TE Bvwg Beschluss 2018/6/29 L512 2155045-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.06.2018
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Entscheidungsdatum

29.06.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L512 2155045-2/5E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West, vom 25.06.2018, Zl. XXXX, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. der islamischen Republik Pakistan, hat das Bundesverwaltungsgericht durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der islamischen Republik Pakistan (in weiterer Folge "Pakistan" genannt), stellte nach illegaler Einreise am 18.02.2017 bei der belangten Behörde einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

Der BF wurde am 18.02.2017 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab zum Grund der Antragstellung an, dass er ein Angehöriger der Ahmadi-Religionsgemeinschaft wäre und er deshalb in Pakistan große Schwierigkeiten wegen seiner Religion habe. In Pakistan sei sein Leben gefährdet.

Am 16.03.2017 wurde der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen (kurz: BFA) einvernommen. Dabei gab er an, er sei Ahmadi. Es sei ihm nicht mehr möglich gewesen, die Schule weiter zu besuchen, weil ihn seine Mitschüler gemobbt hätten. Es sei geschlagen und bespuckt worden und die Lehrer hätten ihn als Ungläubigen bezeichnet. In der neunten Schulstufe habe er Probleme mit seinem Islamlehrer bekommen, der ihn beschimpft und geschlagen hätte. Er habe deshalb die Schule nicht mehr besucht. Sein Vater arbeite und lebe in XXXX. Von ihm sei er jedoch aufgefordert worden, die Schule weiterhin zu besuchen, da dies für sein Leben wichtig sei. Daraufhin hätte er sich mit seinem Onkel väterlicherseits beraten und dieser sei mit ihm zu Polizeistation gegangen, wo sie anzeigen wollten, dass er in der Schule grundlos geschlagen werde. Die Polizisten hätten jedoch nur Schmiergeld verlangt, welches weder sein Onkel noch der BF bezahlt hätten. Daraufhin seien sie von den Polizisten aus der Polizeistation geworfen worden. Er sei auch ein paar Mal von Unbekannten angerufen und aufgefordert worden, seine Religion zu ändern. Ansonsten würde er umgebracht werden. Nach diesen Anrufen habe er sich hauptsächlich nur mehr in der Wohnung aufgehalten. Dann sei sein älterer Bruder nach Hause gekommen und hätte ihn dieser mit nach XXXX genommen, wo er drei Jahre mit ihm gemeinsam gearbeitet hätte. Aber auch dort hätte er Drohanrufe von Unbekannten bekommen. Sein Bruder und er hätten wieder versucht, bei der Polizei eine Anzeige zu erstatten. Die Polizisten hätten wiederum Geld von ihnen verlangt. Deshalb habe ihm sein Bruder geraten, dass er das Land verlassen soll.

Die Ahmadi hätten in Pakistan keine Rechte. Es gäbe ein Gesetz, dass es erlaubt, Ahmadis umzubringen. Er selbst hätte aber keine Probleme mit den Behörden gehabt. Zurückkehren könne der BF nicht, da er Ahmadi sei.

Dass es Angehörigen der Ahmadi-Religion möglich sei, auf eingeschränkter Basis sowohl im privaten Bereich als auch in der Gemeinschaft ihre Religion auszuüben, ohne das heimische pakistanische Gesetz zu verletzen, stimme nicht. Es würde niemand auf die Ahmadi hören. Arbeiter seien mit Gerätschaften in ihre Moschee gekommen und hätten diese zerstört. Auch in XXXX zu leben sei dem BF nicht möglich, denn dort sei einer ihrer Führer vor einigen Tagen festgenommen worden

I.2. Mit Bescheid des BFA vom 10.04.2017, Zl. XXXX, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2015 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Des Weiteren wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde außerdem kein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I NR. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Pakistan gem. § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise des BF betrage gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

I.2.1. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde den angegebenen Sachverhalt in Zweifel ziehe. Der BF habe seine Behauptungen nur allgemein in den Raum gestellt, ohne diese zu belegen oder mit konkreten Anhaltspunkten glaubhaft zu machen. Dies werde durch Ungereimtheiten bestätigt. Der BF habe nicht erklären können, auf welche Weise es unbekannten Personen möglich sein soll, ihn auch nach einem Wechsel der Mobiltelefonnummer telefonisch zu erreichen. Auch der Umstand, dass der Wohnsitzwechsel von XXXX nach XXXX, wo der BF mit seinem Bruder eine XXXX betrieben habe, etwa drei Jahre lang problemlos gewesen sei und er seinen Bruder bei dessen beruflicher Tätigkeit unterstützen habe können, indiziere, dass der BF in Pakistan tatsächlich keiner individuellen Verfolgung von erheblicher Intensität ausgesetzt gewesen wäre. Dem BF sei auch problemlos ein Personalausweis ausgestellt worden. Die Regelung, dass Ahmadis bei der Personalausweisausstellung eine Erklärung unterschreiben müssten, dass sie an die Finalität Mohammeds als letzten Propheten glauben, behindere Ahmadi nicht dabei, Dokumente legal zu erwerben und ihr Wahlrecht auszuüben. Der BF habe offensichtlich keine Bedenken oder Probleme gehabt, eine Ausstellung seiner Identitätskarte zu erwirken. Gegen die Glaubhaftigkeit einer individuellen Verfolgung, basierend auf seine Religionszugehörigkeit spreche auch der Umstand, dass seine Familienangehörigen weiterhin in XXXX leben können. Auch ein Bruder des BF lebe in Pakistan.

In Pakistan stünde im Falle der Gefährdung durch Verfolgung von nichtstaatlichen Individuen jedermann die reale Möglichkeit offen, sich durch einen Ortswechsel innerhalb des Staates Pakistans in Sicherheit zu bringen. Gerade in den Großstädten von Pakistan sei es potentiell Verfolgten möglich, aufgrund der dortigen Anonymität sicher zu leben. Auch das Zentrum Rabwah würde Ahmadi zwar keinen absolut sicheren aber doch erheblichen Schutz bieten.

I.2.2. Der BF habe keine Verfolgung oder drohende Verfolgung aus Gründen, die in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählt sind, glaubhaft gemacht. Die allgemeine schwierige Lage einer ethnischen Minderheit oder der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft im Herkunftsstaat würde für sich allein nicht geeignet sein, die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu erreichen, ohne dass eine Bescheinigung einer konkret gegen den Asylwerber gerichteten drohenden Verfolgungshandlung dargetan wird. Wenn man hypothetisch davon ausginge, dass eine Furcht vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vorläge, wäre es am BF gelegen, eine innerstaatliche Fluchtalternative in Anspruch zu nehmen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass es im Falle des Vorliegens einer konkreten Bedrohung in der Heimatregion dem BF nicht möglich wäre, sich in einem anderen Gebiet Pakistans gefahrlos niederlassen zu können. Der BF habe als Person keine überregionale Bekanntheit erlangt.

Es bestünden weder nach den Angaben des BF noch nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der BF im Fall der Zurückschiebung Zurückweisung oder Abschiebung nach Pakistan im Sinne des Artikels 2, Art. 3 EMRK oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention in seinen Rechten verletzt werden würde oder dass er einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wäre. Beim BF handelt es sich persönlicher Hinsicht um einen jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann, weshalb nicht angenommen werden könne, dass er bei einer Rückkehr in eine dauerhaft aussichtslose Lage gedrängt würde. Er habe in Pakistan auch familiäre Anknüpfungspunkte und könnte wieder bei seinem Bruder in XXXX, der eine XXXX führt, arbeiten. Es könne ihm aber auch zugemutet werden, Hilfstätigkeiten zu verrichten, um ein ausreichendes Einkommen zu erlangen und nicht in eine hoffnungslose Lage zu geraten. Die Grundversorgung der Bevölkerung sei in Pakistan jedenfalls gewährleistet. Es seien keine Umstände dargetan worden, die es dem Beschwerdeführer unmöglich machen würden, in anderen Teilen Pakistans Aufenthalt zu nehmen. Der BF könne auch eine Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Der Sachverhalt ließe es daher nicht zu, dem BF den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen.

Der BF führe in Österreich kein schützenswertes Familienleben. Bei einer individuellen Abwägung der betroffenen Interessen sei festzustellen, dass der Eingriff durch die Rückkehrentscheidung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen sei. Eine ausreichende Beziehungsintensität zu den in Österreich lebenden XXXX des BF mit österreichischer Staatsbürgerschaft liege nicht vor. Es habe lediglich ein gegenseitiger Besuch stattgefunden und es bestehe kein gemeinsamer Wohnsitz. Das Verhältnis zu den XXXX sei auch nicht derart intensiv, dass es über verwandtschaftliche Beziehungen hinausginge. Bei einer Interessenabwägung würden daher die persönlichen Interessen des BF hinter die öffentlichen Interessen zur Verteidigung der Ordnung und des wirtschaftlichen Wohles zurücktreten. Eine Aufenthaltsbeendigung sei daher nur durch eine Rückkehrentscheidung zu erreichen. Dem BF sei auch bewusst gewesen, dass die illegale Einreise nach Österreich keinen Anspruch auf dauerhaften Aufenthalt in Österreich begründet. Der BF habe ihn Pakistan noch immer Verwandte. Auch wenn private Anknüpfungspunkte in Österreich vorliegen, sei aufgrund der Gesamtabwägung der Interessen unter Bedachtnahme auf bekannte Umstände die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gerechtfertigt. Die Abschiebung nach Pakistan sei zulässig. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides. Dagegen stehende Gründe würden nicht vorliegen

I.2.3. Gegen diesen Bescheid hat der BF Beschwerde eingebracht.

I.3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX, GZ: XXXX, wurde die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57 und § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen. Zudem wurde die Revision für nicht zulässig erachtet. Dieses Erkenntnis erwuchs am 03.08.2017 in Rechtkraft.

I.4. Am XXXX wurde von der pakistanischen Botschaft in Wien ein für den Zeitraum vom XXXX gültiges Reisedokument ("emergency passport") ausgestellt.

I.5. Am 12.06.2018 stellte der BF einen (zweiten) gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

I.6. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF am 12.06.2018 zusammengefasst an, er habe religiöse Gründe, für seine Flucht aus seiner Heimat. Diese Gründe habe er jedoch bereits bei seinem ersten Asylantrag in Österreich angegeben. Er habe nicht direkt mit der Religion in seinem Heimatland Probleme, jedoch mit Gruppierungen aus seiner Religion. In diesem Sinne hätten sich seine Fluchtgründe nicht verändert. Bei einer Rückkehr befürchte der BF von rivalisierenden Religionsgruppen umgebracht zu werden, dies sei dem BF bereist zu jenem Zeitpunkt bekannt gewesen, als er in Österreich seinen ersten Asylantrag eingebracht habe.

I.7. Dem BF wurde am 21.06.2018 eine Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG und § 15a AsylG sowie § 52a Abs 2 BFA-VG ausgefolgt.

I.8. Vor einem Organwalter der belangten Behörde gab der BF am 21.06.2018 an, er habe einen neuerlichen Asylantrag gestellt, da er mit dem Ergebnis des ersten Verfahrens nicht zufrieden bzw. mit der Entscheidung nicht einverstanden war. Er habe dieselben Probleme, die er im ersten Verfahren angegeben habe. Er sei vom XXXX in Deutschland gewesen und sei dann von den deutschen Behörden nach Österreich rücküberstellt worden. Ein entfernter Verwandter des BF lebe in Österreich. Der BF habe in Österreich einen Deutschkurs besucht. Er sei nie einer Arbeit in Österreich nachgegangen. Der BF sei in GVS und sei auch zuvor in GVS gewesen. Ein Onkel des BF und viele Freunde des BF würden in Deutschland leben.

I.9. Vor einem Organwalter der belangten Behörde gab der BF in Anwesenheit eines Rechtsberaters am 25.06.2018 an, sein Leben sei in Pakistan in Gefahr. Seinen Gegner würden ihn umbringen. Seine Gegner würde immer wieder nach dem BF fragen. Die Familie des BF würde wegen des BF leiden.

Im Rahmen der am 25.06.2018 durchgeführten Einvernahme wurde mit mündlich verkündeten Bescheid in Bezug auf den BF der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 Absatz AsylG, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF gemäß § 12a Absatz 2 AsylG aufgehoben.

Im Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West, vom 25.06.2018, Zl. XXXX, wurde der bisherige Verfahrensgang in Bezug auf den ersten bzw. nunmehr zweiten Antrag auf internationalen Schutz des BF dargelegt. Es wurden Feststellungen zur Person des BF, seinen Angaben im Rahmen der beiden Asylverfahren, zur Gefährdungssituation bei einer Abschiebung, zu seinem Privat- und Familienleben sowie zur Lage in Pakistan getätigt. Ausführungen wurden ebenso getroffen, warum die belangte Behörde davon ausgehe, dass der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein werde.

Der BF gab am Ende der Einvernahme an, dass er mit der Entscheidung des BFA nicht einverstanden sei, er erhebe Beschwerde. Zur Begründung verweise er auf das in der Einvernahme getätigte Vorbringen.

I.10. Die Verwaltungsakten des BFA langten am 28.06.2018 bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein, wovon das BFA am selben Tag verständigt wurde.

I.11. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Der BF stellte nach illegaler Einreise am 18.02.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der (erste) Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 10.04.2017, Zl. XXXX, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2015 abgewiesen. Des Weiteren wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Dem BF wurde außerdem kein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I NR. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Pakistan gem. § 46 FPG zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise des BF betrage gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX, GZ: XXXX, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 10.04.2017 gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57 und § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen. Zudem wurde die Revision für nicht zulässig erachtet. Dieses Erkenntnis erwuchs am 03.08.2017 in Rechtkraft.

Der BF stellte am 12.06.2018 einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz. Der BF gab keine neuen glaubhaften Fluchtgründe an bzw. dass er seine im ersten Asylverfahren getätigten Angaben aufrecht halte.

Der BF hat bei seiner Rückkehr nichts zu befürchten. In Bezug auf mögliche Rückkehrhindernisse bzw. auf das Privat- und Familienleben des BF ergaben sich keine entscheidungsrelevanten Änderungen.

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KI vom 20.12.2017: Anschlag auf Bethel Memorial Methodist Church, Quetta, 17.12.2017

In einem Anschlag auf die Bethel Methodist Memorial Kirche kamen am Sonntag, den 17.12.2017, in Quetta neun Menschen ums Leben (BBC 18.12.2017; vgl. The Guardian 17.12.2017; Dawn 17.12.2017; The Nation 18.12.2017; Reuters 17.12.2017); ein Dutzende weitere wurden verletzt (BBC 18.12.2017). Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Anschlag (The Nation 18.12.2017). Mindestens zwei Selbstmordattentäter griffen die Kirche während der Sonntagsmesse, an der sich ca. 400 Menschen beteiligten, an (Dawn 17.12.2017).

Polizisten, die zur Sicherheit, am Eingang stationiert waren, konnten die Attentäter aufhalten und so ein größeres Ausmaß an Opfern verhindern (Dawn 17.12.2017; vgl. BBC 18.12.2017; The Guardian 17.12.2017; The Nation17.12.2017). Beamte der Provinzregierung lobten das rasche Eingreifen der Sicherheitskräfte (The Nation 17.12.2017). Die Bethel Memorial Church, die in Quetta's Hochsicherheitszone gelegen ist, war schon in der Vergangenheit Ziel eines Terroranschlages geworden, im Zuge dessen die Sicherheitsvorkehrungen an der Kirche verstärkt worden waren (Dawn 17.12.2017).

Quellen:

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BBC (18.12.2017): Deadly attack on Methodist church in Pakistan, http://www.bbc.com/news/world-asia-42383436, Zugriff 20.12.2017

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Dawn (17.12.2017): 9 killed in suicide attack on Quetta's Bethel Memorial Methodist Church, https://www.dawn.com/news/1377184, Zugriff 20.12.2017

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The Guardian (17.12.2017):

https://www.theguardian.com/world/2017/dec/17/pakistani-christians-suicide-bomb-attack-quetta-church, Zugriff 20.12.2017

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The Nation (18.12.2017): IS bombers kill nine at Quetta church, http://nation.com.pk/18-Dec-2017/is-bombers-kill-nine-at-quetta-church, Zugriff 20.12.2017

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Reuters (17.12.2017): Suicide bombers attack church in Pakistan's Quetta before Christmas, killing nine, https://www.reuters.com/article/us-pakistan-attack/suicide-bombers-attack-church-in-pakistans-quetta-before-christmas-killing-nine-idUSKBN1EB08E, Zugriff 20.12.2017

KI vom 07.12.2017: Tehreek-i Labbaika Ya Rasool Allah (TLY) Proteste, Faizabad Verkehrsknotenpunkt, Islamabad; Rücktritt Justizminister Zahid Hamid

Anfang November initiierte die Bewegung Tehreek-i Labbaika Ya Rasool Allah (TLY) ein Sit-in am hoch frequentierten Faizabad Verkehrsknoten in Islamabad, aus Protest gegen eine in der pakistanischen Wahlordnung vorgenommene Änderung des Amtseides für Parlamentarier (Dawn 3.12. 2017; vgl. Guardian 27.11.2017). Laut Demonstranten handelte es sich bei der Änderung um eine Verwässerung der sogenannten "Khatm-e Nubuwwat" Klausel, die die Endgültigkeit des Prophetentums Mohammads festlegt. Dies soll laut TLY zugunsten der Ahmadiyya vorgenommen worden sein (Aljazeera, 27.11.2017; vgl. Kleine Zeitung 27.11.2017). Laut Regierung und Parlament handelte es sich jedoch nur um einen Schreibfehler (Dawn 5.10.2017; vgl. Standard 27.11.2017). Obwohl dieser schon im Oktober korrigiert und die Änderung zurück genommen worden war (Dawn, 5.10.2017), forderten die Demonstranten am Faizabad Knoten den Rücktritt des Justizministers Zahid Hamid, der für die Gesetzesänderung verantwortlich gemacht wurde (Die Zeit 27.11.2017; vgl. Kleine Zeitung 27.11.2017).

Das Sit-in legte drei Wochen lang eine der Hauptverkehrsadern Islamabads lahm (Kleine Zeitung 27.11.2017). Als die Regierung am 25.11.2017 zur Räumung des Verkehrsknotens schritt, kam es zu Ausschreitungen. Die Polizei setzte Tränengas, Gummigeschosse und Wasserwerfer ein (Aljazeera, 26.11.2017; vgl. BBC 25.11.2017; Standard 27.11.2017 und Kleine Zeitung 27.11.2017). Demonstranten griffen daraufhin die Sicherheitskräfte mit Steinen, Stöcken und Metallstangen an und zündeten Autos und Reifen an (Aljazeera, 26.11. vgl. Standard 27.11.2017; Kleine Zeitung, 27.11.). Im Zuge der Ausschreitungen wurden mindestens 6 Menschen getötet und über 200 verletzt (Guardian 27.11.2017; vgl. Standard 27.11.2017). Aus Angst vor einer weiteren Eskalation wurde die Polizeiaktion abgebrochen (Kleine Zeitung 27.11.2017; vgl. Die Zeit 27.11.2017). In Solidarität mit den Demonstranten weiteten sich die Proteste auf andere Teile Islamabads bzw. auf andere Städte Pakistans aus, unter anderem auf Lahore, Hyderabad, Karachi, Peshawar und Quetta (Dawn 26.11.2017; vgl. BBC 25.11.2017). Nachdem die Polizei den Faizabad Verkehrsknoten nicht räumen konnte, bat die Regierung noch am selben Tag (25.11.2017) das Militär einzugreifen (BBC 25.11.2017; vgl. Dawn 25.11.2017; Die Zeit 27.11.2017).

Die staatliche Aufsichtsbehörde über elektronische Medien (PEMRA) untersagte Live-Berichterstattung über den Sicherheitseinsatz (Dawn 26.11.2017). Soziale Medien, wie Facebook und Twitter, wurden 37 Stunden lang landesweit ausgesetzt (The Nation 27.11.2017; vgl. auch Samaa' 27.11.2017). Die Behörden schalteten zeitweise auch private Nachrichtensender ab (BBC 25.11.). Nach Verhandlungen zwischen dem Militär und der TYL, akzeptierte die Regierung am 27.11.2017 eine Liste von Forderungen der TLY (Dawn 28.11.2017). Justizminister Zahid Hamid erklärte seinen Rücktritt (NDTV 27.11.2017; vgl. Guardian 27.11.2017 und Aljazeera 27.11.2017).

Laut der Abmachung zwischen Demonstranten und Regierung würden alle im Zuge der Proteste verhafteten Demonstranten innerhalb von drei Tagen freigelassen werden (Aljazeera, 27.11. vgl. Dawn, 28.11.). Die Regierung verpflichtete sich auch zu einer Untersuchung der gewalttätigen Vorfälle vom 25.11.2017 (Dawn 28.11.2017)

[Anmerkung der Staatendokumentation: Keine konkreten Informationen zur Freilassung der Demonstraten konnte bis dato gefunden werden; sollten neuere Erkenntnisse zu Tage treten, werden diese in einem Zusatz vermerkt.]

Quellen:

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Aljazeera (26.11.2017): Pakistan calls in army to end anti-blasphemy protests,

http://www.aljazeera.com/news/2017/11/pakistan-police-clash-anti-blasphemy-protesters-171125152436525.html, Zugriff 6.12.2017

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Aljazeera (27.11.2017): Pakistan minister resigns, ending Islamabad standoff,

http://www.aljazeera.com/news/2017/11/pakistan-minister-resigns-protester-stand-171127071421060.html, Zugriff 6.12.2017

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BBC (25.11.2017): Pakistan army called on to stop 'blasphemy' clashes in Islamabad, http://www.bbc.com/news/world-asia-42124446, Zugriff 6.12.12017

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Dawn (5.10.2017): NA passes bill to restore Khatm-i Naboowat declaration to original form in Elections Act 2017, https://www.dawn.com/news/1361873, Zugriff 6.12.2017

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Dawn (25.11.2017): Govt orders military deployment in Islamabad after day-long operation against protesters, https://www.dawn.com/news/1372614, Zugriff 6.12.2017

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Dawn (26.11.2017): Life remains paralysed as sit-ins continue across country in solidarity with Faizabad protesters, https://www.dawn.com/news/1373000, Zugriff 6.12.2017

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Dawn (26.11.2017): Pemra guidelines for media houses in wake of Faizabad crackdown, https://www.dawn.com/news/1373003/, Zugriff 6.12.2017

-

Dawn (28.11.2017): List of demands put forward by TLY and accepted by govt for ending the Faizabad protest, https://www.dawn.com/news/1373197, Zugriff 6.12.2017

-

Dawn (3.12.2017): Who is Khadim Hussain Rizvi?, https://www.dawn.com/news/1374182/who-is-khadim-hussain-rizvi, Zugriff 6.12.2017

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The Guardian (27.11.2017): Pakistani law minister quits after weeks of anti-blasphemy protests, https://www.theguardian.com/world/2017/nov/27/pakistani-law-minister-quits-zahid-hamid, Zugriff 6.12.2017

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Kleine Zeitung (27.11.2017): Proteste in Pakistan enden mit Rücktritt von Justizminister,

http://www.kleinezeitung.at/politik/aussenpolitik/5328003/Zahid-Hamid_Proteste-in-Pakistan-enden-mit-Ruecktritt-von, Zugriff 6.12.2017

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The Nation (27.11.2017): Activists assail blanket ban on social media,

http://nation.com.pk/27-Nov-2017/activists-assail-blanket-ban-on-social-media, Zugriff 6.12.2017

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NDTV (27.11.2017): Pakistan Minister Resigns after violent Islamist protests,

https://www.ndtv.com/world-news/pakistan-law-minister-zahid-hamid-resigns-after-violent-islamist-protests-1780419, Zugriff 6.12.2017

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Samaa TV (27.11.2017): All you need to know about the nation-wide internet disruptions during dharna, https://www.samaa.tv/social-buzz/2017/11/need-know-nation-wide-internet-disruptions-dharna/, Zugriff 6.12.2017

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Der Standard (27.11.2017): Krawall und Proteste: Pakistan in der Islamisten Klemme,

https://derstandard.at/2000068519745/Krawall-und-Diplomatenprotest-Pakistan-in-der-Islamisten-Klemme, Zugriff 6.12.2017

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Die Zeit (27.11.2017): Islamisten zwingen Justizminister zum Rücktritt,

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-11/pakistan-zahid-hamid-justizminister-ruecktritt-islamisten, Zugriff 6.12.2017

Sicherheitslage

Zentrales Problem für die innere Sicherheit Pakistans bleibt die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus. Seit Jahren verüben die Taliban und andere terroristische Organisationen schwere Terroranschläge, von denen vor allem die Provinz Khyber-Pakhtunkhwa und Belutschistan, aber auch die pakistanischen Großstädte wie Karachi, Lahore und Rawalpindi betroffen sind. Die Terroranschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie z.B. die Sufis (AA 12.2016a). Jedoch hat sich die allgemeine Sicherheitslage quer durchs Land in den letzten drei Jahren verbessert (PIPS 1.2017).

Die pakistanischen Taliban hatten in einigen Regionen an der Grenze zu Afghanistan über Jahre eigene Herrschaftsstrukturen etabliert und versucht, ihre extrem konservative Interpretation der Scharia durchzusetzen (AA 30.5.2016). Seit Ende April 2009, als die Armee die vorübergehende Herrschaft der Taliban über das im Norden Pakistans gelegene Swat-Tal mit einer Militäraktion beendete, haben sich die Auseinandersetzungen zwischen dem pakistanischen Militär und den pakistanischen Taliban verschärft. Von Oktober bis Dezember 2009 wurden die Taliban aus Süd-Wasiristan (Federally Administered Tribal Areas - FATA) vertrieben, einer Region, die von ihnen jahrelang kontrolliert worden war. 2013 lag der Schwerpunkt der Auseinandersetzungen auf dem Tirah-Tal unweit Peshawar, wo die Taliban zunächst die Kontrolle übernehmen konnten, bevor sie vom Militär wieder vertrieben wurden (AA 12.2016a).

Die Regierung von Ministerpräsident Nawaz Sharif hatte sich zunächst, mandatiert durch eine Allparteienkonferenz, um eine Verständigung mit den pakistanischen Taliban auf dem Verhandlungsweg bemüht. Da sich ungeachtet der von der Regierung demonstrierten Dialogbereitschaft die schweren Terrorakte im ganzen Land fortsetzten, wurde der Dialogprozess jedoch mit Beginn der Militäroperation in Nord-Wasiristan im Juni 2014 abgebrochen. Am 15.4.2014 begann eine umfassende Militäroperation in der bis dahin weitgehend von militanten und terroristischen Organisationen kontrollierten Region Nord-Wasiristan, in deren Verlauf inzwischen die Rückzugsräume und Infrastruktur der aufständischen Gruppen in der Region weitgehend zerstört werden konnten (AA 12.2016a). Die Operation bezog auch benachbarte Regionen der FATA mit ein und hatte das Ziel aufständische Gruppen und Terrorismus zu zerschlagen und die vollständige Kontrolle des Staates über die Stammesgebiete herzustellen (AA 30.5.2016). Ein erheblicher Teil der Rebellen und Terroristen wich jedoch vor der Militäroperation in andere Gebiete Pakistans oder über die Grenze nach Afghanistan aus, so dass der Anti-Terror-Kampf auf absehbare Zeit weiter eine große Herausforderung für das Land darstellen wird (AA 12.2016a).

Als Ergebnis dieser und früherer Operationen der Sicherheitskräfte in den Stammesgebieten gibt es derzeit rund 1,5 Millionen Binnenvertriebene (AA 30.5.2016). Regierungsstrategie ist es, kurz vor Militäroperationen gegen Taliban die Bevölkerung der jeweils betroffenen Agency bzw. Region zu informieren, das bedeutet die Agency wird "notified". Nach den Militäroperationen wird die Zone "denotified" und damit vom Militär als sicher für die Rückkehr erklärt und somit für die Rückkehr freigegeben. Das Militär arbeitet in diesem Prozess mit den Zivilbehörden zusammen, die zum Teil bei der Rückkehr unterstützen (BAA 6.2013; vgl. BFA 10.2014). Die geordnete Rückführung der vertriebenen Bevölkerung in die betroffenen Regionen der Stammesgebiete, die Beseitigung der Schäden an der Infrastruktur und an privatem Eigentum ebenso wie der Wiederaufbau in den Bereichen zivile Sicherheitsorgane, Wirtschaft, Verwaltung und Justiz stellen Regierung, Behörden und Militär vor große Herausforderungen (AA 30.5.2016).

Im Nachfeld des schweren Terrorangriffs auf eine Armeeschule in Peshawar am 16.12.2014, bei dem über 150 Menschen, darunter über 130 Schulkinder, ums Leben kamen und für den die pakistanischen Taliban die Verantwortung übernahmen, haben Regierung und Militär mit Zustimmung aller politischen Kräfte des Landes ein weitreichendes Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Terror und Extremismus beschlossen. Es umfasst u.a. die Aufhebung des seit 2008 geltenden Todesstrafenmoratoriums für Terrorismus-Straftaten, die Einführung von Militärgerichten zur Aburteilung ziviler Terrorismusverdächtiger und Maßnahmen gegen Hassprediger, Terrorfinanzierung, etc. Ferner sind Ansätze erkennbar, konsequenter als bisher gegen extremistische Organisationen unterschiedlicher Couleur im ganzen Land vorzugehen und die staatliche Kontrolle über die zahlreichen Koranschulen (Madrassen) zu verstärken (AA 12.2016a).

2015 wurden weiterhin signifikante Anti-Terroroperationen in den Agencies Khyber und Nordwasiristan durchgeführt um "sichere Häfen" für Terroristen zu zerstören und Waffenarsenale auszuheben. Operationen von paramilitärischen und zivilen Sicherheitskräften umfassten unter anderem die Bekämpfung des Terrorismus in urbanen Gebieten und Razzien um Terrorismuspläne zu vereiteln. Militärische, paramilitärische und zivile Sicherheitskräfte führten Operationen in Belutschistan, Sindh, Khyber Pakhtunkhwa und Punjab durch. Große Waffen- und Sprengstoffarsenale wurden ausgehoben und ausgefeilte Telekommunikationsnetzwerke entdeckt. Terroristen wurden verhaftet und Strafverfahren eingeleitet (USDOS 2.6.2016).

Die ausgefeilten rechtlichen Maßnahmen, welche der Fair Trial Act von 2012 und das NACTA den Nachrichtendiensten und Rechtsdurchsetzungsorganen bieten, waren allerdings erst im Prozess der Implementierung. Die verbesserte Gesetzgebung wird bereits angewendet. Das Justizsystem ist allerdings langsam bei der Abarbeitung von Terrorfällen, wie auch anderer Kriminalfälle (USDOS 2.6.2016).

Die verschiedenen terroristischen Gruppierungen führten 2015 625 Terrorakte in 76 Distrikten/Regionen in Pakistan durch, 48 Prozent weniger als im Jahr davor. Mindestens 1.069 Menschen verloren dabei ihr Leben, 38 Prozent weniger als 2014, 1443 wurden verletzt, 54 Prozent weniger als 2014. Unter den Todesopfern waren 630 Zivilisten, 318 Angerhörige der Sicherheits- und Rechtsdurchsetzungsbehörden und 121 Militante. 266 der Terrorakte (über 42 Prozent) zielten ausschließlich auf die Sicherheitskräfte oder die Rechtsdurchsetzungsbehörden, 92 der Attacken richteten sich gegen Zivilisten (15 Prozent), 41 Attacken gegen politische Akteure, 39 gegen Stammesältere, die sich in lokalen Friedenskomitees engagierten. 63 Attacken waren sektiererisch motiviert. Die Zahl der Todesopfer in sektiererischen Terrorakten stieg um 7 Prozent von 255 auf 272. Die Zahl aller sicherheitsrelevanter Gewaltvorfälle sank im Jahr 2015 um 48 Prozent von 2.099 im Jahr 2014 auf 1.097 im Jahr 2015, die Zahl der Todesopfer dabei von 5.308 im Jahr 2014 auf 3.503 für 2015 (PIPS 3.1.2016).

Die Situation verbesserte sich weiterhin im Jahr 2016. Dies lässt sich Großteils auf die extensiven Operationen gegen Militante durch die Sicherheits- und Rechtsdurchsetzungsbehörden zurückführen - von den Militäroperationen in der FATA zu den von den Rangers angeführten gezielten Eingriffen in Karatschi, den Razzien des Frontier Corps in Belutschistan und den Anti-Terrorismus Operationen der Polizeigeheimdienste in Punjab und Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 1.2017).

Durch die langsame Umsetzung des Nationalen Aktionsplans kann dieser die erreichten Ziele allerdings nicht ergänzen. Außerdem fehlt die Umsetzung der im Plan vorgesehenen "soft"-Komponenten der Terrorismusbekämpfung, der Einsatz von Gewalt und Abschreckung alleine kann die Wurzeln nicht bekämpfen. Die Terrororganisationen zeigen, dass sie ihre durch die Sicherheitskräfte verursachten Verluste durch Re-Gruppierungen oder Neugründungen überwinden können. Die Präsenz von Unterstützern und Verbündeten des der Terrorgruppe Islamischer Staat (Abk. IS; auch: Islamischer Staat in Irak und Syrien, Abk. ISIS) ist eine große Herausforderung für den Staat. Sie verstehen es auch den Nexus innerhalb der Pakistanischen Terrorgruppen zu nutzen und unter deren Mitgliedern zu rekrutieren (PIPS 1.2017).

Im Jahr 2016 ging die Zahl der Terroranschläge um 28 Prozent auf 441 zurück, betroffen waren 57 Distrikte. Getötet wurden dabei 908 Personen. Der Umstand, dass ein Rückgang von 28 Prozent bei der Zahl der Anschläge nur einen leichten Rückgang von 12 Prozent bei den Todesopfern mit sich brachte, zeigt auch, dass den Aufständischen einige größere Anschläge dieses Jahr gelingen konnten. Die Todesopfer unterteilen sich in 545 Zivilisten, 302 Angehörige der Sicherheitskräfte und Rechtsdurchsetzungbehörden und 61 Militante (PIPS 1.2017).

48 Prozent der Anschläge zielten auf Personal und Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Ungefähr 20 Prozent der Anschläge im Jahr 2016 zielten auf Zivilisten, ungefähr 6 Prozent auf Stammesmitglieder oder Freiwillige, die sich in Anti-Terror Friedenskomitees engagierten, hauptsächlich in FATA und Khyber Pakhtunkhwa. Ungefähr 8 Prozent der Anschläge waren sektiererisch motiviert (Sunni-Shia), ungefähr 7 Prozent zielten gegen zivile staatliche Infrastruktur und Regierungsvertreter. 20 Anschläge richteten sich gegen politische Führer und politisch tätige, 5 Anschläge gegen religiöse Minderheiten, davon 2 gegen Christen, 2 gegen Hindus und eine gegen Ahmadis (PIPS 1.2017).

Ungefähr 50 Prozent (218) aller Anschläge waren gezielte Tötungen einzelner Personen. Die pakistanischen Taliban, hauptsächlich die Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) und lokale mit ihr in Verbindung stehende Taliban-Gruppen bzw. Gruppen mit ähnlichen Zielen, wie die Jamaatul Ahrar oder Lashkar-e-Islam oder IS Unterstützer führten mehr als 62 Prozent aller Anschläge durch, denen 640 Menschenleben zum Opfer fielen. Belutschische nationalistische Gruppierungen führten 127 Anschläge durch, Sindhi Nationalisten 7, zusammen forderten diese nationalistischen Anschläge 164 Todesopfer. 34 Anschläge wurden durch sektiererische Sunni oder Shia Gruppen durchgeführt mit 104 Todesopfern (PIPS 1.2017).

Insgesamt gab es im Jahr 2016 in Pakistan, inklusive der Anschläge, 749 Vorfälle von für die Sicherheitslage relevanter Gewalt, darunter 95 operative Schläge der Sicherheitskräfte, 105 Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Militanten, 74 Auseinandersetzungen an der Grenze mit Indien, Afghanistan und Iran und 12 Vorfälle von ethnischer oder politischer Gewalt. Insgesamt wurden 1.887 Personen bei diesen Vorfällen getötet. Die Zahl der Vorfälle sank damit im Vergleich zu 2015 um 32 Prozent, die Zahl der Todesopfer um 46 Prozent (PIPS 1.2017).

Im Jahr 2016 wurden 95 operative Schläge und Razzien durchgeführt in 35 Distrikten oder Regionen Pakistans, 38 davon in Belutschistan, 24 in der FATA, hauptsächlich in Khyber und Nord Waziristan, 15 in Karatschi, 13 im Punjab und 5 in Khyber Pakhtunkhwa. 492 Menschen wurden dabei getötet, davon 481 Militante. Im Vergleich dazu wurden im Jahr 2015 143 Sicherheitsoperationen durchgeführt in 31 Distrikten mit 1.545 Todesopfern (PIPS 1.2017)

Es scheint, dass sich nun erfolgreich eine Null-Toleranz-Sicht in Staat und Gesellschaft gegenüber Terror durchsetzt. Die Sicherheitseinrichtungen sind weiterhin mit vielschichtigen Herausforderungen konfrontiert. Die wichtigsten davon sind Kapazitätslücken in der Bekämpfung städtischer Terrorbedrohungen und die mangelhafte Kooperation zwischen den verschiedenen Gesetzesdurchsetzungsbehörden (PIPS 3.1.2016). So ist auf föderaler Ebene die institutionelle Struktur einer Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen den Terrorismus bekämpfenden Behörden nicht förderlich. Einige Provinzen zeigen vermehrt Anstrengungen bei der Ausbildung, Ausstattung und Informationsaustausch um Terroristen aufzuspüren, aber in der Strafverfolgung von Terrorismusverdächtigen besteht noch Verbesserungsbedarf, bei anderen Provinzen ist es umgekehrt (USDOS 2.6.2016).

Die Regierung unterhält einige De-Radikalisierungszentren in verschiedenen Teilen des Landes. Diese bieten eine korrigierende religiöse Bildung, Berufsausbildung, Beratung und Therapie an (USDOS 2.6.2016). Zentren befinden sich in Swat, Khyber Agency, Bajaur Agency und Khyber Pakhtunkhwa. Es existieren separate Programme für Frauen und Jugendliche (BFA 9.2015). Weithin gelobt ist das Sabaoon Rehabilitation Center einer NGO im Swat Tal, das gemeinsam mit dem Militär gegründet wurde und sich an jugendliche ehemalige Extremisten richtet (USDOS 2.6.2016).

Die Asia Pacific Group on Money Laundering konnte Fortschritte in Pakistan in der Behebung von strategischen Mängeln erzielen, die diese in Bezug auf die Bekämpfung der Finanzierung von Terrorismus zuvor festgestellt hatte. Pakistans Kriminalisierung von Terrorismusfinanzierung entspricht nun internationalen Standards. Maßnahmen umfassen z.B. die Überwachung von grenzüberschreitenden Geldtransfers, NGO Finanzierungen, das Einfrieren von Geldern, die rechtliche Meldepflicht von Banken über verdächtige Transaktionen sowie deren Verpflichtung, regelmäßig die Liste der von der UN als Terrororganisationen Eingestuften zu kontrollieren. Dennoch gelingt es solchen Organisationen in Pakistan ökonomische Ressourcen einzusetzen und Spenden zu lukrieren (USDOS 2.6.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (30.5.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan.

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AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Pakistan - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 18.3.2017

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BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge.

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BFA Staatendokumentation (9.2015): Fact Finding Mission Report Pakistan,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1453713783_bfa-sd-pakistan-ffm-report-2015-09-v2.pdf, Zugriff 18.3.2017

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BFA Staatendokumentation (10.2014): Pakistan - Challenges & Perspectives

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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (3.1.2016): Pakistan Security Report 2015.

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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (1.2017): PIPS Research Journal - Conflict & Peace Studies, Vol.9, No.1, Special Report 2016

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Pakistan Security Report. Reuters (11.4.2013): Pakistan violence, http://www.trust.org/spotlight/Pakistan-violence, Zugriff 25.11.2016

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USDOS - US Department of State (2.6.2016): Country Report on Terrorism 2015 - Chapter 2 - Pakistan, https://www.state.gov/j/ct/rls/crt/2015/257518.htm, Zugriff 12.11.2016

Grundversorgung und Wirtschaft

Pakistan gehört zu den sieben bevölkerungsreichsten Staaten der Erde. Zwei Drittel der Bevölkerung sind unter 30 Jahre alt und das Durchschnittsalter der Pakistani wird mit 23 Jahre angenommen (CIA 12.1.2017).

Pakistan verfügt über ein hohes Potenzial für wirtschaftliches Wachstum, bedingt durch seine günstige geographische Lage mit Brückenfunktion zwischen Zentral- und Südasien sowie zwischen China und dem Arabischen Meer, seinen Ressourcenreichtum, niedrige Lohnkosten, eine junge, wachsende Bevölkerung und eine wachsende Mittelschicht. Dieses Potenzial wird jedoch aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, periodisch wiederkehrender politischer Instabilität und schwacher institutioneller Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Als größte Wachstumshemmnisse gelten die teils fragile Sicherheitslage, Korruption und die unzureichende Energieversorgung.

(AA 12.2016c).

Der wichtigste Wirtschaftssektor in Pakistan ist der Dienstleistungssektor (Beitrag zum BIP 59 Prozent; der Sektor umfasst u.a. Bankwesen, Versicherungswesen, Transportwesen, der Kommunikationssektor, aber auch der überproportional große öffentliche Verwaltungsapparat). Auch der Industriesektor ist von Bedeutung (Beitrag zum BIP 21 Prozent). Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche. Einen dem Industriesektor vergleichbaren Beitrag zum BIP (20 Prozent) leistet die Landwirtschaft, in der jedoch 42 Prozent der arbeitenden Bevölkerung tätig sind. Etwa 60 Prozent der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab. Die Provinz Punjab gehört in vielen Bereichen (unter Anderem Getreideanbau und Viehzucht) zu den weltweit größten Produzenten und verfügt über das größte zusammenhängende landwirtschaftliche Bewässerungsgebiet weltweit (AA 12.2016c).

Neben der fortlaufenden komplexen Notsituati

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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