TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/25 I415 2201097-1

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Veröffentlicht am 25.07.2018
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Entscheidungsdatum

25.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

I415 2201097-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX), geb. XXXX, StA. Marokko (alias Libyen), vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: BFA) vom 09.07.2018, Zl. IFA 1127162207 VZ: 180423798, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet und und stellte am 23.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er wie folgt begründete:

"In unserem Land kann man nicht arbeiten, wenn man den Behörden kein Schutzgeld bezahlt. Ich mag die marokkanische Regierung und die Gesetze nicht. Die Behörden behandeln normale Menschen wie Tiere."

In der Einvernahme vor dem BFA führte er aus regelmäßigen Kontakt zu seinen Eltern und Geschwistern zu haben, Kinder habe er keine. Marokko habe er verlassen, weil es keine Möglichkeit zur Weiterbildung gegeben habe und man auch keine Arbeit finde. Auf die Frage, was der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seine Heimat zu befürchten habe, gab dieser zur Antwort: "Ich habe keine Angst und ich habe auch keine Probleme in Marokko."

2. Mit Bescheid des BFA vom 04.10.2016 wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Absatz 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung nach Marokko gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gleichzeitig wurde einer Beschwerde gem. § 18 Absatz 1 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV).

Der Beschwerdeführer ist in die Anonymität untergetaucht und war an der angegebenen Zustelladresse nicht mehr aufhältig. Er hat der Behörde keine Meldeadresse bekannt gegeben und sich dem Verfahren entzogen. Sein Verfahren erwuchs durch Hinterlegung im Akt mit 19.10.2016 in Rechtskraft I. Instanz.

3. Am 12.10.2016 trat Deutschland an Österreich heran, mit der Information, dass der Beschwerdeführer sich zurzeit in Deutschland befinden würde, Österreich wäre zuständig. Mit Antwortschreiben vom 14.10.2016 wurde einer Überstellung des Beschwerdeführers von Deutschland nach Österreich zugestimmt. Am 13.04.2017 traten die niederländischen Behörden an Österreich heran, mit der Information, dass der Beschwerdeführer sich zurzeit in den Niederlanden befindet. Mit Antwortschreiben vom 20.04.2017 wurde einer Überstellung des Beschwerdeführers von den Niederlanden nach Österreich zugestimmt. Am 21.06.2017 trat Luxemburg an Österreich heran, mit der Information dass der Beschwerdeführer sich zurzeit in Luxemburg befinden würde. Mit Antwortschreiben vom 26.06.2017 wurde einer Überstellung des Beschwerdeführers von Luxemburg nach Österreich zugestimmt. Jegliche Überstellungen des Beschwerdeführers musste bis dato von den Mitgliedstaaten storniert bzw. ausgesetzt werden, mit der Begründung, dass sich der Beschwerdeführer den Verfahren entzogen habe und in die Anonymität untergetaucht sei.

4. Am 27.03.2018 traten die französischen Behörden an Österreich heran, mit der Information, dass sich der Beschwerdeführer zurzeit in Frankreich befinden würde. Mit Antwortschreiben vom 29.03.2018 wurde einer Überstellung seiner Person von Frankreich nach Österreich zugestimmt. Eine Überstellung am 18.04.2018 wurde storniert. Am 03.05.2018 konnte der Beschwerdeführer schließlich erfolgreich von Frankreich nach Österreich überstellt werden.

5. Am selben Tag stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen (Folge-)Antrag auf internationalen Schutz, den er wie folgt begründete: "Ich habe keine neuen Gründe. Ich habe in Marokko Probleme. Ich war beim Militär, und bin dann aber davongelaufen."

Am 29.06.2018 wurden der Beschwerdeführer von einem Organwalter des BFA, in Anwesenheit eines Rechtsberaters sowie eines beeideten Dolmetschers niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er auf Nachfrage an im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren sowie in der Erstbefragung des gegenständlichen Verfahrens jeweils die Wahrheit angegeben zu haben. Er habe Probleme als desertierter Soldat, dies habe er im Vorverfahren auch schon angegeben, bekannt sei ihm dieser Umstand auf Nachfrage seit 2015. Seine gesamte Familie befinde sich in Marokko. In Österreich lebe er von der Grundversorgung. Befragt nach seinen Integrationsschritten gab der Beschwerdeführer an nicht lange in Österreich zu sein und daher auch noch keinen Deutschkurs abgeschlossen zu haben. Danach befragt, warum er neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, führte der Beschwerdeführer aus wie folgt: "Ich war in Frankreich. Aber Österreich wollte mich zurückhaben." Noch einmal befragt, ob dies alle seine Fluchtgründe wären, antwortete der Beschwerdeführer:

"Ja. Meine Fluchtgründe sind aufrecht." Auf Vorhalt im Vorverfahren angegeben zu haben sein Heimatland aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben, führte der Beschwerdeführer aus, dass der anfangs nicht gewusst habe was er sagen solle. Sollte er in sein Heimatland zurückkehren, erwarte ihn eine lange Haftstrafe, weil er desertiert sei. Er sei 2013 zum Militär gegangen und einfacher Soldat gewesen und habe dann nicht mehr dienen wollen. Im Jänner 2015 sei er dann geflüchtet und das bedeute für den Staat Verrat. Befragt warum er das nicht bereits im Erstverfahren gesagt habe, gab er an, Angst vor einer Zurückschiebung gehabt zu haben. Auf Nachfrage gab der Beschwerdeführer an, dass seine Angaben aufgrund wirtschaftlicher Gründe sein Heimatland verlassen zu haben immer noch bestehen würden und sein Desertieren vom Pflichtmilitärdienst ein zusätzliches Problem darstelle. Dieser Pflichtmilitärdienst dauere zwei Jahre. Im März 2013 habe er den Militärdienst begonnen und im September 2014 sei er desertiert. Bis zu seiner Ausreise im Jänner 2015 habe er sich in Marokko versteckt. Auf Aufforderung, er möge die Chargen und Unteroffiziersränge aufzählen, führte der Beschwerdeführer aus, dass es einen Leutnant und Offiziere und Hochoffiziere gebe. Mehr wisse er nicht. Von der Möglichkeit eine Stellungnahme zu den aktuellen Länderfeststellungen zu Marokko abzugeben hat der Beschwerdeführer mit den Worten "Nein, Danke."

keinen Gebrauch gemacht.

7. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 09.07.2018, zugestellt am 11.07.2018 durch persönliche Übernahme, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 03.05.2018 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). Der Antrag wurde auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde "ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005" nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.). Es wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.).

8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht per FAX vom 13.07.2018 eingebrachte vollumfängliche Beschwerde. Der Beschwerdeführer ficht den genannten Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, in Folge einer mangelhaften Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung an. Es wurde moniert, dass dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit abgesprochen wurde, obwohl er sich in keinerlei Widersprüchen verstrickte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, kinderlos, ledig und Staatsbürger von Marokko. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Araber und kennt sich zum muslimischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Sein Gesundheitszustand steht seiner Rückkehr nicht entgegen.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich erstreckt sich über einen Zeitraum von August bis September 2016 sowie von 03.05.2018 bis in die Gegenwart, sohin fünf Monaten, dazwischen war der Beschwerdeführer in Deutschland, den Niederlanden, Luxemburg und Frankreich aufhältig. Der Beschwerdeführer verfügt über keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte in Österreich.

Der Beschwerdeführer spricht arabisch auf Muttersprachenniveau.

In Österreich ist er nicht Mitglied von Organisationen oder Vereinen.

Er war und ist in Österreich auch nicht berufstätig.

Der Beschwerdeführer ist in seinem Herkunftsstaat und in Österreich unbescholten.

Der Beschwerdeführer ist in seinem vorangegangenen Asylverfahren in die Anonymität untergetaucht und hat der Behörde keine Meldeadresse bekanntgegeben.

Seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 23.08.2016 begründete der Beschwerdeführer ausschließlich mit wirtschaftlichen Motiven. Dieser wurde mit Bescheid vom 04.10.2016 abgewiesen und erwuchs erstinstanzlich in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren keinen Sachverhalt vorgebracht, welcher nach rechtskräftigem Abschluss des oben genannten Erstverfahrens entstanden ist.

Sein Vorbringen im gegenständlichen Verfahren, wonach er im März 2013 zum Militär gegangen und einfacher Soldat gewesen sei und dann nicht mehr dienen habe wollen, weshalb er in weiterer Folge im September 2015 geflüchtet sei, weist keinen "glaubhaften Kern" auf. Dieses Vorbringen war dem Beschwerdeführer zudem bereits in seinem Erstverfahren bekannt.

Die Situation in Marokko hat sich in den letzten eindreiviertel Jahren nicht entscheidungswesentlich verändert. Auch die Rechtslage blieb, soweit entscheidungsrelevant, unverändert.

Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich. Aufgrund der kurzen Dauer seines Aufenthaltes in Österreich kann noch nicht von einer nachhaltigen Verfestigung gesprochen werden.

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Marokko:

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen. Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.

Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen.

Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden.

Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 09.07.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.

1. Rückkehr

Das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar und wird nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von den Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet. Den Behörden ist bekannt, dass Asylanträge auch dazu dienen, eine längerfristige Aufenthaltsmöglichkeit im Ausland zu erlangen. Aus den letzten Jahren sind keine Fälle bekannt, in denen es zu einem Gerichtsurteil wegen der Stellung eines Asylantrags oder wegen des in einem Asylantrag enthaltenen Vorbringens gekommen wäre (AA 10.3.2017).

Eine Rückkehrhilfe für aus dem Ausland nach Marokko Heimkehrende durch staatliche Institutionen ist nicht bekannt. Auf institutioneller Basis wird Rückkehrhilfe von IOM organisiert, sofern der abschiebende Staat mit IOM eine diesbezügliche Vereinbarung (mit Kostenkomponente) eingeht; Österreich hat keine solche Abmachung getroffen. Rückkehrer ohne eigene finanzielle Mittel dürften primär den Beistand ihrer Familie ansprechen; gelegentlich bieten auch NGOs Unterstützung. Der Verband der Familie und Großfamilie ist primärer sozialer Ankerpunkt der Marokkaner. Dies gilt mehr noch für den ländlichen Raum, in welchem über 40% der Bevölkerung angesiedelt und beschäftigt sind. Rückkehrer würden in aller Regel im eigenen Familienverband Zuflucht suchen. Der Wohnungsmarkt ist über lokale Printmedien und das Internet in mit Europa vergleichbarer Weise zugänglich, jedenfalls für den städtischen Bereich (ÖB 9.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.3.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: März 2017)

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ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko

2. Wehrdienst und Rekrutierungen

Das Mindestalter für den freiwilligen Militärdienst ist 20 Jahre. Es gibt keine Wehrpflicht, die Mindestverpflichtungsdauer für freiwilligen Militärdienst ist 18 Monate (CIA 15.6.2017). Die allgemeine Wehrpflicht ist seit dem 31.8.2006 ausgesetzt (AA 10.3.2017).

Frauen haben Zugang zu den Streitkräften, aber nicht zu allen Truppengattungen. Die Armee ist als Arbeitgeber begehrt. Rund die Hälfte der marokkanischen Streitkräfte befindet sich dauerhaft auf dem Gebiet der Westsahara. Fahnenflucht wird mit Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und drei Jahren bestraft. Bestrafungen aufgrund von Wehrdienstverweigerung und Desertion sind dem Auswärtigen Amt nicht bekannt geworden (AA 10.3.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.3.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: März 2017)

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CIA - Central Intelligence Agency (15.6.2017): The World Factbook

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Morocco,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mo.html, Zugriff 30.6.2017

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat.

Marokko ist gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl II Nr 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr 25/2018, ein sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang und zur Person des Beschwerdeführers:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang sowie die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Einsicht wurde auch genommen in die Einvernahmeprotokolle und den negativen verfahrensabschließenden Bescheid des vorangegangenen Asylverfahrens. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seinem Familienstand und seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und im Vorverfahren. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Seine Identität steht in Ermangelung geeigneter, heimatstaatlicher, identitätsbezeugender Dokumente nicht fest.

Zuletzt bestätigte der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 29.06.2018 glaubhaft, dass er gesund sei, nicht in ärztlicher Behandlung zu sein und aktuell keine Medikamente zu nehmen. Auch ließ sich auch den Einvernahmeprotokollen nicht ableiten, dass der psychische und physische Gesundheitszustand des Beschwerdeführers seiner Einvernahme entgegengestanden wäre. Die Feststellung, dass sein Gesundheitszustand einer Rückkehr nicht entgegensteht, gründet sich aus obigen Aussagen und auch aus den Angaben der Länderberichte, wonach die medizinische Grundversorgung vor allem im städtischen Raum weitgehend gesichert ist. Im Falle einer Überstellung nach Marokko wird angemerkt, dass der Gesundheitszustand und auch die Transportfähigkeit von der Fremdenpolizeibehörde beurteilt wird und gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen entsprechende Maßnahmen gesetzt werden. Des Weiteren ist anzumerken, dass nur in außergewöhnlichen Umständen, wie etwa die Gefahr eines qualvollen Todes, eine Verletzung der in Art. 3 EMRK verankerten Rechte darstellen würde.

Unter diesen Gesichtspunkten ist gewährleistet, dass eine Überstellung des Beschwerdeführers in sein Heimatland nicht vorgenommen wird, wenn sein psychischer oder physischer Zustand zum Überstellungszeitpunkt dies nicht zulassen würde.

Aus den Angaben des Beschwerdeführers leitet sich die Feststellung ab, dass er in Österreich über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte aufweist und in Summe erst fünf Monate in Österreich aufhältig ist.

Weder aus dem Verwaltungsakt noch aus den Angaben des Beschwerdeführers in den Administrativverfahren ergibt sich, dass der Beschwerdeführer darüber hinaus soziale bzw. integrative Verfestigungen in Österreich aufweist. Auch hat der Beschwerdeführer im Verfahren nicht dargelegt, dass in seinem Fall besonders gewichtige Interessen an einem Verbleib in Österreich bestehen. Unter diesen Gesichtspunkten und auch aufgrund der sehr kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet ist praktisch auszuschließen, dass bislang eine Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich erfolgen konnte.

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte und angesichts des Umstandes, dass er zu seinem Privat- und Familienleben plausible Angaben getätigt haben, geht das BFA nachvollziehbar von deren Richtigkeit aus.

2.2. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen vorangegangenen Asylverfahren sowie dem gegenständlichen Asylverfahren und zu den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Fluchtgründen stützen sich auf seine Angaben in dem vorangegangenen erstinstanzlichen Asylverfahren und der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt: Der Beschwerdeführer hatte zusammengefasst im Verfahren zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 23.08.2016 erklärt, Marokko aus wirtschaftlichen Gründen und mangels Möglichkeiten zur Weiterbildung verlassen zu haben.

Das Verfahren erwuchs unbekämpft erstinstanzlich in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer hatte während des gesamten Verfahrensverlaufs im vorherigen Asylverfahren die Möglichkeit, Änderungen betreffend seinen Fluchtgrund zu tätigen, dies jedoch nicht getan.

Unter diesen Umständen geht die belangte Behörde nachvollziehbar davon aus, dass seine nunmehr behaupteten Gründe, welche seine Rückkehr nach Marokko zusätzlich (nun angeblich desertierter Soldat) nicht möglich machen würden, ebenso wenig der Wahrheit entsprechen. Jedenfalls wurden der belangten Behörde diesbezüglich keinerlei Dokumente in Vorlage gebracht, die nur ansatzweise dieses Vorbringen untermauern würden.

Seiner Fluchtgeschichte zufolge wäre der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren zum Militärdienst eingezogen worden und hätte seinen zweijährigen Pflichtmilitärdienst ableisten müssen. Seiner Aussage nach hätte er den Dienst nicht ordnungsgemäß beendet, sondern nur von März 2013 bis zu seiner Ausreise gedient. Nochmalig dazu befragt gab er in der BFA-Einvernahme zu Protokoll im September 2014 frühzeitig den Dienst beim Militär beendet zu haben. Seine Ausreise wäre im Jänner 2015 erfolgt. In der Zeit zwischen seiner Desertion im September 2014 und seiner Ausreise im Jänner 2015 habe er sich erfolgreich in Marokko versteckt. Es gäbe keine Anzeige, auch das Militär wäre nicht direkt an ihn herangetreten. Zu diesem Zeitpunkt hätte er sein Heimatland zumindest schon verlassen gehabt.

Sein nunmehriges Vorbringen, warum er zusätzlich zu den wirtschaftlichen Gründen nicht in sein Heimatland zurückkehren könne, ist nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Länderberichte zu Marokko unglaubhaft: Demnach wurde die Wehrpflicht seit dem 31.08.2006 ausgesetzt und sind dem Auswärtigen Amt Bestrafungen aufgrund von Wehrdienstverweigerung und Desertion nicht bekannt.

Unabhängig von der Frage der Glaubhaftmachung erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung mit seinem Vorbringen aber schon aus dem Grund, dass eine Verfolgung wegen der behaupteten Desertion schon im Zeitpunkt des Erstverfahrens bekannt war und in diesem hätte vorgebracht und geprüft werden müssen. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keinen nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens neu entstandenen Sachverhalt vorgebracht hat, ergibt sich aus seinen Angaben bei der Erstbefragung am 04.05.2018 und bei der Einvernahme am 29.06.2018 zum gegenständlichen Verfahren. Insbesondere hat er im Verfahren auch angegeben, dass seine Fluchtgründe vom ersten Verfahren noch immer aufrecht sind.

Was die weiteren und gemäß §8 AsylG 2005 zu berücksichtigenden Aspekte betrifft, ist anzumerken, dass sich im gegenständlichen Verfahren ebenso kein Hinweis auf einen seit Rechtskraft des Erstverfahrens entscheidungsrelevant geänderten Sachverhalt ergeben hat. Dies weder im Hinblick auf seine persönliche Situation, noch im Hinblick auf die allgemeine Lage in seinem Heimatland.

Das BFA gelangt im Ergebnis nachvollziehbar zur Ansicht, dass ein neuer Sachverhalt, welcher im gegenständlichen Fall eine ander lautende Entscheidung in der Sache rechtfertigen würde, nicht vorliegt.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln und wurden die dem gegenständlichen Erkenntnis zugrunde gelegten Länderberichte vom Beschwerdeführer im Zuge der Beschwerde nicht beanstandet.

Ein Abgleich mit den aktuellen Länderberichten zu Marokko zeigt, dass sich im Hinblick auf das Vorbringen und zur Rückkehr des Beschwerdeführers keine maßgebliche Änderung eingetreten ist.

Auf Basis der vorliegenden Länderinformationsblätter und der darin enthaltenen Quellen gelangte das Bundesverwaltungsgericht zur Überzeugung, dass den Beschwerdeführer keine reale Gefahr der Folter, der Todesstrafe, einer unmenschlichen Behandlung oder Bestrafung oder seine persönlichen Unversehrtheit aufgrund eines zwischen- oder innerstaatlichen Konflikts droht und Marokko aufgrund dieser Umstände - unabhängig davon, dass Marokko nach der Herkunftsstaatenverordnung als sicherer Herkunftsstaat gilt - als sicherer Herkunftsstaat zu qualifizieren ist.

Die vorgebrachten Gründe, warum es dem Beschwerdeführer nun nicht mehr möglich wäre, in sein Herkunftsland zurückzukehren, sind somit nicht geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und kann darin kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden, da sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25_4.2002, 2000/07/0235).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zurückweisung des Antrages hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Behörde zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207). Soweit daher in der Beschwerde der Antrag gestellt wurde, dem Beschwerdeführer Asyl, in eventu subsidiären Schutz zuzuerkennen, wird die Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens verkannt.

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG dann vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24. 2. 2005, 2004/20/0010 bis 0013; VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 20. 3. 2003, 99/20/0480; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315). Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097).

Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391; VwGH 24.08.2004; 2003/01/0431; VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315; VwGH 24.02.2000, 99/20/0173; VwGH 21.10.1999, 98/20/0467). Daher ist die - im Übrigen auch im Widerspruch zu seinen früheren Aussagen im Erstverfahren stehende - behauptete Desertion im September 2014 unbeachtlich.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, d. h. eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, der Bescheid des BFA vom 04.10.2016 ist in formelle Rechtskraft erwachsen.

Das BFA hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann. In beiden Asylverfahren machte er wirtschaftliche Gründe geltend. Im gegenständlichen Verfahren brachte er zudem unglaubhaft vor ein desertierter Soldat zu sein. Diesem Vorbringen mangelte es allerdings wie oben ausgeführt am "glaubhaften Kern".

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt in Bezug auf die Frage der Asylgewährung entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Der angefochtene Spruchpunkt I. war sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

3.2. Zurückweisung des Antrages hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Zu überprüfen ist auch, ob sich der Sachverhalt bzw. die Rechtslage in Bezug auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verändert haben. Letzteres ist nicht gegeben, eine entscheidungswesentliche Änderung der Rechtslage in Bezug auf § 8 AsylG 2005 ist nicht eingetreten.

Auch eine Änderung der Lage in Marokko ist nicht erfolgt; es gibt keine Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse). Zum subsidiären Schutz ist darüber hinaus darauf zu verweisen, dass Marokko nach wie vor als "sicherer Herkunftsstaat" im Sinne des § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG in Verbindung mit § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV) gilt. Eine Änderung der Lage in Marokko wurde auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet, auf die schwierige wirtschaftliche Situation wies er bereits im Vorverfahren hin. Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Gewährung eines Status nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 voraussetzt, dass die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art. 3 EMRK aufgezeigt wird (vgl. zuletzt VwGH, 23.03.2017, Ra 2016/20/0188); die bloße Möglichkeit einer Existenzbedrohung kann diese Schwelle nicht erreichen.

Zu prüfen sind aber auch etwaige Änderungen in der Person des Beschwerdeführers, welche eine neue Refoulement-Prüfung notwendig machen könnten. Der Beschwerdeführer hatte in der Einvernahme durch das Bundesamt jedoch angegeben gesund zu sein und keine Medikamente einzunehmen. Dem wurde vom Beschwerdeführer in der Beschwerde auch nicht entgegengetreten.

Es ist daher auch in Bezug auf die Frage des Status des subsidiär Schutzberechtigten keine Änderung des Sachverhalts gegenüber der rechtskräftigen Vorentscheidung eingetreten, so dass auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. abzuweisen ist.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG wurde weder vom Beschwerdeführer behauptet noch gibt es dafür im Verwaltungsakt irgendwelche Hinweise, so dass auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. abzuweisen ist.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG, welcher auf den in Art. 8 Abs. 2 EMRK geregelten Schutz des Privat- und Familienlebens verweist, für unzulässig zu erklären ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein Familienleben in Österreich, und er hat ein solches auch nicht behauptet.

Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff). Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von wenigen Monaten davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privatlebens jedenfalls überwiegt. Selbst wenn man seinen früheren Aufenthalt in Österreich auch berücksichtigt, ergibt sich eine Aufenthaltsdauer von lediglich fünf Monaten im Bundesgebiet. Eine besondere Aufenthaltsverfestigung wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Marokko keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. ist daher abzuweisen.

3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides)):

Mit angefochtenem Bescheid wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig ist. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der rechtskräftigen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse vom 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062).

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. ist daher abzuweisen.

3.6. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.):

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für eine freiwillige Ausreise in Fällen einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. ist daher abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, sind die genannten Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts vollinhaltlich bestätigt. Im Übrigen vermag das Vorbringen in der Beschwerdeschrift die erstinstanzliche Entscheidung nicht in Frage zu stellen. In der Beschwerde findet kein neues Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Gründe, welche die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gerechtfertigt erscheinen ließe.

Damit ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im vorliegenden Fall wurden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die Beurteilung des Einzelfalles ist in aller Regel nicht reversibel. Das gegenständliche Erkenntnis weicht nicht von der im Entscheidungstext zitierten Rechtsprechung des VwGH ab, sodass die ordentliche Revision im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

Desertion, Folgeantrag, Glaubwürdigkeit, Interessenabwägung,
Militärdienst, öffentliches Interesse, Prozesshindernis der
entschiedenen Sache, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I415.2201097.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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