Entscheidungsdatum
05.07.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
L512 2169169-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. der islamischen Republik Iran, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien, vom 24.07.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gem. § 3 Abs. 1
Asylgesetz 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gem. § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
I.1. Der Beschwerdeführer, (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der islamischen Republik Iran (in weiterer Folge "Iran" genannt), stellte am 16.01.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) einen Antrag auf internationalen Schutz.
I.2. In weiterer Folge wurde der BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 16.01.2016 und vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 08.05.2017 niederschriftlich einvernommen.
Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte der BF zusammengefast vor, er sei im Sommer XXXX mit dem Christentum in Berührung gekommen, das Christentum hätte ihm gut gefallen. Seither gehe er regelmäßig zur Kirche, nehme Religionsunterreicht und sei bereits konvertiert.
I.3. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem BF der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und diesem gemäß § 8 Abs. 4 leg. cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum XXXX erteilt. Im Rahmen der Beweiswürdigung wurde das Fluchtvorbringen für unglaubwürdig erachtet. Eine schlüssige Beweiswürdigung für diese Annahme der Unglaubwürdigkeit lässt der angefochtene Bescheid aber zur Gänze vermissen. Es wird erwähnt, dass nicht festgestellt werden könne, dass der BF aus innerer Überzeugung konvertiert sei. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in sein Heimatland einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt sei oder seine Rückkehr für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
In der rechtlichen Beurteilung wird zu Spruchpunkt I ausgeführt, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft gemacht werden habe können.
Die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde dahingehend begründet, dass aus den Länderfeststellungen hervorgehe, dass die aktuelle Situation gegenüber anerkannten religiösen Minderheiten angespannt sei.
I.4. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA erhob der BF fristgerecht Beschwerde
I.5. Hinsichtlich des Verfahrensherganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die Identität des BF steht fest.
Beim BF handelt es sich um einen iranischen Staatsangehörigen, der der persischen Volksgruppe angehört. Der BF ist ein arbeitsfähiger Mann, der an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet.
II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Iran:
Politische Lage
Die komplexen Strukturen politischer Macht in der Islamischen Republik Iran sind sowohl von republikanischen als auch autoritären Elementen gekennzeichnet. Höchste politische Instanz ist der "Oberste Führer der Islamischen Revolution", Ayatollah Seyed Ali Khamene'i, der als Ausdruck des Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" (Vormundschaft des Islamischen Rechtsgelehrten) über eine verfassungsmäßig verankerte Richtlinienkompetenz verfügt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und das letzte Wort in politischen Grundsatz- und ggf. auch Detailfragen hat. Er wird von einer vom Volk auf acht Jahre gewählten Klerikerversammlung (Expertenrat) auf unbefristete Zeit bestimmt. Leiter der Exekutive ist der iranische Staatspräsident, seit August 2013 Dr. Hassan Rohani, der vom Volk in direkten Wahlen auf vier Jahre gewählt und vom Revolutionsführer bestätigt wird. Die letzten Präsidentschaftswahlen fanden im Juni 2013 statt. Der Staatspräsident bildet ein Kabinett; das Parlament muss den einzelnen Ministern zustimmen und kann ihnen das Vertrauen auch wieder entziehen. Auch das Parlament wird auf vier Jahre direkt vom Volk gewählt. Sowohl Parlament als auch Regierung haben legislatives Initiativrecht. Als Kontrollinstanz fungiert im Gesetzgebungsverfahren der "Wächterrat" (bestehend aus sechs vom Revolutionsführer ausgewählten islamischen Rechtsgelehrten und sechs vom Parlament bestellten juristischen Experten), der auch über weitreichende Befugnisse der Verfassungsauslegung und bei der Vorauswahl der Kandidaten bei Parlaments-, Präsidentschafts- und Expertenratswahlen verfügt. Der "Schlichtungsrat" fungiert im Gesetzgebungsverfahren als vermittelndes Gremium und hat darüber hinaus die Aufgabe, auf die Wahrung der "Gesamtinteressen des Systems" zu achten (AA 6.2016a, vgl. ÖB Teheran 10.2016).
Das iranische Volk hat am 26. Februar 2016 das Parlament und den Expertenrat gewählt. Während Letzterer weiterhin stark konservativ dominiert ist, ist das neue Parlament deutlich zentristischer als zuvor. Der wiedergewählte traditionell-konservative Parlamentspräsident Larijani und Teile seiner Unterstützer haben sich im Zuge des Konflikts um die Verabschiedung des Nuklearabkommens im letzten Sommer der Regierung sichtbar angenähert. Die pragmatische Unterstützung Rohanis durch Larijani dürfte sich auch in Zukunft fallabhängig wiederholen und wirkt insgesamt systemstabilisierend. Weiterhin zeigen institutionelle Vetorechte des konservativen Establishments der Regierung Rohani und ihrer innenpolitischen Agenda von mehr Bürgerrechten und mehr Freiheiten Grenzen auf. Die Regierung Rohani ist überdies weiterhin bestrebt, den Iran aus seiner außenpolitischen Isolierung herauszuführen. Wichtige Grundlage hierfür war der Abschluss des Nuklearabkommens. Die Revolutionsgarden (IRGC) bleiben militärischer, politischer und wirtschaftlicher Machtfaktor im Gefüge der Islamischen Republik. Sie begrenzen die Macht des Staatspräsidenten in grundsätzlichen Fragen. Es gelang der Regierung, den dramatischen Rückgang der Wirtschaftsaktivität seit 2011 aufzuhalten, die Inflation auf unter 10 % zurückzufahren und die Währung zu stabilisieren (AA 8.12.2016).
Seit 1979 ist der Iran eine Islamische Republik, wobei versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Kriterien beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden. Das iranische Regierungssystem ist ein präsidentielles, d.h. an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (Amtsinhaber seit 2013 Hassan Rohani). Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird die Majlis - Majles-e Shorâ-ye Eslami / Islamische Beratende Versammlung -, ein Einkammerparlament mit 290 Abgeordneten, das (mit europäischen Parlamenten vergleichbare) legislative Kompetenzen hat sowie Regierungsmitgliedern das Vertrauen entziehen kann. Über dem Präsidenten, der laut Verfassung auch Regierungschef ist, steht der Oberste Führer, seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei. Der Oberste Führer ist wesentlich mächtiger als der Präsident, ihm unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran; Abk.: IRGC) und damit auch die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen. Für die entscheidenden Fragen der Islamischen Republik ist letztlich der Oberste Führer verantwortlich (ÖB Teheran 10.2016).
Ausschließlich politische Parteien und Fraktionen, die sich dem Establishment und der Staatsideologie als loyal erweisen, ist es erlaubt, im Iran zu arbeiten. Reformistische Parteien und Politiker sind seit 2009 immer wieder unter Druck geraten (FH 2017).
Das Parlament, der Expertenrat sowie der Präsident werden in geheimen und direkten Wahlen vom Volk gewählt. Dabei sind Ablauf, Durchführung sowie Kontroll- und Überprüfungsmechanismen der Wahlen in technischer Hinsicht grundsätzlich gut konzipiert. Den OECD-Standards entspricht das Wahlsystem jedoch schon aus dem Grund nicht, dass sämtliche Kandidaten im Vorfeld durch den vom Revolutionsführer und Justizchef ernannten Wächterrat zugelassen werden müssen (AA 8.12.2016, vgl. IPG 27.1.2014). Der Revolutionsführer ist oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter, kann zentrale Entscheidungen aber nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Parteien [im westeuropäischen Verständnis] gibt es in Iran nicht. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Die Mitgliedschaft und Allianzen untereinander unterliegen dabei ständigem Wandel. Aufgrund der schwierigen Lage der reformorientierten Opposition unterstützt diese im Wesentlichen den im politischen Zentrum des Systems Islamische Republik angesiedelten Präsidenten Rohani (AA 8.12.2016).
Die Mitte Juli 2015 in Wien erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm im "Joint Comprehensive Plan of Action" (JCPOA) genannten Abkommen und dessen Umsetzung am 16. Jänner 2016 führten zu einer Veränderung der Beziehungen zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft:
Die mit dem iranischen Atomprogramm begründeten Sanktionen wurden aufgehoben bzw. ausgesetzt. Seither gibt es einen intensiven Besuchs- und Delegationsaustausch mit dem Iran, zahlreiche neue Wirtschaftsverträge wurden unterzeichnet. Die Erwartung, dass durch den erfolgreichen Abschluss des JCPOA die reformistischen Kräfte im Iran gestärkt werden, wurde in den Parlamentswahlen im Februar bzw. April (Stichwahl) 2016 erfüllt: Die Reformer und Moderaten konnten starke Zugewinne erreichen, so gingen erstmals alle Parlamentssitze für die Provinz Teheran an das Lager der Reformer. 217 der bisherigen 290 Abgeordneten wurden nicht wiedergewählt. Auf Reformbestrebungen bzw. die wirtschaftliche Öffnung des Landes durch die Regierung Rohanis wird von Hardlinern in Justiz und politischen Institutionen mit verstärktem Vorgehen gegen "unislamisches" oder konterrevolutionäres Verhalten reagiert. Es kann daher nicht von einer wirklichen Verbesserung der Menschenrechtslage gesprochen werden; insbesondere für einige religiöse Minderheiten, wie die Bahai, und Journalisten wird eher von einer Verschlechterung der Situation im Jahr 2015 ausgegangen. Dies zeigt sich gegenwärtig etwa in der Vorlage einer Gesetzesnovelle für das Medienrecht, welche die Meinungsfreiheit von Journalisten weiter einschränkt. (ÖB Teheran 10.2016).
Die Machtkämpfe zwischen Hardlinern und Reformern dauern im Iran schon fast vierzig Jahre an. Nie zuvor jedoch disqualifizierten die greisen Kleriker des allmächtigen Wächterrates so viele Bewerber bei einer Parlamentswahl [26.2.2016] wie diesmal. Sieben lange Wochen dauerte das Ringen hinter den Kulissen, sieben kurze Tage der eigentliche Wahlkampf. Am Ende kam auf den Stimmzetteln ein Reformkandidat auf 30 Hardliner. Landesweit lag die Zahl der zugelassenen Politiker, die für eine Öffnung der Islamischen Republik eintreten, bei kümmerlichen 200 und damit sogar unterhalb der Gesamtmenge von 290 Wahlkreisen. Und trotzdem erteilte das Volk den durch beispiellose klerikale Machtwillkür dezimierten Mitstreitern des moderaten Präsidenten Hassan Rohani ein eindeutiges Mandat. In der 16-Millionen-Metropolregion Teheran eroberten die Reformer sämtliche Sitze. In der Provinz verschoben sich ebenfalls die Gewichte, wenn auch nicht so fundamental wie in der Hauptstadt. Doch die lähmende Dominanz der Erzkonservativen ist vorbei. Die Mehrheit der Iraner zeigte auf dem Stimmzettel, dass sie dem Ende des Atomkonflikts zustimmt und für mehr Offenheit und Pluralität im Inneren votiert. Hassan Rohani, der den Wahltag zu einem Referendum über seine Politik erklärt hatte, ist gestärkt. Er kann künftig bei der Regierungsbildung freier agieren. Zudem sind die Hardliner durch diese Niederlage mit ihrem Ziel gescheitert, den Handlungsspielraum des Präsidenten in einer möglichen zweiten Amtszeit ab 2017 einzuschränken. Nun aber hat Rohani gute Chancen, während der ersten Neuwahl eines Revolutionsführers in der Geschichte der Islamischen Republik Präsident zu sein. Machthaber Ali Chamenei ist betagt [76 Jahre] und hat [Prostata]Krebs. 2009 verhinderten er und seine erzkonservative Gefolgschaft den Ansturm der Reformer mit einer Unterdrückungskampagne. Doch seit dem Atomkompromiss verschieben sich die innenpolitischen Gewichte massiv. Das Volk will nach dem außenpolitischen Aufbruch nun auch die Umsetzung der Reformen im Inneren. 2013 bei seiner Wahl hatte Rohani den Bürgern sogar eine Grundrechtecharta in Aussicht gestellt, die die Willkürmacht der islamischen Herrschaft begrenzen soll. Gut zwei Jahre hielten die 81 Millionen Iraner still und ertrugen die Betonfraktion, wohl wissend, dass ihr Präsident zunächst den Atomstreit lösen würde. Die Zahl der Hinrichtungen stieg auf ein Rekordniveau, politische Aktivisten und sogar Musiker wurden zu drakonischen Haftstrafen verurteilt, Zeitungen geschlossen. Entsprechend lang ist die politische, soziale und kulturelle Forderungsliste der Menschen für die nächsten beiden Jahre - angefangen von Pressefreiheit und Parteienvielfalt bis hin zur Freilassung aller politischen Häftlinge, allen voran der Ikonen der Grünen Bewegung von 2009, die damaligen Präsidentschaftsbewerber Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi. Ob Rohani diese Erwartungen erfüllen kann, ist ungewiss (Zeit Online 29.2.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (8.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran
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AA - Auswärtiges Amt (6.2016a): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Iran/Innenpolitik_node.html, Zugriff 13.3.2017
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FH - Freedom House (2017): Freedom in the World 2017, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/iran, Zugriff 25.4.2017
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IPG - Internationale Politik und Gesellschaft (27.1.2014): Wer jetzt Druck fordert, versteht den Iran nicht!
http://www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/wer-jetzt-an-druck-glaubt-versteht-den-iran-nicht-244/, Zugriff 13.3.2017
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ÖB Teheran (10.2016): Asylländerbericht
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Zeit Online (29.2.2016): Neue Aufgabe für den Meisterstrategen, http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-02/iran-wahl-parlament-reformer-hassan-ruhani, Zugriff 13.3.2017
Sicherheitslage
Auch wenn die allgemeine Lage als ruhig bezeichnet werden kann, bestehen latente Spannungen im Land, speziell in den größeren Städten. Sie haben in der Vergangenheit gelegentlich zu Kundgebungen geführt, besonders während (religiösen) Feiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben. Das Risiko von Anschlägen kann nicht ausgeschlossen werden (EDA 21.3.2016). In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht (AA 10.5.2017b).
In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen (AA 10.5.2017b, vgl. BMEIA 10.5.2017).
In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gab es vor einigen Jahren wiederholte Anschlagsserien gegen lokale Repräsentanten aus Justiz, Sicherheitskräften und sunnitischem Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr bereits seit Frühjahr 2009 intensiviertes Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt Kampfhandlungen zwischen Militär und kurdischen Separatistenorganisation wie PJAK und DPIK, mit mehreren Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kam es im Jahr 2015 und verstärkt im Sommer 2016 zu gewaltsamen Konflikten. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Angehörigen der DPIK am 6. und 7. September 2016 nahe der Stadt Sardasht wurden zehn Personen und drei Revolutionsgardisten getötet. Seit Juni 2016 kam es in der Region zu mehreren derartigen Vorfällen. Bereits 2015 hatte es nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), Zusammenstöße mit mehreren Todesopfern gegeben. In Kurdistan besteht ein erhöhtes Aufkommen an Sicherheitskräften, mit häufigen Kontrollen bzw. Checkpoints ist zu rechnen (AA 21.3.2016b, vgl. BMeiA 10.5.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (10.5.2017b): Iran: Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/IranSicherheit.html, Zugriff 10.5.2017
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BMeiA - Bundesminsterium für europäische und internationale Angelegenheiten (10.5.2017): Reiseinformation Iran, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/iran-de.html, Zugriff 10.5.2017
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EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (10.5.2017): Reisehinweise Iran, http://www.eda.admin.ch/eda/de/home/travad/hidden/hidde2/iran.html, Zugriff 10.5.2017
Verbotene Organisationen
Zu den militanten separatistischen Gruppen im Iran zählen insbesondere die kurdisch marxistische Komalah-Partei, die Democratic Party of Iranian Kurdistan (DPIK), die aus Belutschistan stammende Jundallah, und die Party for a Free Life in Kurdistan (PJAK), die eng mit ihrer Schwesterorganisation, der PKK, zusammenarbeitet. Im Jahr 2015 wurden mehrere Todesurteile gegen Angehörige dieser Vereinigungen ausgesprochen (AA 8.12.2016).
An sich gäbe es ein breites Spektrum an Ideologien, die die Islamische Republik ablehnen, angefangen von den vielen Nationalisten bis hin zu Monarchisten und Kommunisten. Eine markante Führungspersönlichkeit fehlt bei sämtlichen außerhalb des Regimes stehenden oppositionellen Gruppen. Der Spielraum für außerparlamentarische Opposition wird vor allem durch einen allumfassenden Überwachungsstaat eingeschränkt, was die Vernetzung oppositioneller Gruppen extrem riskant macht (Einschränkung des Versammlungsrechts, Telefon- und Internetüberwachung, Spitzelwesen, Omnipräsenz von Basij-Vertretern u.a. in Schulen, Universitäten sowie Basij-Sympathisanten im öffentlichen Raum, etc.): Die Verfassung lässt die Gründung politischer Parteien, von Berufsverbänden oder religiösen Organisation so lange zu, als sie nicht gegen islamische Prinzipien, die nationale Einheit oder die Souveränität des Staates verstoßen und nicht den Islam als Grundlage des Regierungssystems in Frage stellen. Hinzu kommen immer wieder verhängte drakonische Strafen auf Grund diffuser Strafrechtstatbestände ("regimefeindliche Propaganda", "Beleidigung des Obersten Führers" etc.). Darüber hinaus werden Angehörige der außerparlamentarischen Opposition immer wieder unter anderen Vorwürfen festgenommen, etwa Drogendelikten. Im Frühling 2016 wurde ein Gesetz zu politischen Verbrechen erlassen, welches zwar eine Sonderbehandlung für politische Häftlinge einführt (eigene Gefängnisse, keine Gefängniskleidung), den Begriff "politisches Vergehen" aber sehr offen definiert, weshalb weiter willkürliche Verfolgung zu befürchten ist. Statistiken zur Zahl der politischen Gefangenen sind nicht verfügbar. Es wird aber von mehr als 1.000 politischen Gefangenen ausgegangen, wobei diese Zahl auch Menschen, die wegen ihrer religiösen Überzeugung festgehalten werden, beinhaltet (ÖB Teheran 10.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (8.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran
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ÖB Teheran (10.2016): Asylländerbericht
Volksmudschaheddin (Mudjahedin-e-Khalq - MEK, MKO; People's Mojahedin Organisation of Iran - PMOI)
Die militante iranische Exil-Oppositionsbewegung Mujahedin-e Khalq (MEK, oder auch MKO, "iranische Volksmudschahedin") gilt im Iran als Terror-Organisation, die für die Ermordung von 17.000 IranerInnen verantwortlich gemacht wird. Die Streichung der MEK von der Liste terroristischer Organisation durch die EU und die Vereinigten Staaten wurde von iranischer Seite scharf verurteilt. Verbindungen zur MEK gelten als moharebeh (Waffenaufnahme gegen Gott), worauf die Todesstrafe steht (ÖB Teheran 10.2016).
Es handelt sich um eine linksgerichtete Gruppierung, die in den 1960er Jahren gegründet wurde, um sich gegen den Schah zu stellen. Nach der Islamischen Revolution 1979 wendete sie sich gegen die klerikalen Führer. Die Führung in Teheran macht die Gruppierung für Tausende Morde an iranischen Zivilisten und Beamten verantwortlich. Während des Iran-Irak-Krieges in den 1980er Jahren verlegten die Volksmudschaheddin ihr Camp in den Irak. Nach der US-geführten Invasion des Irak 2003, bei der Saddam Hussein gestürzt wurde, wurde die Gruppierung entwaffnet. 2012 strichen die USA die Volksmudschaheddin von ihrer Terrorliste, was von Teheran scharf verurteilt wurde. Nun hat der iranische Botschafter im Irak verlautbart, dass der Iran bereit sei, hunderte Mitglieder der Volksmudschaheddin zu amnestieren, die niemanden getötet haben oder gegen die keine Gerichtsverfahren anhängig sind. 423 Personen, die keine rechtlichen Probleme im Iran haben, können laut dem Botschafter in den Iran zurückkehren. Das sind ca. 14% der geschätzten 3.000 Mitglieder, die im Exil im Camp Liberty nahe Bagdad leben (Dailystar 19.3.2014, vgl. Global Security o.D., ACCORD 7.2015).
Die Entwaffnung der Kämpfer der Volksmudschaheddin im Camp Ashraf und an anderen Orten nahe Bagdad bei der US-Invasion im Irak ist durch die Amerikaner passiert. Die MEK-Führung habe sich von Saddam Hussein distanziert und ihre Opposition gegenüber der islamischen Regierung in Teheran betont. Ab diesem Zeitpunkt habe sich die MEK aus Sicht der Amerikaner neu erfunden. Die MEK-Führung stellt sich selbst als demokratische und populäre Alternative zum islamischen Regime dar und behauptet, über Unterstützung der iranischen Bevölkerungsmehrheit zu verfügen. Diese Behauptung wird von AkademikerInnen und anderen Iran-ExpertInnen bestritten. Im Exil hat die MEK-Führung den Nationalen Widerstandsrat gegründet (Guardian 21.9.2012, vgl. ACCORD 9.2013).
Die MEK ist im Iran verboten und wird von den iranischen Behörden als feindlich eingestuft, obwohl es in den letzten Jahren keine gewalttätigen Aktionen der MEK im Iran gab. Momentan konzentriert sich die MEK auf das Beeinflussen der öffentlichen Meinung und auf das Sammeln von Informationen zur Situation im Land. Der Iran führt eine Liste mit ca. 100 MEK-Unterstützern (hauptsächlich Anführern), die nicht in den Iran zurückkehren können, da sich das Interesse der Behörden auf sie richten würde. In Bezug auf die Unterstützung der iranischen Bevölkerung für die MEK gibt es widersprüchliche Informationen. Einerseits gibt es Informationen, die besagen, dass die MEK die größte militante iranische Oppositionsgruppe sei, mit dem Ziel die Islamische Republik zu stürzen, und die iranische Regierung und der Sicherheitsapparat die MEK als die am meisten ernstzunehmende regimekritische Organisation betrachten. Andererseits gibt es Berichte, die der MEK wenig bis gar keine Unterstützung der Bevölkerung zusprechen. Die MEK hat keine große Basis im Iran und auch die Untergrundbewegung ist klein. Nur einige MEK-Aktivisten sind im Iran aufhältig (ACCORD 7.2015).
Angehörige und Sympathisanten der als terroristische Organisation eingestuften MKO werden verfolgt und sind Repressalien ausgesetzt. Regimekritische Iraner werden häufig der MKO-Mitgliedschaft bezichtigt, um eine Verurteilung zu begründen. Allgemeingültige Aussagen zum Strafmaß für MKO-Anhänger können nicht getroffen werden. Nach Art. 88 des fünften Strafgesetzbuches (Tazirat) droht eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis drei Jahren Haft und bis zu 74 Peitschenhiebe bei Straftaten gegen die innere und äußere Sicherheit des Staates oder die Grundlagen der Staatsform der Islamischen Republik oder gegen Ehre, Leben und Besitz der Bevölkerung, wenn diese Straftat von einer Vereinigung von zwei oder mehr Personen geplant worden ist, sofern die Straftaten nicht unter den "Kampf gegen Gott" oder "Korruption auf Erden" fallen. Im "Camp Liberty" am Bagdader Flughafen leben zurzeit ca. 2.200 Exiliraner. Aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der MKO und der Verfolgung durch das iranische Regime sind sie im Verlauf der letzten 25 Jahre in den Irak geflohen und gruppierten sich ursprünglich über die Jahre in Camp Ashraf. Inzwischen sind die Bewohner des Camps Ashraf im Rahmen eines durch die VN-Mission UNAMI vermittelten Prozesses nach Camp Liberty umgezogen, wo sie auf ihre Umsiedlung in sichere Drittstaaten warten (AA 9.12.2015).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran
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ACCORD (9.2013): Iran COI compilation, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1384784380_accord-iran-coi-compilation-september-2013-corrected-2013-11-18.pdf, Zugriff 25.4.2017
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ACCORD (7.2015): COI compilation Iran: Political Opposition Groups, Security Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law, http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1436510544_accord-iran-coi-compilation-july-2015.pdf, Zugriff 25.4.2017
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Dailystar (19.3.2014): Iran says ready to pardon hundreds of exiled dissidents,
http://www.dailystar.com.lb/News/Middle-East/2014/Mar-19/250726-iran-says-ready-to-pardon-hundreds-of-exiled-dissidents.ashx#axzz2wDdV1c7H, Zugriff 25.4.2017
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Global Security (o.D.): Mujahedin-e Khalq Organization (MEK or MKO), http://www.globalsecurity.org/military/world/para/mek.htm, Zugriff 25.4.2017
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ÖB Teheran (10.2016): Asylländerbericht
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The Guardian (21.9.2012): Q&A: what is the MEK and why did the US call it a terrorist organisation?
http://www.theguardian.com/politics/2012/sep/21/qanda-mek-us-terrorist-organisation, Zugriff 25.4.2017
"Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê" (PJAK - Partei für Freiheit und Leben in Kurdistan bzw. Partei für ein freies Leben Kurdistans)
Die PJAK begann in den späten 1990er Jahren als friedliche studentische Menschenrechtsorganisation. Es ging den Mitgliedern der Gruppierung anfangs um den Aufbau einer kurdischen Nationalidentität und man wollte die "Arianisierung" der Kurden durch die Zentralregierung verhindern. 2004 begannen die bewaffneten Angriffe auf die iranische Regierung von den Kandil Bergen aus, von wo aus die PJAK bis heute operiert. Ebendort hat auch die PKK ihre Basen und die PJAK gilt als iranischer Ableger der PKK. Als Unterschied gibt die PJAK selbst an, dass sie sich niemals gegen Zivilisten, sondern immer nur gegen ausschließlich iranische Regierungstruppen wendet bzw. gewandt hat. Die iranische Regierung hat die PJAK auch niemals diesbezüglich beschuldigt. Die PJAK ist die einzige kurdische Partei, die noch immer aktiv für ihre Ziele - z.B. Selbstbestimmung - im Iran kämpft. Trotz eines 2011 beschlossenen Waffenstillstandes kommt es immer wieder zu Scharmützel zwischen Regierungstruppen und PJAK-Kämpfern. Angaben über die Stärke der PJAK-Kämpfer sind schwierig. Schätzungen liegen bei ca. 3.000 Kämpfern. Es gibt auch einige Einheiten mit weiblichen Kämpfern (BMI 2015, ACCORD 7.2015).
In vielen Fällen werden kurdischen Aktivisten von der Zentralregierung separatistische Tendenzen vorgeworfen und diese entsprechend geahndet. Der Vorwurf separatistischer Tendenzen wird dabei in den letzten Jahren zunehmend umfassender ausgelegt. In diesem Zusammenhang wurden kurdischsprachige Publikationen verboten (u.a. Payam-e Kurdistan, Karaftoo, Rougehelat, Havar) und politisch aktive Studenten in Kurdistan aufgrund ihrer Tätigkeit exmatrikuliert. Verhafteten Kurden wurde zumeist "Kampf gegen Gott" oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Dies gilt insbesondere für Mitglieder der PJAK, die als iranischer Ableger der türkischen PKK gilt. Der Iran ist mit der Türkei eine Sicherheitskooperation zur Bekämpfung von PKK und PJAK eingegangen. Die PJAK liefert sich seit Jahren einen Guerilla-Kampf mit den iranischen Sicherheitsbehörden und führte auch 2011 gezielte Anschläge auf die Pasdaran - mit zahlreichen Toten - durch. Ein 2011 geschlossener Waffenstillstandsvertrag konnte die Lage für mehrere Jahre beruhigen. Seit Sommer 2015 häufen sich jedoch wieder Berichte über Feuergefechte zwischen Revolutionsgarden und PJAK-Kämpfern. In der Presse finden sich zudem vereinzelt Fälle, in denen an Mitgliedern der PJAK die Todesstrafe vollstreckt wurde. (vgl. AA 9.12.2015). Im Jahr 2015 wurden mehrere Todesurteile gegen Anhänger der PJAK ausgesprochen (AA 8.12.2016). Insbesondere im zweiten Quartal 2016 kam es immer wieder zu gewaltvollen Zusammenstößen zwischen PJAK und iranischen Sicherheitskräften, mit hunderten Festnahmen und zahlreichen Toten (ÖB Teheran 10.2016).
Im Oktober 2013 exekutierte die iranische Regierung zwei PJAK-Mitglieder, einer davon war die Führungsperson Habibollah Golparipour. Die PJAK warnte daraufhin, dass der Tod von Golparipour nicht unbeantwortet bleibt. Die PJAK ist verantwortlich für das Töten von iranischen Grenzwachebeamten und Soldaten in den letzten Jahren und ist mittlerweile die einzige kurdische Gruppierung, die mit dem iranischen Regime in einem bewaffneten Konflikt steht (Rudaw 27.10.2013a, Rudaw 23.1.2014b).
Bei der PJAK gibt es zwei Arten von Mitgliedschaft: Professionelle Mitglieder, die unter anderem auch militärisches Training erhalten und Waffen tragen. Diese sind unverheiratet und haben ihr Leben der PJAK gewidmet. Sie werden von der PJAK z.B. in kurdische Dörfer oder Städte entsandt, wo sie versuchen, die Leute zu organisieren und verschiedene Komitees und legale Organisationen gründen, um ihre Ideologie zu verbreiten. Professionelle Mitglieder nehmen an militärischen und politischen Aktivitäten der PJAK teil. Als zweite Gruppe werden die semi-professionellen oder lokalen Mitglieder genannt, die ein ganz normales Leben mit ihren Familien führen. Sie nehmen nicht an militärischen Aktivitäten teil, führen aber politische Aktivitäten aus, wie z.B. Flyer verteilen. Um ein semi-professionelles Mitglied zu werden, muss man das Ausbildungsprogramm der Partei durchlaufen. Neben diesen beiden Gruppen gibt es auch noch die Sympathisanten, die selten auch Flyer verteilen oder an Demonstrationen teilnehmen. Diese sind nicht direkt an der Organisation von Demonstrationen beteiligt und haben auch keine Verbindung zur Organisation der Partei. Die Sympathisanten arbeiten unter der Führung der semi-professionellen Mitglieder. Da die PJAK im Iran eine verbotene Organisation ist, müssen sowohl Mitglieder als auch Sympathisanten mit ernstzunehmenden Strafen rechnen, wenn ihre Aktivitäten enthüllt werden (DIS/DRC 30.9.2013).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran
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AA - Auswärtiges Amt (8.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran
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ACCORD (7.2015): COI compilation Iran: Political Opposition Groups, Security Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law, http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1436510544_accord-iran-coi-compilation-july-2015.pdf, Zugriff 25.4.2017
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BMI - Langanger, Simone (2015): Kurdish political parties in Iran, in: BMI - Bundesministerium für Inneres (Taucher, Wolfgang; Vogl, Mathias; Webinger, Peter [eds.]): regiones et res publicae - The Kurds: History - Religion - Language - Politics, 2015 (veröffentlicht von BFA Staatendokumentation, verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1447760239_bfa-regiones-et-res-publicae-the-kurds-2015.pdf, Zugriff 29.3.2017
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DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (30.9.2013): Iranian Kurds, On Conditions for Iranian Kurdish Parties in Iran and KRI, Activities in the Kurdish Area of Iran, Conditions in Border Area and Situation of Returnees from KRI to Iran,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1380796700_fact-finding-iranian-kurds-2013.pdf, Zugriff 29.3.2017
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ÖB Teheran (10.2016): Asylländerbericht
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Rudaw (27.10.2013a): PJAK Warns Iran of Retribution for Leader's Execution, http://rudaw.net/english/kurdistan/271020132, Zugriff 29.3.2017
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Rudaw (23.1.2014b): Iranian Repression of Kurds Behind Rise of Militant PJAK, http://rudaw.net/english/middleeast/iran/23012014, Zugriff 29.3.2017
Kurdish Democratic Party of Iran (KDPI/PDKI) und Komala(h) (Kurdistan Organization of the Communist Party of Iran, Komala, SKHKI)
Neben der PJAK stehen weitere kurdische Gruppierungen, denen die Regierung separatistische Tendenzen unterstellt, im Zentrum der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte. Hierzu zählen insbesondere die marxistische Komalah-Partei und die Democratic Party of Iranian Kurdistan (DPIK). Letztere wird von der Regierung als konterrevolutionäre und terroristische Gruppe betrachtet, die vom Irak aus das Regime bekämpft. Berichten zufolge wurde der Kurde Mansour Arvand am 14. Juni 2015 erhängt, nachdem er wegen angeblicher Zusammenarbeit mit der DPIK unter dem Vorwurf "Kampf gegen Gott" verurteilt wurde. (AA 9.12.2015, vgl. BMI 2015).
Komalah (SKHKI) hat ihre Zentrale in der Autonomen Kurdischen Region Irak. Es gibt Parteimitglieder und -sympathisanten. Organisiert ist sie in einzelnen Zellen, die von Mitgliedern geführt werden. Die Mitglieder einer Zelle teilen sich die Arbeit auf, aber nur eine Person nimmt Kontakt zur Zentrale auf. Sympathisanten hören das Parteiradio, schauen Komala TV und beteiligen sich an Aktivitäten, die von Komala empfohlen werden. Die Zellen fungieren als eine Art Schirmorganisation, die eine große Anzahl an Sympathisanten abdecken. Geheime Aktivitäten der Partei im Iran werden von der Einheit "Takesh" durchgeführt. Komala erlaubt ihren Mitgliedern im Iran nicht, sich in größeren Gruppen als zwei oder drei Personen zu treffen (DIS/DRC 30.9.2013). Die Komala ist im Iran verboten und hat ihren Sitz im Gebiet des Kurdish Regional Government (BMI 2015).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran
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BMI - Langanger, Simone (2015): Kurdish political parties in Iran, in: BMI - Bundesministerium für Inneres (Taucher, Wolfgang; Vogl, Mathias; Webinger, Peter [eds.]): regiones et res publicae - The Kurds: History - Religion - Language - Politics, 2015 (veröffentlicht von BFA Staatendokumentation, verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1447760239_bfa-regiones-et-res-publicae-the-kurds-2015.pdf, Zugriff 29.3.2017
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DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (30.9.2013): Iranian Kurds, On Conditions for Iranian Kurdish Parties in Iran and KRI, Activities in the Kurdish Area of Iran, Conditions in Border Area and Situation of Returnees from KRI to Iran,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1380796700_fact-finding-iranian-kurds-2013.pdf, Zugriff 21.3.2017
Rechtsschutz/Justizwesen
Seit 1979 ist der Iran eine Islamische Republik, wobei versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Kriterien beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden (ÖB Teheran 10.2016). In der Verfassung ist eine unabhängige Justiz verankert, in der Praxis steht sie unter politischem Einfluss. Richter werden nach religiösen Kriterien ernannt. Der Oberste Führer ernennt den Chef der Judikative. Internationale Beobachter kritisieren weiterhin den Mangel an Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter und, dass die Verfahren internationale Standards der Fairness nicht erfüllen (US DOS 3.3.2017, vgl. AI 22.2.2017).
Das in der iranischen Verfassung enthaltene Gebot der Gewaltentrennung ist praktisch stark eingeschränkt. Der Revolutionsführer ernennt für jeweils fünf Jahre den Chef der Judikative. Er ist laut Art. 157 der Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Justiz; der Justizminister hat demgegenüber vorwiegend Verwaltungskompetenzen. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben, unterliegt jedoch Begrenzungen. Immer wieder wird deutlich, dass Exekutivorgane, v.a. der Sicherheitsapparat, trotz formalen Verbots in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung und die Strafzumessung nehmen. Zudem ist zu beobachten, dass fast alle Entscheidungen der verschiedenen Staatsgewalten bei Bedarf informell durch den Revolutionsführer und seine Mitarbeiter beeinflusst und gesteuert werden können. Auch ist das Justizwesen nicht frei von Korruption. Nach belastbaren Aussagen von Rechtsanwälten ist ca. ein Drittel der Richter bei entsprechender Gegenleistung zu einem Entgegenkommen bereit. In Iran gibt es eine als unabhängige Organisation aufgestellte Rechtsanwaltskammer ("Iranian Bar Association"; IBA). Allerdings sind die Anwälte der IBA staatlichem Druck und Einschüchterungsmaßnahmen insbesondere in politischen Verfahren ausgesetzt (AA 8.12.2016).
In der Normenhierarchie der Rechtsordnung des Iran steht die Scharia an oberster Stelle. Darunter stehen die Verfassung und das übrige kodifizierte Recht. Die Richter sind nach der Verfassung angehalten, bei der Rechtsanwendung zuerst auf Grundlage des kodifizierten Rechts zu entscheiden. Im Zweifelsfall kann jedoch gemäß Art. 167, 170 der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewendet werden (AA 9.12.2015).
In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die "Sondergerichte für die Geistlichkeit" sollen abweichende Meinungen unter schiitischen Geistlichen untersuchen und ihre Urheber bestrafen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer und sind organisatorisch außerhalb der Judikative angesiedelt (AA 9.12.2015).
Die Zuständigkeit der Revolutionsgerichte beschränkt sich auf folgende Delikte:
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Straftaten betreffend die innere und äußere Sicherheit des Landes, bewaffneter Kampf gegen das Regime, Verbrechen unter Einsatz von Waffen, insbesondere "Feindschaft zu Gott" und "Korruption auf Erden";
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Anschläge auf politische Personen oder Einrichtungen;
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Beleidigung des Gründers der Islamischen Republik Iran und des jeweiligen Revolutionsführers;
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Spionage für fremde Mächte;
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Rauschgiftdelikte, Alkoholdelikte und Schmuggel;
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Bestechung, Korruption, Unterschlagung öffentlicher Mittel und Verschwendung von Volksvermögen (AA 9.12.2015).
Das Sondergericht für Geistliche und die Revolutionsgerichte waren besonders empfänglich für Druck seitens der Geheimdienste und anderer Sicherheitsbehörden, die darauf drängten, Angeklagte schuldig zu sprechen und harte Strafen zu verhängen (AI 22.2.2017).
Im Juni 2015 trat die neue Strafprozessordnung in Kraft, die nahezu ein Jahrzehnt in Arbeit war. Es sind nun einige überfällige Reformen im Justizsystem enthalten, wie Einschränkungen der provisorischen Untersuchungshaft bei Fällen von Fluchtgefahr oder Gefahr für die öffentliche Sicherheit, striktere Regulierungen betreffend Befragungen von beschuldigten Personen und die Ausweitung des Rechts auf einen Anwalt. Nichtsdestotrotz scheitert die Strafprozessordnung an vielen großen Mängeln im iranischen Strafjustizsystem (AI 11.2.2016). Justizbedienstete des Ministeriums für Geheimdienste, der Revolutionsgarden und anderer Behörden setzten sich ständig über Bestimmungen hinweg, die die Strafprozessordnung von 2015 für ein ordnungsgemäßes Verfahren vorsah, wie das Recht auf einen Anwalt unmittelbar nach der Festnahme und während der Untersuchun