer liefern. Diese gaben mir Geld für mein Fleisch und sagten zu mir ich solle wo anders auch Fleisch abholen und dieses gemeinsam an eine Adresse, die sie mir mitteilten, liefern. Ich bekam dann aber in einem Gespräch an der Adresse mit, dass das andere Fleisch, das ich zustellen sollte, vergiftet ist. Ich habe mich dann geweigert, wollte die Anzahlung zurückgeben, doch sie haben mich nicht mehr davon gelassen und zusammen geschlagen. Da waren es 4 mir unbekannte Männer.

Als ich zu Hause war hat meine Frau die Rettung angerufen. Es ist dann auch die Polizei gekommen. 2 Tage später wurde ich wieder in meinem Garten von den gleichen 4 Männern geschlagen. Sie drohten mir und meiner Familie mit dem Tod.

Ich weiß, dass diese Personen um eine Bande bzw. um die Mafia handelt. Das ist mein Asylgrund."

Die BF2 brachte für sich und die Tochter BF 3 keine eigenen Fluchtgründe vor und berief sich auf die Probleme ihres Mannes BF1.

2. Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme des BF1 vor der belangten Behörde - dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge "BFA" bezeichnet) - am 19.1.2017 brachte der BF1 insbesondere vor, dass er aus Armenien flüchten hätte müssen, da er von der Mafia verfolgt worden sei.

Man hätte ihn zwingen wollen, vergiftetes Tierfleisch für die Löwen des Abgeordneten XXXX zu liefern. BF1 hätte zunächst nicht gewusst, dass das Fleisch vergiftet sei, er hätte es geliefert, aber es wäre niemand da gewesen, der das Fleisch abgenommen hätte. Er habe dann 2 Leute reden gehört und dabei von der Vergiftung des Fleisches erfahren und er wollte deshalb dann den Auftrag nicht mehr erfüllen und wollte zurückfahren. Geld habe er für diesen Auftrag noch nicht bekommen. BF1 sei bei der Rückfahrt aber aufgehalten worden, ihm wäre eine Pistole auf den Bauch gerichtet worden, und er sei von 4 Personen zusammengeschlagen worden. 2 Tage später sei er deshalb zuhause wieder verprügelt worden und auch seine Frau wäre geschlagen worden, deshalb seien sie geflüchtet.

Die BF2 gab wiederum an, dass auch sie und ihre Tochter wegen der Probleme des BF1 und der dadurch entstandenen Bedrohung Armenien verlassen hätten müssen.

Für die in Österreich nachgeborene minderjährige BF4 wurden ebenfalls keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

3. Mit den gegenständlich angefochtenen Bescheiden des BFA vom 15.03.2017 (bzw. vom 23.03.2018 betreffend BF4) wies die belangte Behörde die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurden die Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien ebenfalls abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Entsprechend § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 2 Wochen für die freiwillige Ausreise festgesetzt.

Das BFA begründete seine abweisenden Entscheidungen im Wesentlichen damit, dass das Fluchtvorbringen als nicht glaubwürdig angesehen hätte werden müssen. Dies insbesondere deshalb, da das Vorbringen weitgehend abstrakt und zudem widersprüchlich sei.

So habe der BF1 keine detaillierten Angaben machen können - sprach von der "Mafia" und davon dass "Politiker dahinter stecken würden" und habe sich zudem in Widersprüche verwickelt. So habe er bei der Erstbefragung angegeben, bereits Geld für den Auftrag erhalten zu haben, dem entgegengesetzt habe er vor der belangten Behörde zu Protokoll gegeben, dass er diesbezüglich kein Geld bekommen habe. Diese und weitere nicht nachvollziehbare und unkonkrete Angaben würden offenbaren, dass die geltend gemachte Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspräche. Weiters würden auch keine sonstigen Rückkehrhindernisse vorliegen, zumal insbesondere die XXXX Erkrankung des BF1 in Armenien ebenso behandelbar wäre wie seine psychischen Probleme.

4. Mit Verfahrensanordnungen des BFA vom 27.03.2017 (bzw. 27.03.2018 betreffend BF4) wurde gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG den Beschwerdeführern amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

Auch wurde ihnen gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG die Verpflichtung mitgeteilt, innerhalb von 2 Wochen ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

5. Die Bescheide wurden am 06.04.2017 (BF1) bzw. am 30.03.2017 (BF2-3) bzw. am 29.03.2018 (BF4) ordnungsgemäß zugestellt, wogegen am 10.04.2017 (BF1-3) bzw. am 04.04.2018 (BF4) fristgerecht Beschwerde erhoben wurde.

Darin wurde zunächst das Fluchtvorbringen des BF1 wiederholt und ausgeführt, dass seine Angaben sehr wohl glaubhaft und nachvollziehbar seien. Dies würde auch aus den herangezogenen Länderberichten zu Armenien hervorgehen, welche die Korruption als großes Problem darstellen würden und aus denen hervorginge, dass ein effizienter Schutz von den Sicherheitsbehörden nicht erwartet werden könne. Zudem sei der BF1 aus gesundheitlichen Gründen (XXXX) auf die kostenfreie medizinische Versorgung in Österreich angewiesen. Auch wäre das Verfahren vor der belangten Behörde mangelhaft, da der amtswegigen Erforschung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht ausreichend entsprochen worden wäre. Alledem zufolge seien die angefochtenen Bescheide mangelhaft und rechtswidrig.

6. Für den 18.04.2018 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Verhandlung.

7. Seitens des BFA wurde vorab die vollinhaltliche Abweisung gegenständlicher Beschwerden beantragt.

8. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstatteten die volljährigen Beschwerdeführer Ausführungen zu ihrer Identität und führten aus, dass sie verhandlungsfähig seien.

Sie hatten zudem die Möglichkeit, insbesondere zu ihren persönlichen Verhältnissen und zur Integration, sowie ihrem Fluchtvorbringen und der Rückkehrsituation ausführlich Stellung zu nehmen.

9. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1 Feststellungen zu den Personen

Bei den beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um armenische Staatsbürger. Ihre Identität steht nicht fest. Sie sprechen muttersprachlich armenisch, gehören zur Volksgruppe der Armenier und gehören der armenisch apostolischen Kirche an.

Die beschwerdeführenden Parteien leben zusammen in einer Flüchtlingsunterkunft für Asylwerber. Über die im gegenständlichen Erkenntnis hinausgehenden Mitglieder der Kernfamilie haben sie keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte in Österreich.

Die Mutter, die Geschwister und weitere Verwandte der BF2 sind nach wie vor in Armenien aufhältig. Auch der BF1 hat nach wie vor Verwandte in Armenien.

Die BF1 bis BF3 sind in Armenien in der Stadt XXXX aufgewachsen und haben dort auch bis zu ihrer Ausreise im Oktober 2015 gelebt. Der BF1 hat acht Jahre die Grundschule besucht, war zuletzt als XXXX tätig und hat damit auch den Unterhalt für sich und seine Frau samt Tochter finanziert. Die BF2 hat zehn Jahre die Grundschule besucht und als XXXX gearbeitet, zuletzt war sie Hausfrau. Die minderjährige BF3 besucht derzeit in Österreich die Schule. Die minderjährige BF4 ist am XXXX in Österreich geboren.

Die BF1-2 weisen nur rudimentäre Deutschkenntnisse auf. Der BF1 führt aus, einen Deutschkurs abgebrochen zu haben, die BF1 hat den Deutschkurs auf dem Niveau A1 absolviert. Beide sind weder ehrenamtlich tätig noch in einem Verein Mitglied. Sie geben weiters an, dass sich ihr Freundeskreis nicht auf Österreicher bezieht, einzig die Tochter BF3 hat österreichische Freunde.

Die BF1-2 sind nicht berufstätig und leben von der Grundversorgung für Asylwerber.

Beim BF1 wurde eine XXXX diagnostiziert und behandelt. Er leidet zudem an XXXX und an einer XXXX, weshalb eine XXXX bzw. eine XXXX ärztlich empfohlen wurde. Die Erkrankungen des BF1 sind in Armenien behandelbar.

Die BF2-4 sind gesund.

Die BF1 und BF2 sind in Österreich strafrechtlich unbescholten. BF1 führt aus, dass er in Armenien 5,5 Jahre in Haft war.

1.2. Länderfeststellungen

Hinsichtlich der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien schließt sich das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich den nachvollziehbaren und umfassenden Ausführungen des BFA an. Da inzwischen eine aktualisierte Version der Länderfeststellungen - gesamt datiert mit 5.5.2017, wobei neueste Ereignisse zuletzt am 13.12.2017 eingefügt wurden - verfügbar ist, wurde diese auch nach Wahrung des Parteiengehörs (Übermittlung dieser aktuellen Feststellungen im Zuge der Ladung zur mündlichen Beschwerdeverhandlung mit Stellungnahmemöglichkeit) der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zu Grunde gelegt.

Auszugsweise werden aus den herangezogenen Länderfeststellungen insbesondere folgende Feststellungen explizit angeführt:

"...

Sicherheitslage:

Kernproblem für die armenische Außenpolitik bleibt der Konflikt um Nagorny Karabach sowie die in diesem Zusammenhang geschlossenen Grenzen zu Aserbaidschan und zur Türkei. Seit dem Krieg um das überwiegend von Armeniern bewohnte Gebiet Bergkarabach (1992-94) halten armenische Verbände rund 17% des aserbaidschanischen Staatsgebiets (Bergkarabach und sieben umliegende Provinzen) besetzt.

...

Rechtsschutz/Justizwesen:

Es gibt immer wieder glaubhafte Berichte von Anwälten über die Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze durch Gerichte: die Unschuldsvermutung werde nicht eingehalten, rechtliches Gehör nicht gewährt, Verweigerungsrechte von Zeugen nicht beachtet und Verteidiger oft ohne Rechtsgrundlage abgelehnt. Die Unabhängigkeit der Gerichte und der Richter wird weiterhin durch Nepotismus, finanzielle Abhängigkeiten und weit verbreitete Korruption konterkariert, auch wenn durch Gesetzesänderungen im Rahmen der "Judicial Reforms Strategy 2012-2016" gewisse Fortschritte, insbesondere bei der richterlichen Unabhängigkeit, zu verzeichnen sind. Die neue Verfassung hat die bisher weitreichenden Kompetenzen des Staatspräsidenten bei der Ernennung von Richtern reduziert. Es ist bekannt, dass einige Beamte in leitenden Funktionen der Justiz keine juristische Ausbildung haben. Verfahrensgrundrechte wie rechtliches Gehör, faires Gerichtsverfahren und Rechtshilfe werden laut Verfassung gewährt. Das Prinzip der "Telefonjustiz" - Machthaber nehmen Einfluss auf laufende Verfahren - soll in politisch heiklen Fällen nach wie vor verbreitet sein. In Bezug auf den Zugang zur Justiz gab es hingegen insoweit Fortschritte, als die Zahl der Pflichtverteidiger erhöht wurde und einer breiteren Bevölkerung als bisher kostenlose Rechtshilfe zuteil wird (AA 22.3.2016).

Die Gerichte hören weiterhin zu den Institutionen, denen seitens der Bevölkerung ein geringes Vertrauen entgegengebracht wird. Die Verfassungsreform sieht die Schaffung des Obersten Justizrates vor, um die Unabhängigkeit der Gerichte und Richter zu gewährleisten. 2016 gab es jedoch keine Entwürfe oder Konzepte im Justizbereich, die mit der Öffentlichkeit geteilt oder diskutiert wurden. Positiv war 2016 die Reform des Bewährungssystems, das einen alternativen Strafvollzug vorsah, was angesichts der oft inadäquaten Verhältnisse in den Haftanstalten wichtig ist (FH 29.3.2017).

Die Gerichtsbarkeit zeigt keine umfassende Unabhängigkeit. Die Verwaltungsgerichte sind hingegen verglichen zu den anderen Gerichten unabhängiger. Berichten zufolge nimmt das Kassationsgericht eine dominante Stellung ein. Es diktiert den Ausgang aller wichtigen Fälle der niederen Gerichtsbarkeit. Diese Kontrolle seitens des Kassationsgerichts bleibt das dominante Problem, das die Unabhängigkeit der Justiz beeinflusst. Selbst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellt in einem Urteil vom 27.10.2016 fest, dass es dem Vorsitzenden des Kassationsgerichts an der notwendigen Distanz gemäß des richterlichen Neutralitätsgebotes mangelte (USDOS 3.3.2017).

Richter unterliegen weiterhin des politischen Drucks von allen Ebenen der Exekutive, speziell seitens der Rechtsvollzugsorgane sowie der Hierarchie innerhalb der Justiz. Richter haben keine lebenslange Amtszeit, wodurch sie der Kündigung ausgesetzt sind und keine wirksamen Rechtsmittel besitzen, falls die Exekutive, die Legislative oder hochrangige Vertreter der Gerichtsbarkeit entscheiden, sie zu bestrafen. Vormalige Entlassungen von Richtern wegen ihrer unabhängigen Entscheidungen haben immer noch eine einschüchternde Wirkung auf die Justiz als Ganzes (USDOS 3.3.2017).

...

Sicherheitsbehörden:

Die Polizei ist, ebenso wie der Nationale Sicherheitsdienst (NSD), direkt der Regierung unterstellt. Allein der Präsident hat die Befugnis, die Leiter beider Behörden zu ernennen. Die Aufgaben beider Organe sind voneinander abgegrenzt. Für die Wahrung der nationalen Sicherheit sowie für Nachrichtendienst und Grenzschutz ist der Nationale Sicherheitsdienst zuständig, dessen Beamte auch

Verhaftungen durchführen dürfen. . Der Polizeichef füllt in

Personalunion die Funktion des Innenministers aus. Ein Innenministerium gibt es nicht mehr. Das Fehlen der politischen Instanz wird damit begründet, dass damit eine "Politisierung" der Sicherheitsorgane verhindert werden soll (AA 22.3.2016).

Straffreiheit ist ein Problem und es gibt keine unabhängige Institution, die ausschließlich Polizeiübergriffe untersucht. Laut NGOs sehen sich die Gesetzesvollzugsorgane eher als Verteidiger der Autorität denn als Diener des Gesetzes und der Öffentlichkeit. Der Verteidigungsminister bemüht sich, die Disziplin auch durch den Einsatz von Lehroffizieren für Menschenrechte zu verbessern, wozu auch die Bereitstellung sozialer, psychologischer und Rechtskurse im Rahmen des Wehrdienstes dienen sollen. Im November 2015 wurde seitens des Verteidigungsministeriums das Zentrum für Menschenrechte und Integritätsbildung errichtet, mit dem Mandat, u.a. die Menschenrechte zu schützen, Ethik zu fördern und eine Anti-Korruptions-Politik einzuführen (USDOS 3.3.2017).Obwohl das Gesetz von den Gesetzesvollzugsorganen die Erlangung eines Haftbefehls verlangt oder zumindest das Vorliegen eines begründeten Verdachts für die Festnahme, nahmen die Behörden gelegentlich Verdächtige fest oder sperrten diese ein, ohne dass ein Haftbefehl oder ein begründeter Verdacht vorlag. Nach 72 muss die Freilassung oder ein richterlicher Haftbefehl erwirkt werden. Richter verweigern der Polizei ebenso selten einen Haftbefehl, wie sie kaum das Verhalten der Polizei während der Arrestzeit überprüfen (USDOS 3.3.2017).Am 17.7.2016 kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der bewaffneten Gruppe "Sasna Tsrer", die eine Polizeistation besetzte, und Sicherheitsorganen. In jenen Tagen kam es zu Versammlungen von Demonstranten am Freiheitsplatz in Jerewan, welche laut der "Foundation Against the Violation of Law" (FAVL) unrechtmäßig verhaftet wurden. Zahlreiche Berichte zeigten, dass die Protestierenden Schlägen, Erniedrigungen und grausamen Behandlungen in Gewahrsam der Polizei ausgesetzt waren. Den Rechtsanwälten wurde der Zugang zu den verhafteten Demonstranten für mehrere Stunden verwehrt. Demonstranten wurden bis zu 32 Stunden statt der vorgesehenen maximal drei Stunden festgehalten und zwar ohne Wasser und Nahrung (FAVL 7.2016).

...

Korruption:

Zu den gravierenden Demokratiedefiziten kommt die grassierende Korruption, vor allem im staatlichen Gesundheitswesen, der öffentlichen Verwaltung und der Gerichtsbarkeit. Die Korruption wird, neben dem Oligarchentum, als größtes Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung und den Aufbau einer Zivilgesellschaft Armeniens gesehen. Armenien hat trotz von Regierungsseite seit Jahren angekündigten Verbesserungen und verabschiedeten Antikorruptionsstrategien in den letzten Jahren nur geringe Fortschritte in der Korruptionsbekämpfung gemacht (AA 22.3.2016).

Der Kampf gegen Korruption ist seit Jahren an der Spitze der politischen Agenda in Armenien, evident durch mehrere Rechtsreformen in Bezug auf Korruption, Integrität und Stärkung der Justiz. Nichtsdestotrotz sind sich Beobachter weitgehend einig, dass Korruption weiterhin ein wichtiges Problem für die armenische Gesellschaft darstellt. Die Justiz wird als besonders der Korruption zugeneigt angesehen (CoE-GRECO 25.6.2016).

Das Gesetz sieht zwar strafrechtliche Sanktionen für Korruptionsdelikte von Beamten vor, doch setzt die Regierung das Gesetz nicht effektiv um, sodass viele Beamte, die sich korrupter Praktiken bedienen, straffrei gehen. Es bestehen zahlreiche Anschuldigungen hinsichtlich Korruption in Regierungskreisen. Obwohl es die Verfassung verbietet, dass Geschäftsleute gleichzeitig öffentliche Positionen einnehmen, besetzen Oligarchen und Firmenleiter Sitze in der Nationalversammlung. Auch benützen zahlreiche Regierungsmitarbeiter ihre Ämter, um ihre privaten Geschäftsinteressen voranzutreiben. Oligarchen, die in Verbindung zur Regierung stehen oder selbst Regierungsposten einnehmen, monopolisieren die Wirtschaft. Überdies ignorieren die Behörden Medienberichte, aus denen hervorgeht, dass Regierungsvertreter in korrupte Machenschaften verstrickt sind (USDOS 3.3.2017).

Das GAN Business Anti-Corruption Portal sah 2016 ein hohes Korruptionsrisiko bei der Führung oder Investitionsplanung von Geschäften. Zwar wurde ein gewisser Fortschritt im Kampf gegen die allgegenwärtige Korruption verzeichnet, doch gab das enge Verhältnis zwischen Oligarchen, Politik- und Wirtschaftskreisen Anlass zur Sorge über Vetternwirtschaft und Einflussnahme. Im Justizwesen werden Schmier- und Bestechungsgelder oft bezahlt, um günstige Gerichtsurteile zu erlangen. Auch die Polizei stellt für Geschäftsaktivitäten ein hohes Korruptionsrisiko dar. In der öffentlichen Verwaltung besteht für Geschäftstätigkeiten ein moderates Korruptionsrisiko. Allerdings besteht im Umgang mit der Zoll- oder Steueradministration sowie mit dem öffentlichen Beschaffungswesen ein hohes derartiges Risiko (GAN 7.2016).

Laut einer von Transparency International in Auftrag gegebenen Umfrage unter 1.527 ArmernierInnen waren 2016 lediglich 14% der Meinung, dass die Regierung den Kampf gegen Korruption ziemlich oder sehr gut führt, um 7% weniger als 2013. Fast Zwei-Drittel betrachteten die Regierungspolitik als sehr schlecht oder schlecht. Hierbei sahen die Befragten die Vertreter von Regierungsinstitutionen als am meisten in Korruption verwickelt. 77% der ArmenierInnen gaben an, dass die Anzeige von Korruption gesellschaftlich nicht akzeptiert ist (der höchste Wert unter den 42 Ländern der Region) (TI 2017). Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2016 belegte Armenien Platz 113 (2014: 94) von insgesamt 176 untersuchten Staaten (TI 2016).

...

Allgemeine Menschenrechtslage:

Die Verfassung enthält einen ausführlichen Grundrechtsteil modernen Zuschnitts, der auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte mit einschließt. Durch Verfassungsänderungen im Jahr 2015 wurde der Grundrechtekatalog noch einmal erheblich ausgebaut. Ein Teil der Grundrechte können im Ausnahmezustand oder im Kriegsrecht zeitweise ausgesetzt oder mit Restriktionen belegt werden. Gemäß Verfassung ist der Kern der Bestimmungen über Grundrechte und -freiheiten unantastbar. Menschenrechte werden zum größten Teil durch die Sicherheitsorgane, politische Amtsträger und Privatpersonen aus dem Umfeld der sich über dem Gesetz wähnenden Oligarchen oder deren Strukturen verletzt (AA 22.3.2016).

...

Sozialbeihilfen:

Das Sozialsystem in Armenien umfasst derzeit: das staatliche Sozialhilfe-Programm, wie Unterstützung von Familien, einmaliger Geburtenzuschuss und Kindergeld bis zum Alter von zwei Jahren; das Sozialhilfeprogramme für Personen mit Handicap, Veteranen, Kinder, insbesondere medizinische und soziale Rehabilitationshilfe, Altersheime, Waisenhäuser, Internate sowie das staatliches Sozialversicherungsprogramm, bestehend aus Alters- und Behindertenrente, sowie Zuschüssen bei vorübergehender Behinderung und Schwangerschaft (IOM 8.2015).

Familienbeihilfen

Die monatliche Familienbeihilfe beträgt 17.000 Dram (Basiswert) plus

5.500 Dram bis 8.000 Dram monatlich für jedes Kind unter 18, abhängig von der Familiensituation, dem Familieneinkommen sowie der örtlichen Lage. Am ersten Schultag gibt es eine Einmalzahlung von 25.000 Dram (SSA 2016).

Einmalige Beihilfen

Diese können Familien gewährt werden, deren Bedürftigkeitspunktzahl unter dem Mindestschwellenwert von 34,00 (jedoch über 0) liegt. Die Entscheidung über die Bedürftigkeit einer Familie obliegt dem Sozialrat. Des Weiteren wird Familien verstorbener Soldaten eine Beihilfe in Höhe der Familiensozialhilfe gewährt. Die Anerkennung des Anspruchs der einmaligen Beihilfe wird alle drei Monate geprüft (IOM 8.2014).

Mutterschaftsgeld

Derzeit bestehen in Armenien drei Arten von Beihilfen in Verbindung mit Kindesgeburten. Einerseits die einmalige Mutterschaftsbeihilfe von 50.000 Dram. Darüber hinaus gibt es eine monatliche Zahlung von ca. 18.000 Dram im Monat an alle erwerbstätigen Elternteile, die ein Kind (bis zum 2. Lebensjahr) versorgen und sich in einem teilweise bezahlten Mutterschaftsurlaub befinden. Für das dritte und vierte Kind stehen je 1 Million Dram zu und zusätzlich 500.000 Dram auf ein Spezialkonto für das Kind, von dem vor dem 18. Lebensjahr nur für bestimmte Zwecke wie etwa für Schulgebühren Geld abgehoben werden darf. Ab dem fünften Kind wird der einmalige Geldbetrag bis auf 1,5 Millionen Dram erhöht plus einer halben Million auf das Spezialkonto. Außerdem haben Mütter das Recht auf einen Mutterschutzurlaub von 70 Tagen vor und 70 Tagen nach der Geburt. Dieser Zeitraum wird bei schwierigen auf 155 oder Mehrlingsgeburten auf 180 Tage erhöht. In diesem Zeitraum wird das Gehalt zu 100% weiter bezahlt. Es können bis zu drei Jahre unbezahlte Karenz in Anspruch genommen werden, ohne das es zum Verlust des Arbeitsplatzes kommt (Repat Armenia 2016).

Ab dem 1.1.2016 erhalten auch Frauen, die in keinem Arbeitsverhältnis stehen, die Geburtenbeihilfe in der Höhe von 50.000 Dram für das erste und zweite, bzw. eine Million für das dritte und vierte und 1,5 Millionen ab dem fünften Kind. Die monatliche Beihilfe von 18.000 Dram bis zum zweiten Lebensjahr des Kindes sollte jedoch nach Aussagen des Arbeits- und Sozialministers weiterhin nur Frauen zukommen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen (ARKA 11.11.2015).

...

Medizinische Versorgung:

Die medizinische Grundversorgung ist flächendeckend gewährleistet. Die Leistungen werden in der Regel entweder durch regionale Polikliniken oder ländliche Behandlungszentren erbracht. Die sekundäre medizinische Versorgung wird von regionalen Krankenhäusern und einigen der größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Jerewan vorbehalten ist. Die primäre medizinische Versorgung ist wie früher grundsätzlich kostenfrei. Allerdings gilt dies nur noch eingeschränkt für die sekundäre und die tertiäre medizinische Versorgung. Das Fehlen einer staatlichen Krankenversicherung erschwert den Zugang zur medizinischen Versorgung insoweit, als für einen großen Teil der Bevölkerung die Finanzierung der kostenpflichtigen ärztlichen Behandlung extrem schwierig geworden ist. Viele Menschen sind nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener Tasche zu bezahlen. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung übersteigt die finanziellen Möglichkeiten der meisten Familien bei weitem.

Ein Grundproblem der staatlichen medizinischen Fürsorge ist die überbordende Korruption auf allen Ebenen, ein weiteres Problem die schlechte Bezahlung des medizinischen Personals. Dies führt dazu, dass die Qualität der medizinischen Leistungen des öffentlichen Gesundheitswesens in weiten Bereichen unzureichend ist. Denn hochqualifizierte und motivierte Mediziner wandern in den privatärztlichen Bereich ab, wo Arbeitsbedingungen und Gehälter deutlich besser sind. Der Ausbildungsstand des medizinischen Personals ist zufriedenstellend. Die Ausstattung der staatlichen medizinischen Einrichtungen mit technischem Gerät ist dagegen teilweise mangelhaft. In einzelnen klinischen Einrichtungen - meist Privatkliniken - stehen hingegen moderne Untersuchungsmethoden wie Ultraschall, Mammographie sowie Computer- und Kernspintomographie zur Verfügung. Insulinabgabe und Dialysebehandlung erfolgen grundsätzlich kostenlos: Die Anzahl der kostenlosen Behandlungsplätze ist zwar beschränkt, aber gegen Zahlung ist eine Behandlung jederzeit möglich. Die Dialysebehandlung kostet ca. 50 USD pro Sitzung. Selbst Inhaber kostenloser Behandlungsplätze müssen aber noch in geringem Umfang zuzahlen. Derzeit ist die Dialysebehandlung in fünf Krankenhäusern in Jerewan möglich, auch in den Städten Vanadzor und Gyumri sind die Krankenhäuser entsprechend ausgestattet. Die größeren Krankenhäuser sowie einige Krankenhäuser in den Regionen verfügen über psychiatrische Abteilungen und Fachpersonal. Die technischen Untersuchungsmöglichkeiten haben sich durch neue Geräte verbessert. Die Behandlung von posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS) und Depressionen ist auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos. Problematisch ist die Verfügbarkeit von Medikamenten: Nicht immer sind alle Präparate vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und zu einem Bruchteil der in Deutschland üblichen Preise verkauft werden. Importierte Medikamente sind dagegen überall erhältlich und ebenfalls billiger als in Deutschland. Für die Einfuhr ist eine Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erforderlich (AA 22.3.2016).

Die öffentlichen Sozialpflegedienste in Armenien sind sehr begrenzt. Der private Sektor ist an der Erbringung dieser Leistungen nicht beteiligt. Es gibt nur ein einziges Krankenhaus für geistig und körperlich behinderte Menschen und keine Pflegeheime für Patienten, die eine dauerhafte, langfristige Betreuung benötigen. Es gibt keine Vorkehrungen für eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen und keine Tagespflegeeinrichtungen für Patientengruppen mit speziellen Bedürfnissen und ebenfalls kein Sozialarbeiternetzwerk. Es gibt sieben regionale psychiatrische Kliniken, die lediglich eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen bei nur geringer medizinischer Versorgung bieten.

...

Behandlungsmöglichkeiten von Hepatitis C:

Laut Hasmik Ghazinyan, ?Leiter der Hepatologie am medizinischen Zentrum "Nork" schätzte, dass 3-4 % der armenischen Bevölkerung mit Hepatitis C sind (MC 29.7.2014). Laut Angaben von Betroffenen machten die Therapiekosten zwischen 5.000 und 20.000 US-Dollar (IWPR 20.2.2015). In einem Antwortschreiben des Armenischen Gesundheitsministeriums bestätigte dieses im Oktober 2016, dass es noch kein staatliches Programm zur Bekämpfung von Hepatitis C gäbe (MHRA 21.10.2016).

...

Rückkehr:

Rückkehrer werden grundsätzlich nach Ankunft in die Gesellschaft integriert. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden. Für rückkehrende Migranten wurde ein Beratungszentrum geschaffen; es handelt sich um ein Projekt der französischen Büros für Einwanderung und Migration. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt (AA 22.3.2016).

Das offizielle Internet-Informationsportal "Tundarc" bietet potentiellen armenischen Rückkehrern, auch Doppelstaatsbürgern, wichtigen Informationen zu den zu beachtenden Formalitäten bei einer Rückkehr sowie den wichtigsten Themenbereichen, wie Gesundheitsfürsorge, Pension, Bildung oder Militärdienst an. Überdies findet sich eine Orientierung zu bestehenden Hilfsprogrammen (Tundarc o.D.).

Die Europäische Union startete am 31.1.2017 ein neues Projekt zur Unterstützung der Reintegration von armenischen Rückkehrern. Im Rahmen des Projekts sollen auch die Kapazitäten der Regierung und der NGOs im Bereich der Wiedereingliederung gestärkt werden. Das Projekt mit einem Budget von 493.000 Euro wird vollständig aus der Europäischen Union im Mobilität Partnership Facility-Programm finanziert, das vom Internationale Center for Migration Policy Development (ICMPD) implementiert wird (AN 31.1.2017).

Die Armenische Caritas implementiert das Projekt: "Migration and Development III", das bis Ende Februar 2019 läuft. Eine der Zielgruppen sind RückkehrerInnen aus der EU, der Schweiz und Liechtenstein. Jährlich soll zwischen 70 und 80 RückkehrerInnen bei ihrer Reintegration durch die Bereitstellung von Unterkunft, Beratung und Bildungsmaßnahmen sowie durch die Schaffung eines Unterstützungssystems bei Gründung eines Betriebes geholfen werden (AC 2017).

..."

1.3. Feststellungen zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer in Armenien von Mitgliedern der Mafia bzw. von sonstigen Personen bedroht und verfolgt wurden. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass BF1 geschlagen und bedroht wurde, weil dieser sich weigerte, vergiftetes Fleisch für die Löwen eines armenischen Abgeordneten zu liefern.

Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass die beschwerdeführenden Parteien im Falle einer Rückkehr nach Armenien einer konkreten Bedrohungs- und Gefährdungssituation ausgesetzt wären oder dass sonstige rechtlich relevante Rückkehrhindernisse bestehen würden.

2. Beweiswürdigung

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akte des BFA unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der BF vor dem BFA, die bekämpften Bescheide, die Beschwerdeschriftsätze sowie durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Aufgrund der vorliegenden Verwaltungsakte sowie der Beschwerdeverhandlung ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

2.1. Zur Person der beschwerdeführenden Parteien

Die Feststellungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit und deren Volksgruppen - und Glaubenszugehörigkeit ergeben sich aus dem Akteninhalt und den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben der Beschwerdeführer.

Die Feststellungen zu den familiären, privaten und sozialen Verhältnissen der beschwerdeführenden Parteien, gründen sich auf die in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben der Beschwerdeführer im Asylverfahren.

Die Deutschkenntnisse der volljährigen Beschwerdeführer sind eigenen Angaben zufolge nur gering vorhanden, dieser Eindruck bestätigte sich auch im Rahmen der durchgeführten Beschwerdeverhandlung.

Der festgestellte Gesundheitszustand der Beschwerdeführer ist insbesondere auf die im Verfahren beigebrachten ärztlichen Nachweise zurückzuführen.

BF1 führt darüber hinaus in der mündlichen Beschwerdeverhandlung an, dass ihm seine XXXX Erkrankung keine Probleme mehr verursacht, er hingegen aber psychische Probleme hat und er deshalb XXXX einnimmt.

Hinsichtlich eines allfällig XXXX der minderjährigen BF 3 wurden keine medizinischen Unterlagen in Vorlage gebracht. Diese bei der BF3 behauptete XXXX wurde bereits vor der belangten Behörde durch die BF2 vorgebracht, trotz Aufforderung hierzu, wurden aber keinerlei medizinische Unterlagen vorgelegt, eben so wenig bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Vorgebrachte gesundheitliche Beeinträchtigungen werden aber nur so weit als erwiesen angenommen, als sie vom Beschwerdeführer bescheinigt werden können, etwa durch die Vorlage ärztlicher Atteste. Es wird darauf hingewiesen, dass gerade in diesem Punkt eine erhöhte Mitwirkungspflicht durch den Beschwerdeführer besteht (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601), weshalb sich das erkennende Gericht nicht veranlasst sieht, diesbezüglich weitere Ermittlungen zu tätigen.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit der BF in Österreich ergibt sich aus dem Strafregisterauszug der Republik Österreich.

2.2. Zum Fluchtvorbringen der beschwerdeführenden Parteien

Das BFA konnte keine glaubhafte Bedrohung und Verfolgung der Beschwerdeführer in Armenien durch Mitglieder der Mafia oder sonstige Personen feststellen. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens, insbesondere auch unter Einbeziehung der abgehaltenen mündlichen Verhandlung, schließt sich das entscheidende Gericht den diesbezüglich tragfähigen und schlüssigen Ausführungen des BFA im Ergebnis vollinhaltlich an.

So erscheint es insbesondere auffällig und nicht nachvollziehbar, dass der BF1 vor der belangten Behörde am 19.01.2017 zunächst zu Protokoll gab, dass er auftragsgemäß Fleisch geliefert habe, er am Abgabeort aber niemand angetroffen habe und er dabei zufällig erfahren habe, dass es sich um vergiftetes Fleisch handeln würde. Auf genauere Nachfrage des BFA hingegeben führte der BF1 dem widersprechend aus, dass er das Fleisch gar nicht mitgehabt habe und er es erst am Treffpunkt abholen hätte sollen. Auch hätte er dafür noch kein Geld bekommen. Widersprechend dazu gab der BF1 bei der der Erstbefragung am 24.01.2016 an, dass er bereits eine Anzahlung für diesen Auftrag erhalten hätte und er das Geld wieder zurückgeben wollte, die Männer dies aber nicht zugelassen und ihn verprügelt hätten.

Auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.04.2018 treten Widersprüche zu Tage. So gibt der BF1 hier an, dass er von 2 Männern beauftragt worden sei, Fleisch beim Markt in XXXX abzuholen und dabei zufällig von 2 anderen Männern erfahren habe, dass es vergiftet sei. Deshalb habe er mit dem Auto flüchten wollen, er wäre aber von diesen 4 Männern aufgehalten und zusammengeschlagen worden. Dabei hätten sie ihm eine Waffe an den Kopf gehalten. Bei der Befragung vor dem BFA am 19.01.2017 sprach der BF1 davon, dass er mit der Waffe gegen den Bauch gehalten bedroht worden sei.

In der Beschwerdeverhandlung führte der BF1 weiters aus, dass ihn tags darauf 4 andere Männer verprügelt hätten, weil er mit der Polizei gesprochen habe. Bei der niederschriftlichen Befragung vor der belangten Behörde gab der BF1 dem widersprechend an, dass er zwei Tage später von 2 Männern geschlagen worden sei und im Zuge der weiteren Befragung führte er aus, dass ihn zuhause 4 Männer geschlagen hätten und er 2 Männer davon schon kannte. Bei der Erstbefragung hingegen sagte er, dass ihn zuhause die gleichen 4 Männer, welche ihn zuvor schon verprügelt hätten, geschlagen hätten.

Weiters gibt der BF1 in der Beschwerdeverhandlung an, dass er aufgrund dieser Vorfälle ca. 1 Monat von zuhause weg blieb und er bei einer Tante mütterlicherseits bzw. bei verschiedenen Freunden untergekommen sei. Die BF2 hingegen führt in der Beschwerdeverhandlung aus, dass der BF1 rund 4 Monate nicht zuhause war und er nur gelegentlich vorbeikam. Vor dem BFA allerdings gab die BF2 am 03.10.2016 zu Protokoll, dass sie mit ihrem Mann nach den Vorfällen für 2 Monate in telefonischem Kontakt stand und er sich in einer gemieteten Wohnung versteckt hielt.

Nach der ständigen Rsp des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (vgl. zB. VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, Zahl 2005/17/0252). Nach der Judikatur ist die Wahrscheinlichkeit dann gegeben, wenn die für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Erscheinungen, wenn auch noch so geringfügig, gegenüber den im entgegen gesetzten Sinn verwertbaren Erscheinungen überwiegen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, Rz 355 mit Hinweisen auf die Judikatur).

Im Lichte der oa. Ausführungen wäre somit die Aufgabe der volljährigen Beschwerdeführer - gewesen, ein kohärentes und plausibles Vorbringen zu erstatten und dies entsprechend zu bescheinigen.

In der Gesamtbetrachtung des Fluchtvorbringens, insbesondere unter Berücksichtigung der gehäuften Widersprüchlichkeiten, halten die Ausführungen der volljährigen Beschwerdeführer einer Glaubwürdigkeitsprüfung nicht stand.

In der Gegenüberstellung der auf das behördliche Vorbringen gestützten und insofern in sich schlüssigen Beweiswürdigung der belangten Behörde zum Fluchtvorbringen, mit dem insoweit nicht stichhaltigen Beschwerdevorbringen, gelangte das erkennende Gericht, nach Durchführung der Beschwerdeverhandlung, somit zu keinem von den diesbezüglichen Feststellungen der Behörde abweichenden Ergebnis.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

Die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den in das Verfahren eingebrachten und angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Es wurden dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt wurden, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die Beschwerdeführer sind auch in den in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in den Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, nicht entgegengetreten.

Es wurden folglich im gesamten Verfahren keine stichhaltigen Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen der belangten Behörde zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

Das Bundesverwaltungsgericht geht alledem zufolge davon aus, dass der maßgebliche Sachverhalt im ausreichenden Maße ermittelt wurde. Wenn die Beschwerdeführer vermeinen, es wären weitere Ermittlungen durchzuführen gewesen, kann sich das ho. Gericht dem nicht anschließen und weist das ho. Gericht darauf hin, dass sowohl Recherchen vor Ort als auch die Beziehung eines Ländersachverständigen unterbleiben können, wenn der maßgebliche Sachverhalt auch anderweitig festgestellt werden kann, was hier zweifelsfrei der Fall war. Eine ausführliche Befragung und die Möglichkeit der konkreten Schilderung des Fluchtvorbringens erfolgte zudem sowohl seitens der Behörde als auch vor dem erkennenden Gericht.

Ein weitergehendes Ermittlungsverfahren würde letztlich in einem unzulässigen Erkundungsbeweis münden. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren - und somit auch im asylgerichtlichen Verfahren - unzulässig. Daher ist die Behörde [das ho. Gericht] einerseits nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet. (Hengstschläger - Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN).

3. rechtliche Beurteilung

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idgF. entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 34 AsylG 2005 ist in den gegenständlichen Fällen von einem Familienverfahren auszugehen.

Zu A)

3.1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG 2005 genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Eine gegen die Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen konnte weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft gemacht werden (siehe hierzu die Ausführungen in der Beweiswürdigung unter Punkt 2.2 und 2.3.)

Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung erörtert wurde, war dem Vorbringen der Beschwerdeführer zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

Im Asylverfahren muss das Vorbringen des Antragstellers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden. Ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung der Asylbehörde bzw. des Asylgerichtshofes, im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren geltenden Prinzipien der materiellen Wahrheit und des Grundsatzes der Offizialmaxime, den maßgeblichen Sachverhalt amtswegig (§ 39 Abs 2 AVG, § 18 AsylG 2005) festzustellen, obliegt es in erster Linie dem Asylwerber auf Nachfrage alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung darzulegen (vgl VwGH 16. 12 1987, 87/01/0299; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 19. 9. 1990, 90/01/0133; 7. 11. 1990, 90/01/0171; 24. 1. 1990, 89/01/0446; 30. 1. 1991, 90/01/0196; 30. 1. 1991, 90/01/0197; vgl zB auch VwGH 16. 12. 1987, 87/01/0299; 2. 3. 1988, 86/01/0187; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 17. 2. 1994, 94/19/0774) und glaubhaft zu machen (VwGH 23.2.1994, 92/01/0888; 19.3.1997, 95/01/0525). Es ist in erster Linie Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. (VwGH 30. 11. 2000, 2000/01/0356).

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von den Beschwerdeführern behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgungsgefahr nicht existiert.

Folglich waren die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide gemäß

§ 3 Abs. 1 AsylG 2005 allesamt als unbegründet abzuweisen.

3.2. Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe o

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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