TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/30 L523 2169356-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.05.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.05.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs4

Spruch

L523 2169359-1/8E

L523 2169356-1/7E

L523 2169362-1/9E

L523 2169367-1/9E

L523 2169364-1/9E

L523 2169361-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja Danninger-Simader als Einzelrichterin über die Beschwerden von XXXX alias XXXX (BF 1), geb. XXXX; XXXX alias XXXX (BF 2), geb. XXXX;

XXXX alias XXXX (BF 3), geb. XXXX, XXXX alias XXXX (BF4), geb. XXXX, XXXX alias XXXX (BF5), geb. XXXX und XXXX alias XXXX (BF6), geb. XXXX; StA. Armenien, BF 5-6 gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX alias XXXX, alle vertreten durch RA Dr. Georg Bürstmayr, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom 21.08.2017, Zlen. XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX und XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführer 1-6 (BF1-6) stellten am 07.03.2017 (BF1-2) bzw. am 29.11.2016 (BF3-6) einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens".

2. Am 26.07.2017 (BF1-2) und am 20.06.2017 (BF3-4) erfolgten vor dem BFA niederschriftliche Einvernahmen. Dabei wurden die volljährigen BF1-4 zu ihrer Herkunft, ihren persönlichen und privaten Verhältnissen in Österreich sowie zu ihren bisherigen Integrationsbemühungen befragt.

3. Mit Bescheiden des BFA vom 21.08.2017, Zlen. XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX und XXXX, wurden die Anträge der BF1-6 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG abgewiesen und gemäß § 10 Abs 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die BF 1-6 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 3 FPG erlassen. (Spruchpunkt I). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF 1-6 gemäß § 46 FPG nach Armenien zulässig sei (Spruchpunkt II.). Den Beschwerden gegen diese Bescheide wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs 4 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt.

Das BFA führte aus, dass sich aus einem vom BFA in Auftrag gegebenen Sprachgutachten ergeben habe, dass der sprachliche Hintergrund der BF1-4 mit hohem Sicherheitsgrad nicht (wie angegeben) in Syrien, sondern in Armenien liege. Es sei daher davon auszugehen, dass es sich bei den BF1-6 um armenische Staatsangehörige handle und diese falschen Angaben zu ihrer Identität gemacht hätten, um ein Aufenthaltsrecht in Österreich zu erlangen.

Da die gesamte Familie von einer aufenthaltsbeendenen Maßnahme betroffen sei, liege kein Eingriff in das Familienleben vor. Der ca. 5-jährige Aufenthalt der BF1-6 beruhe auf den Anträgen auf internationalen Schutz, über welche bereits rechtskräftig negativ entschieden worden sei. Bei den BF2-6 wurden gewisse Deutschkenntnisse festgestellt und hätten sich die BF1-6 auch einen Freundeskreis in Österreich aufgebaut. Die BF-1-6 befänden sich in der Grundversorgung und seien nicht selbsterhaltungsfähig. Die Erkrankung des BF1 könne er in seiner Heimat behandeln lassen. Die im gewissen Maße gelungene soziale Integration der BF1-6 relativiere sich dadurch, dass diese in einem Zeitraum entstanden sei, in dem ihr Aufenthalt illegal gewesen sei und die Verpflichtung zur Ausreise bestanden habe. Der mehrmonatige unrechtmäßige Aufenthalt der BF1-6 in Österreich gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße. Die Abschiebung nach Armenien sei zulässig und sei auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG erfüllt, zumal die sofortige Ausreise der BF 1-6 zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dringend geboten sei.

4. Mit Verfahrensanordnungen des BFA vom 23.08.2017 wurde gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG den BF1-6 amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt und gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG die Verpflichtung mitgeteilt, bis zum 30.08.2017 ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

5. Gegen diese am 23.08.2017 den BF1-6 ordnungsgemäß zugestellten Bescheide wurde mit Schreiben vom 23.08.2017 fristgerecht Beschwerde erhoben.

Nach Widergabe des bisherigen Verfahrensganges wurde in Bezug auf die Aberkennung der aufschieben Wirkung ausgeführt, dass sich im Bescheid keine Hinweise auf die behauptete gegenwärtig erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit finden würden. Der gegenständliche Antrag sei zum Zeitpunkt der Festnahem der BF3-6 bereits mehrere Monate alt gewesen und auch das Rückreisezertifikat der armenischen Behörden sei seit Wochen vorgelegen. Dennoch seien die bekämpften Bescheide erst am Vortag der Abschiebung der BF3-6 und nach Ende der "Dienststunden" zugestellt worden. Damit sei den BF3-6 die Möglichkeit genommen worden, verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte geltend zu machen und auf wirksame Weise die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu beantragen. Dass zwischen der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages der BF1-6 und dem gegenständlich bekämpften Bescheid mehrere Jahre bzw. zwischen der Antragstellung und der Zustellung dieses Bescheides mehrere Monate verstrichen sind, lasse darauf schließen, dass die vom BFA behaupteten Gründe für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung niemals vorgelegen haben.

Weiters seien wesentliche Sachverhaltselemente ungewürdigt geblieben. Die BF1-6 hätten die letzten fünf Jahre am selben Ort in Österreich verbracht. Für die BF5-6 bedeute dies, dass sie fast die gesamte Lebensspanne in Österreich verbracht hätten. Zudem würden die BF5-6 fließend Deutsch mit Mühlviertler-Dialekt sprechen und hätten bis zuletzt den Kindergarten bzw. die Volksschule besucht. Die BF3-4 hätten sich seit Jahren in das gesellschaftliche Leben ihrer Heimatgemeinde eingebracht. Vor diesem Hintergrund habe es in der Heimatgemeinde auch eine Kundgebung für den Verbleib der BF1-6 gegeben, an der rund einhundert Personen (ca. ein Drittel der dortigen Wohnbevölkerung) teilgenommen hätten. Dies spreche für die vorbildliche Integration der BF1-6 in der Gesellschaft vor Ort. Im Weiteren wurde auf Medienberichte betreffend die BF1-6 verwiesen und erneute darauf hingewiesen, dass daraus auch die außergewöhnliche Integration der BF1-6 in Österreich hervorgehe. Zudem leide der BF1 an einem XXXX, welcher zwar entfernt worden sei, jedoch XXXX gebildet habe, weshalb eine engmaschige medizinische Behandlung nötig sei. Die Beweiswürdigung des BFA hinsichtlich einer Verletzung des Art. 8 EMRK erschöpfe sich über weite Strecken in der Wiedergabe bekannter Textbausteine und würden keinerlei Ermittlungsschritte zum Grad der Integration der BF1-6 ersichtlich sein. Das BFA habe über Jahre den Aufenthalt der BF1-6 einfach geschehen lassen und über mehrere Monate hinweg über den nun abgewiesenen Antrag der BF1-6 nicht entschieden. Dies lasse vermuten, dass im vorliegenden Fall dringende öffentliche Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung nicht vorgelegen hätten. Eine Aufenthaltsbeendigung stehe dem Interesse der Gesamtgesellschaft am freiwilligen und unentgeltlichen Engagement zur Integration von Flüchtlingen, Asylwerbern und anderen Migranten entgegen.

6. Am 24.08.2017 wurden die BF3-6 nach Armenien abgeschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

1.1. Feststellungen zur Person

Die BF1-6 sind Staatsangehörige von Armenien und Angehörige der jesidischen Glaubensgemeinschaft.

Die BF3-4 stellten nach illegaler Einreise am 16.06.2012 für sich und ihre Kinder (BF5-6) sowie die BF1-2 (Eltern des BF3) nach illegaler Einreise am 17.12.2012 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Diese Anträge wurden mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 12.07.2013 als unbegründet abgewiesen und wurden diese Entscheidungen mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.10.2013 bestätigt.

Im Zuge des abgeschlossenen Asylverfahrens täuschten die BF1-6 vor, syrische Staatsangehörige zu sein.

Die BF1-6 verfügten außerhalb ihrer Asylverfahren noch nie über ein Aufenthaltsrecht für Österreich.

Die BF1-4 führten in Armenien einen landwirtschaftlichen Betrieb und finanzierten damit den Lebensunterhalt für die gesamte Familie (BF1-6).

In der österreichischen Heimatgemeinde sind bzw. waren die BF1-6 gut sozial integriert, beteiligen bzw. beteiligten sich am gesellschaftlichen Leben, und verfügen über einen großen Freundeskreis.

Die BF1-6 sind in Österreich strafrechtlich unbescholten und beherrschen die deutsche Sprache auf einem guten Niveau.

Am 24.08.2017 wurden die BF3-6 nach Armenien abgeschoben. Bis dahin wohnten die BF3-6 in Österreich an einem gemeinsamen Wohnsitz.

BF1:

Der BF1 besuchte keine Schule und war in Österreich nie legal erwerbstätig. Er lebte bis 18.04.2017 von Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber.

Der BF1 lebt mit der BF2 an einem gemeinsamen Wohnsitz.

Der Beschwerdeführer leidet an einem XXXX und wird diesbezüglich medikamentös behandelt.

BF2:

Die BF2 besuchte keine Schule, ist gesund und war in Österreich nie legal erwerbstätig. Sie lebte bis 18.04.2017 von Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber.

Die BF2 lebt mit dem BF1 an einem gemeinsamen Wohnsitz.

Am 21.05.2016 hat die BF2 die Deutschprüfung A2 gut bestanden.

Am 16.12.2016 hat die BF2 die Deutschprüfung B1 nicht bestanden.

Von 04.03.2013 bis 26.06.2013 besuchte die BF2 das Bildungsseminar "Vielfalt Nutzen Lernen".

Die BF2 nimmt regelmäßig an den monatlich stattfindenden Frauencafes der Pfarre XXXX teil, hat einige Male bei Veranstaltungen zum internationalen Frauentag Beiträge mitgestaltet und mit der Gruppe auf der Bühne der XXXX präsentiert.

Im Flüchtlingsquartier wurde bei der BF2 Anfang 2018 Bargeld in Höhe von € 20.000,-- gefunden.

BF3:

Der BF3 besuchte keine Schule, ist gesund, lebte bis 18.04.2017 von Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber und hat in seiner Wohnsitzgemeinde ehrenamtlich in einem landwirtschaftlichen Betrieb und im Gemeindedienst gearbeitet.

Der BF3 verfügt über eine Einstellungszusage als Landarbeiter für den Fall der Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung in Österreich.

Am 28.10.2016 hat der BF3 die Deutschprüfung B1 ausreichend bestanden.

Am 21.05.2015 hat der BF2 die Deutschprüfung A2 gut bestanden.

Von 05.08.2013 bis 25.09.2013 hat der BF3 an dem Deutschkurs für Asylwerber - Stufe 3 teilgenommen. Von 29.04.2013 bis 26.06.2013 hat der BF3 an dem Deutschkurs für Asylwerber - Stufe 2 teilgenommen. Von 04.02.2013 bis 27.03.2013 hat der BF3 an dem Deutschkurs für Asylwerber - Stufe 1 teilgenommen.

Von 05.08.2013 bis 25.09.2013 hat der BF3 am Kurs Asyl IIIa teilgenommen. Von 29.04.2013 bis 26.06.2013 hat der BF3 am Kurs Asyl IIa teilgenommen.

BF4:

Die BF4 besuchte keine Schule, ist gesund, lebte bis 18.04.2017 von Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber.

Für die BF4 besteht seitens der XXXX eine Einstellungszugsage als Reinigungskraft.

Die BF4 hat am 22.10.2016 die Deutschprüfung B1 ausreichend bestanden.

Die BF4 hat am 09.05.2015 die Deutschprüfung A1 sehr gut bestanden.

Von 04.03.2013 bis 26.06.2013 besuchte die BF4 das Bildungsseminar "Vielfalt Nutzen Lernen".

Die BF4 nahm regelmäßig an den monatlich stattfindenden Frauencafes der Pfarre XXXX teil, hat einige Male bei Veranstaltungen zum internationalen Frauentag Beiträge mitgestaltet und mit der Gruppe auf der Bühne der XXXX präsentiert. Zudem hat sie gelegentlich auf die Kinder einer Bekannten in ihrer Heimatgemeinde aufgepasst.

BF5:

Der BF5 kam im Alter von drei Jahren nach Österreich und besuchte hier den Kindergarten und im Schuljahr 2015/2016 und 2016/2017 die Volksschule. Zudem war er im Fußballverein aktiv.

BF6:

Der BF6 kam im Alter von zwei Jahren nach Österreich und besuchte hier ab September 2013 den Kindergarten und ab dem Schuljahr 2016/2017 die erste Klasse der Volksschule. Zudem war er im Fußballverein aktiv.

1.2. Länderfeststellungen

Hinsichtlich der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den schlüssigen, nachvollziehbaren und umfassenden Ausführungen des BFA an. Diese Länderfeststellungen werden auch der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Grunde gelegt.

Auszugsweise werden hieraus insbesondere folgendne Feststellungen explizit angeführt:

Grundversorgung

Die Wirtschaft hat sich immer noch nicht zur Gänze von der tiefen Rezession, die durch die globale Wirtschaftskrise 2008 ausgelöst wurde, erholt. Damals fiel das Bruttonationalprodukt um 14,1%. Armenien hat zu wenig für die Bekämpfung der Armut und gegen die sich ausweitenden Wohlstands- und Einkommensgefälle unternommen. Rund 1,2 Millionen Armenier leben von circa 3 Euro pro Tag. Die sozioökonomische Kluft hat zudem einen regionalen Aspekt. Durch die überproportionale Wirtschaftsaktivität in den urbanen Zentren hat sich die Einkommensschere zwischen Stadt und Land verstärkt. Der Zugang etwa zum Gesundheitswesen und zur Bildung sowie deren Qualität divergiert stark zwischen urbanen und ländlichen Regionen. Zu den strukturellen Defiziten gehört nebst den abnehmenden Investitionen auch eine übermäßige Abhängigkeit von Überweisungen aus dem Ausland (BS 2016).

Rücküberweisungen, Direktinvestitionen und private Kapitalzuflüsse sind ein bedeutender Faktor für die Wirtschaft: Die armenische Diaspora in Russland umfasst etwa 2 Millionen Menschen, darunter viele Arbeitsmigranten, die Geld an ihre Familien in Armenien überweisen. Nach Angaben der Zentralbank gingen die Geldtransfers der armenischen Diaspora im Jahr 2016 weiter auf 1,5 Mrd. USD zurück (2015: ca. 1,6 Mrd. USD). Die Arbeitslosenquote lag im Jahr 2015 offiziell bei 18,5%. Die tatsächliche Arbeitslosigkeit ist jedoch erheblich höher. Sehr viele Menschen sind im informellen Sektor tätig. Einkommen werden oft nicht versteuert (AA 3.2017c).

Ein beachtlicher Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Angaben des nationalen Statistikamtes für das Jahr 2014 zufolge leben 32,3 % der Armenier unterhalb der Armutsgrenze (2008: 29,2 %). Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen von Verwandten im Ausland unterstützt: 2015 wurde laut armenischer Zentralbank ein Betrag von etwa 1,209 Mrd. USD nach Armenien überwiesen, ein Rückgang von 30,1 % zum Vorjahr und das zweite Jahr in Folge. Davon flossen etwa 76 % aus der Russischen Föderation nach Armenien. Der starke Rückgang ist der wirtschaftlichen Lage, insbesondere der starken Abwertung des russischen Rubels geschuldet. Das die Armutsgrenze bestimmende Existenzminimum beträgt in Armenien ca. 60.000 armenische Dram (derzeit ca. 116 Euro) im Monat, der offizielle Mindestlohn 55.000 AMD (ca. 105 Euro). Das durchschnittliche Familieneinkommen ist dagegen mangels zuverlässiger Daten nur schwer einzuschätzen. Der Großteil der Armenier geht mehreren Erwerbstätigkeiten und darüber hinaus privaten Geschäften und Gelegenheitstätigkeiten nach. Die wirtschaftliche Lage führt nach wie vor dazu, dass der Migrationsdruck anhält. In den ersten drei Quartalen 2014 haben, wie sich aus den Zu- und Ausreisestatistiken ergibt, 105.000 Menschen Armenien dauerhaft verlassen. Die wenigsten davon dürften nicht-armenische Ausländer sein. Unter den Auswanderern sind auch viele Hochqualifizierte, wie etwa Ärzte oder IT-Spezialisten (AA 22.3.2016).

[...]

Sozialbeihilfen

Das Sozialsystem in Armenien umfasst derzeit: das staatliche Sozialhilfe-Programm, wie Unterstützung von Familien, einmaliger Geburtenzuschuss und Kindergeld bis zum Alter von zwei Jahren; das Sozialhilfeprogramme für Personen mit Handicap, Veteranen, Kinder, insbesondere medizinische und soziale Rehabilitationshilfe, Altersheime, Waisenhäuser, Internate sowie das staatliches Sozialversicherungsprogramm, bestehend aus Alters- und Behindertenrente, sowie Zuschüssen bei vorübergehender Behinderung und Schwangerschaft (IOM 8.2015).

Familienbeihilfen

Die monatliche Familienbeihilfe beträgt 17.000 Dram (Basiswert) plus

5.500 Dram bis 8.000 Dram monatlich für jedes Kind unter 18, abhängig von der Familiensituation, dem Familieneinkommen sowie der örtlichen Lage. Am ersten Schultag gibt es eine Einmalzahlung von 25.000 Dram (SSA 2016).

Einmalige Beihilfen

Diese können Familien gewährt werden, deren Bedürftigkeitspunktzahl unter dem Mindestschwellenwert von 34,00 (jedoch über 0) liegt. Die Entscheidung über die Bedürftigkeit einer Familie obliegt dem Sozialrat. Des Weiteren wird Familien verstorbener Soldaten eine Beihilfe in Höhe der Familiensozialhilfe gewährt. Die Anerkennung des Anspruchs der einmaligen Beihilfe wird alle drei Monate geprüft (IOM 8.2014).

Mutterschaftsgeld

Derzeit bestehen in Armenien drei Arten von Beihilfen in Verbindung mit Kindesgeburten. Einerseits die einmalige Mutterschaftsbeihilfe von 50.000 Dram. Darüber hinaus gibt es eine monatliche Zahlung von ca. 18.000 Dram im Monat an alle erwerbstätigen Elternteile, die ein Kind (bis zum 2. Lebensjahr) versorgen und sich in einem teilweise bezahlten Mutterschaftsurlaub befinden. Für das dritte und vierte Kind stehen je 1 Million Dram zu und zusätzlich 500.000 Dram auf ein Spezialkonto für das Kind, von dem vor dem 18. Lebensjahr nur für bestimmte Zwecke wie etwa für Schulgebühren Geld abgehoben werden darf. Ab dem fünften Kind wird der einmalige Geldbetrag bis auf 1,5 Millionen Dram erhöht plus einer halben Million auf das Spezialkonto. Außerdem haben Mütter das Recht auf einen Mutterschutzurlaub von 70 Tagen vor und 70 Tagen nach der Geburt. Dieser Zeitraum wird bei schwierigen auf 155 oder Mehrlingsgeburten auf 180 Tage erhöht. In diesem Zeitraum wird das Gehalt zu 100% weiter bezahlt. Es können bis zu drei Jahre unbezahlte Karenz in Anspruch genommen werden, ohne das es zum Verlust des Arbeitsplatzes kommt (Repat Armenia 2016).

Ab dem 1.1.2016 erhalten auch Frauen, die in keinem Arbeitsverhältnis stehen, die Geburtenbeihilfe in der Höhe von 50.000 Dram für das erste und zweite, bzw. eine Million für das dritte und vierte und 1,5 Millionen ab dem fünften Kind. Die monatliche Beihilfe von 18.000 Dram bis zum zweiten Lebensjahr des Kindes sollte jedoch nach Aussagen des Arbeits- und Sozialministers weiterhin nur Frauen zukommen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen (ARKA 11.11.2015).

Senioren und Behinderte

Die sozialen Unterstützungsprogramme für Senioren und Behinderte basieren auf den Anforderungen des Gesetzes über die soziale Absicherung behinderter Personen in Armenien. Hierzu zählen die Vorbeugung von Behinderungen, die medizinische und soziale Rehabilitation und Prothesen sowie insbesondere prothetische und orthopädische Unterstützung behinderter Personen, die Bereitstellung von Rehabilitationsmitteln und soziale Dienste für Senioren und Behinderte. Bereits personalisierte Pensionisten können einen Preisnachlass von den öffentlichen Versorgungseinrichtungen (einschließlich Preisnachlässe für Gas und Strom) fordern. Alleinstehende Pensionisten über 70 Jahre und alleinstehende behinderte Erwachsene können Pflegeleistungen beim "In-house Social Service Center for lonely old and disabled persons" beantragen (IOM 8.2014).

Pensionen

Der Pensionsanspruch gilt ab einem Alter von 63 mit mindestens 25 Jahren abgeschlossener Beschäftigung; ab einem Alter von 59 mit mindestens 25 Jahren Beschäftigung, wobei mindestens 20 Jahre erschwerte oder gefährlicher Arbeit vor dem 1. Januar 2014 oder mindestens 10 Jahre derartiger Arbeit nach dem 1. Januar 2014 verrichtet wurde; oder ab einem Alter von 55 mit mindestens 25 Jahren Beschäftigung, einschließlich mindestens 15 Jahre in Schwerst- oder gefährlicher Arbeit vor dem 1. Januar 2014 bzw. mindestens 7,5 Jahre in einer solchen nach dem 1. Januar 2014. Eine verringerte Pension steht nach mindestens zehnjähriger Anstellung, jedoch erst ab 65 zu. Bei Invalidität im Rahmen der Sozialversicherung sind zwischen zwei und zehn Jahre Anstellung Grundvoraussetzung, abhängig vom Alter des Versicherten beim Auftreten der Invalidität. Die Invaliditätspension hängt vom Grade der Invalidität ab. Unterhalb der erforderlichen Zeiten für eine Invaliditätspension besteht die Möglichkeit einer Sozialrente für Invalide in Form einer Sozialhilfe. Zur Pensionsberechnung werden die Studienjahre, die Wehrdienstzeit, die Zeit der Kinderbetreuung und die Arbeitslosenzeiten herangezogen. Die Alterspension im Rahmen der Sozialversicherung beträgt 100% der Basispension von 16.000 Dram monatlich zuzüglich eines variablen Bonus. Die Bonuspension macht 500 Dram monatlich für jedes Kalenderjahr ab dem elften Beschäftigungsjahr multipliziert mit einem personenspezifischen Koeffizienten, basierend auf der Länge der Dienstzeit (SSA 2016).

Arbeitslosenunterstützung

2015 wurde die Arbeitslosenunterstützung zugunsten einer Einstellungsförderung eingestellt. Zu dieser Förderung gehört auch die monetäre Unterstützung für Personen die am regulären Arbeitsmarkt nicht wettbewerbsfähig sind. Das Arbeitsgesetz von 2004 sieht ein Abfertigungssystem seitens der Arbeitgeber vor. Bei Betriebsauflösung oder Stellenabbau beträgt die Abfertigung ein durchschnittliches Monatssalär, bei anderen Gründen hängt die Entschädigung von der Dienstzeit ab, jedoch maximal 44 Tage im Falle von 15 Anstellungsjahren (SSA 2016).

[...]

Medizinische Versorgung

Die medizinische Grundversorgung ist flächendeckend gewährleistet. Die Leistungen werden in der Regel entweder durch regionale Polikliniken oder ländliche Behandlungszentren erbracht. Die sekundäre medizinische Versorgung wird von regionalen Krankenhäusern und einigen der größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Jerewan vorbehalten ist. Die primäre medizinische Versorgung ist wie früher grundsätzlich kostenfrei. Allerdings gilt dies nur noch eingeschränkt für die sekundäre und die tertiäre medizinische Versorgung. Das Fehlen einer staatlichen Krankenversicherung erschwert den Zugang zur medizinischen Versorgung insoweit, als für einen großen Teil der Bevölkerung die Finanzierung der kostenpflichtigen ärztlichen Behandlung extrem schwierig geworden ist. Viele Menschen sind nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener Tasche zu bezahlen. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung übersteigt die finanziellen Möglichkeiten der meisten Familien bei weitem.

Ein Grundproblem der staatlichen medizinischen Fürsorge ist die überbordende Korruption auf allen Ebenen, ein weiteres Problem die schlechte Bezahlung des medizinischen Personals. Dies führt dazu, dass die Qualität der medizinischen Leistungen des öffentlichen Gesundheitswesens in weiten Bereichen unzureichend ist. Denn hochqualifizierte und motivierte Mediziner wandern in den privatärztlichen Bereich ab, wo Arbeitsbedingungen und Gehälter deutlich besser sind. Der Ausbildungsstand des medizinischen Personals ist zufriedenstellend. Die Ausstattung der staatlichen medizinischen Einrichtungen mit technischem Gerät ist dagegen teilweise mangelhaft. In einzelnen klinischen Einrichtungen - meist Privatkliniken - stehen hingegen moderne Untersuchungsmethoden wie Ultraschall, Mammographie sowie Computer- und Kernspintomographie zur Verfügung.

Insulinabgabe und Dialysebehandlung erfolgen grundsätzlich kostenlos: Die Anzahl der kostenlosen Behandlungsplätze ist zwar beschränkt, aber gegen Zahlung ist eine Behandlung jederzeit möglich. Die Dialysebehandlung kostet ca. 50 USD pro Sitzung. Selbst Inhaber kostenloser Behandlungsplätze müssen aber noch in geringem Umfang zuzahlen. Derzeit ist die Dialysebehandlung in fünf Krankenhäusern in Jerewan möglich, auch in den Städten Vanadzor und Gyumri sind die Krankenhäuser entsprechend ausgestattet. Die größeren Krankenhäuser sowie einige Krankenhäuser in den Regionen verfügen über psychiatrische Abteilungen und Fachpersonal. Die technischen Untersuchungsmöglichkeiten haben sich durch neue Geräte verbessert. Die Behandlung von posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS) und Depressionen ist auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos. Problematisch ist die Verfügbarkeit von Medikamenten: Nicht immer sind alle Präparate vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und zu einem Bruchteil der in Deutschland üblichen Preise verkauft werden. Importierte Medikamente sind dagegen überall erhältlich und ebenfalls billiger als in Deutschland. Für die Einfuhr ist eine Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erforderlich (AA 22.3.2016).

Die öffentlichen Sozialpflegedienste in Armenien sind sehr begrenzt. Der private Sektor ist an der Erbringung dieser Leistungen nicht beteiligt. Es gibt nur ein einziges Krankenhaus für geistig und körperlich behinderte Menschen und keine Pflegeheime für Patienten, die eine dauerhafte, langfristige Betreuung benötigen. Es gibt keine Vorkehrungen für eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen und keine Tagespflegeeinrichtungen für Patientengruppen mit speziellen Bedürfnissen und ebenfalls kein Sozialarbeiternetzwerk. Es gibt sieben regionale psychiatrische Kliniken, die lediglich eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen bei nur geringer medizinischer Versorgung bieten.

[...]

Rückkehr

Rückkehrer werden grundsätzlich nach Ankunft in die Gesellschaft integriert. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden. Für rückkehrende Migranten wurde ein Beratungszentrum geschaffen; es handelt sich um ein Projekt der französischen Büros für Einwanderung und Migration. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt (AA 22.3.2016).

Das offizielle Internet-Informationsportal "Tundarc" bietet potentiellen armenischen Rückkehrern, auch Doppelstaatsbürgern, wichtigen Informationen zu den zu beachtenden Formalitäten bei einer Rückkehr sowie den wichtigsten Themenbereichen, wie Gesundheitsfürsorge, Pension, Bildung oder Militärdienst an. Überdies findet sich eine Orientierung zu bestehenden Hilfsprogrammen (Tundarc o.D.).

Die Europäische Union startete am 31.1.2017 ein neues Projekt zur Unterstützung der Reintegration von armenischen Rückkehrern. Im Rahmen des Projekts sollen auch die Kapazitäten der Regierung und der NGOs im Bereich der Wiedereingliederung gestärkt werden. Das Projekt mit einem Budget von 493.000 Euro wird vollständig aus der Europäischen Union im Mobilität Partnership Facility-Programm finanziert, das vom Internationale Center for Migration Policy Development (ICMPD) implementiert wird (AN 31.1.2017).

Die Armenische Caritas implementiert das Projekt: "Migration and Development III", das bis Ende Februar 2019 läuft. Eine der Zielgruppen sind RückkehrerInnen aus der EU, der Schweiz und Liechtenstein. Jährlich soll zwischen 70 und 80 RückkehrerInnen bei ihrer Reintegration durch die Bereitstellung von Unterkunft, Beratung und Bildungsmaßnahmen sowie durch die Schaffung eines Unterstützungssystems bei Gründung eines Betriebes geholfen werden (AC 2017).

[...]

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Bundesasylamtes, des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, den Akten des UBAS, AsylGH und des BVwG, die amtswegige Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems.

Das BFA hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich im Grunde den diesbezüglichen Ausführungen des BFA im gegenständlich angefochtenen Bescheid an und tritt dem Verfahrensergebnis letztlich vollinhaltlich bei. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich die Ausführungen des BFA nach Ansicht des Gerichts als tragfähig darstellen und insofern keiner weiteren Ergänzung bedürfen.

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.

2.2. Zur Person der Beschwerdeführer:

Die Feststellungen hinsichtlich der Identität und der Staatsangehörigkeit der BF1-6 sowie hinsichtlich ihrer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet und des Datums ihrer Antragsstellung gemäß § 55 AsylG in Österreich ergeben sich aus dem Akteninhalt, aus der im Asylverfahren durchgeführten Sprachanalyse sowie aufgrund der Ausstellung der Heimreisezertifikate für Armenien. Dass die BF1-6 zunächst falsche Angaben zu ihrer Staatsangehörigkeit und Identität tätigten, ergibt sich auch aus dem Schreiben der BF1-2 vom 23.09.2017, worin sie unter anderem ausführten, falsche Namen angeführt zu haben und dass sie tatsächlich aus Armenien stammen würden.

Die Feststellungen zur Volksgruppenzugehörigkeit sowie zu den familiären und privaten Verhältnissen der BF1-6 gründen sich auf dessen in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben im Verfahren.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF1-4 in Österreich geht aus einer Einsicht in das Strafregister hervor.

Der Gesundheitszustand der BF1-6 geht aus den im Akt befindlichen ärztlichen Befunden sowie aus den diesbezüglich gleichlautenden Angaben der BF1-4 hervor.

Die Angaben zur Dauer ihres Aufenthalts und zum aufenthaltsrechtlichen Status sowie zu den bisherigen Anträgen auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem Fremdenregister.

Aus den in den Akten befindlichen Unterstützungsschreiben geht die soziale Integration bzw. die Beteiligung am gesellschaftlichen Leben der BF1-6 hervor.

Dass die BF1-6 die deutsche Sprache auf einem guten Niveau beherrschen geht aus den vorgelegten Kurs- sowie Prüfungsbestätigungen und den diesbezüglichen Angaben in den Unterstützungsschreiben hervor.

Der Kindergarten- sowie Schulbesuch der BF5-6 geht aus der vorgelegten Schulbesuchsbestätigung der Volksschule XXXX vom 28.11.2016, dem Schreiben der Volkschule XXXX vom Februar 2016, der Schulnachricht Volksschule XXXX vom 12.02.2016, der Schulbesuchsbestätigung der Volksschule XXXX vom 28.11.2016 sowie der Bestätigung des Kindergartens XXXX vom 08.01.2016 hervor. Dass die BF5-6 im Fußballverein aktiv waren ergibt sich aus dem Schreiben vom Nachwuchstrainer der Union XXXX vom 28.12.2015.

Die ehrenamtlichen Tätigkeiten der BF3-4 sowie die Einstellungszusagen für die BF3-4 gehen aus dem Dienstvertrag von XXXX vom 20.01.2016, aus dem Schreiben der XXXX vom 26.06.2017 sowie aus den vorgelegten Unterstützungsschreiben hervor.

Die gelegentliche Betreuung der Kinder einer Bekannten durch die BF4 geht aus dem Schreiben der XXXX vom 11.01.2016 hervor.

Die Abschiebung der BF3-6 nach Armenien am 24.08.2017 geht aus dem Rückführungsbericht der Direktion für Spezialeinheiten des Bundesministeriums für Inneres vom 25.08.2017 hervor.

Der gemeinsame Wohnsitz der BF1-2 sowie der BF3-6 geht aus der Einsicht in das zentrale Melderegister hervor.

Der Bezug von Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber durch die BF1-6 geht aus dem Betreuungsinformationssystem hervor.

Die Teilnahme der BF2 und 4 am Bildungsseminar "Vielfalt Nutzen Lernen" sowie an den monatlich stattfindenden Frauencafes der Pfarre XXXX und an weiteren Veranstaltungen geht aus den Schreiben von ALOM - Verein für Arbeit und Lernen Oberes Mühlviertel - vom 21.10.2013 und 11.02.2016, aus der Teilnahmebestätigungen Frauen Trainings Zentrum vom 26.06.2013 sowie aus dem Schreiben der XXXX - Betriebsseelsorge Oberes Mühlviertel vom 18.01.2015 hervor.

Die Teilnahme des BF3 an den Kursen Asyl IIIa und IIa ist den Bestätigungen des Vereins Begegnung Arcobaleno vom 12.08.2013 und 29.04.2013 zu entnehmen.

Dass bei der BF2 Bargeld in Höhe von € 20.000,-- gefunden wurde, geht aus einem aktuellen Schreiben des BFA hervor.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

Die vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihm in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Das BFA hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist - wie bereits erwähnt - auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Insofern kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau auch die erforderliche Aktualität zu.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die BF1-6 sind auch in ihrer Beschwerde den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, nicht substantiiert entgegengetreten.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keine stichhaltigen Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen der belangten Behörde zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

Die Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat beruht darauf, dass die BF1-6 weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung gemäß § 46 aus von den BF1-6 zu vertretenden Gründen nicht möglich wäre (§ 52 Abs. 9 FPG).

Zur rechtlichen Begründung, weshalb eine Interessensabwägung im Lichte des Art. 8 EMRK im gegenständlichen Fall zugunsten einer Aufenthaltsbeendigung auszugehen hatte, darf im Übrigen auf die Punkte 3.3. ff samt der dort angeführten Judikatur des EGMR, VfGH und VwGH verwiesen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 34 AsylG ist in den gegenständlichen Fällen von einem Familienverfahren auszugehen.

Zu A)

3.2. Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung (§ 55 AsylG sowie § 52 FPG):

Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" betitelte § 55 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

Gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 begründen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. [...]

Gemäß § 16 Abs. 5 BFA-VG begründet eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 oder ein diesbezüglicher Vorlageantrag kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. § 58 Abs. 13 AsylG 2005 gilt.

§ 10 Abs. 3 AsylG 2005 lautet:

"(3) Wird ein Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."

Gemäß § 52 Abs. 3 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Nach § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).

Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u. a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Sofern durch eine Ausweisung eines Fremden in gewissem Maße in sein Familien- oder/und in sein Privatleben eingegriffen wird, bedarf es folgerichtig einer Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den Interessen des Fremden an einem Verbleib im Aufnahmeland im Hinblick auf die Frage, ob dieser Eingriff iSd Art 8 Abs 2 EMRK notwendig und verhältnismäßig ist, wobei vorauszuschicken ist, dass die Ausweisung eines Asylwerbers aus dem österreichischen Bundesgebiet nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens jedenfalls der innerstaatlichen Rechtslage nach einen gesetzlich zulässigen Eingriff darstellt.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

3.3. Eingriff in das Privat- oder Familienleben

Die BF3-6 hielten sich von Juni 2012 bis August 2017 und die BF1-2 halten sich seit Dezember 2012 durchgehend im Bundesgebiet auf. Am 24.08.2017 wurden die BF3-6 nach Armenien abgeschoben. Die BF 3-6 hielten sich somit fünf Jahre und zwei Monate und die BF1-2 halten sich seit fünf Jahren und fünf Monaten im Bundesgebiet auf. Im Bundesgebiet halten sich keine weiteren Verwandten der BF1-2 auf und wurden diesbezüglich auch keine anderen Ausführungen in der Beschwerde getroffen.

Zudem sind die BF1-2 bzw. waren die BF3-6 gleichermaßen von einer Rückkehrentscheidung betroffen (VwGH 19.12.2012, Zl. 2012/22/0221 mwN). Somit liegt im gegenständlichen Fall kein schützenswertes Familienleben vor.

Es ist weiters zu prüfen, ob Aspekte eines schützenswerten Privatlebens vorliegen, welche die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 allenfalls erforderlich erscheinen ließen bzw. ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben der BF1-6 eingegriffen wird bzw. wurde und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK).

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

Fünf Jahre und zwei Monate bzw. fünf Jahr und fünf Monate Aufenthaltsdauer in Österreich stellen zwar eine nicht unwesentliche Dauer dar, die zu Gunsten der BF1-6 ausschlägt, führt aber per se nicht dazu, dass ein Eingriff in das Privat und Familienleben für unzulässig zu erklären wäre. Ferner wird die Relevanz der Aufenthaltsdauer erheblich gemindert, zumal die BF1-6 lediglich aufgrund ihres Asylverfahrens zum vorläufigen Aufenthalt in Österreich berechtigt waren und sie sich ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen sein mussten.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich die BF1-6 einer falschen Identität bedienten und behaupteten, syrische Staatsbürger zu sein, was eine Verwaltungsübertretung nach dem FPG sowie eine Verletzung der Mitwirkungsverpflichtung nach dem AsylG darstellt.

Darüber hinaus ist die illegale Einreise in das Bundesgebiet als relevanter Verstoß gegen die Einwanderungsbestimmungen in die Interessensabwägung einzubeziehen ist (VwGH 25.02.2010, 2009/21/0165; 25.02.2010, 2009/21/0070).

Die Tatsache, dass bei der BF2 €20.000,-- gefunden wurden, lässt zudem darauf schließen, dass bei den BF1-6 keine Hilfsbedürftigkeit vorliegt bzw. vorlag, welche den uneingeschränkten Bezug von Leistungen der Grundversorgung rechtfertigt bzw. gerechtfertigt hat.

In Anbetracht dieser Umstände - illegale Einreise, unbegründeter Antrag auf internationalen Schutz unter Anführung einer falschen Identität einschließlich einer falschen Staatsangehörigkeit sowie dem Verschweigen von Vermögenswerten - sind gravierende öffentliche Interessen festzustellen, die für einen Eingriff in das Familien- und Privatleben sprechen.

Die BF1-4 Er waren nie legal erwerbstätig und haben keine Ausbildung absolviert. Die BF3-4 waren gemeinnützig tätig, was bei der gegenständlichen Abwägungsentscheidung nicht besonders stark ins Gewicht fällt, zumal hierdurch eine nachhaltige Integration der BF1-2 im Arbeitsmarkt, welche auch künftig auf seine Selbsterhaltungsfähigkeit schließen ließe, aktuell nicht erkannt werden kann.

Auf die Einstellungszusagen zugunsten der BF3-4 kommt es in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht an. Damit ist ihnen eine Einstellung zugesagt worden, dh. ein Arbeitsplatz, den sie nur antreten könnten, wenn die erforderlichen Bewilligungen erteilt werden würden. Diese Einstellungszusagen sind kein Beleg für ihre Selbsterhaltungsfähigkeit, sondern allenfalls ein Hinweis darauf, dass sie, sofern sie sich auf dem entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich bewähren würden, in die Situation kommen könnten, ihren Lebensunterhalt aus Eigenem zu bestreiten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kommt einer Einstellungszusage etwa gegenüber einem Asylwerber, der nur über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach asylrechtlichen Vorschriften und nicht über eine Arbeitserlaubnis verfügt, keine wesentliche Bedeutung zu [VwGH 22.2.2011, 2010/18/0323 mwN].)

Die Feststellung der strafrechtlichen Unbescholtenheit der BF1-4 stellt der Judikatur folgend weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420).

Die BF1-6 sprechen aufgrund der Absolvierung von Deutschqualifizierungsmaßnahmen, dem mehrjährigen Aufenthalts in Österreich und dem Schul- bzw. Kindergartenbesuch der BF5-6 mittlerweile auf einem guten Niveau die deutsche Sprache. Soweit die BF1-6 diese Deutschkenntnisse vorbrachten, war ihnen ein gewisses Maß an (sprachlicher) Integration zuzubilligen. Darüber hinaus pflegen bzw. pflegten die BF1-6 soziale Kontakte zu Gemeindemitgliedern und engagieren bzw. engagierten sich in der Pfarre, im Elt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten