Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek sowie Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde
1.) des F und 2.) der H Gesellschaft m.b.H., beide vertreten durch Dr. R., Dr. C, Dr. H. und Dr. S, Rechtsanwälte in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 26. Mai 1993, Zl. 36.899/4-X/7/93, betreffend Abstandnahme von einer Preisbestimmung für Stromrücklieferungen in das Netz der TIWAG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten) hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die in Osttirol ein Kraftwerk betreibt. Mit Eingabe vom 12. September 1991 an das Amt der Tiroler Landesregierung wurde ein Antrag auf Preisfestsetzung für elektrische Energie betreffend die Einlieferung in das Netz der Tiroler Wasserkraftwerke Aktiengesellschaft (TIWAG) in Osttirol gestellt, und zwar dahingehend, die Behörde möge den Mindestpreis im gleichen Maße erhöhen, in welchem der TIWAG die Erhöhung der Strompreise ab 1. März 1991 bewilligt worden sei, das seien bei bestimmten, im Einzelnen aufgezählten Preisen durchlaufend 7,7 %. Nach der Begründung dieses Antrages habe die Betreibergesellschaft mit der TIWAG einen Vertrag über die Errichtung und den Betrieb einer Wasserkraftanlage in Osttirol im Jahr 1984 abgeschlossen. Unter anderem sei in Punkt XIV. des Vertrages vereinbart worden, dass jener Teil des Energiedargebotes, der nicht dem Werk der Antragsteller diene, an die TIWAG weitergegeben werde. Hinsichtlich des Strompreises sei im Punkt XV. des Vertrages vereinbart worden, dass die TIWAG für die gelieferte Überschussenergie auf Vertragsdauer für die Wirkarbeitsmengen (kWh) die normalen, Bestandteil des jeweils in Kraft stehenden TIWAG-Preisbescheides bildenden Rücklieferarbeitspreise, und zwar die Arbeitspreise für Rücklieferer ohne Zusatzbezug aus dem TIWAG-Landesnetz, bezahle. Nach dem Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 27. Februar 1991 dürfe die TIWAG für Stromlieferungen und damit zusammenhängende Nebenleistungen ab 1. März 1991 auf die sich nach dem Preisbescheid vom 25. März 1986 ergebenden Rechnungssummen einen Zuschlag im Ausmaß von 7,7 % vornehmen. Die TIWAG wolle aber nur einen pauschalen Zuschlag zu den bisher geltenden Preisen in der Höhe von 5,9 % gegenüber der Betreibergesellschaft in Anwendung bringen.
Hinsichtlich der weiteren Vorgeschichte der vorliegenden Beschwerde wird auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 1992, B 1434/91, und auf den hg. Beschluss vom 26. Juni 1992, Zlen. 92/17/0127, 0149, hingewiesen.
Mit einer als "Beschwerde" bezeichneten Eingabe vom 19. August 1992 an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten stellten die beschwerdeführenden Parteien an diesen einen Devolutionsantrag, weil der Landeshauptmann von Tirol über ihren Antrag vom 12. September 1991 auf Preisfestsetzung nicht entschieden habe.
1.2. Mit Bescheid vom 26. Mai 1993 - dem angefochtenen Bescheid - wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten im ersten Spruchpunkt den Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über ihren Antrag vom 12. September 1991 auf Preisbestimmung für die Einlieferung elektrischer Energie in das Netz der TIWAG in Osttirol an den Bundesminister und auf Entscheidung desselben in der Sache im Sinne des Preisantrages vom 12. September 1991 gemäß § 73 Abs. 2 AVG als unzulässig zurück.
Der zweite Spruchpunkt lautet:
"2. Von einer Preisbestimmung auf Grund des unter obigem Punkt 1 bezeichneten Preisantrages vom 12. September 1991 wird gemäß § 1 a Abs. 1 und § 2 Abs. 1 des Preisgesetzes, BGBl. Nr. 260/1976, in der Fassung der Preisgesetznovelle 1988, BGBl. Nr. 337, in Verbindung mit § 20 Abs. 3 des Preisgesetzes 1992, BGBl. Nr. 145, Abstand genommen."
In der Begründung dieses Bescheides heißt es zum ersten Spruchpunkt:
"Der als 'Beschwerde' bezeichnete Devolutionsantrag vom 19. August 1992 ist unzulässig, da die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Preisantrag der Antragsteller vom 12. September 1991 bereits mit 6. Juni 1992 vom Landeshauptmann von Tirol an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten übergegangen ist.
Gemäß § 20 Abs. 3 des mit 1. Juni 1992 in Kraft getretenen Preisgesetzes 1992 ist auf bei Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängige Preisbestimmungsverfahren weiterhin das Preisgesetz BGBl. Nr. 260/1976, zuletzt geändert durch die Preisgesetznovelle 1988, BGBl. Nr. 337" - (in der Folge kurz als PreisG 1976 bezeichnet) - "anzuwenden.
Da der dem Devolutionsantrag zugrundeliegende Preisantrag vom 12. September 1991 beim Amt der Tiroler Landesregierung bereits am 16. September 1991 eingelangt ist, ist somit auf diesen Antrag das Preisgesetz 1976 anzuwenden. Daraus folgt des weiteren, daß auf den gegenständlichen Preisantrag nicht die derzeit geltenden Delegierungsverordnung vom 5. Juni 1992, Zl. 36.900/7-III/7/92, verlautbart im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' Nr. 131 vom 6. Juni 1992, anzuwenden ist, da diese nicht aufgrund des auf den gegenständlichen Antrag anzuwendenden Preisgesetzes 1976, sondern aufgrund des Preisgesetzes 1992 erlassen worden ist. Die aufgrund des Preisgesetzes 1976 erlassene Delegierungsverordnung ist gemäß § 2 Abs. 2 der derzeit geltenden Delegierungsverordnung mit Ablauf des 5. Juni 1992 außer Kraft getreten. Für den gegenständlichen Preisantrag vom 12. September 1991 besteht somit derzeit keine Delegierung des Landeshauptmannes von Tirol, noch bestand eine solche zur Zeit der Einbringung des Devolutionsantrages (vom 19. August 1992), sodaß die Zuständigkeit des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Entscheidung über den Preisantrag vom 12. September 1991 schon aufgrund der Bestimmungen des Preisgesetzes 1976 in Verbindung mit § 20 Abs. 3 des Preisgesetzes 1992 gegeben ist und ein Devolutionsantrag nach § 73 AVG daher nicht in Betracht kommt. Der Preisantrag wäre nach Übergang der Zuständigkeit an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vielmehr vom Amt der Tiroler Landesregierung von Amts wegen zuständigkeitshalber an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zu übermitteln gewesen. Der Devolutionsantrag war daher als unzulässig zurückzuweisen."
Hinsichtlich des zweiten Spruchpunktes wird in der Begründung ausgeführt, die belangte Behörde sehe sich zu einer behördlichen Preisbestimmung eines Mindestpreises für die Stromlieferungen der beschwerdeführenden Parteien an die TIWAG nicht veranlasst. Gemäß § 2 Abs. 1 PreisG 1976 in der Fassung BGBl. Nr. 337/1988, könne der Bundesminister auf Antrag oder von Amts wegen für Lieferungen elektrischer Energie volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise bestimmen. Es liege somit im freien Ermessen der Preisbehörde, ob die Preise behördlich bestimmt würden oder nicht. Die Preisbehörde habe vom freien Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch zu machen. Aus der Ermächtigung zur Bestimmung volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preise ergebe sich, dass die behördliche Preisbestimmung öffentlichen Interessen im Bereich der Volkswirtschaft diene. Eine behördliche Preisbestimmung liege also nur dann im Sinne des Gesetzes, wenn von ihr volkswirtschaftliche Auswirkungen zu erwarten seien. Im vorliegenden Fall wäre aber von einer Preisbestimmung überhaupt kein volkswirtschaftlicher Effekt zu erwarten, weil der Bundesminister Mindestpreise nur für die Einlieferungen der Antragsteller, und zwar nur auf Grund des vorliegenden Antrages, bestimmen könnte, der Anteil der Einlieferungen der Antragsteller an der gesamten Einspeisung von Strom in das öffentliche Netz der TIWAG aber viel zu gering sei, als dass mit einer solchen Preisbestimmung ein volkswirtschaftlicher Effekt erzielt werden könnte. Die Einlieferungen der Beschwerdeführer hätten nur einen Anteil von weniger als 4 % an der gesamten Einlieferungsmenge der ca. 100 Einlieferer. Es wäre nicht im Sinne des Gesetzes, für bloß zwei Antragsteller eine behördliche Preisbestimmung vorzunehmen, während für die übrigen keine solche Regelung bestehe. Über den Preis des Einspeisungsstromes bestünden zwischen den beschwerdeführenden Parteien und der TIWAG vertragliche Regelungen. Zur Auslegung privatrechtlicher Verträge seien im Streitfall die ordentlichen Gerichte zuständig. Die Preisbestimmung sei im Übrigen rückwirkend beantragt worden, was im Gesetz keine Deckung finde.
1.3. Gegen den Punkt 2. des Spruches dieses Bescheides erhoben die beschwerdeführenden Parteien zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 28. Februar 1994, B 1285/93, die Behandlung dieser Beschwerde ab. Antragsgemäß wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
1.4. Mit Beschluss vom 27. Jänner 1995, Zl. 94/17/0172, gab der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ergänzung der dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde gemäß § 46 VwGG statt.
1.5. Vor dem Verwaltungsgerichtshof machen die beschwerdeführenden Parteien Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Verletzung von Verfahrensvorschriften werde darin erblickt, dass eine Anhörung der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs und des Österreichischen Arbeiterkammertages sowie überhaupt eine Prüfung des Antrages - nach Durchführung eines sachgerechten Beweisverfahrens - nicht erfolgt sei. Die Beschwerdeführer seien in ihrem Recht verletzt, einen Bescheid zu erhalten, in welchem ein Mindestpreis für die Einlieferung ihrer elektrischen Energie in das Netz der TIWAG festgesetzt werde.
Eine Durchführung des im § 2 Abs. 5 PreisG 1976 vorgesehenen Vorprüfungsverfahrens und Begutachtungsverfahrens sei nicht erfolgt. Darin allein schon sei ein erheblicher Mangel zu erblicken. Es wäre unzutreffend, die Einschaltung der Preiskommission erst dann für notwendig zu erachten, wenn fest stehe, ob überhaupt ein Preis festzusetzen sei. Dies hätte zur Folge, dass über das "Ob" der Bundesminister allein (ohne Preiskommission) entscheide. Eine solche Differenzierung zwischen "Ob" und "Wie" sei dem Gesetz nicht entnehmbar. Die Ermessensentscheidung, ob eine Preisregelung vorgenommen oder der privatautonomen Preisvereinbarung überlassen bleibe, sei im Sinne des Gesetzes mit volkswirtschaftlichen Überlegungen zu begründen.
Die Notwendigkeit einer Preisregelung ergebe sich daraus, dass die Abgabe des Überschuss-Stromes nur an die jeweilige Landesgesellschaft erfolgen könne. Diese habe für diese Nachfrage die Position eines Monopolunternehmens. Nur sie komme als Abnehmer in Betracht.
In den weiteren Ausführungen wird dargetan, dass die Erzeugung elektrischer Energie durch heimische Wasserkraft im öffentlichen Interesse liege.
In Tirol werde von der TIWAG für die Einspeisung von Sommerenergie ein wesentlich geringerer Preis bezahlt, als in den übrigen Bundesländern. In den meisten Bundesländern gebe es für die Einlieferungspreise eine Verordnung des Landeshauptmannes. Nur in Tirol und Salzburg fehle eine solche. Im Übrigen habe auch der Bundesminister eine Verordnung über Rücklieferungspreise für grenzüberschreitende Energielieferungen erlassen, sohin diese Regelungsnotwendigkeit anerkannt. Auch hierin zeige sich, dass eine preisbehördliche Festsetzung eines Mindestpreises für Rücklieferungen geboten sei.
Im Übrigen stehe nicht die Frage der Auswirkung der Preisfestsetzung im Einzelnen in Frage, sondern die volkswirtschaftliche Rechtfertigung an sich. Die TIWAG sei nicht bereit, einen volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preis zu bezahlen. Auch komme es nicht auf Tirol als Bezugsgröße an, weil Osttirol ein regional abgeschlossener Wirtschaftsraum sei und die Erzeugung der Kleinkraftwerke dort ca. 20 % der verbrauchten Energie ausmache. Auch wenn sich nur ein Kleinkraftwerk als Testfall zur Verfügung stelle, müsse die Notwendigkeit einer sachgerechten Preisfestsetzung in gleicher Weise behandelt werden, wie wenn ein Sammelantrag aller Kleinkraftwerke eingebracht worden wäre. Im Verwaltungsverfahren sei dargelegt worden, dass die von der TIWAG bezahlten Preise in keinem Fall kostendeckend seien. In der Bundesrepublik Deutschland werde von Gesetzes wegen der Preis für analoge Einlieferungen mit 75 % des jeweiligen Verbraucherpreises festgesetzt. Hier habe die TIWAG die Erhöhung ihrer Stromabgabepreise nicht zum Anlass genommen, die Rücklieferungspreise der beschwerdeführenden Parteien analog zu erhöhen.
1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 20 Abs. 3 des Preisgesetzes 1992, BGBl. Nr. 45, ist auf die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (das war gemäß § 20 Abs. 1 am 1. Juni 1992) anhängigen Preisbestimmungsverfahren weiterhin das Preisgesetz, BGBl. Nr. 260/1976 (hier bezeichnet als: PreisG 1976), zuletzt geändert durch die Preisgesetznovelle 1988, BGBl. Nr. 337, anzuwenden.
Gemäß § 1a Abs. 1 erster Satz PreisG 1976 können für Sachgüter und Leistungen, die in der Anlage zu diesem Bundesgesetz bezeichnet sind, nach Maßgabe des § 2 volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise und Entgelte bestimmt werden. In der erwähnten Anlage werden unter Punkt I.7. in der Fassung BGBl. Nr. 288/1980 "Energielieferungen jeder Art, wie elektrische Energie, Gas und Fernwärme, und damit zusammenhängende Nebenleistungen" aufgezählt.
§ 2 PreisG 1976, zuletzt in der Fassung BGBl. Nr. 337/1988, lautet auszugsweise:
"(1) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten kann auf Antrag oder von Amts wegen volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise und Entgelte für die im § 1 a Abs. 1 genannten Sachgüter und Leistungen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften bestimmen.
(2) Preise und Entgelte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind volkswirtschaftlich gerechtfertigt, wenn sie sowohl den bei der Erzeugung und im Vertrieb oder bei der Erbringung der Leistung jeweils bestehenden volkswirtschaftlichen Verhältnissen als auch der jeweiligen wirtschaftlichen Lage der Verbraucher oder Leistungsempfänger bestmöglich entsprechen.
Die Preise können als Höchst-, Fest- oder Mindestpreise bestimmt werden; für Entgelte gilt dies sinngemäß.
(3) Beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten wird unter dem Vorsitz des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten oder eines von ihm bestellten Vertreters eine Preiskommission gebildet. Ihr gehören weiters an:
a) je ein Vertreter des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums für Finanzen;
b) je ein Vertreter der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs und des Österreichischen Arbeiterkammertages.
(4) ...
(5) Anträge sind beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten einzubringen und von diesem einer Vorprüfung zu unterziehen. Im Vorprüfungsverfahren hat die Behörde den Antragsteller zu hören und Vertretern der Bundesministerien für Land- und Forstwirtschaft und für Finanzen sowie der im Abs. 3 lit. b bezeichneten Körperschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Nach Abschluß des Vorprüfungsverfahrens ist der Antrag mit allen Unterlagen der Preiskommission zur Begutachtung vorzulegen.
(6) Werden im Vorprüfungsverfahren oder im Verfahren vor der Preiskommission Betriebsprüfungen vorgenommen, so sind die Prüfungsunterlagen den Vertretern der im Abs. 5 bezeichneten Bundesministerien und Körperschaften beziehungsweise den Mitgliedern der Preiskommission zur Stellungnahme zu übermitteln. Vertreter der überprüften Unternehmen können von der Behörde zur weiteren Auskunftserteilung sowohl im Vorprüfungsverfahren als auch zur Preiskommission vorgeladen werden."
§ 7 Abs. 1 PreisG 1976 bestimmt:
"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten kann, soweit § 4 Abs. 9 nicht anderes bestimmt, die Landeshauptmänner durch Verordnung oder für den Einzelfall durch Bescheid beauftragen, die ihm nach diesem Bundesgesetz zustehenden Befugnisse in seinem Namen auszuüben, sofern die bei der Preisbestimmung zu berücksichtigenden Umstände in den einzelnen Bundesländern verschieden sind oder dies sonst im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist. Die Landeshauptmänner haben bei der Ausübung dieser Befugnisse anstelle der im § 2 Abs. 3 lit. b genannten Körperschaften sinngemäß die entsprechenden Körperschaften ihres örtlichen Bereiches zu hören."
2.2. Zutreffend geht die belangte Behörde davon aus, dass der vorliegende Antrag der beschwerdeführenden Parteien vom 12. September 1991 auf Bestimmung eines Mindestpreises für die Lieferung von elektrischer Überschussenergie aus dem Kraftwerk der beschwerdeführenden Parteien in Osttirol an die TIWAG einer bescheidmäßigen Erledigung bedurfte. Dementsprechend hat sie als zuständige Behörde (es kann dahingestellt bleiben, ob im Devolutionswege zuständig geworden oder originär zuständig) den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen. Aus den in der Bescheidbegründung im Einzelnen dargelegten Gründen gelangte sie zu Recht zum Ergebnis, dass in der vorliegenden Angelegenheit "zu entscheiden" war.
Nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides hat die belangte
Behörde "von einer Preisbestimmung auf Grund des ... Preisantrages
vom 12. September 1991 ... Abstand genommen". Dieser Spruch ist
gesetzeskonform nicht als die Ablehnung einer Zuständigkeit oder als Verweigerung eines behördlichen Tätigwerdens bei der Erledigung des Antrages aufzufassen, sondern als eine meritorische Erledigung des Inhaltes, dass die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen dahingehend Gebrauch gemacht hat, dass dem Preisbestimmungsantrag nicht Folge gegeben werde. Für diese Ermessensentscheidung hat sie auch eine Begründung gegeben.
Diese Auslegung des Abspruches ist deswegen geboten, weil das PreisG 1976 eine bescheidmäßige Preisbestimmung nicht nur von Amts wegen, sondern auch auf Antrag ermöglicht. Wenn das Gesetz eine bescheidförmige Preisbestimmung, eine Verfahrensinitiative auf Antrag und diesfalls ein Vorprüfungsverfahren und eine Begutachtung durch die Preiskommission vorsieht, dann wird damit normiert, dass es Fälle gibt, in denen den Antragstellern Parteiengehör, Anspruch auf Durchführung des vorgesehenen Ermittlungsverfahrens und Anspruch auf eine begründete Erledigung eingeräumt sind. Mit anderen Worten, dieser Verfahrensauslösung "auf Antrag" korrespondiert ein Antragsrecht; diese den Antragstellern eingeräumte verfahrensrechtliche Handlungsermächtigung ist nicht als bloße "Anregungs"-Möglichkeit, wie sie jedermann schon durch das Petitionsrecht eingeräumt ist, zu verstehen (vgl. zur selben Rechtslage bei der Preisregelung vor dem PreisG 1976 bereits Rill, Grundfragen des österreichischen Preisrechts III, ÖZW 1975, 97, 103 und 105).
Ein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber seiner Regelung (auch schon im PreisG 1976) diesen mit dem Parteibegriff korrelierten Begriff des Antrages im technischen Sinn zugrundegelegt hat, ergibt sich aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage 336 BlgNR 18. GP, 14, zu § 10 des PreisG 1992, der gegenüber dem PreisG 1976 unverändert vorsieht, dass Preise "von Amts wegen oder auf Antrag bestimmt werden" können. Dort heißt es in diesem Zusammenhang:
"Antragsberechtigt im Sinne des Abs. 1 erster Satz sind die Normadressaten einer behördlichen Preisbestimmung, das heißt die Unternehmer, deren Preise bestimmt werden sollen (vgl. Beschluß des VfGH vom 3. Oktober 1981, V 7/81-9). 'Anträge' von (gesetzlichen) Interessenvertretungen sind keine Anträge im Sinne dieser Bestimmung, sondern nur als Anregungen zur Einleitung eines amtswegigen Preisbestimmungsverfahrens zu werten."
Liegt bei den Antragstellern eine rechtliche Betroffenheit und nicht eine bloße Berührung ihrer wirtschaftlichen Interessen vor - sie sind diesfalls Parteien des angestrebten Verfahrens -, dann kann keine Rede davon sein, dass die Preisbehörde über das "Ob" einer Preisbestimmung eine vom Antragsgegenstand losgelöste, im völlig freien Ermessen (im Sinne eines präkonstitutionellen Handlungsermessens) liegende Entscheidung treffen dürfte. Es ist der belangten Behörde zu attestieren, dass sie sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auf solche Erwägungen gestützt hat. Unzutreffend ist hingegen die Rechtsmeinung in der Gegenschrift, wo es heißt: "Auf die Bestimmung volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preise hat auch niemand ein subjektives Recht. Die behördliche Preisbestimmung bezweckt vielmehr den Schutz objektiver volkswirtschaftlicher Interessen und erfolgt keineswegs im Interesse einzelner Verbraucher oder sonstiger Personen." Wenn sich die Gegenschrift dabei auf Oberndorfer/Binder, Strompreisbestimmung aus rechtlicher Sicht, Linz 1979, 45 und 84, stützt, dann scheint sie die - zumindest - missverständliche Formulierung auf Seite 45 vor Augen zu haben, wo es heißt, dass "die zitierte Gesetzesbestimmung (§ 2 Abs. 1 PreisG 1976) wegen der Einräumung eines freien Ermessens an die Verwaltungsbehörde im allgemeinen keinen Rechtsanspruch auf Preisfestsetzung begründet." Die Gegenschrift übersieht bei diesem Zitat allerdings, dass diese Ausführungen von Oberndorfer/Binder immerhin im Zusammenhang mit dem von ihnen zu Recht verneinten Antragsrecht von Stromverbrauchern stehen und sie an anderer Stelle (Seite 42) ebenso zu Recht auch hinsichtlich des "Ob" einer Strompreisbestimmung eine begründungsbedürftige Entscheidung fordern (wobei sich diese Ausführungen wohl auf Preisbestimmungen auf Antrag beziehen dürften).
Aus diesen bisherigen Überlegungen folgt, dass im angefochtenen Bescheid eine die Handhabung des Ermessens begründende Sacherledigung des Strompreisantrages der beschwerdeführenden Parteien zu erblicken ist.
2.3. Die belangte Behörde hat das Antragsrecht der beschwerdeführenden Parteien nicht in Zweifel gezogen, somit die Möglichkeit der Betroffenheit der beschwerdeführenden Parteien in ihrer Rechtssphäre nicht von vornherein ausgeschlossen.
Auch beim Verwaltungsgerichtshof sind keine Zweifel an der Antragslegitimation der Beschwerdeführer und ihrer Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof entstanden. Die beschwerdeführenden Parteien sind nicht Stromabnehmer (vgl. zur Verneinung diesbezüglicher Rechte und rechtlichen Interessen von Stromabnehmern das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1985, Zl. 85/11/0131 = ZfVB 1986/1/403, und den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1981, Slg. Nr. 9221), sondern Stromerzeuger, die sich hinsichtlich des Rücklieferungsentgeltes für Überschussenergie einem Nachfragemonopolisten gegenübersehen (vgl. zur Bejahung der Legitimation zur Beschwerdeführung eines solchen Stromerzeugers vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen der Möglichkeit, in seiner Rechtsposition berührt zu werden, das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1992, Zl. 89/17/0240, das auch hier aussagekräftig ist, weil es bei dieser Konstellation auf dem Markt für das rechtliche Interesse der Antragsteller keinen Unterschied macht, ob entsprechend dem Antrag ein Mindestpreis bestimmt oder erhöht werden soll).
2.4. Wenn die belangte Behörde keine volkswirtschaftliche Rechtfertigung für die beantragte Preisbestimmung sieht, weil eine Preisbestimmung für die in das Netz der TIWAG eingespeiste Überschussenergie der Beschwerdeführer von unter 4 % der Gesamteinspeisungen in dieses Netz keinen "volkswirtschaftlichen Effekt" erwarten lasse, so ist dem entgegenzuhalten, dass dies nur einer der in Betracht zu ziehenden Entscheidungsparameter ist. Die Entscheidung über die Strompreisbestimmung hat nämlich nicht ausschließlich Prognosecharakter, sie kann vielmehr auch dazu dienen, auf einem Markt, hier insbesondere einem durch eine Monopolsituation gekennzeichneten Markt, einen (schon) bisher bestehenden Zustand zu korrigieren, bei dem der tatsächliche Preis nicht den bei der Erzeugung und im Vertrieb oder bei der Erbringung der Leistung jeweils bestehenden volkswirtschaftlichen Verhältnissen sowie der jeweiligen wirtschaftlichen Lage der Verbraucher oder Leistungsempfänger bestmöglich entspricht. Würde sich herausstellen, dass der schon bisher vom Nachfragemonopolisten in einem der zwei Bundesländer, in denen eine Mindestpreisverordnung nicht besteht (Tirol, Salzburg), bezahlte Preis niedriger wäre als der volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preis, dann wäre dem Gesetz zum Durchbruch zu verhelfen, wobei es die belangte Behörde in der Hand hätte, im Wege der Weisungserteilung an den Landeshauptmann für eine gleichmäßige Behandlung aller Wirtschaftssubjekte gleicher Lage Sorge zu tragen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag somit insoweit den in der Bescheidbegründung angestellten Erwägungen nicht zu folgen. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen auf diese Erwägungen gestützt und ihn infolgedessen dadurch mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
2.5. Die beschwerdeführenden Parteien haben in ihrem Antrag und im Schriftsatz vom 16. April 1993 eine ganze Reihe wirtschaftlicher Sachverhalte zur Begründung ihres Antrages ins Treffen geführt. Im erwähnten Schriftsatz vom 16. April 1993 haben sie die Überprüfung dieser ihrer Angaben durch Sachverständige beantragt und ihren Antrag "auf angemessene Erhöhung und/oder Festsetzung von Rücklieferpreisen, insbesondere in den Sommermonaten (Anpassung an Verbundpreis) und ein Leistungspreisäquivalent für die Gesamteinlieferung von derzeit 3,3 Groschen pro KWH" wiederholt.
Ungeachtet dessen hat es die belangte Behörde - in Verkennung des Umstandes, dass ihre rechtliche Begründung, die keine weiteren Feststellungen erfordert hätte, den Bescheid nicht zu tragen vermag (siehe oben Punkt 2.4.) - entgegen der zwingenden Verfahrensvorschrift des § 2 Abs. 5 PreisG 1976 idF BGBl. Nr. 337/1988 unterlassen, im Vorprüfungsverfahren den Vertretern der dort genannten Bundesminister sowie der im § 2 Abs. 3 lit. b PreisG 1976 bezeichneten Körperschaften (Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, Österreichischer Arbeiterkammertag) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Auch wurde es unterlassen, nach Abschluss des Vorprüfungsverfahrens den Antrag mit allen Unterlagen der Preiskommission zur Begutachtung vorzulegen, wie dies gleichfalls im § 2 Abs. 5 leg. cit. angeordnet ist. Das Gesetz enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein zulässiger Antrag dann nicht dem gesetzlich vorgesehenen Ermittlungsverfahren unterzogen werden müsste, wenn der Bundesminister aus den seiner Auffassung nach gegebenen volkswirtschaftlichen Gründen von der Preisbestimmung Abstand nehmen möchte (vgl. dazu Rill, aaO, 103, 104, wonach bei Verfahrenseinleitung auf Grund eines Antrages das Vorprüfungsverfahren durchzuführen und hierauf die Stellungnahme der Preiskommission einzuholen ist und auf Grund der Ergebnisse des Vorprüfungsverfahrens und der Stellungnahme der Preiskommission die Entscheidung darüber zu treffen ist, ob überhaupt eine Preisregelung vorzunehmen ist; bejahendenfalls sei sodann der volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preis zu bestimmen).
Wenn der belangte Bundesminister in der Gegenschrift für diese Rechtsansicht den Wortlaut, die zuständige Behörde habe "vor jeder Preisbestimmung ein Vorprüfungsverfahren durchzuführen" ins Treffen führt, aus dem sich ergebe, dass bei negativer Urteilsbildung über das "Ob" einer Preisbestimmung ein solches Vorprüfungs- und Begutachtungsverfahren nicht durchzuführen sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass das Preisgesetz 1976 einen solchen Wortlaut nicht aufweist und sich auch aus dieser Wendung des § 10 Abs. 1 PreisG 1992 nichts gewinnen lässt. Wie unter Punkt 2.2. und 2.3. dieses Erkenntnisses dargestellt, handelt es sich nämlich um ein Antragsverfahren, das eine willkürliche Trennung in einen Abschnitt bis zur Entscheidung über das "Ob" und in einen solchen über das Ausmaß der Preisfestsetzung nicht zulässt. Vielmehr ordnet § 2 Abs. 5 PreisG 1976 in der Fassung BGBl. Nr. 337/1988, ohne eine solche Differenzierung erkennen zu lassen, an, dass Anträge beim Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten einzubringen und von diesem einer Vorprüfung zu unterziehen sind und dass der Antrag nach Abschluss des Vorprüfungsverfahrens mit allen Unterlagen der Preiskommission zur Begutachtung vorzulegen ist. Auch bei der Entscheidung über das "Ob", also die Nichtstattgabe des Antrages, hat die Feststellung der volkswirtschaftlichen Grundlagen für die getroffene Entscheidung in dem gesetzlichen Verfahren zu erfolgen. Im Beschwerdefall sind diese Entscheidungsgrundlagen somit nicht in der im § 2 PreisG festgelegten Weise erarbeitet worden (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1984, Slg. Nr. 10.313, und vom 11. März 1986, Slg. Nr. 10.820). Dieser Verfahrensmangel ist wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens bei der Feststellung der relevanten volkswirtschaftlichen Entscheidungsgrundlagen unter Berücksichtigung der in diesen Beratungsorganen repräsentierten Interessen zu einem anderen Bescheid gekommen wäre.
2.6. Aus diesen Erwägungen folgt, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit, und zwar vorrangig mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, belastet hat.
Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.7. Von der Durchführung der von den beschwerdeführenden Parteien beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG Abstand genommen werden.
2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
2.9. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 20. Dezember 1999
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Ermessen Ermessen VwRallg8 Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1994170172.X00Im RIS seit
11.09.2001