Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. H*****, 2. B*****, 3. R*****, 4. G*****, 5. DI C*****, MSc BSc, *****, 6. R*****, 7. K*****, 8. R*****, 9. F*****, 10. M*****, 11. H*****, 12. N*****, 13. Mag. Dr. A*****, 14. Mag. (FH) A*****, 15. Mag. (FH) S*****, 16. Dr. B*****, 17. G***** Siedlungs-AG, *****, alle vertreten durch Dr Gerhard Muckenhuber, öffentlicher Notar in Krems an der Donau, wegen Eintragungen ob der Liegenschaft EZ ***** KG *****, infolge Revisionsrekurses der Einschreiter 1. S*****, 2. Mag. V*****, vertreten durch die Winkler Reich-Rohrweg Illedits Wieger Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg, als Rekursgericht vom 20. März 2018, AZ 22 R 12/18x, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Korneuburg vom 1. Februar 2018, TZ 641/2018, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Aus Anlass des Revisionsrekurses wird der Beschluss des Rekursgerichts als nichtig aufgehoben und der Rekurs der Einschreiter gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Korneuburg vom 1. Februar 2018, TZ 641/2018, zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Siebzehntantragstellerin war ursprünglich Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ ***** KG *****; zugunsten der Einschreiter war die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG an Reihenhaus Nr 10 angemerkt. Der Grundbuchauszug trug die Aufschrift „Wohnungseigentum in Vorbereitung“.
Unter Vorlage des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags vom 6. 9. 2017 samt Nachtrag vom 26. 1. 2018, und anderer Urkunden, sowie unter Verweis auf das zu TZ 641/2018 abgelegte Nutzwertgutachten vom 23. 11. 2016 begehrten die Antragsteller die Aufschrift „Wohnungseigentum“, die Einverleibung ihres Eigentums an im Einzelnen ausgewiesenen Anteilen, verbunden mit Wohnungseigentum an Reihenhäusern – mit Ausnahme der Siebzehntantragstellerin – jeweils im Rang der sie begünstigenden Anmerkungen gemäß § 40 Abs 2 WEG sowie an KFZ-Stellplätzen, die Löschung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum zu Gunsten der Antragsteller und die Einverleibung der Löschung von Pfandrechten.
Das Erstgericht gab dem Gesuch zur Gänze statt und bewilligte – soweit für das Revisionsrekursverfahren von Interesse – unter anderem die Einverleibung des Eigentumsrechts der Siebzehntantragstellerin an Anteilen, verbunden mit Wohnungseigentum am Reihenhaus Nr 10 und den KFZ-Abstellplätzen 10a und 10b. Zudem bewilligte es die Löschung der Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum nach § 40 Abs 2 für die übrigen Antragsteller und übertrug die Anmerkung der Zusage auf Einräumung von Wohnungseigentum am Reihenhaus Nr 10 zugunsten der Einschreiter auf alle Mindestanteile.
Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel der Einschreiter nicht Folge. Es bejahte deren Rekurslegitimation und gelangte zum Ergebnis, dass die beantragten und antragskonform bewilligten Eintragungen keine bücherlichen Rechte der Rekurswerber verletzten.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlass des Revisionsrekurses der Einschreiter ist der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts als nichtig aufzuheben und deren Rekurs zurückzuweisen.
1. Im Grundbuchsverfahren ist neben dem mit seinem Rechtsschutzbegehren gescheiterten Antragsteller im Regelfall derjenige zum Rekurs legitimiert, der geltend machen kann, durch die bekämpfte Entscheidung in seinen bücherlichen Rechten verletzt worden zu sein (RIS-Justiz RS0006677), weil diese Rechte belastet, abgetreten, beschränkt oder aufgehoben werden (RIS-Justiz RS0006710 [T5]). Die erforderliche (materielle) Beschwer ergibt sich also daraus, dass jemand in seinen bücherlichen Rechten beeinträchtigt worden sein könnte. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist eine Frage der meritorischen Berechtigung des Rekurses (RIS-Justiz RS0006710 [T9]; RS0006677). Interessen oder Rechten, die noch nicht Gegenstand einer bücherlichen Eintragung geworden sind, fehlt der Rechtsmittelschutz. Demjenigen, der (nur) einen bloß schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Eigentumsrechts hat, steht noch kein Rekursrecht zu (RIS-Justiz RS0006710 [T10]; 5 Ob 279/05y).
2.1 Bereits in der Entscheidung 5 Ob 279/05y (NZ 2006, 313 [zust Hoyer]) hat sich der erkennende Fachsenat in einem vergleichbaren Fall mit ausführlicher Begründung mit der Frage der Rechtsmittellegitimation der auch dort nach § 40 Abs 2 WEG 2002 angemerkten Rekurswerber auseinandergesetzt. Danach verschafft die Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums nach § 40 Abs 2 WEG 2002 nicht das Recht selbst, sondern nur die Anwartschaft auf einen bestimmten Rang des späteren Bucheintrags, ohne dass überhaupt schon feststehen müsste, dass die Vereinbarung über den Erwerb des betreffenden Wohnungseigentumsobjekts auch bereits rechtswirksam und die Parteien bindend zustande gekommen sei. Die gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 angemerkten Wohnungseigentumsbewerber sind daher noch nicht Buchberechtigte und können durch Eintragungen, die die zu ihren Gunsten erfolgte Anmerkung gemäß § 40 Abs 2 WEG unberührt lassen, auch nicht in einem bücherlichen Recht beeinträchtigt und damit materiell nicht beschwert sein.
2.2 Die in der Entscheidung 5 Ob 279/05y vertretene Auffassung, dass Wohnungseigentumsbewerber durch Eintragungen, die die zu ihren Gunsten erfolgte Anmerkung gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 unberührt lassen, nicht in einem bücherlichen Recht beeinträchtigt sein könnten, hat der Senat in ähnlich gelagerten Fällen wiederholt bekräftigt (5 Ob 70/15b; 5 Ob 24/18t).
3. Auch im vorliegenden Fall lassen die von den Antragstellern begehrten (und vom Erstgericht bewilligten) Eintragungen die zu Gunsten der Einschreiter erfolgte Anmerkung gemäß § 40 Abs 2 WEG an sich unberührt, weil sie die rangwahrende Wirkung der Anmerkung (vgl RIS-Justiz RS0113522 [T8]) nicht beeinträchtigen. Darüber hinaus bezieht sich die zu ihren Gunsten angemerkte Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum am Reihenhaus Nr 10 auch nach dem Vollzug der Eintragungen durch das Erstgericht auf alle Liegenschaftsanteile, sodass ein Eingriff in die Rechtssphäre der Einschreiter auch deshalb nicht zu erkennen ist (vgl 5 Ob 70/15b). Kommt eine Beeinträchtigung von bücherlichen Rechten durch die bewilligten Eintragungen – wie im vorliegenden Fall – von vornherein nicht in Betracht, bleibt entgegen der Ansicht des Rekursgerichts für eine meritorische Prüfung der Sache kein Raum.
4. Entscheidet ein Gericht zweiter Instanz über einen wegen fehlender Rechtsmittellegitimation unzulässigen Rekurs meritorisch, so ist dieser Mangel der funktionellen Zuständigkeit nach der Rechtsprechung aus Anlass eines Revisionsrekurses als Nichtigkeit wahrzunehmen (RIS-Justiz RS0121264).
5. Aus Anlass des Revisionsrekurses ist daher die Entscheidung des Rekursgerichts ersatzlos aufzuheben und der Rekurs zurückzuweisen.
Textnummer
E122495European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00116.18X.0718.000Im RIS seit
01.09.2018Zuletzt aktualisiert am
12.07.2019