Entscheidungsdatum
09.07.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L519 2153363-3/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.6.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 68 Abs. 1 AVG 1991, BGBl. I Nr. 51/1991 idgF iVm § 17 VwGVG, BGBl I Nr. 33/2013 idgF, §§ 57, 10 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 idgF, §§ 52 Abs. 2 und 9, 46 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrenshergang
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch kurz bezeichnet als: BF), ein Staatsangehöriger des Irak und kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit, stellte nach nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 26.3.2016 erstmalig bei der belangten Behörde einen Antrag auf internationalen Schutz.
I.2. Als Begründung für das Verlassen des Irak gab der BF bei seiner Erstbefragung im Wesentlichen an, er habe den Irak wegen wirtschaftlicher Probleme verlassen.
Beim BFA brachte er zusammengefasst vor, er habe Probleme und Auseinandersetzungen mit der KDP gehabt. Man habe den BF töten wollen. Bei den Parlamentswahlen in Kurdistan im Jahr 2013 sei der BF Wahlbeobachter gewesen. Mitglieder einer bewaffneten Gruppe seien in die Schule gekommen und hätten die Wahlurne mit den abgegebenen Stimmzetteln mitgenommen. Dabei seien der BF und andere Wahlbeobachter geschlagen worden. Die Polizei vor der Schule sei untätig geblieben. Die verständigte irakische Wahlkommission sei gekommen und habe Fotos gemacht. 10 Tage später sei der BF vom kurdischen Sicherheitsdienst festgenommen und 2 Wochen an einer Dienststelle festgehalten und befragt worden. 10 Tage nach seiner Freilassung habe man den BF erneut zur Dienststelle gebracht, wo er 2 Tage angehalten und befragt worden sei. Insgesamt sei der BF 10 Mal abgeholt und befragt worden, zuletzt am 15.8.2015.
I.2. Der Antrag der BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.3.2017 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 Asylgesetz wurde dem BF nicht erteilt. Gem. § 10 Abs. 1 Z.3 Asylgesetz iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z.2 FPG erlassen und gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Irak gem. § 46 FPG zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gem. § 55 FPG mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
I.3. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.6.2017, L 507 2153363-1, als unbegründet abgewiesen.
Dieses Erkenntnis erwuchs am 30.6.2017 in Rechtskraft.
I.4. Am 13.9.2017 brachte der BF den nunmehr verfahrensgegenständlichen Folgeantrag aus der Schubhaft heraus ein.
Bei der Erstbefragung am 14.9.2017 gab der BF zu seinem Fluchtgrund im Wesentlichen an, dass er keine neuen Fluchtgründe habe. Die Gründe seien die selben wie beim 1. Antrag.
Gegenüber dem BFA gab der BF am 29.9.2017 zusammengefasst an, dass seine Familie im Irak wegen seiner Probleme unter Beobachtung stehen würde. Die Polizei habe im Juni 2017 den Bruder des BF bedroht und nach dessen Aufenthaltsort gefragt, andernfalls würden sie Interpol einschalten und den BF zurückholen. Man wolle, dass der BF als Spion für sie arbeitet und falsche Angaben macht. In Serbien sei im März 2016 auf den BF geschossen worden, die serbische Polizei habe ihn gerettet. Er habe auch Fotos darüber abgegeben. Diese Leute hätten weiter angerufen und den BF bedroht.
I.4.1. Mit Mandatsbescheid vom 29.9.2017 wurde der faktische Abschiebeschutz gem. § 12 AsylG 2005 gem. § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben.
I.4.2. Mit Beschluss des BVwG vom 6.10.2017 wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gem. § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 rechtmäßig ist.
I.5. Mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde (in weiterer Folge als "angefochtener Bescheid" bezeichnet) wurde der neuerliche Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 idgF (AVG) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen des BF nicht glaubhaft sei. Der BF habe den ggst. Antrag aus der Schubhaft heraus gestellt. Bei der Erstbefragung gab er an, dass seine Gründe nach wie vor aufrecht seien, er habe keine weiteren bzw. anderen Fluchtgründe. Beim BFA steigerte der BF sein Vorbringen, indem er angab, sein Bruder werde von der Polizei bedroht. Man habe ihm gedroht, dass die Polizei Interpol einschalte, wenn der Bruder den Aufenthaltsort des BF nicht verrät.
Daraus ergebe sich kein neuer Sachverhalt. Der BF berief sich im ggst. Verfahren auf dieselben Gründe wie im ersten Verfahren. Weiter brachte er vor, dass Mitglieder jener Partei, vor der er Angst habe, in Serbien auf ihn geschossen hätten. Bereits im Erstverfahren habe der BF sein Vorbringen kontinuierlich gesteigert, was sich auch im ggst. Verfahren fortsetze. So gab der BF bei der Erstbefragung im ersten Verfahren rein wirtschaftliche Gründe an. Beim BFA behauptete er, mehrmals von der Asaish verhaftet worden zu sein. Im ggst. Verfahren behauptete der BF dann, dass 2016 Mitglieder jener Partei, welche den BF angeblich verfolgt, in Serbien auf ihn geschossen hätten. Weiter steigerte er sein Vorbringen dahingehend, dass sein Bruder bedroht würde. Angeblich habe ihm die Polizei auch damit gedroht, Interpol einzuschalten. Nicht nur, dass der BF sein Vorbringen kontinuierlich steigerte, sei es auch völlig unglaubwürdig, dass die Polizei fast 4 Jahre nach der Ausreise des BF damit droht, Interpol einzuschalten. Es sei auch nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die Polizei Interpol einschalten sollte, sei der BF nach seinen Angaben doch lediglich unabhängiger Wahlbeobachter gewesen bei Wahlen, die bereits 2013 stattfanden.
Es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass ein durchschnittlich sorgfältiger Asylwerber tatsächlich bestehende Verfolgung wider besseren Wissens verschweigt. Von einer Person, die tatsächlich im Heimatland verfolgt wird oder Verfolgung zu befürchten hat, kann man erwarten, dass sie ein derart wichtiges Faktum nicht dermaßen leichtfertig in jenem Staat verschweigt, von dem sie sich Schutz erwartet und obendrein noch bewusst falsche Angaben machen würde, indem sie wissentlich fälschlich eine diesbezügliche Frage seitens des befragenden Organs wahrheitswidrig verneint.
Gerade von einem juristischen Laien müsse vor dem Hintergrund der Tatsache, dass eine solche Person über das Asylrecht nicht in allen Einzelheiten im Vornherein informiert ist, davon ausgegangen werden, dass ein solcher Mensch im Bestreben, seine Position im Asylverfahren nicht zu gefährden, auf eine Frage seitens der Asylbehörde nach dem Bestehen eines nicht unerheblichen Sachverhaltselementes spontan und freiwillig wahrheitsgemäß antwortet anstatt Dinge wider besseres Wissen zu verschweigen, weil es auch einem juristischen Laien aus seiner Wissenssphäre notorisch erkennbar ist, dass wahrheitswidrige Angaben die Glaubwürdigkeit im Asylverfahren erschüttern.
Die Rückkehrentscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass dadurch nicht in unzulässiger Weise in das Privat- und Familienleben des BF eingegriffen werde, zumal sich seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens nichts geändert habe.
I.6. Mit Schriftsatz vom 28.6.2018 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid. Neben allgemeinen Ausführungen und Wiederholungen wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass das Verfahren mangelhaft und die rechtliche Beurteilung unrichtig sei. Der BF werde aus politischen und religiösen Gründen sowie wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt. Nach Abschluss des Vorverfahrens seien neue Verfolgungselemente aufgetreten. Der BF habe auch keine Bindungen mehr zum Irak. Eine Prüfung der vorgebrachten Sachverhaltsänderungen sei nicht erfolgt. Die Einvernahme sei nur kurz gewesen und die Beweiswürdigung oberflächlich, auch die vorgelegten Beweismittel seien keiner Untersuchung durchgeführt worden. Der ehemalige Chef des BF sei am 14.4.2018 in XXXX ermordet worden, weshalb die Verfolgungsgefahr für den BF ebenfalls wieder akut sei. Eine Beurteilung der aktuellen Situation im Irak habe nicht stattgefunden. Der BF habe keine Zukunftsperspektive im Irak und auch keine IFA. Das BFA habe auch keine Recherchen zu den vorgebrachten Fluchtgründen getätigt und damit willkürlich gehandelt. Dazu habe es auch eine mangelhafte Beweiswürdigung vorgenommen.
Der BF habe sich intensiv um Integration bemüht, die deutsche Sprache gelernt und soziale Kontakte geknüpft. Er sei arbeitswillig.
I.7. Die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, erfolgte am 6.7.2018.
I.8. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt)
Das Bundesverwaltungsgericht nimmt den im Rahmen des Verfahrensherganges unter Punkt I. geschilderten Sachverhalt als erwiesen an.
Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die den BF betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in sonstigen in der Person des BF gelegenen Umständen.
Ebenso ergab sich kein sonstiger unter die Tatbestandsmerkmale des Art. 1 Abschnitt A Ziffer der der GFK zu subsumierender Sachverhalt.
Eine relevante Änderung der Rechtslage konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.
Weitere Hinweise auf das Bestehen eines Sachverhaltes, welcher die inhaltliche Prüfung des vorliegenden Antrages gebieten würde, kamen bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen nicht hervor, weshalb die inhaltliche Prüfung des gegenständlichen Antrages ausscheidet.
2. Beweiswürdigung
Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt und Einsicht in das ZMR, Strafregister sowie IZR Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Irak wird auf die dem Akt beigeschlossenen bzw. im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen Feststellungen der belangten Behörde verwiesen.
In diesem Kontext ist darauf zu verweisen, dass sich aus den amtswegigen Ermittlungen des erkennenden Gerichts - wie bereits vom BFA festgestellt - bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen keine solchen Hinweise ergaben, dass sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des vorangegangenen, bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens die maßgebliche allgemeine Lage im Irak zum Nachteil des BF geändert hätte (speziell zur Anforderung der Aktualität vgl. VwGH. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß -im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997- VwGH vom 11. November 1998, 98/01/0284).
Die genannten Quellen geben zudem die aktuelle, seit der Erlassung der Vergleichsentscheidung unverändert gebliebene Lage - in Bezug auf den BF - im Irak wieder. Den Länderfeststellungen wurde vom BF in seiner Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten.
Insoweit die neuerliche Antragstellung des BF unter dem Blickwinkel des Refoulementschutzes zu betrachten ist, ist auszuführen, dass bereits dem Erkenntnis des BVwG vom 27.6.2017 umfassende Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak zugrunde gelegt wurden, welche nunmehr von der belangten Behörde entsprechend aktualisiert wurden. Es sind darüber hinaus auch keine wesentlichen, in der Person des BF liegenden, neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden (wie bspw. eine schwere, lebensbedrohliche Krankheit), die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden.
Zudem ist der BF jung, gesund und arbeitsfähig und könnte er nach seiner Rückkehr den Lebensunterhalt selbst bestreiten. Es liegen daher nach wie vor keine konkreten Anhaltspunkte vor, dass der BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste bei seiner Rückkehr in eine existenzielle Notlage zu geraten. Außerdem leben seine Mutter und 4 Geschwister nach wie vor im Irak.
Hinsichtlich des Familien- bzw. Privatlebens der BF wurde bereits bei der Rückkehrentscheidung des BFA auf die persönliche Situation des BF eingegangen und hat sich seither keine verfahrensrelevante Änderung zugunsten des BF ergeben bzw. wurde eine solche auch nicht vorgebracht.
3. Rechtliche Beurteilung
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch Einzelrichter
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
II.3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idgF geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
II.3.3. Prüfungsumfang, Übergangsbestimmungen
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Zu A) (Spruchpunkt I)
II.3.4. Abweisung der Beschwerde gem. § 68 AVG
II.3.4.1. Prüfungsumfang der "Entschiedenen Sache"
Im gegenständlichen Fall behauptet der BF, es liege nunmehr ein Sachverhalt vor, welcher die Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat nicht zulässig erscheinen ließe. Hierzu wird im Lichte des Erk. d. VwGH vom 19.2.2009, Zl. 2008/01/0344 (vgl. aber auch VfGH U 1533/10-12, U 1534/10-12; VfGH U 1518/11-15) Folgendes erwogen:
Der BF stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Antrag auf internationalen Schutz ist das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen. Der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 2 Z. 13 AsylG). Im gegenständlichen Fall ist daher neben dem asylrelevanten Sachverhalt gem. Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK (Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Gesinnung) als auch im Hinblick auf dir subsidiären Schutzgründe gem. Art. 15 RL 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen ("wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde") zu prüfen, ob entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vorliegt.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235).
Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266). Selbiges gilt, wenn sich das neue Parteibegehren mit dem früheren deckt (etwa das Begehren der Gewährung von internationalem Schutz), die Partei dieses Begehren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage jedoch anders begründet (vgl. ho. Erk. v. 6.10.2011, Zl. E10 417.640-2/2011/3E, E10 417.639-2/2011/3E, Zl. E10 417.641-2/2011/3E).
Ob der nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich nach Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag zugetragen haben soll, im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht, ist im Folgeverfahren bei der Prüfung der Rechtskraft ohne Belang. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst (vgl. auch Erk. d. VwGH vom 17.9.2008, 2008/23/0684, ho. Erk. vom 17.4.2009, GZ. E10 316.192-2/2009-8E).
"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).
Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrecht erhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).
Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321); in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH 16.7.2003, 2000/01/0237, mwN).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (Hinweis VwGH vom 26.4.1995, 92/07/0197, VwSlg 14248 A/1995); die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Erk. d. VwGH v.26.2.2004, 2004/07/0014; 12.12.2002, 2002/07/0016; 15.10.1999; 9621/9997). Identität der Sache i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren etwa eine Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hätte (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 08.04.1992, Zl. 88/12/0169, ebenso Erk. d. VwGH v. 15.11.2000, 2000/01/0184).
II.3.4.2. Entschiedene Sache in Bezug auf den asylrelevanten Sachverhalt
Das Verfahren hinsichtlich des ersten Antrages des BF wurde bereits mit bereits zitierter Entscheidung des BVwG vom 27.6.2017 rechtskräftig negativ abgeschlossen und wurde das Vorbringen als nicht glaubhaft beurteilt.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Würdigung der belangten Behörde im gegenständlichen Verfahren an, dass der BF nunmehr keinen glaubhaften Sachverhalt vorgebracht hat, welcher die Führung eines neuerlichen inhaltlichen Asylverfahrens erforderlich machen würde.
Der BF hat sich im ggst. Verfahren im Wesentlichen auf dieselben Fluchtgründe wie im ersten Asylverfahren gestützt. Weiter brachte er vor, dass seine Familie im Irak nunmehr unter Beobachtung stünde und die Polizei seinem Bruder mit der Einschaltung von Interpol gedroht habe, wenn dieser den Aufenthaltsort den BF nicht bekannt gibt. Außerdem hätte die Gegner des BF im März 2016 in Serbien auf ihn geschossen. In der Beschwerde brachte der BF dann weiter vor, dass sein ehemaliger Chef im April 2018 ermordet worden sei.
Das BVwG geht ebenso wie das BFA aus folgenden Erwägungen von der Unglaubwürdigkeit des nunmehr zusätzlichen Vorbringens des BF aus:
Ein Indiz für die persönliche Unglaubwürdigkeit des BF ist bereits der Umstand, dass er den ggst. Antrag aus der Schubhaft heraus gestellt hat. Damit ist für das Gericht naheliegend, dass durch den ggst. Antrag offensichtlich die unmittelbar bevorstehende Abschiebung des BF verhindert werden sollte, zumal nunmehr plötzlich auch sein Reisepass aufgetaucht ist.
Was das angebliche Schussattentat in Serbien betrifft, ist dazu zunächst festzustellen, dass dieser Vorfall - hätte er sich tatsächlich zugetragen - von der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens erfasst ist. Unabhängig davon ist der Vorfall aber in keiner Weise glaubhaft. Dies ist er schon aus dem Grund nicht, da er auf einer Geschichte aufbaut, die bereits im ersten Asylverfahren des BF als nicht glaubhaft erachtet wurde. Außerdem hätte jeder halbwegs vernunftbegabte Mensch ein derartig gravierenden Ereignis von seiner ersten Einvernahme an geschildert. Außerdem hat der BF dieses Ereignis nur völlig allgemein und vage in denRraum gestellt und obendrein auch keine Beweismittel, wie z. B. eine Anzeige der serbischen Polizei odgl. vorgelegt. Soweit er dann beim BFA am 29.9.2017 noch keck behauptete, er habe im 1. Verfahren Fotos dazu vorgelegt, entpuppte sich dies als dreiste Lüge, da sich im Vorakt keine Fotos befinden. Über entsprechenden Vorhalt gab der BF an, er habe die Fotos am 26. oder 27.3.2016 bei der Polizei in XXXX abgegeben. Als ihm dann erklärt wurde, er sei aber in XXXX festgenommen worden, gab er völlig unglaubwürdig an: " Ich weiß nicht, XXXX, keine Ahnung."
Was den angeblichen Mord am ehemaligen Chef im Jahr 2018 betrifft, stellt das Gericht zunächst fest, dass die in der Beschwerde erwähnten "Beweismittel" für den Mord entgegen der entsprechenden Ankündigung nicht mit der Beschwerde vorgelegt wurden. Doch darüber hinaus wurde auch dieser Sachverhalt nur äußerst vage und unsubstantiiert in den Raum gestellt ohne Fakten dazu anzugeben. Abgesehen davon wird in keiner Weise dargestellt, was der Mord an einer dritten Person mit dem BF zu tun haben sollte, Nachweise für ein Arbeitsverhältnis des BF zu dieser Person, deren Name nicht einmal erwähnt wurde, wurden ebenfalls nicht vorgelegt.
Würde es tatsächlich zutreffen, dass der Bruder des BF und auch der Rest der Familie seit Juni 2017 von der Polizei aufgesucht bzw. observiert wird, stellt sich für das Gericht schon die Frage, weshalb die Polizei erst Jahre nach der Ausreise und dem Vorfall bei den Wahlen im Jahr 2013 ein derartiges Interesse am BF entwickeln sollte, dass sie sogar andenkt, Interpol einzuschalten. Außerdem ist es völlig unglaubwürdig, dass die Polizei einen derartigen Schritt Angehörigen eines Gesuchten ankündigt, da sie damit rechnen muss, dass der Gesuchte gewarnt wird. Außerdem hätte die Polizei in einem derartigen Fall auch schon längst die Telefone der Beteiligten angezapft und diese abgehört, um so den Aufenthaltsort des BF herauszufinden. Hätte die Polizei tatsächlich Interesse am BF gehabt, hätte er wohl am 3.1.2016 den Irak auch nicht auf legale Art und Weise mit dem Flugzeug verlassen, da die Gefahr, bei der Ausreise erwischt zu werden, viel zu groß gewesen sei. Zudem hat der BF auch keinerlei Beweismittel dafür beigebracht, dass ihn die Polizei tatsächlich suchen würde, wie z.B. einen Haftbefehl.
Soweit in der Beschwerde unsubstantiiert die Rede davon ist, der BF werde auch aus religiösen Gründen und wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt, hat der BF Derartiges persönlich nie behauptet. Es entspricht auch nicht den Tatsachen, dass der BF keine Bindungen mehr zum Irak habe, da er zum einen erst 2016 ausgereist ist und laut eigener Angabe nach wie vor in Kontakt zu einzelnen Familienmitgliedern steht.
Entgegen den Beschwerdebehauptungen ergibt sich aus der Aktenlage auch nicht, dass die Befragung des BFA nur oberflächlich erfolgt ist. Vielmehr hat die Einvernahme fast 2 Stunden gedauert und hat der BF am Ende auch angegeben, nichts mehr vorbringen zu wollen.
Soweit der BF bei seiner Einvernahme diverse Farbkopien von Schriftstücken vorgelegt hat, betreffen diese nicht seine Fluchtgründe oder die aktuelle Lage im Irak, sodass darauf auch nicht näher einzugehen war. Aus dem selben Grund und auch wegen der hochgradigen Unglaubwürdigkeit des BF erwies es sich auch nicht erforderlich, weiter gehende Ermittlungen im Irak anzustellen.
Im Rahmen der Beweiswürdigung hat sich das BFA auch ausreichend mit dem Vorbringen des BF auseinander gesetzt und dieses entsprechend in Zusammenhang mit den Länderfeststellungen gebracht.
Aus den geschilderten Erwägungen geht daher auch das BVwG von der Unglaubwürdigkeit der vom BF ins Treffen geführten Geschichte aus. Aus diesem Grund sieht auch das Gericht - wie bereits das BFA - keine Veranlassung für die Durchführung weiterer Ermittlungen.
Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).
Bei genauer Betrachtung ergibt sich, dass sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht wesentlich geändert hat, bzw. sich das neue Parteibegehren mit dem früheren deckt bzw. ebenfalls nicht glaubhaft ist. Von einer relevanten, wesentlichen Änderung des Sachverhaltes seit der rechtskräftigen Entscheidung über den ersten Asylantrag kann daher nicht gesprochen werden.
II.3.4.3. Entschiedene Sache in Bezug auf den zur Prüfung der Voraussetzung der Zuerkennung des Statuts der subsidiär Schutzberechtigten relevanten Sachverhalts
II.3.4.3.1.
"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1.
der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2.
...
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung
nach § 3 ... zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.
..."
Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.
Art. 2 EMRK lautet:
"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;
b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;
c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."
Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.
Art. 3 EMRK lautet:
"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."
Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).
Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).
Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).
Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.
Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:
VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.
Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).
Gem. der Judikatur des EGMR muss ein BF die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)
Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).
Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).
Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.
II.3.4.3.2.
Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates des BF scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.
Da sich die Herkunftsregion der BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der BF in einigen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.
Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.
Weitere, in der Person der BF begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden. Der BF gab an, gesund zu sein.
Zur individuellen Versorgungssituation des BF wird weiters festgestellt, dass dieser im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Beim BF handelt es sich um einen mobilen, jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann. Einerseits stammt der BF aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört er keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.
Auch steht es dem BF frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das -wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.
Ebenso kam hervor, dass der BF im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte (Mutter, Geschwister) verfügt. Er stammt aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und kann er daher auch Unterstützung durch seine Familie erwarten.
Darüber hinaus ist es dem BF unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.
II.3.4.3.3.
In der Beschwerde bzw. auch im Rahmen der Einvernahmen wurde vom BF kein substantiiertes Vorbringen zu einer etwaig maßgeblich geänderten Lage im Herkunftsstaat erstattet. Weder aus dem unglaubwürdigen Vorbringen des BF noch aus dem sonstigen Ermittlungsergebnis ergaben sich Hinweise, dass sich (neue) subsidiäre Schutzgründe ergeben hätten.
Ebenso ist nach wie vor davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso Erk des AsylGH vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E), sollten sich diese als erforderlich erweisen.
Aufgrund dessen, dass auch im zweiten Asylverfahren kein glaubwürdiges konkretes Vorbringen im Hinblick auf eine Bedrohung im Sinne des § 8 AsylG 2005 erbracht wurde, ist demnach wiederum nur die allgemeine Situation im Irak bzw. der autonomen Kurdenregion zu betrachten. Von Amts wegen sind seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens keine Änderungen der allgemeinen Situation im Irak notorisch, welche die Annahme einer allgemeinen extremen Gefährdungslage gerechtfertigt erscheinen lassen würden.
Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat die dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht über eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende dauerhaft aussichtslose Lage gerät.
Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass der BF nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in seinem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.
Da sohin auch keine Anhaltspunkte für eine maßgebliche Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die von der belangten Behörde von Amts wegen zu berücksichtigen wären, vorliegen, da sich die allgemeine Situation in der Türkei in der Zeit, bis der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen wurde, und sich auch die Rechtslage in der Zwischenzeit nicht entscheidungswesentlich geändert haben, ist die belangte Behörde im Ergebnis daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Behandlung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht.
II.3.5. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung
II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen:
§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:
§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer
Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."
§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von
Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."
§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens: