Entscheidungsdatum
12.07.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
L512 2177508-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX, geb. XXXX, StA. der islamischen Republik Pakistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2017, Zl. XXXX, beschlossen:
A)
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der islamischen Republik Pakistan, (in weiterer Folge "Pakistan" genannt), reiste im Oktober 2012 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 03.10.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des damals zuständigen Bundesasylamtes vom 06.11.2012, Zl. XXXX, wies das Bundesasylamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der BF gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Dagegen erhob der Beschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof.
Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 12.09.2013, Zl. XXXX, wurde die Beschwerde gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Das Erkenntnis erwuchs am 17.09.2013 in Rechtskraft.
I.2. Am 19.05.2014 stellte der BF erneut einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.
Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des nunmehr zuständigen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA) vom 17.05.2017, Zl. XXXX, gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gem. § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV).
Der Bescheid des BFA vom 17.05.2017, Zl. XXXX, wurde dem BF durch Hinterlegung am 19.05.2017 zugestellt.
I.3. Mit Schreiben vom 08.06.2017, per Fax am 08.06.2017 beim BFA eingelangt, brachte der BF vertreten durch seine gewillkürte Vertretung eine Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 17.05.2017, Zl. XXXX, ein.
I.4. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.06.2017, GZ: XXXX, wurde der BF bzw. seine gewillkürte Rechtsvertretung mit näherer Begründung darüber informiert, dass davon auszugehen ist, dass die Beschwerde verspätet sei.
I.6. Mit Schreiben vom 14.07.2017 gab die gewillkürte Vertretung bekannt, dass der BF nicht gewusst habe, wann der Bescheid bei der Post hinterlegt worden sei. Die Beschwerde sei so schnell wie möglich eingebracht worden.
I.7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.08.2017, XXXX, wurde die Beschwerde gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG iVm § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückgewiesen. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erachtet.
I.8. Mit Schriftsatz, eingelangt beim BFA am 31.10.2017, beantragte der bevollmächtigte Vertreter des BF die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 AVG und erhob Beschwerde gegen den Bescheid vom 17.05.2017, Zl. XXXX.
2. Beweiswürdigung:
Der dargestellte Verfahrensgang insbesondere die Feststellungen zur Zustellung des Bescheides, der Erhebung der Beschwerde und der Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stehen in Anbetracht der Aktenlage fest und werden seitens des BF nicht beanstandet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Zu A)
Gemäß § 33 (1) VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn diese Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat, bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt.
Die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt voraus, dass eine Frist versäumt wurde. Wurde keine Frist versäumt, ist einem Wiedereinsetzungsantrag schon aus diesem Grunde nicht stattzugeben (VwGH 12.06.1986, 86/02/0034 mwH
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nur gegen die Versäumung einer verfahrensrechtlichen, nicht auch einer materiell-rechtlichen Frist zulässig (vgl. VwGH 15.03.1995, 95/01/0035). Eine Frist ist versäumt, wenn sie zu laufen begonnen hat und ungenutzt verstrichen ist, dh. wenn die geforderte Prozesshandlung vor ihrem Ablauf nicht in der für sie (zwingend) vorgeschriebenen Form gesetzt wurde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 AVG Rz 22 mwN).
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 26.09.2017, G 134/2017-12, G 207/2017-8, die Wortfolge "2,4 und" sowie den Satz "Dies gilt auch in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z1, sofern die Entscheidung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist." in § 16 Abs. 1 des BFA-VG als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist. Diese Aufhebung gilt daher auch für den vorliegenden Beschwerdefall.
Die zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung geltende Wortfolge "2,4 und" sowie der Satz "Dies gilt auch in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z1, sofern die Entscheidung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist." die die Frist zur Einbringung der Beschwerde gegen einen Bescheid betreffend die Gewährung von Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß dem AsylG 2005 und betreffend die Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG sowie die Zuerkennung und Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich dem AsylG 2005 (§ 3 Abs. 2 Z 1., 2., und 4. BFA-VG) mit zwei Wochen festlegten, sind daher verfassungswidrig.
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen und diese Bestimmung ist nunmehr auf die vorliegende Beschwerde anzuwenden.
Vor dem Hintergrund der vierwöchigen Beschwerdefrist in § 7 Abs. 4 VwGVG wurde die gegenständliche Beschwerde binnen offener Frist eingebracht und ist daher der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers vom 31.10.2017 mangels einer Fristversäumung nicht zulässig.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG (mangels Fristversäumung) zurückzuweisen.
Hinsichtlich der beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nunmehr rechtzeitig) eingebrachten Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2017 wird ein gesondertes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes ergehen.
Angesichts des Verfahrensergebnisses erübrigt es sich, über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, abzusprechen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignisses abgeht. Entsprechende einschlägige Judikatur wurde bereits zitiert.
Schlagworte
Beschwerde, mangelnder Anknüpfungspunkt, Rechtsmittelfrist,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L512.2177508.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.09.2018