TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/3 L508 2188978-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.07.2018
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Entscheidungsdatum

03.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L508 2188978-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Pakistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.01.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan und der paschtunischen Volksgruppe sowie der sunnitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 31.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz (AS 1).

2. Im Rahmen der Erstbefragung am 01.09.2015 (AS 5 - 15) gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass sein Heimatdorf sehr abgeschieden liege. Die Taliban würden immer wieder in das Dorf kommen und von ihnen verlangen, sich ihnen anschließen. Von jedem Haus würden sie einen jungen Mann verlangen. Des Weiteren hätten sie seit 35 Jahren einen Grundstücksstreit mit einer Person im Dorf. Bei einer Rückkehr nach Pakistan habe er Angst vor den Taliban und dieser Person namens XXXX.

3. In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA) am 30.10.2015 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (in der Folge: Dublin III-VO), gestütztes - den Beschwerdeführer betreffendes - Wiederaufnahmegesuch an Ungarn (AS 57 - 63).

Das Konsultationsverfahren gemäß der Dublin III-VO führte letztlich zu keiner Zuständigkeit Ungarns.

4. Am 06.11.2015 wurde der Beschwerdeführer durch die Fachärzte für Radiologie Dr. XXXX und Univ. Doz. Dr. XXXX zur Bestimmung des Knochenalters untersucht (AS 77). Demnach seien sämtliche Epiphysenfugen an den Phalangen und Metacarpalia geschlossen. Die Epiphysenfuge an der Ulna sei knöchern durchbaut, am Radius kortikal nicht vollständig knöchern durchbaut, was ein Skelettalter entsprechend GP 30, finales Stadium Schmeling 3 ergebe.

5. Im Rahmen einer Einvernahme im Asylverfahren vor dem BFA am 17.01.2018 (AS 199 - 217) gab der BF - zu seinen Ausreisegründen befragt - zu Protokoll, dass er Pakistan wegen der Grundstücksstreitigkeiten seiner Eltern verlassen hätte. Es gebe jetzt eine Blutrache. Diese Feinde hätten Beziehungen zu den Taliban und seien sehr reich. Ferner hätten die Taliban im Ort junge Burschen gesammelt und diese gezwungen, sich dieser Gruppierung anzuschließen. Er hätte ein Video von 2017. In seinem Dorf seien siebzehn junge Burschen von den Taliban entführt worden. Es handle sich um die Burschen, die es abgelehnt hätten, sich freiwillig der Gruppierung anzuschließen. Seine Eltern seien umgezogen. Ihr Haus im Dorf sei kaputt geworden, weil sich niemand darum kümmern könne.

Nachgefragt zu Details führte der BF unter anderem aus, dass es die Probleme mit den Taliban in seinem Dorf schon länger gebe. Seine Agency sei seit langem von den Taliban besetzt und gebe es dort keine Regierungskräfte. Er sei nie persönlich von den Taliban zum Beitritt aufgefordert worden, aber er würde glauben, dass sein Vater schon angesprochen worden sei. Er habe als Kind die Taliban dort immer gesehen. Der Grundstücksstreit bestünde seit längerem. Er sei glaublich noch nicht geboren gewesen. Als er jung gewesen sei, habe man ihn immer von seinen Eltern wegnehmen wollen. Er sei die einzige Person in seiner Familie gewesen, die Opfer einer Entführung werden könnte. Sein Vater sei alt, sein Bruder beeinträchtigt und sein anderer Bruder noch klein. Sein Vater habe zudem in der Kindheit des BF eine Kopfverletzung erlitten. Dieser könne daher nicht gut sehen und habe mit dem Auge Probleme. Seine Mutter besitze das Grundstück seit 30 oder 35 Jahren. Er wisse es nicht genau. Man habe ihn von seiner Familie entführen und den Taliban geben wollen, weil seine Gegner Beziehungen zu den Taliban gehabt haben. Den Grund für den Grundstücksstreit wisse er nicht genau. Die fremden Personen hätten das Grundstück seinen Eltern wegnehmen wollen. Die Gegner seien mächtig, reich und könnten einen überall - auch im Punjab - gefährden. Agency-Bewohner seien überall auffindbar. Sie könnten es sich auch nicht leisten, im Punjab zu leben.

Die Taliban und seine Feinde seien sehr vernetzt. Wenn er von Europa zurückkehren würde, würde man ihn zwingen, sich den Taliban anzuschließen oder ihm etwas Anderes antun. Die Gegner im Grundstücksstreit würden XXXX und XXXX heißen. Er sei von diesen nie persönlich bedroht worden. Er hätte sie nicht gesehen. Seine Eltern seien wegen des Streites nicht zur Polizei gegangen. Die Taliban seien in Pakistan vernetzt. In Pakistan seien die Behörden sehr korrupt. Wenn man zahle, dann könne man alles machen. Das stehe auch in den Länderinformationen. Bei einer Rückkehr habe er Angst vor den Feinden und den Taliban.

Des Weiteren wurde dem BF angeboten, zu den von der belangten Behörde bereits zuvor an ihn übermittelten Länderfeststellungen eine Stellungnahme abzugeben. Diese Möglichkeit nahm der BF in Anspruch und führte aus: "Ja, ich möchte etwas sagen. Unser Ort Landikota wurde gar nicht genannt, die Vorfälle wurden nicht dokumentiert. Über Parachinar und Punjab wurde dokumentiert, über meinen Ort nicht. Wenn dort was wäre, hätte ich das lesen können." Auf eine entsprechende Erläuterung, wonach Informationen in den LIB bezüglich der Agency des BF vorhanden gewesen seien, erwiderte der BF schließlich: "Die Agency ist groß, über Parachinar gibt es Berichte, über unseren Ort nicht. Parachinar ist ein Teil der Agency. Unser Kreis ist ein Grenzgebiet zu Afghanistan. Es gibt dort immer Probleme. Zum Beispiel zwischen den zwei Regierungen. Dort ist unser Gebiet das Opfer. Das war alles."

Im Rahmen der Einvernahme brachte der BF unter anderem Teilnahmebestätigungen bezüglich des Projekts ALMA, des Kurses "Bildung für jugendliche Flüchtlinge" und des Kurses ALMA - Bildungsberatung für junge Flüchtlinge, ein ÖSD-Zertifikat - Niveau A1, eine Deutschkursbestätigung - Niveau A2/1, mehrere Fotografien von Familienangehörigen, pakistanische Bestätigungen über den Gesundheitszustand zweier Geschwister und mehrere Unterstützungsschreiben in Vorlage. Des Weiteren zeigte der BF am Mobiltelefon Fotografien eines Grundstücks in Pakistan, seines Vaters und seiner gesundheitlich beeinträchtigten Geschwister.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 29.01.2018 (AS 303 - 421) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Dem Fluchtvorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt und im Rahmen einer Eventualbegründung wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer bei Glaubhaftunterstellung seines Vorbringens die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative offen stünde und er staatlichen Schutz in Anspruch nehmen könnte. Des Weiteren wurde begründend dargelegt, warum nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

7. Am 29.01.2018 langte bei der belangten Behörde ein USB-Stick ein (AS 437). Auf diesem befanden sich weitere Bilder von den Verwandten des BF und Videoaufnahmen von einem zerstörten Haus sowie von Nachrichtenberichten über die Sicherheitslage in Pakistan bzw. das Vorgehen extremistischer Gruppierungen in der Herkunftsregion des BF.

8. Mit Verfahrensanordnungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2018 (AS 425, 426, 429 und 430) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt und dieser ferner gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG darüber informiert, dass er verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

9. Gegen den oa. Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 26.02.2018 (AS 443 - 478) in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

9.1. Zunächst wurde das bisherige Vorbringen wiederholt und moniert, dass seitens des Bundesamtes die Ermittlungspflichten nach § 18 AsylG nicht erfüllt worden seien. Obwohl der BF vorgebracht habe, dass ihm niemand gegen seine Verfolger helfen könne und es keine Regierung in seiner Heimat gebe, seien ihm dazu keine weiteren Fragen gestellt worden. Beispielsweise hätte die Behörde erfragen müssen, inwiefern die Polizei den BF gegen die Bedrohung der Taliban und der Feinde der Familie nicht unterstützt habe. Hinsichtlich der Asylantragstellung in anderen europäischen Ländern sei der BF ebenfalls nicht befragt worden. Letztlich seien dem BF auch keine Fragen zu seinen sozialen Bindungen in Österreich gestellt worden. Ferner habe der BF vorgebracht, dass niemand die Schule besuchen könne, da die Situation so schlecht sei. Auch diesbezüglich seien keine weiteren Fragen gestellt worden.

Obwohl der BF ausführlich geschildert habe, dass die Feinde der Familie bezüglich des Grundstücksstreits reich und mächtig seien sowie Kontakte zu den Taliban hätten, habe das BFA nicht nachgefragt. Aus diesem Grunde sei unberücksichtigt geblieben, dass der BF als ältester Sohn und Erbe jedenfalls Verfolgung zu berücksichtigen habe.

Die belangte Behörde spreche dem BF bezüglich der Grundstücksstreitigkeit die Glaubwürdigkeit ab, da diese bereits 30 Jahre andauere und es daher nicht verständlich wäre, dass der BF gerade jetzt flüchten musste. Wäre der BF näher dazu befragt worden, hätte er erklären können, dass die Bedrohung gegenüber ihm erst jetzt zugenommen habe, weil er kein Kind mehr sei, sondern ein Jugendlicher. Zudem werde der BF als rechtmäßiger Erbnachfolger seiner Mutter angesehen, was die Bedrohung gegen ihn weiter verschärfe.

Darüber hinaus habe der BF vorgebracht, dass die Taliban Personen entführen würden, die sich weigerten, sich den Taliban anzuschließen. Bezüglich dieser Vorgehensweise der Taliban habe die belangte Behörde ebenfalls nur unzureichend Ermittlungen durchgeführt. Wäre der BF näher befragt worden, hätte er ausführen können, dass er der älteste Sohn der Familie sei, weshalb dies jedenfalls einen wesentlichen Punkt seines Vorbringens darstelle. Als ältester Sohn habe vor allem der BF Probleme mit den Taliban. Sein Bruder habe eine Behinderung und der andere Bruder sei noch ein Kind. Der Vater des BF sei zu alt und daher für die Taliban nicht mehr interessant. Ebenfalls habe das BFA keine weiteren Ermittlungen zum Vorbringen durchgeführt, wonach die Taliban weit vernetzt seien.

Hege das BFA Zweifel an Richtigkeit der Angaben des BF, müsse es diesbezüglich dem BF gem. § 18 AsylG bzw. § 45 AVG Gelegenheit zur Stellungnahme einräumen.

Die belangte Behörde hätte mittels Nachfragen den Sachverhalt genauer ermitteln müssen.

9.2. Ferner wurde moniert, dass das BFA das Verfahren beendet habe, ohne den BF von den vorläufigen Beweisergebnissen in Kenntnis zu setzen. Der BF habe somit nicht die Möglichkeit gehabt, der Beweiswürdigung entgegenzutreten. Er sei daher in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, wobei diese Vorgehensweise auch eindeutig Art. 4 Abs. 1 S 2 der RL 2004/83/EG widerspreche. Diesbezüglich wird auszugsweise auf zwei Urteile des EuGH vom 22.11.2012 zu C-277/11 und vom 18.12.2008 zu C-349/07 verwiesen. Das BFA hätte dem BF seine Zweifel und Argumente bezogen auf die Glaubwürdigkeit des BF mitteilen müssen, damit der BF die Gelegenheit habe, diesen Zweifeln durch eigenes Vorbringen entgegenzutreten, bevor der verfahrensbeendende Bescheid erlassen werden würde.

Das BFA argumentiere, dass eine Rückkehr für den BF möglich und zumutbar wäre. Dem sei zu entnehmen, dass sich das BFA nicht mit der aktuellen Lage in Pakistan auseinandergesetzt habe.

Im Hinblick auf das einer innerstaatlichen Fluchtalternative unter anderem innewohnende Zumutbarkeitskalkül müsse die Asylbehörde Feststellungen über die im Falle eines solchen Ortswechsels zu erwartende konkrete Lage treffen. Diesbezüglich hätte das BFA jedenfalls eine Prognose erstellen müssen.

Das BFA sei in seiner Entscheidung weder auf die aktuelle Situation im Punjab, noch auf die konkrete Situation des BF eingegangen. Wie aus den Länderberichten hervorgehe, sei die Sicherheitslage in Pakistan weiterhin schlecht. Die soziale und wirtschaftliche Situation der Bevölkerung, insbesondere der Rückkehrer, sei zudem derart schlecht, dass zahlreiche Menschen keine Unterkunft sowie keine Erwerbsmöglichkeiten hätten. Der pakistanische Staat sei zudem nicht in der Lage, Unterstützung zu leisten. Von einer sicheren und zumutbaren Rückkehr, die den höchstgerichtlichen Vorgaben entsprechen würde, könne im Fall des BF nicht in ausreichendem Maß ausgegangen werden.

Das BFA habe aufgrund veralteter Länderberichte und ohne die genauen aktuellen Umstände des BF zu ermitteln, eine Entscheidung getroffen.

Bezüglich der Rückkehr habe der BF vorgebracht, dass er Angst vor den Feinden der Familie und den Taliban habe. Die Polizei könne nichts gegen die Taliban unternehmen. Trotz dieses Vorbringens seien die Ermittlungen der Behörde bezüglich der Möglichkeit der Rückkehr sehr oberflächlich und nicht auf den Fall des BF bezogen gewesen.

Die Behörde hätte darlegen müssen, wie der BF in seine Heimatprovinz bzw. sein -dorf gelangen sollte.

9.3. Des Weiteren seien die im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderfeststellungen unvollständig, veraltet und teilweise unrichtig. In diesem Zusammenhang wurde auszugsweise auf mehrere Länderberichte zur allgemeinen Sicherheitslage und zu den pakistanischen Sicherheitsbehörden in Zusammenhang mit dem Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sowie zur Rekrutierung durch die Taliban (AS 455 - 463) verwiesen. Die Länderfeststellungen würden sich bezüglich der Sicherheitslage großteils auf Ereignisse beziehen, die sich bis zur Jahresmitte 2015 ereignet haben, wobei manche der zitierten Berichte auf das Jahr 2013 zurückreichen. Die Feststellungen würden daher nicht der geforderten Aktualität entsprechen. Aus den jüngsten Anschlägen in Pakistan ergebe sich, dass die Situation in den FATA-Gebieten und Belutschistan an der Grenze zu Afghanistan weiterhin volatil sei und es regelmäßig zu Anschlägen mit zahlreichen Todesopfern komme. Aus den auszugweise zitierten Berichten sei auch klar ersichtlich, dass die pakistanischen Sicherheitsbehörden nach wie vor nicht in der Lage seien, umfassenden Schutz zu gewährleisten und Korruption und Rechtsmissbrauch weitverbreitet sei.

9.4. Die belangte Behörde führe zwar an, dass der BF "4 Integrationsschreiben" vorgelegt habe, würdige diese jedoch an keiner Stelle der Entscheidung inhaltlich. Somit sei nicht ersichtlich, ob diese überhaupt von der Behörde berücksichtigt worden seien. Zudem führe das BFA als vorgelegtes Beweismittel "4 Fotos von Personen" an, beschreibe jedoch mit keinem Wort in der Entscheidung, was auf den Fotos zu sehen ist und wie die Fotos gewürdigt worden seien. Auch führe die Behörde nicht näher aus, um welche Art von "Zertifikaten" es sich bei den vorgelegten Beweisen handle.

9.5. Obwohl der BF vorgebracht habe, dass es in seiner Heimat keine Regierung gebe und ihm keiner helfen habe können, stelle die Behörde fest, dass der BF keine Probleme mit Ämtern und Behörden gehabt habe. Diesbezüglich liege Aktenwidrigkeit vor, da sich die Behörde bei den Feststellungen auf falsche Tatsachen gestützt und somit das Vorbringen des BF offenbar ignoriert habe. Dass die Sicherheitsbehörden dem BF nicht helfen würden, stelle jedenfalls ein Problem mit Behörden dar. Entgegen den Ausführungen in den Länderberichten habe die Behörde festgestellt, eine Rückkehr in die Heimatprovinz FATA wäre zumutbar. Dies widerspreche jedenfalls den Länderfeststellungen der belangten Behörde, weshalb auch die Feststellungen diesbezüglich mangelhaft seien.

9.6. Die belangte Behörde habe den Antrag abgewiesen, weil sie ihn als unglaubwürdig erachte. Die Feststellung basiere auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung und einer mangelhaften Sachverhaltsermittlung und verletze § 60 AVG.

Der BF habe - entgegen der Ansicht des BFA - sein Vorbringen sehr detailliert und lebensnah gestaltet und über die drohende Verfolgung sowie über die Erlebnisse in Pakistan frei gesprochen. Ein Abgleich mit den einschlägigen Länderberichten sei der Beweiswürdigung jedoch nicht zu entnehmen, weshalb das BFA auch keine Aussagen über die Plausibilität des Vorbringens treffen habe können.

Unter anderem behaupte die belangte Behörde, es wäre dem BF möglich und zumutbar gewesen, in Ländern, die er vor Österreich erreicht gehabt habe, um Asyl anzusuchen. Aus dem Unterlassen einer Asylantragstellung vor der Einreise nach Österreich ziehe die Behörde fälschlicherweise den Schluss, dass der BF andere Motive als die Unterschutzstellung gehabt habe. Die Behörde habe diesbezüglich keinerlei Ermittlungen hinsichtlich der Möglichkeiten und Risiken von Asylantragstellungen in den vom BF auf seiner Flucht bereisten Ländern geführt bzw. diesbezüglich eine mangelhafte Befragung durchgeführt.

Bezüglich des Vorbringens, die Taliban wären in seinem Heimatdorf und würden junge Männer rekrutieren, argumentiere die Behörde, dass sich die Lage in seinem Heimatgebiet Khyber Agency stetig verbessert hätte. Die Verneinung persönlicher Verfolgung durch die Taliban, da sich die Sicherheitslage verbessert habe, stelle jedenfalls einen groben Mangel seitens der Behörde dar. Diese hätte sich vielmehr mit der persönlichen Lage des BF und seinem Vorbringen auseinandersetzen müssen. Tatsächlich würden zahlreiche Länderberichte zeigen, dass sich die Taliban nach wie vor in der Heimatprovinz des BF aufhalten. Warum die Behörde daher dennoch davon ausgeht, der BF sei keiner Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt, sei daher nicht nachvollziehbar.

Darüber hinaus argumentiere die Behörde, der BF hätte keine konkrete Verfolgung seiner Person vorgebracht. Hierbei habe die Behörde nicht beachtet, dass der BF vorgebracht habe, dass er der älteste Sohn sei. Es sei notorisch, dass die Taliban Personen im Alter des BF rekrutieren würden. Die anderen Geschwister des BF seien noch zu jung gewesen. Dass die Taliban möchten, dass sich der BF ihnen anschließe, stelle jedenfalls persönliche Verfolgung dar.

Zudem habe die Behörde nicht beachtet, dass der BF in seiner Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt gewesen sei und sich nur zu Hause aufgehalten habe. Allein aus diesem Grund habe es keinen persönlichen Kontakt zwischen ihm und den Taliban gegeben. Wäre der BF regelmäßig auf die Straße gegangen, wäre er bestimmt von den Taliban persönlich bedroht worden. Es sei auch nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Erwägungen die Behörde davon ausgehe, dass der Vater des BF diesem mitteile, wenn er von den Taliban angesprochen werde. Es sei geradezu verständlich, dass der Vater darüber nicht viel erzählt habe, um den BF bzw. die Familie zu schützen und nicht zu beunruhigen.

Des Weiteren argumentiere die Behörde ihre Entscheidung mit einem Bericht aus dem Jahr 2013 bezüglich der Rekrutierungen der Taliban. Dieser Bericht sei veraltet.

Darüber hinaus sei für das BFA nicht verständlich, dass der BF ausgerechnet jetzt das Land aufgrund der Grundstücksstreitigkeiten verlassen haben müssen, da dieser Streit seit mindestens 30 Jahren andauere. Auch hierzu sei der BF nicht befragt worden, weshalb wesentliche - zuvor bereits dargelegte - Umstände nicht vorgebracht worden seien.

Die Behörde argumentiere zudem, der BF hätte der Bedrohung durch die Taliban durch einen Ortswechsel in eine Großstadt entkommen können. Hierbei führe die Behörde jedoch nicht aus, wie es dem BF in seinem jungen Alter möglich sein werde, alleine in einer Großstadt zu Recht zu kommen. Behaupte die Behörde, dem BF wäre ein Ortswechsel möglich, müsse sie anführen aufgrund welcher Erwägungen sie zu diesem Schluss gelangt sei. Das Unterlassen der Durchführung einer Prognose, was den BF alleine in einer Großstadt erwarte, stelle daher einen weiteren großen Verfahrensmangel dar.

9.7. Dem BF drohe in Pakistan Verfolgung aufgrund einer ihm unterstellten oppositionellen Gesinnung, da er der Einberufung der Taliban nicht gefolgt sei und sich geweigert habe, sich der Gruppe anzuschließen. Hinzu komme, dass der BF aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie von den Taliban und den Feinden der Familie verfolgt werde. Die Familie stehe seit vielen Jahren im Streit um ein Grundstück mit einer mächtigen Familie. Als Erbe und Nachfolger seiner Eltern sei der BF jedenfalls auch dieser Verfolgung ausgesetzt. Da diese Familie enge Kontakte zu den Taliban pflege, sei die Verfolgungsgefahr jedenfalls gegeben. Fallbezogen sei davon auszugehen, dass der BF keinen ausreichenden Schutz im Herkunftsstaat finden könne und für den BF keine innerstaatliche Fluchtalternative existiere.

9.8. Was Spruchpunkt II. betrifft, so hätte das BFA dem BF den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zusprechen müssen, wenn es seine Ermittlungspflicht in angemessener Weise wahrgenommen und den vorliegenden Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt hätte.

Wie aus den angeführten Länderberichten und den Aussagen des BF hervorgehe, sei die Sicherheitslage im Herkunftsgebiet des BF als äußerst prekär zu bewerten. Es komme regelmäßig zu terroristischen Angriffen, von denen auch die Zivilbevölkerung betroffen sei.

Darüber hinaus hätte die belangte Behörde überprüfen müssen, inwieweit eine Niederlassung in anderen Teilen Pakistans dem BF zumutbar sei, ohne in eine Notlage zu geraten.

Der BF wäre bei einer Rückkehr nach Pakistan gezwungen, wieder in seine Herkunftsregion zurückzukehren, da er ohne entsprechende Ausbildung und ohne familiäres Netzwerk außerhalb seines Heimatgebietes in eine ausweglose Situation geraten würde und seine Existenz nicht absichern könnte.

9.9. Der BF sei sehr bemüht, sich zu integrieren und habe bereits an einem Deutschkurs teilgenommen und zwischenzeitlich die A1-Prüfung bestanden. Das Sprachniveau sei jedoch tatsächlich deutlich höher. Zu seinen persönlichen Beziehungen in Österreich seien dem BF keine Fragen gestellt worden. Zusätzlich sei der BF unbescholten, habe sich wohlverhalten und stelle keine Gefährdung für die allgemeine Sicherheit dar. Jedoch habe der BF zahlreiche Unterstützungsschreiben vorgelegt, die von der Behörde nicht ordentlich gewürdigt worden seien. Der BF sei zudem ehrenamtlich engagiert und helfe wo immer er gebraucht werde.

9.10. Da sich insbesondere zur Frage der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung der entscheidungsrelevante Sachverhalt nahezu täglich ändern könne, sei die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unumgänglich. Zitiert wurde hierzu aus zwei Entscheidungen des VwGH vom 19.03.2013 (Zl. 2011/21/0267) und vom 19.02.2013 (Zl. 2012/18/0230).

9.11. Sollte das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigen, nicht antragsgemäß zu entscheiden, wurde ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts beantragt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist aufgrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zwingend geboten. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Rechtsprechung des VfGH betreffend Art. 47 GRC zur Zahl U 466/11 und U 1836/11 vom 14.03.2012 verwiesen. Im gegenständlichen Fall liegt der unionsrechtliche Bezug - der zur Anwendung des Art. 47 GRC führt - in der Rückkehr-RL, der Qualifikations-RL und der Verfahrens-RL. Daher kommen die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK - unter Maßgabe des Art. 47 GRC - im Beschwerdeverfahren zur Anwendung. Diesbezüglich verlangte der EGMR in der jüngsten Entscheidung Denk gegen Österreich, 05.12.2013, 23396/09, zwingend die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wenn die Rechtssache erstmals von einem Gericht entschieden wird und die Durchführung ausdrücklich beantragt wird (vgl. Denk gegen Österreich Rz 18).

9.12. Abschließend wurde beantragt,

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die hier angefochtene Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt I. zu beheben und dem BF den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen;

-

hilfsweise die hier angefochtene Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt II. zu beheben und dem BF den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren;

-

hilfsweise festzustellen, dass die Abschiebung nach Pakistan auf Dauer unzulässig sei sowie die erlassene Rückkehrentscheidung ersatzlos zu beheben und

-

hilfsweise den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheids an das BFA zurückzuverweisen.

9.13. Mit diesem Rechtsmittel wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

10. Am 13.03.2018 langte bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts mit Schreiben vom 09.03.2018 (OZ 2) eine Beschwerdeergänzung ein. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerdeergänzung wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

10.1. Zunächst wurde ausgeführt, dass der BF im Zuge der Einvernahme öfter vorgebracht habe, dass er Angst vor einer Entführung und Zwangsrekrutierung durch die Taliban habe. Begründend führe das BFA jedoch aus, dass der BF nie persönlich Kontakt zu den Taliban gehabt habe. Diesbezüglich habe die belangte Behörde nur unzureichend ermittelt, weshalb unerwähnt geblieben sei, dass der BF die Befürchtung habe, von den Taliban rekrutiert zu werden, da sich aus jeder Familie ein Mann den Taliban anschließen müsse. Der BF sei der älteste Sohn der Familie und sein Bruder habe eine Behinderung. Der kleine Bruder des BF habe bislang noch keine Probleme, weil er noch zu jung sei. Aus diesem Grunde wäre es sicher, dass der BF von den Taliban rekrutiert werde.

Das BFA argumentiere, es gebe keine Bedrohung mehr gegen die Familie des BF, da seine Familie das Haus und das Grundstück verlassen habe. Hierzu sei der BF jedoch nicht befragt worden, weshalb er nicht die Gelegenheit gehabt habe, sich hierzu zu äußern. So sei unerwähnt geblieben, dass die Feinde der Familie die Dokumente für das Grundstück noch immer nicht hätten, da die Familie des BF das Grundstück nicht ganz aufgeben wolle. Aus diesem Grund bestehe die Bedrohung nach wie vor.

Der BF sei der älteste Sohn der Familie und künftige Erbe. Das Grundstück sei sehr groß, flach und besitze einen hohen Wert. Das Interesse der Feinde am Grundstück sei daher groß. Zudem sei unerwähnt geblieben, dass die Verfolgung durch die Taliban, die mit den Feinden zusammenarbeiten würden, sehr wahrscheinlich sei, da der Wert des Grundstücks so hoch sei.

Als der BF noch in seiner Heimat gewesen sei, habe er heimlich ein Gespräch seiner Eltern mitgehört, in dem es darum gegangen sei, dass die Taliban den BF rekrutieren hätten wollen. Aufgrund dieses Gespräches sei sich der BF fast sicher, dass er bereits persönlich mittelbar bedroht worden sei. Der Vater des BF habe mit ihm nie persönlich über die Bedrohungen durch die Taliban gesprochen. Sein Vater habe die Familie schützen wollen und daher wenig über Gefahren und Bedrohungen gesprochen.

Die Behörde begründe die Entscheidung auch mit dem Vorhalt, es wäre nicht nachvollziehbar, dass der BF gerade jetzt aufgrund des bereits seit 30 Jahren andauernden Streits das Land verlassen habe müssen, habe den BF jedoch während der Einvernahme diesbezüglich nicht zur Rede gestellt, weshalb er diesem Argument nicht entgegentreten habe können. Wäre der BF dazu befragt worden, hätte er erklären können, dass er früher noch zu jung für die Taliban gewesen sei und erst dann - im Zeitpunkt der Bedrohungen und Ausreise - sich im kampffähigen Alter befunden habe.

Während der Einvernahme habe der BF zudem vorgebracht, dass er nicht streng religiös sei. Dennoch habe die Behörde offenbar außer Acht gelassen, dass der BF daher religiöser und politischer Verfolgung ausgesetzt sei. Einerseits sei er nicht gläubig, was jedenfalls gegen die Scharia verstoße und daher zu religiöser Verfolgung führe. Andererseits äußere er seine politische Einstellung zu den Taliban, da er sich diesen nicht anschließen wolle.

Insoweit das BFA im vorliegenden Fall feststelle, dass der BF in den Punjab gehen könnte, so setze es sich in keinster Weise damit auseinander, wie teuer diese Flüge in Anbetracht des Lohnniveaus seien. Andererseits ermittle die belangte Behörde in keiner Weise, wie sich der BF etwa in Mazar-e Sharif, Kabul oder Herat eine Existenz aufbauen könnte und mit welchen Schwierigkeiten er als Rückkehrer aus Europa konfrontiert sei. Dass der BF Rückkehrhilfe nur im Fall einer freiwilligen Rückkehr erhalte, werde von der belangten Behörde außer Acht gelassen. Die theoretische Erreichbarkeit einer Provinz zu beleuchten reiche keinesfalls aus, eine innerstaatliche Fluchtalternative zu begründen.

Wäre der BF näher dazu befragt worden, hätte er ausführen können, dass Paschtunen aus der FATA-Region leichter in Rest-Pakistan aufzufinden seien, da sie als "Fremde" leichter zu erkennen seien. Es spreche sich schneller herum, wenn ein Paschtune aus der FATA-Region komme. Aus diesem Grund könnten ihn die Taliban im gesamten Land leicht finden.

Wäre der BF zudem zum Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative befragt worden, hätte er zudem erklären können, dass er als Paschtune aus der FATA-Region im Rest von Pakistan diskriminiert werde - sei es bei der Wohnungssuche, am Arbeitsmarkt oder im alltäglichen Leben. Viele Leute in Pakistan haben Angst vor Personen aus der FATA-Region und würden diese als Terroristen und Taliban beschimpfen. Dass der BF aus der FATA-Region stamme, sei für jeden aufgrund seines Akzents und auch aufgrund seiner ID-Card ersichtlich.

Zudem hätte das BFA berücksichtigen müssen, dass der BF in Pakistan lediglich zwei Jahre die Schule besucht habe und über keine Berufsausbildung oder -erfahrung verfüge, da er Pakistan als Jugendlicher verlassen habe und davor immer von seiner Familie/ seinem Vater versorgt worden sei.

Der BF habe selbst immer nur in der Khyber Agency gelebt und habe keine Verwandten in Rest-Pakistan. Auch dieser Umstand sei nicht abschließend geklärt worden.

10.2. Des Weiteren wurde zur innerstaatlichen Fluchtalternative auf § 11 AsylG verwiesen und ausgeführt, dass Artikel 8 Status-RL (alt) für die Prüfung des Vorliegens von internem Schutz zwei Tatbestandsmerkmale vorgesehen habe: 1. das Fehlen einer begründeten Furcht vor Verfolgung bzw. einer tatsächlichen Gefahr eines ernsthaften Schadens in einem Teil des Herkunftslandes und 2. dass auch vernünftigerweise erwartet werden könne, dass sich der Antragsteller in diesem Landesteil aufhält. Die innerstaatliche Rechtslage sei seit dem Inkrafttreten des Fremdenrechtspakets 2005 am 01.01.2006 im Hinblick auf die innerstaatliche Fluchtalternative unverändert geblieben, die Status-RL (alt) hingegen wäre mit der Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Status-RL) novelliert, darunter auch Artikel 8 zu internen Schutz.

Neben der aus der Alt-Fassung bekannten Voraussetzung des Fehlens einer begründeten Furcht vor Verfolgung bzw. einer tatsächlichen Gefahr eines ernsthaften Schadens in einem Teil des Herkunftslandes sei alternativ der Zugang zu Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden eingetreten. In beiden Fällen folge kumulativ das Tatbestandsmerkmal, dass der Antragsteller sicher und legal in diese Landesteile reisen könne, dort aufgenommen werde und vernünftigerweise erwarten kann, dass er sich dort niederlasse. Die Status-RL spreche von "Vernünftigkeit", die österreichische Rechtslage von "Zumutbarkeit". Der Maßstab der Vernünftigkeit erschöpfe sich nicht in der sicheren und legalen Erreichbarkeit des Landesteils, dieser Aspekt sei in der Statusrichtlinie (alt) noch nicht explizit enthalten gewesen. Es wurde weiter ausgeführt zur Zumutbarkeitsprüfung unter Hinweis auf höchstgerichtliche Entscheidungen, unter anderem des deutschen Bundesverwaltungsgerichts. Hingewiesen wurde auch, dass das Bundesverwaltungsgericht als Gericht iSd Art. 267 AEUV jedenfalls vorlageberechtigt sei und wurde daher angeregt, dem Gerichtshof der Europäischen Union näher definierte Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

10.3. Da die Behörde den BF nicht zu allen Umständen befragt habe, hätten nicht alle wesentlichen Aspekte des Vorbringens bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden können. Aus der Beweiswürdigung des BFA ergebe sich nicht, ob berücksichtigt worden sei, dass der BF aktuell einen Deutschkurs A2 besuche und immer wieder ehrenamtlich in der Unterkunft bei der Reinigung und anderen Erledigungen helfe. Dies habe der BF bereits bei der Einvernahme vorgebracht.

10.4. Da sich der BF den Taliban nicht angeschlossen habe, äußere er dadurch seine politische Überzeugung und wäre daher politischer Verfolgung ausgesetzt. Auch dieser Umstand hätte von der Behörde berücksichtigt werden müssen.

10.5. Mit diesem Schriftsatz wurde ebenso wenig ein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

11. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des BFA unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.

2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:

2.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dessen Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist sunnitischen Glaubens.

Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat und seinem Wohnort, sowie des Umstandes, dass der Antragsteller für Pakistan gebräuchliche Sprachen spricht sowie aufgrund seiner Kenntnisse über Pakistan ist festzustellen, dass es sich bei ihm um einen pakistanischen Staatsangehörigen handelt.

Der von ihm vorgebrachte Fluchtgrund (Verfolgung und Bedrohung in Zusammenhang mit einer Rekrutierung durch die Taliban und wegen eines Grundstücksstreits durch eine andere Familie in seinem Heimatdorf) wird mangels Glaubwürdigkeit des diesbezüglichen Vorbringens nicht festgestellt. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der GFK asylrelevant verfolgt bzw. dessen Leben bedroht wurde beziehungsweise dies im Falle einer Rückkehr nach Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintreffen könnte.

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Pakistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Pakistan in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.

Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland festgestellt werden.

Selbst wenn man sein Vorbringen als wahr unterstellen und daher annehmen würde, dass der BF wegen seiner ablehnenden Haltung bezüglich eines Rekrutierungsversuches seitens der Taliban und wegen eines Grundstücksstreites in seinem Heimatdorf seitens einer gegnerischen Familie bedroht und verfolgt worden war, muss diesbezüglich festgestellt werden, dass sein Vorbringen keine Asylrelevanz entfalten würde (siehe rechtliche Würdigung zur Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative), zumal dem BF jedenfalls auch eine Rückkehr nach Islamabad möglich und zumutbar wäre. Es wären dort die existentiellen Lebensgrundlagen des Beschwerdeführers angesichts einer finanziellen Unterstützung durch seine in der Khyber Agency lebende Familie - etwa durch Überweisungen - oder durch Aufnahme einer eigenen beruflichen Tätigkeit gesichert. In den Städten leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben. Auch besteht die Möglichkeit, in den Schutz der größeren Städte zu fliehen, falls es sich nicht um Personen handelt, die bereits überregional bekannt geworden sind. Dies wird auch von Vertretern unabhängiger pakistanischer Menschenrechtsorganisationen als Ausweichmöglichkeit gesehen (AA 30.5.2016). Die Hauptstadt Pakistans, Islamabad, gilt als vergleichsweise sicher. Islamabad erlitt lediglich einen Anschlag mit einem Toten im Jahr 2016 (PIPS 1.2017). Im Jahr 2015 war es von 3 Anschlägen mit 4 Toten betroffen (PIPS 3.1.2016), weshalb hier von einer stabilen Sicherheitslage auszugehen ist. Diese Stadt ist für den Beschwerdeführer auch direkt erreichbar.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.

Der BF lebte bis zu seiner Ausreise in seinem Heimatdorf in der Khyber Agency an einer gemeinsamen Wohnadresse mit seinen Eltern und Geschwistern. Der BF besuchte in Pakistan für kurze Zeit die Grundschule und war vor seiner Ausreise in Pakistan als Buchbinder und später in der Türkei als Hilfsarbeiter bzw. Kleiderbügler tätig. Die engsten Angehörigen des BF leben nach wie vor in der Khyber Agency in Pakistan.

Der Beschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich. In Österreich halten sich - mit Ausnahme eines Cousins - keine Verwandten des BF auf. Der BF befindet sich in der Grundversorgung und lebt von staatlicher Unterstützung. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über umfassende Deutschkenntnisse verfügt. Der BF besucht(e) einen Deutschkurs Niveau A2/1, brachte bislang eine Bestätigung über eine erfolgreich abgelegte Prüfung Niveau A1 in Vorlage und verrichtet(e) ehrenamtliche Tätigkeiten, wie etwa Gartenarbeiten bei älteren Gemeindemitgliedern und Arbeiten in der örtlichen Gemeinde und Pfarre sowie Mithilfe bei der Reinigung der Unterkunft. Zudem legte der BF mehrere Unterstützungserklärungen und Bestätigungen bezüglich der Teilnahme an Veranstaltungen zur Bildungs- und Berufsberatung vor. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden und fortgeschrittenen Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen würden.

Er hat mit Ausnahme seines nunmehrigen Aufenthalts in Europa sein Leben zum überwiegenden Teil in Pakistan verbracht, wo er sozialisiert wurde und wo sich nach wie vor seine nächsten Verwandten aufhalten.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr wieder bei seiner Familie wohnen wird können. Davon abgesehen ist der Beschwerdeführer als arbeitsfähig und -willig anzusehen. Der Beschwerdeführer spricht Paschtu, Urdu und Dari.

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Pakistan festzustellen ist.

2.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan war insbesondere festzustellen:

KI vom 4.5.2017: Update zur Sicherheitslage: Anschlagszahlen 1. Quartal 2017 (Abschnitt 1, relevant für Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Update: Anschlagszahlen des 1. Quartals 2017 laut Aufzeichnungen Pakistan Institute for Peace Studies

Im Jänner 2017 war Pakistan insgesamt von 29 Terroranschlägen betroffen, bei denen 40 Personen getötet wurden. 128 Personen wurden verletzt. Die regionale Verteilung zeigt folgendes Bild: Khyber Pakhtunkhwa - 6 Anschläge mit einem Toten; Sindh - 4 Anschläge mit 3 Toten; alle in Karatschi; Belutschistan - 14 Anschläge mit 7 Toten; FATA - 3 Anschläge mit 27 Toten (PIPS 10.2.2017). Darunter fiel auch der Sprengstoffanschlag auf einen Gemüsemarkt in Parachinar / Kurram Agency, bei welchem am 21.1.2017 mindestens 25 Menschen getötet und rund 85 Personen verletzt worden sind (Dawn 22.1.2017). Die Kurram Agency ist eine mehrheitlich von Schiiten bewohnte Agency, der Verwaltungssitz Parachinar oft Ziel von Anschlägen sunnitischer Extremisten (NZZ 31.3.2017). Punjab war von 2 Anschlägen mit 2 Toten betroffen. In Gilgit-Baltistan und Islamabad wurden keine Anschläge gemeldet (PIPS 10.2.2017).

Der Februar war nach einer langen Zeitspanne rückläufiger terroristischer Gewaltakte von einem starken Anstieg betroffen. In sechs aufeinanderfolgenden Selbstmordanschlägen wurden allein in weniger als einer Woche beinahe 100 Menschen getötet (BBC News 17.2.2017). Im Februar stiegen die Anschläge und Opferzahlen auf 159 Tote und 426 Verletzte in 32 Anschlägen (PIPS 17.3.2017). Regionale Verteilung: Khyber Pakhtunkhwa - 7 Anschläge mit 23 Toten; Belutschistan - 8 Anschläge mit 9 Toten; Sindh - 92 Tote in 5 Anschlägen (PIPS 17.3.2017). Darunter finden sich auch die Opfer des Selbstmordanschlages auf den Lal Shahbaz Qalandar - Schrein des Sufismus in Sehwan vom 16.2.2017 (Dawn 17.2.2017). Drei der registrierten Anschläge fanden in Karatschi statt. Punjab war von einem Anschlag mit 16 Toten betroffen. Azad Jammu Kaschmir war von einem Anschlag mit 2 Verletzten betroffen. In der FATA wurden 10 Anschläge mit 19 Toten verübt. Islamabad verzeichnete keinen Anschlag (PIPS 17.3.2017).

Im März ging die Zahl der Anschläge wieder zurück auf 28. Dabei wurden 40 Menschen getötet und 98 verletzt. Regionale Verteilung:

Khyber Pakhtunkhwa - 7 Anschläge mit 9 Toten; FATA - 9 Anschläge, 30 Tote. Darunter war wieder ein größerer Anschlag in Parachinar, der alleine 23 Tote forderte. In Belutschistan fanden 9 Anschläge statt, niemand wurde dabei getötet. Sindh verzeichnete 2 Anschläge ohne Tote, dabei fand kein Anschlag in Karatschi statt. Der Punjab zählte einen Anschlag mit einem Toten. Islamabad verzeichnete keinen Anschlag (PIPS 14.4.2017).

Das 1. Quartal 2017 verzeichnet mit insgesamt 89 Anschlägen bei einer Opferzahl von 239 Toten und 652 Verletzten zwar eine geringere Anzahl von Anschlägen als im Vergleichszeitraum des 1. Quartals 2016. In diesem wurden 103 Anschläge mit 285 Toten und 547 Verletzte aufgezeichnet (eigene Auswertung aus: PIPS 10.2.2017, PIPS 17.3.2017, PIPS 14.4.2017, PIPS 7.2.2016, PIPS 7.3.2016, PIPS 7.4.2016).

Quellen:

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BBC News (17.2.2017): Pakistan: IS attack on Sufi shrine in Sindh kills dozens, http://www.bbc.com/news/world-asia-38994318, Zugriff 17.2.2017

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Dawn (22.1.2017): 'Terrorists will fail in their attempt to regain lost relevance,' army chief says, http://www.dawn.com/news/1309800/terrorists-will-fail-in-their-attempt-to-regain-lost-relevance-army-chief-says, Zugriff 23.1.2017

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Dawn (17.2.2017): At least 70 dead as bomb rips through Lal Shahbaz shrine in Sehwan, Sindh, http://www.dawn.com/news/1315136/at-least-70-dead-as-bomb-rips-through-lal-shahbaz-shrine-in-sehwan-sindh, Zugriff 17.2.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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