TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/12 L504 2107262-3

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Veröffentlicht am 12.06.2018
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Entscheidungsdatum

12.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

L504 2107262-3/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX StA. Jordanien alias staatenlos, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.03.2018, XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 68 Abs 1 AVG idgF, 57, 10 Abs 1 Z 3 AsylG, 52 Abs 2 Z 2 u. Abs. 9 FPG, 46 FPG, 55 Abs 1a FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE :

I. Verfahrenshergang

1. Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte nach nicht rechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet erstmals am 08.07.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Es handelt sich dabei um einen jordanischen Staatsangehörigen mit arabischer bzw. palästinensischer Volksgruppenzugehörigkeit und sunnitischen Glaubens.

Dieser Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl [BFA] vom 13.04.2015 zunächst in sämtlichen Spruchpunkten abgewiesen und die Abschiebung der bP nach Jordanien für zulässig erklärt.

Der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 02.06.2016 insofern stattgegeben, als der bekämpfte Bescheid aufgrund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens behoben und die Angelegenheit gem. § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen.

Nach Durchführung neuerlicher Ermittlungen wurde der Antrag der bP schließlich mit Bescheid des BFA vom 26.04.2017, XXXX gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Jordanien abgewiesen (Spruchpunkt II.), sowie die bP gem. § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Jordanien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2018, Zl. L508 2107262-2/9E gem. §§ 3, 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Diese Entscheidung erwuchs mit der Zustellung an die Vertretung der bP am 04.01.2018 in Rechtskraft.

2. Am 23.02.2018 stellte die bP einen weiteren, nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Folgeantrag der bP wurde mit Bescheid des BFA vom 14.03.2018, Zl. 1024398101-180191875, gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde nicht erteilt, gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt dass die Abschiebung der bP nach Jordanien zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gem. § 55 Abs. a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III.).

Dagegen wurde von den bP durch ihre Vertretung fristgerecht Beschwerde erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person der bP

Die bP ist Staatsangehörige von Jordanien, sunnitischen Glaubens und Angehörige der Volksgruppe der Araber. Sie führt den im Spruch angegebenen Namen und ist an dem ebendort genannten Datum geboren.

Die bP reiste im Juli 2014 in das österreichische Bundesgebiet ein und hat Österreich seit diesem Zeitpunkt nicht mehr verlassen.

Die bP hat in Österreich einen Deutschkurs besucht. Aktuell konnte eine wirtschaftliche Selbsterhaltung nicht festgestellt werden und lebt die bP von der staatlichen Grundversorgung. Maßgebliche Anhaltspunkte für eine hinreichende Integration in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht liegen nicht vor.

Die bP wurde in Österreich bisher dreimal wegen von ihr begangener Straftaten rechtskräftig verurteilt, unter anderem wegen Körperverletzung und Raub und befand sie sich zwischenzeitlich auch in Strafhaft.

In Österreich leben die Eltern, der Stiefvater sowie die Brüder und Schwestern der bP. Zudem hat die bP mit ihrer in Österreich lebenden rumänischen Ex-Lebensgefährtin einen Sohn, zu dem regelmäßiger Kontakt besteht. Weiters lebt die bP mit einer österreichischen Staatsangehörigen und deren Söhnen in einem gemeinsamen Haushalt, eine Heirat ist beabsichtigt.

1.2. Zu den Anträge der bP auf internationalen Schutz

Erster Antrag auf internationalen Schutz vom 08.07.2014 (Verfahren des maßgeblichen Vergleichsbescheides)

Im Zuge ihres ersten Antrages auf internationalen Schutz gab die bP, befragt zu ihren Fluchtgründen, an, dass das lybische Volk keinen Respekt vor den Palästinensern habe und sie in der Schule regelmäßig geschlagen und beschimpft worden sei.

Dieser Antrag wurde letztlich mit Bescheid des BFA vom 26.04.2017, Zl. 1024398101-14775649 in allen Spruchpunkten ab- und die bP nach Jordanien ausgewiesen. Beweiswürdigend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich die Angaben der bP zu ihren Fluchtgründen als nicht glaubhaft erwiesen hätten.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2018, Zl. L508 2107262-2/9E gem. §§ 3, 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde vom Bundesverwaltungsgericht wie folgt begründet:

"[...]

Das Bundesverwaltungsgericht teilt insbesondere die Auffassung des BFA, wonach die Angaben des Beschwerdeführers und seiner Familie teilweise nicht miteinander in Einklang zu bringen sind. Zunächst ist daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in Österreich unter bewusster Vorspiegelung falscher Tatsachen und des Verschweigens seiner jordanischen Staatsangehörigkeit - unabhängig von seinen Beweggründen - die Behörden im Zeitpunkt der Stellung ihrer Anträge auf internationalen Schutz täuschte, um Schutz zu erhalten.

Insoweit ist dem BFA, wobei im Bescheid des Beschwerdeführers auf die Ausführungen im Bescheid der Mutter verwiesen wurde, beizupflichten, dass in diesem Zusammenhang der Umstand von Bedeutung ist, dass die Mutter des Beschwerdeführers wie auch der Beschwerdeführer selbst zunächst im Zuge der Erstbefragung falsche Angaben bezüglich ihrer Identität bzw. ihres Herkunftsstaates tätigten und dies erst im Zuge der Einvernahmen vor der belangten Behörde unter Vorlage eines jordanischen Reisepasses im Original korrigierten. Ebenso wenig kann in Abrede gestellt werden, dass die Schilderungen des Beschwerdeführers, seiner Mutter und seines Stiefvaters bezüglich ihrer Ausreisgründe in der Erstbefragung und dem weiteren Asylverfahren erheblich divergierten. So schilderten diese ursprünglich Diskriminierungen aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit in Libyen, während sie in der Folge Schwierigkeiten mit dem Vater des BF in den Mittelpunkt ihrer Erzählungen stellten.

[...]

Die Feststellungen betreffend Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat Jordanien und betreffend Nichtvorliegen einer Verfolgungsgefahr oder anderer zu berücksichtigenden Rückkehrhindernisse beruhen darauf, dass der Beschwerdeführer weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt haben, denen zufolge eine (rechtliche oder tatsächliche) Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit der Rückkehr nach Jordanien anzunehmen gewesen wäre.

Was die Befürchtungen des Beschwerdeführers vor Übergriffen durch männliche Verwandte, etwa auch den Vater des BF anbelangt - dies auch unter dem Aspekt einer allfälligen Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe (Opfer häuslicher Gewaltverbrechen) -, so ist zur Vollständigkeit ergänzend festzuhalten, dass diese Befürchtungen des Beschwerdeführer als objektiv nicht nachvollziehbar anzusehen sind. So kann aufgrund der ergänzenden Ermittlungen des BFA, den getroffenen Länderfeststellungen sowie dem Amtswissen nicht der Schluss gezogen werden, dass seitens der staatlichen Behörden in Jordanien nicht ausreichend Schutz bzw. kein ordnungsgemäßes Verfahren in Strafrechtsangelegenheiten gewährleistet wird. Der jordanische Staat ist etwa durch eine Sonderabteilung der Polizei "Family Protection Unit" fähig und willens die Kinder zu schützen, wenn Anschuldigungen von Gewalt von Vätern nachgewiesen werden können bzw. erwiesen sind. Diese Abteilung für Familienschutz bei der jordanischen Polizei stellt ein Anliegen der Regierung bis hin zur Königin von Jordanien dar. Abteilungen der "Family Protection Unit" befinden sich in jedem Regierungsbezirk. Des Weiteren gibt es neben offiziellen Stellen auch NGOs, wo sich betroffene Frauen in Fällen von Gewalt und sexuellen Übergriffen hinwenden können. Die Täter, wenn auch eigene Familienmitglieder, wurden zu langen Haftstrafen verurteilt und eingesperrt. In diesen Themenbereichen geht Jordanien im Nahen Osten einen vorbildlichen und westlichen Weg. Wenn die Tat, wirklich wie angezeigt passierte, haben Frauen in Jordanien nicht mit Repressalien zu rechnen. Sie werden geschützt und die Täter gerichtlich verfolgt und bestraft.

Wenn man den Vorfällen in der Familie einen GFK-Konnex zu Grunde legt, so wäre eine Verfolgung durch Drittpersonen im Hinblick auf die Genfer Flüchtlingskonvention nur insofern relevant, als der Staat aus einem GFK-Grund nicht willig bzw. fähig ist, dem Beschwerdeführer Schutz zu gewähren. Dies kann jedoch im konkreten Fall nicht angenommen werden. Zunächst kann aufgrund der Länderberichte nicht davon ausgegangen werden, dass die jordanischen Behörden generell bei Übergriffen und Bedrohungen durch Privatpersonen schutzunfähig oder schutzunwillig wären, noch haben sich im konkreten Fall der Beschwerdeführer Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Polizei untätig geblieben wäre und sie nicht schützen könnte bzw. würde. Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht nicht verkennt, dass es in Jordanien in der Vergangenheit einige Fälle gab, in denen Druck auf Familien ausgeübt wurde, dass sie die Angelegenheit mittels Mediation und nicht über das Gericht austragen sollen, kann auf Basis der Länderberichte nicht geschlossen werden, dass die Polizei systematisch in den von den Beschwerdeführern geschilderten Angelegenheiten nichts unternimmt oder sich systematisch (politisch) beeinflussen lässt und bei einer entsprechenden Anzeige untätig bleiben würde. Ebenso wenig kann aufgrund der Quellenlage angenommen werden, dass die jordanische Justiz bei begründetem Sachverhalt kein Verfahren einleiten würde, und haben die Beschwerdeführer dies auch nicht behauptet.

Es haben sich somit im gegenständlichen Fall keine ausreichend nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die jordanischen Behörden den Beschwerdeführern effektiven Schutz gegen allfällige Angriffe und Bedrohungen tatsächlich verweigern würden.

[...]".

Diese Entscheidung erwuchs mit der Zustellung an die Vertretung der bP am 04.01.2018 in Rechtskraft.

Zweiter Antrag der bP auf internationalen Schutz der bP vom 23.02.2018

Am 23.02.2018 stellte die bP den zweiten und gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Einvernahme durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab die bP, befragt nach dem Grund der neuerlichen Asylantragstellung, an, dass sie ihre bisherigen Fluchtgründe bei ihrem ersten Asylantrag bereits genannt habe. Hinzugekommen sei nur der Sohn, mit dem sie in Österreich leben möchte. Die bP habe niemanden in Libyen und auch nicht in Jordanien. Ihre Eltern würden in Österreich leben. Die bP sei seit August 2014 in Österreich und wolle hier zur Schule gehen und sich eine Zukunft aufbauen.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch einen Organwalter des BFA am 09.03.2018 gab die bP Folgendes an:

"[...]

F: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet) oder sonstige Verwandte?

A: Mein Vater, meine Mutter, meinen Stiefvater, zwei Brüder und drei Schwestern. Und meinen Sohn.

F: Beschreiben Sie die Beziehung zu Ihrer Familie?

A: Wir haben eine gute Beziehung zueinander. Ich wohne in St. Pölten, direkt neben meiner Mutter. Ich lebe mit meiner österreichischen Freundin und wir werden demnächst heiraten.

F: Wie heißt Ihre Freundin?

A: Sie heißt XXXX, den Familiennamen vergesse ich immer. Dokumente zu ihr habe ich bereits vorgelegt.

F: Wie lange sind Sie bereits zusammen?

A: Seit zehn Monaten. Wir wohnen gemeinsam in XXXX.

F: Wie ist die Beziehung zu Ihrer Freundin und dem in Österreich geborenem Kind?

A: Der Sohn ist nicht von meiner Freundin. Wir haben eine sehr gute Beziehung zueinander und haben vor, zu heiraten. Wir sind nach islamischer Tradition verlobt und waren bereits beim Magistrat.

F: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.

A: Ich habe bereits alles angegeben.

F: Haben Sie Ihr in Österreich geborenes Kind bereits im Erstverfahren erwähnt?

A: Nein, mein Sohn ist circa ein Jahr alt.

F: Aber Sie haben doch im Mai 2017 eine Beschwerde eingereicht. Warum haben Sie Ihr Kind damals nicht angegeben?

A: Ich habe es doch schon bei der Beschwerde angegeben.

F: Sprechen Sie Deutsch?

A: Ja.

F: Seit wann halten Sie sich in Österreich auf?

A: Seit Juli 2014 (auf Deutsch beantwortet).

F: Sind Sie Mitglied in einem Verein oder einer Organisation?

A: Ich trainiere in einem Fitnesscenter St. Pölten.

F: Haben Sie Freunde in Österreich?

A: Ja.

F: Können Sie sich noch daran erinnern, welches Vorbringen Sie im ersten Verfahren, welches unter der Aktenzahl XXXX geführt wurde, dargestellt haben?

A: Ja.

F: Entsprechen die Fluchtgründe, welche Sie im ersten Verfahren angaben, der Wahrheit?

A: Nein, teilweise waren die Angaben nicht richtig. Damals kam ich mit meiner Mutter und meinem Stiefvater nach Österreich und habe gesagt, dass er mein leiblicher Vater ist. Das war nicht richtig. Mein Vater und meine Geschwister waren damals in Italien, wir hatten einen Streit. Ich habe meine Angaben jetzt aber berichtigt.

F: Ihre Fluchtgründe entsprechen jedoch der Wahrheit?

A: Ja.

F: Fassen Sie kurz zusammen, welche Fluchtgründe Sie im ersten Asylverfahren angegeben haben?

A: Ich hatte gesagt, dass ich in Libyen Probleme hatte. Während dem Bürgerkrieg in Libyen gab es immer wieder Konflikte zwischen dem libyschen Volk und den Palästinensern oder Syrern, wir wurden auch diskriminiert. Ich wurde dort auch attackiert und geschlagen.

F: Haben Sie in diesem ersten Verfahren all Ihre Fluchtgründe zur Sprache gebracht?

A: Ja.

F: Sie haben im Zuge Ihrer Erstbefragung angegeben, dass sich Ihre Fluchtgründe seit Ihrem letzten Verfahren nicht geändert hätten. Sie haben am 08.07.2014 Ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der in II. Instanz rechtskräftig abgewiesen wurde. Ihre Fluchtgründe wurden im Erstverfahren geprüft und als nicht glaubhaft bewertet. Worauf beziehen Sie sich nun bei gegenständlicher Antragsstellung?

A: Es hat sich etwas geändert, weil ich hier einen Sohn habe. Ich möchte mich nicht von meinem Sohn trennen und wünsche mir sehr, dass ich bei ihm leben kann. Mein Sohn soll nicht ohne einen Vater aufwachsen. Weiters habe ich eine Beziehung mit meiner Freundin, wir wollen demnächst.

F: Wie oft befindet sich das Kind bei Ihnen?

A: Er ist jedes Wochenende bei mir, manchmal auch unter der Woche.

[...]

A: Ich lebe schon seit längerer Zeit in Österreich und habe mich hier in Österreich schon integriert. Ich kann auch Deutsch sprechen und das Wichtigste ist, dass sich mein Sohn hier in Österreich befindet und ich nicht von ihm getrennt werden will. Ich habe auch viele österreichische Freunde.

F: Hat sich seit Abschluss Ihres ersten Asylverfahrens in Ihrer Heimat irgendetwas für Sie persönlich verändert?

A: Das weiß ich.

Anmerkung: Dem AW wird angeboten, eine Kopie der aktuellen Länderfeststellungen zu Jordanien entgegen zu nehmen. Der AW verneint dies.

[...]"

Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde sodann vom BFA mit Bescheid vom 14.03.2018, Zl. XXXX), gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde nicht erteilt, gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt dass die Abschiebung der bP nach Jordanien zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gem. § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III.).

Gegen diesen Bescheid wurde von der bP durch ihre Vertretung innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wird darin vorgebracht, dass sich, anders als vom BFA ausgeführt, der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit der Rechtskraft des Asylverfahrens maßgeblich geändert habe und dem Vorbringen der bP auch die Glaubwürdigkeit nicht abzusprechen sei.

Die bP habe eine enge Bindung zu ihrer in Österreich aufhältigen Familie und verbringe beinahe täglich Zeit mit ihr. Entgegen der Ansicht des BFA sei es von unbedingter Notwendigkeit, dass sich die bP weiterhin in Österreich aufhalte, ihren Sohn regelmäßig sehe und wichtige Aufgaben in der Erziehung des Kindes wahrnehme. Sie teile sich die Aufgaben mit der Kindesmutter, welche ohne die Unterstützung nicht in der Lage wäre, einer Arbeit nachzugehen. Zur Kindesmutter bestehe ein gutes Verhältnis. Weiter habe die bP eine Beziehung zu einer österreichischen Staatsangehörigen und lebe mit dieser und deren Kind, zu dem ein vaterschaftsähnliches Verhältnis bestehe, in einer gemeinsamen Wohnung. Dass eine Hochzeit bisher nicht möglich gewesen sei, könne kein Grund dafür sein, das Bestehen eines Privat- und Familienlebens gem. Art. 8 in Österreich nicht festzustellen.

Zudem sei die bP in Österreich gut integriert, habe in Österreich viele Freundschaften geschlossen und spreche gut Deutsch.

Weiters hätte das BFA bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und dementsprechender Berücksichtigung der aktuellen Länderberichte feststellen müssen, dass die Abschiebung der bP nach Jordanien unzulässig sei.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat Jordanien

Das BFA legte seiner Entscheidung umfassende Länderfeststellungen, resultierend aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur aktuellen Lage in Jordanien bzw. zur Situation der bP im Falle einer Rückkehr nach Jordanien zugrunden, denen die bP nicht substantiiert entgegengetreten ist. Die Quellen liegen auch dem BVwG vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des BVwG, das sich aus der ständigen Beobachtung der aktuellen Quellenlage (www.staatendokumentation.at) zur Lage im Herkunftsstaat ergibt. Angesichts der erst kürzlich ergangenen Entscheidung des BFA weisen die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit auf. Resümierend ergibt sich daraus auch unter Einbeziehung der auf der Homepage der Staatendokumentation allgemein zugänglichen aktuellsten Berichtslage im Herkunftsstaat der bP keine Situation, die für eine Person mit dem Profil der bP mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bzw. real eine Gefährdung von Leib und/oder Leben darstellen würde.

Von der bP wurde zwar eine Änderung der allgemeinen Lage behauptet, jedoch nicht dargelegt, inwiefern sie selbst konkret davon betroffen wäre, wie aus den rechtlichen Ausführungen hervorgeht.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsverfahrensakten des BFA zum vorangegangenen und zum gegenständlichen Verfahren sowie aus den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Anträgen der bP auf internationalen Schutz.

3. Rechtliche Beurteilung

A)

Zu Spruchpunkt I.

Zur Abweisung gem. § 68 Abs. 1 AVG

1. Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG und wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

§ 68 Abs 1 AVG soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern (VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).

Bei der Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig ausgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung nicht neu geltend gemacht werden oder im Berufungsverfahren von der Partei ausgewechselt werden (s. z.B. VwSlg. 5642 A, VwGH 28.11.1968, 571/68, 23.5.1995, 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. aber VwSlg. 12799 A).

Identität der Sache im Sinne des § 68 Abs 1 AVG liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, dass eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird oder die Behörde in den bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 30.1.1989, 88/10/0150).

Ob der nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag zugetragen haben soll, im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht, ist im Folgeverfahren bei der Prüfung der Rechtskraft ohne belange. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst (vgl. auch Erk. d. VwGH vom 17.9.2008, 2008/23/0684, AsylGH vom 17.4.2009, GZ. E10 316.192-2/2009-8E).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).

Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321); in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH 16.7.2003, 2000/01/0237, mwN).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (Hinweis EB E 26.4.1995, 92/07/0197, VwSlg 14248 A/1995); die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Erk. d. VwGH v.26.2.2004, 2004/07/0014; 12.12.2002, 2002/07/0016; 15.10.1999; 9621/9997). Identität der Sache i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren etwa eine Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hätte (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 08.04.1992, Zl. 88/12/0169, ebenso Erk. d. VwGH v. 15.11.2000, 2000/01/0184).

Da sich der Antrag auf internationalen Schutz nicht nur auf den Status eines Asylberechtigten, sondern "hilfsweise" bei Nichtzuerkennung dieses Status auch auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten richtet, sind bei Folgeanträgen nach dem AsylG 2005 auch Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus einer Prüfung zu unterziehen (VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).

Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft - der also für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen keine Asyl- oder Refoulementrelevanz zukäme, sodass eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages von vornherein ausgeschlossen erscheint -, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. etwa VwGH vom 04.11.2004, 2002/20/0391; 19.2.2009, 2008/01/0344).

Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. die Erkenntnisse vom 10.06.1998, 96/20/0266, und vom 15. Oktober 1999, 96/21/0097).

1.1. Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

1.1.1. Als Vergleichsbescheid ist im Falle mehrfacher Asylfolgeanträge derjenige Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden - und nicht etwa nur ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen - wurde (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis vom 26.06.2005, 2005/20/0226, mwN).

Wie aus dem gegenständlichen Verfahrensgang hervorgeht, stellt den maßgeblichen Vergleichsbescheid das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2018, Zl. L508 2107262-2/9E dar, womit die Beschwerde gegen die Abweisung des ersten Antrages auf internationalen Schutz in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen wurde. Das Erkenntnis wurde am 04.01.2018 rechtswirksam zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt darin im Wesentlichen, dass das als ausreisekausal dargelegte Vorbringen nicht glaubhaft gewesen sei und sich auch aus der allgemeinen Lage in Jordanien kein Grund für die Zuerkennung von internationalem Schutz ergebe.

Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asyl- oder Refoulementrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages - allenfalls auf der Grundlage eines durchzuführenden Ermittlungsverfahrens - mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen (vgl. VwGH 4.11.2004 sowie u.a. die Erkenntnisse vom 25.10.2005, 2005/20/0372, vom 22.12.2005, 2005/20/0556 sowie 2005/20/0300; 19.2.2009, 2008/01/0344).

Eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes liegt nicht vor, wenn die ursprüngliche Entscheidung davon ausging, dass das Vorbringen nicht glaubhaft sei und mit dem neuerlichen Antrag unter Vorlage entsprechender Beweismittel darzutun versucht wird, dass die Angaben sehr wohl wahr seien (VwGH 30.1.1989, 88/10/0150).

Das BFA legte im gegenständlichen Verfahren nachvollziehbar dar, dass sich die bP im nunmehrigen Verfahren betreffend der Motivation, ihr Heimatland verlassen zu haben bzw. der Gründe, weswegen sie nicht mehr nach Jordanien zurückkehren könne, auf dieselben Beweggründe wie in dem bereits rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahrensgang bezogen habe. Damit habe sie sich auf ihre ursprünglich vorgebrachten Fluchtgründe gestützt, welche bereits von der Rechtskraft des Erstverfahrens erfasst seien.

Mit ihren Ausführungen in der Beschwerde ist es den bP nicht gelungen, der Beweiswürdigung des BFA substantiiert entgegenzutreten, weshalb auch das Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass das nunmehrige Vorbringen der bP bereits Inhalt eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens war. Die in der Beschwerde geäußerte Kritik, wonach das BFA das umfangreiche Vorbringen der bP außer Acht gelassen habe, kann anhand des Inhalts der vorliegenden Akten nicht nachvollzogen werden. So wurde vom BFA das Vorbringen aus dem ersten Asylverfahren jenem aus dem aktuellen gegenübergestellt und schlüssig nachvollziehbar dargelegt, weshalb nicht vom Vorliegen eines neuen, glaubhaften und asyl- bzw. refoulementrelevanten Sachverhaltes auszugehen sei.

Eine darüber hinausgehende, im Hinblick auf die Personen der bP relevante Änderung der Lage in Jordanien wurde ebenso nicht substantiiert dargetan.

Zusammengefasst ist es der bP daher nicht gelungen, hinreichend substantiiert darzulegen, dass es seit dem Abschluss des ersten Verfahrensganges zwischenzeitlich zu einer relevanten Änderung der Lage im Hinblick auf eine individuelle Gefährdung gekommen wäre.

Im Ergebnis wird daher mit dem gegenständlichen Antrag die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache ohne nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage bezweckt, was durch § 68 Abs. 1 AVG verhindert werden soll (vgl. VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029).

Das BFA hat daher den neuerlichen Antrag der bP auf internationalen Schutz zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides war daher abzuweisen.

Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen / Rückkehrentscheidung

1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG stellt auch für den Fall der Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG die Rechtsgrundlage für die Verbindung dieser Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung dar. Dass in § 52 Abs. 2 Z 2 FrPolG 2005 nicht auch - wie in § 61 Abs. 1 Z 1 FrPolG 2005 - Entscheidungen nach § 68 Abs. 1 AVG ausdrücklich genannt sind, steht dieser Sichtweise nicht entgegen (VwGH 19.11.2015, RA 2015/20/0082).

1.1. Gegenständlich wurde der Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch in Bezug auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

1.2. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

1.3. Ein Sachverhalt, wonach der bP gem. § 57 Abs 1 Z 1-3 AsylG eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen wäre, liegt hier nicht vor, weshalb eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vom Bundesamt zu recht nicht zu erteilen war.

1.4. Die bP ist keine begünstigte Drittstaatsangehörige. Es kommt ihr auch kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Daher ist gegenständlich gem. § 52 Abs 2 FPG grds. die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung zu prüfen.

2. Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens in Österreich käme:

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

Für die Beurteilung ob ein relevantes Privat- und/oder Familienleben iSd Art 8 EMRK vorliegt sind nach der höchstgerichtlichen Judikatur insbesondere nachfolgende Umstände beachtlich:

Privatleben

Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Rückkehrentscheidungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Bei der Schutzwürdigkeit des Privatlebens manifestiert sich der Grad der Integration des Fremden insbesondere an intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124; 11.10.2005, 2002/21/0124).

2.1. Fallbezogen ergibt sich Folgendes:

2.1.1. In Österreich halten sich zum einen die (Stief)Eltern der bP, sowie ihre Geschwister auf. Mit diesen lebt die bP in keinem gemeinsamen Haushalt. Sie gab zwar an, diese beinahe täglich zu sehen, jedoch sind regelmäßige Besuche alleine nicht dazu geeignet, eine für die Entscheidung maßgebliche Beziehungsintensität bzw. ein entsprechendes Abhängigkeitsverhältnis darzulegen. Ein darüber hinausgehendes Vorbringen wurde von der bP nicht erstattet, sodass vom Vorliegen eines schützenswerten Familienlebens in Bezug auf die Eltern und Geschwister der bP nicht ausgegangen werden konnte.

2.1.2. Weiters gab die bP an, mit einer österreichischen Staatsangehörigen eine Lebensgemeinschaft zu führen und mit dieser sowie deren Söhnen in einem gemeinsamen Haushalt zu leben. Eine Eheschließung sei beabsichtigt.

Dazu ist auszuführen, dass die bP ihre Lebensgefährtin erst in Österreich kennengelernt hat, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem sie lediglich zum vorläufigen Aufenthalt in Österreich während des anhängigen Asylverfahren berechtigt und ihr weiterer Aufenthalt mit Rücksicht auf den Ausgang des Asylverfahrens unsicher war.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass, wenn familiäre Beziehungen erst zu einem Zeitpunkt begründet werden, zu dem der Fremde nicht mit einem weiteren Verbleib im Inland rechnen konnte, die aus dieser Beziehung abzuleitenden persönlichen Interessen des Fremden an einem Verbleib im Bundesgebiet eine wesentliche, die Interessensabwägung nachteilig beeinflussende Minderung erfahren (vgl. VwGH 27.02.2003, 2002/18/0207). Schließlich können Fremde, die bei Begründung ihres Familienlebens aufgrund ihres ungewissen Aufenthaltsstatus nicht mit dessen Fortsetzung rechnen durften, nach Ansicht des EGMR nur unter außergewöhnlichen Umständen den Schutz des Art 8 EMRK erlangen (vgl. EGMR 11.04.2006, Fall Useinov).

Insbesondere auch angesichts des Umstandes, dass bereits das erste Asylverfahren der bP rechtskräftig negativ abgeschlossen und ihre Abschiebung nach Jordanien für zulässig erklärt wurde, konnte sie keinesfalls von einem gesicherten Verbleib in Österreich ausgehen, weswegen in Summe auch in Bezug auf die Lebensgefährtin der bP nicht vom Vorliegen eines schützenswerten Familienlebens ausgegangen werden konnte.

2.1.3. Ebenso gab die bP an, mit ihrer rumänischen Ex-Lebensgefährtin einen gemeinsamen Sohn zu haben, der mit seiner Mutter ebenfalls in Österreich leben würde. Dazu wurden von der bP Unterlagen in Vorlage gebracht, wonach sie bei Gericht eine Klage zur Anfechtung der rechtlich bestehenden ehelichen Vaterschaft des Exgatten der Mutter des Kindes eingebracht und die Feststellung der Vaterschaft der bP beantragt habe.

Im ersten Asylverfahren wurde hinsichtlich der Beziehung der bP zu ihrem Sohn im Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 03.01.2018 Folgendes ausgeführt:

"Der Beschwerdeführer führte mit einer rumänischen Staatsangehörigen eine Beziehung, aus welcher ein gemeinsames - im Februar 2017 geborenes - Kind stammt. Der BF befand sich in der Zeit zwischen August 2016 und Mai 2017 - also auch zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes - in Strafhaft. In der Folge ist es am XXXX2017 in der Wohnung der Kindesmutter zu Handgreiflichkeiten gekommen, weshalb gegen den BF für die Wohnung ein Betretungsverbot ausgesprochen wurde. Am XXXX2017 wurde schließlich während des Betretungsverbots ein Antrag auf Einstweilige Verfügung beim BG XXXX gestellt und liegt der entsprechende Beschluss über die Einstweilige Verfügung (für eine Dauer von 12 Monaten (Ablauf: XXXX.2018) mit erweiterten Schutzbereich gegen den BF3 mittlerweile vor. Insoweit sich der BF zuletzt in Strafhaft befand und auch sonst bisher keiner legalen Beschäftigung nachgegangen ist, kann er somit weder allfälligen Sorgepflichten nachkommen, noch aufgrund der obigen Ausführungen ein Familienleben mit seinem Kind führen, wobei zur Vollständigkeit anzumerken ist, dass es der BF laut Beschwerde vom 09.05.2017 bislang nicht einmal für erforderlich hielt, eine amtliche Korrektur der Vaterschaft durchführen zu lassen, obwohl offiziell der Ehemann seiner damaligen Lebensgefährtin und nicht er selbst als Vater geführt wird, zumal sich die Ex-Lebensgefährtin des BF3 nie von ihrem Ehemann scheiden ließ. Es ist daher im Ergebnis nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Österreich ein schützenswertes Familienleben führt."

Aktuell kümmert sich die bP um ihren Sohn und ist dieser teilweise sowohl unter der Woche als auch am Wochenende bei ihr zu Besuch.

Da diesbezüglich somit in gewissem Umfang vom Vorliegen eines Familienlebens der bP in Österreich auszugehen ist und die Rückkehrentscheidung damit einen Eingriff in das Recht der bP auf Familienleben darstellt, bedarf es diesbezüglich einer Abwägung der persönlichen mit den öffentlichen Interessen (siehe nachstehend Punkt 2.2.).

2.1.4. Hinsichtlich des Privatlebens der bP in Österreich ist auszuführen, dass sie über gewisse Deutschkenntnisse verfügt und angibt, zahlreiche Freundschaften bzw. Bekanntschaften geschlossen zu haben.

Die bP erhält sich wirtschaftlich nicht selbst, wurde in Österreich bereits dreimal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt und befand sich zwischenzeitig in Strafhaft.

2.2. Da somit in gewissem Umfang vom Vorliegen eines Privat- bzw. Familienlebens der bP in Österreich auszugehen ist und die Rückkehrentscheidung damit einen Eingriff darstellt, bedarf es diesbezüglich einer Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen Interessen, ob eine Rückkehrentscheidung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Im vorliegenden Fall ist der Eingriff gesetzlich vorgesehen und verfolgt gem. Art 8 Abs 2 EMRK legitime Ziele, nämlich

-

die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, worunter auch die geschriebene

Rechtsordnung zu subsumieren ist;

-

das wirtschaftliche Wohl des Landes;

-

zur Verhinderung von strafbaren Handlungen

Öffentliche Ordnung / Verhinderung von strafbaren Handlungen (insb. im Bereich des Aufenthaltsrechtes)

Der EGMR geht davon aus, dass die Konvention kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat garantiert. Der EGMR erkennt in stRsp weiters, dass die Konventionsstaaten nach völkerrechtlichen Bestimmungen berechtigt sind, Einreise, Rückkehrentscheidung und Aufenthalt von Fremden ihrer Kontrolle zu unterwerfen, soweit ihre vertraglichen Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen (vgl. uva. zB. Urteil Vilvarajah/GB, A/215 § 102 = NL 92/1/07 und NL 92/1/27f.). Die Schaffung eines Ordnungssystems mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt wird, ist auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) daher ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.9.2007, B 328/07, VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251 uva.). Die öffentliche Ordnung, hier va. das Interesse an einer geordneten Zuwanderung, erfordert es daher, dass Fremde, die nach Österreich einwandern wollen, die dabei zu beachtenden Vorschriften einhalten. Die öffentliche Ordnung wird zB. schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Rückkehrentscheidung kann in solchen Fällen trotz eines vielleicht damit verbundenen Eingriffs in das Privatleben und Familienleben erforderlich sein, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte (VwGH 21.2.1996, 95/21/1256). Dies insbesondere auch deshalb, weil als allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz grds. gilt, dass aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen. (VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007). Der VwGH hat weiters festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Rückkehrentscheidung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190). Aus Art 8 EMRK ist zudem kein Recht auf Wahl des Familienwohnsitzes ableitbar (VfGH 13.10.2007, B1462/06 mwN).

Die rechtswidrige Einreise und der rechtswidrige Aufenthalt im Bundesgebiet stellen eine Verwaltungsübertretung dar. Im darin enthaltenen Strafrahmen des FPG lässt der Gesetzgeber das hohe öffentliche Interesse an der Verhinderung bzw. Bekämpfung des nicht rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet erkennen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung stellt daher ein Instrument zur Verhinderung eines derartigen unter Strafe gestellten Verhaltens bzw. Unterlassens dar. Die allgemeine Lebenserfahrung zeigt, dass die Mehrzahl der Fremden nach rechtskräftigem Abschluss ihres Asylverfahrens der durch die Rückkehrentscheidung bestehenden auferlegten Ausreiseverpflichtung nicht (freiwillig) nachkommt. Nur für den Fall der Erlassung eines den Aufenthalt des Fremden beendenden Titels besteht (unbeschadet der sonstigen Zuständigkeit der Sicherheitsbehörde für Aufenthaltsbeendigungen von Fremden) für diesen Fremden nach Abschluss seines Asylverfahrens die gesetzliche Verpflichtung Österreich zu verlassen und können Organe des öffentlichen Sicherheitsdienste nur diesfalls im Falle der Weigerung im Auftrage der Sicherheitsbehörde diese im öffentlichen Interesse notwendige Aufenthaltsbeendigung auch mit behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durchführen.

Wirtschaftliches Wohl

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist auch für das wirtschaftliche Wohl des Landes (vgl zB EGMR 31.7.2008, Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen) von besonderer Bedeutung, da diese sowohl für den geordneten Arbeitsmarkt als auch für das Sozial- und Gesundheitssystem erhebliche Auswirkung hat.

Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass insbesondere bei nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen Fremden, welche daher auch grds. über keine arbeitsrechtliche Berechtigung verfügen, idR die reale Gefahr besteht, dass sie zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes in die gesellschaftlich unerwünschte, aber doch real vorhandene Schattenwirtschaft ausweichen, was wiederum erhebliche Folgewirkungen auf den offiziellen Arbeitsmarkt, das Sozialsystem und damit auf das wirtschaftliche Wohl des Landes hat (vgl. ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 857 mwN). Ebenso stellt die Zuwanderung nicht erwerbsfähiger oder erwerbsunwilliger Fremder eine Belastung für das Sozialsystem dar.

Wenn das Privatleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten, ist dies bei der Abwägung gegebenenfalls als die persönlichen Interessen mindernd in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 5.9.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562, Fall Nnyanzi gg. Vereinigtes Königreich, Fall Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen).

Privatleben iSd Art 8 Abs 1 EMRK kann grundsätzlich nur im Rahmen eines legalen Aufenthaltes entstehen. Eine während des laufenden Asylverfahrens bloß vorläufige Aufenthaltsberechtigung ist nicht geeignet berechtigterweise schon die Erwartung hervorzurufen, in Österreich bleiben zu dürfen (EGMR in den Sachen Ghiban v. 7.10.04, 33743/03 und Dragan NVwZ 2005, 1043, Nnyanzi gg. Norwegen).

Der Asylwerber kann während seines Asylverfahrens

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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