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L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
AusgleichsO §48;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der M, vertreten durch Dr. W R, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom 9. September 1999, Zl. MD-VfR-B 63/96, betreffend Haftung für Anzeigenabgabe gemäß den §§ 7 Abs. 1 und 54 ff WAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Haftungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 14. Juni 1996 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 54 Wiener Abgabenordnung (WAO) für den Rückstand an Anzeigenabgabe einer näher bezeichneten GmbH in der Höhe von S 160.520,98 für den Zeitraum August 1994 bis Dezember 1994 und März 1995 haftbar gemacht und aufgefordert, diesen Betrag gemäß § 171 WAO binnen einem Monat ab Zustellung zu entrichten.
Mit ihrem Bescheid vom 9. September 1999 änderte die belangte Behörde über Berufung der Beschwerdeführerin den erstinstanzlichen Bescheid dahin ab, dass der Haftungsbetrag auf S 123.498,38 herabgesetzt wurde, wies jedoch im Übrigen die Berufung als unbegründet ab.
Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachtet sich in ihrem Recht als verletzt, ohne Vorliegen eines Abgabenrückstandes nicht gemäß §§ 7 und 54 WAO haftbar gemacht zu werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde habe den Sachverhalt unvollständig und unrichtig festgestellt. Richtig sei, dass im Konkurs der Abgabenschuldnerin (GmbH) vor dem Handelsgericht Wien am 12. Jänner 1996 ein Zwangsausgleich zustande gekommen sei, der mit dem am 28. Mai 1996 durch Anschlag an der Gerichtstafel verlautbarten Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 10. Mai 1996 bestätigt worden sei. Daraufhin sei der Konkurs mit dem am 30. Juli 1998 durch Anschlag an der Gerichtstafel verlautbarten Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 5. Mai 1998 gemäß § 157 Abs. 1 KO aufgehoben worden.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 24. August 1998 sei jedoch der Beschluss vom 5. Mai 1998 dahin berichtigt worden, dass die Konkursaufhebung mangels kostendeckenden Vermögens gemäß § 166 Abs. 2 KO (alte Fassung) erfolgt sei.
Über Rekurs der Gemeinschuldnerin sei der Berichtigungsbeschluss mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 30. Dezember 1998 aufgehoben und die Sache zur allfälligen neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen worden.
Hieraufhin habe das Handelsgericht Wien für den 4. März 1999 eine Tagsatzung anberaumt. In dieser habe die Beschwerdeführerin eine Bestätigung des Finanzamtes für Körperschaften vom 1. März 1999 vorgelegt, aus der sich ergeben habe, dass der Zwangsausgleich erfüllt worden sei und keine Abgabenschulden beständen. Auf Grund der Ergebnisse der Tagsatzung habe das Handelsgericht Wien den Beschluss vom 5. Mai 1998, womit der Konkurs gemäß § 157 Abs. 1 KO aufgehoben worden sei, für rechtskräftig erklärt.
Die belangte Behörde hätte daher davon ausgehen müssen, dass hinsichtlich der primären Abgabenschuldnerin (GmbH) ein Zwangsausgleich angenommen und rechtskräftig bestätigt, der Konkurs gemäß § 157 Abs. 1 KO rechtskräftig aufgehoben worden sei. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass der Zwangsausgleich durch die primäre Abgabenschuldnerin erfüllt worden sei "und sohin keine Abgabenschulden mehr" bestünden.
Die Beschwerdeführerin leitet aus dem von ihr vorgebrachten Sachverhalt rechtlich unter Hinweis auf die zu § 9 BAO von der Judikatur entwickelten Grundsätze ab, sie sei durch den rechtskräftig bestätigten Ausgleich von einer allfälligen Haftung durch Untergang der Verbindlichkeit (gemäß § 156 Abs. 1 KO) befreit worden, wovon auch der Verwaltungsgerichtshof ausgehe.
Strittig ist somit vor dem Verwaltungsgerichtshof nur die Frage der Wirkungen des Zwangsausgleichs auf die Haftung der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 7 und 54 WAO.
Gemäß § 7 Abs. 1 WAO haften die in den §§ 54 ff WAO bezeichneten Vertreter und sonstigen Verpflichteten neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern und sonstigen Verpflichteten auferlegten Pflichten, seien es abgabenrechtliche oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.
Gemäß § 5 Abs. 2 WAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche, wie beispielsweise Säumniszuschläge, Mahngebühren, Stundungszinsen und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens.
Nach § 54 Abs. 1 WAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen; sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Nach § 171 letzter Satz WAO in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 40/1992, hindert ein erfüllter Ausgleich oder Zwangsausgleich die Geltendmachung der Haftung nicht (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1999, Zl. 94/17/0229).
Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. September 1999, Zl. 96/15/0049, zu § 9 BAO in Abkehr von der von der Beschwerdeführerin angesprochenen Judikaturlinie ausgeführt, dass die Akzessorietät der Haftung des Vertreters nicht losgelöst von den bestimmenden Gesichtspunkten insoweit verselbständigt werden könne, dass Vertreter von der im öffentlichen Recht wurzelnden Abgabenhaftung auch in Konstellationen freigestellt würden, die geradezu im Kernbereich der ratio legis liegen. Die Haftung sei nur insofern akzessorisch, als sie das Bestehen des Abgabenanspruches zur Zeit der Verwirklichung des die Haftung auslösenden Sachverhalts voraussetze. Ob ein Erlöschen der Schuld auch dem Haftungspflichtigen zugute komme, sei hingegen nach dem Zweck der den Schulderschlöschensgrund beinhaltenden jeweiligen Vorschrift zu prüfen. Davon ausgehend stelle der (Zwangs)Ausgleich des Primärschuldners keinen Grund für die Befreiung des Haftungspflichtigen dar.
Es sei auch sachlich nicht zu rechtfertigen, dass es zur Haftungsfreistellung auf den grundsätzlich nicht vorhersehbaren Zeitpunkt der (letztinstanzlichen) Erlassung des Haftungsbescheides ankommen solle; dies mit der Wirkung, dass bei einer Erledigung vor Bestätigung des (Zwangs)Ausgleichs die Haftung des Geschäftsführers unausweichlich weiter bestünde (die Bestätigung des Zwangsausgleichs bilde auch keinen Wiederaufnahmegrund, Zitat des hg. Erkenntnisses vom 23. März 1999, Zl. 98/14/0090), danach aber nicht mehr festgestellt werden dürfe. Es käme dabei vom Sicherungsgedanken des Abgabengläubigers durch die Haftungsbestimmungen her auch zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung zu der jedenfalls im vollen Umfang gegebenen Haftung eines Geschäftsführers bei (bloßem) Konkurs des Primärschuldners.
Die Haftung nach § 9 BAO (ebenso die nach den §§ 7 und 54 WAO) sei einem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch nachgebildet, denn diese gesetzlich begründete Mitschuld habe ein pflichtwidriges Verhalten des Vertreters und einen dadurch bewirkten ( zu befürchtenden) Einnahmenausfall der Finanzbehörde zur Voraussetzung. Durch die Normierung einer Mithaftung im Abgabenverfahren werde die Einbringung einer Schadenersatzklage entbehrlich. Auch unter diesem Gesichtspunkt erweise sich die Ansicht als gerechtfertigt, dass der Abschluss eines (Zwangs-)Ausgleichs keinen Einfluss auf die Haftung nach § 9 BAO habe und zum einen die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vertreters und dem eingetretenen Schaden zu beachten sei, zum anderen der Abschluss eines (Zwangs-)Ausgleichs keinesfalls den (teilweisen) Untergang der Ersatzforderung bewirke.
Der Verwaltungsgerichtshof gelangte somit zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass eine rechtskräftige Bestätigung eines (Zwangs-)Ausgleichs des Primärschuldners der Geltendmachung der Haftung nach den §§ 80 ff BAO auch für die die Ausgleichsquote übersteigenden Abgabenschulden nicht entgegenstehe.
Damit vertritt der Verwaltungsgerichtshof nunmehr auch zu § 9 BAO eine Rechtsauffassung, die sich jedenfalls im Ergebnis nicht von der Rechtslage unterscheidet, die der Wiener Landesgesetzgeber - wie erwähnt - normiert hat.
Damit steht aber auch im Fall der Beschwerdeführerin fest, dass selbst dann, wenn die belangte Behörde von den in der Beschwerde zugrunde gelegten Tatsachenbehauptungen ausgegangen wäre, sie zu keinem anderen Ergebnis hätte kommen können, zumal sich die Beschwerdeführerin gegen die Höhe (Herabsetzung auf Grund von Zahlungen Dritter) nicht wendet.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 20. Dezember 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999170428.X00Im RIS seit
20.11.2000