Entscheidungsdatum
17.07.2018Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I404 2172108-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Sta. Nigeria, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 11.07.2018, Zl. 1076176005-180626508, zu Recht erkannt:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 nicht rechtmäßig. Der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2018, Zl. 1076176005-180626508, wird aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 03.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, er habe den Herkunftsstaat verlassen, weil sein Onkel seinen Vater getötet habe und auch ihn töten wollte. Außerdem sei er homosexuell und werde daher von den Behörden verfolgt.
Am 16.08.2017 wurde der Beschwerdeführer ausführlich durch Organe der belangten Behörde einvernommen. Im Wesentlichen gab er dabei an, in seinem Heimatland Probleme mit seinem Onkel, wegen seiner homosexuellen Neigung, wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit und wegen seiner Religionszugehörigkeit gehabt zu haben. Er sei gesund.
2. Mit Bescheid vom 26.08.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Für eine freiwillige Ausreise wurde ihm eine Frist von 14 Tagen eingeräumt (Spruchpunkt IV).
3. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG mit Erkenntnis vom 05.10.2017 zu Zl. I408 2172108-1/2E als unbegründet ab. Begründend wurde ausgeführt, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer in Nigeria einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit, seiner homosexuellen Neigungen oder Bedrohungen durch seinen Onkel ausgesetzt sei. Weiters wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig sei.
4. Am 04.07.2018 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er an, dass seine alten Fluchtgründe aufrecht seien. Außerdem sei er homosexuell und würde in Nigeria inhaftiert werden. Er habe auch psychische Probleme und könne in Nigeria nicht behandelt werden.
Am 11.07.2018 erfolgte eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde, in welcher der Beschwerdeführer angab, "psychologische" Probleme zu haben und Medikamente zu nehmen. Er wisse nicht, welche Probleme das seien, die Leute würden ihn als verrückten Mann bezeichnen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er zusammengefasst an, dass er ein verrückter Mann sei, homosexuell und er ein Problem mit seinem Onkel habe.
5. In der Folge wurde gegenüber dem Beschwerdeführer mit mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig sei. Es habe sich weder eine schwere körperliche Krankheit ergeben noch eine schwere psychische Störung, die bei einer Überstellung/Abschiebung nach Nigeria eine unzumutbare Verschlechterung bewirken würde. In der Beweiswürdigung wurde angeführt, dass der Beschwerdeführer an keiner psychischen Krankheit leide, da eine Mitteilung des PAZ über derartige Erkrankungen an die belangte Behörde unterblieben sei. Auf Nachfrage habe ergeben, dass der Beschwerdeführer am 10.07.2018 einen Termin bei einem Psychiater gehabt habe. Dieser habe festgestellt, dass der Beschwerdeführer ruhig und situativ angepasst sei, die Stimmungslage sei diskret gesenkt ohne Zeichen für "suicid". Der Beschwerdeführer habe von quälenden Stimmen untertags und nächtlichen Schlafstörungen berichtet. Weiters sei eine Medikation mit Quetiapin vermerkt und eine weitere Kontrolle sei für den 17.07.2018 vorgesehen. Der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz sei voraussichtlich zurückzuweisen, da der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt, welcher nach Rechtskraft des letzten Asylverfahrens neu entstanden sei, vorgebracht habe. Bezüglich des Vorbringens des psychologischen Zustands wurde darauf hingewiesen, dass sich in Lagos ein psychiatrisches Krankenhaus befinde. Die Kosten für den Empfang durch ein medizinisches Team direkt am Flughafen würde sich auf umgerechnet € 570 belaufen. Zudem sei auch eine stationäre Behandlung psychischer Erkrankungen mit entsprechender Medikation möglich. Da die Mutter den Beschwerdeführer auch bisher mit € 500 - 600 unterstützt habe, könne es kein Hindernis sein, dass diese auch die Kosten für die Behandlung in Nigeria trage.
Da sich die allgemeine Lage im Herkunftsland, der körperliche Zustand und die persönlichen Verhältnisse nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung zu keiner Bedrohung der Menschenrechte führe. Eine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z. 3 AsylG beschrieben könne nicht angenommen werden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde und verwies auf sein bisheriges Vorbringen.
10. Am 16.07.2018 wurde der Akt der Gerichtsabteilung I404 (vollständig) zur Entscheidung vorgelegt.
11. Mit Schreiben vom 13.07.2018 führte die Vertretung des Beschwerdeführers aus, dass der Beschwerdeführer offensichtlich psychisch krank sei und psychologische Betreuung und Medikamente bekomme. Allein die Annahme, dass er haftfähig sei, begründe noch nicht, dass er nicht schutzbedürftig sei. Auch bei Besuchen des Beschwerdeführers ergebe sich ein Bild, dass man nicht normal mit ihm reden könne. Die belangte Behörde hätte die Frage klären müssen, ob der Beschwerdeführer eine rechtliche Betreuung oder Sachwalterschaft benötige.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Identität des Beschwerdeführers steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias. Er ist volljährig, bekennt sich zum christlichen Glauben, gehört der Volksgruppe der "Igbo" an und hielt sich im Imo State auf.
Im Rahmen seiner Antragstellung am 03.07.2015 gab der Beschwerdeführer an, seinen Herkunftsstaat verlassen zu haben, weil sein Onkel seinen Vater getötet habe und auch ihn töten wollte. Außerdem sei er homosexuell. Vor der belangten Behörde führte er diese Fluchtgründe näher aus und gab an, gesund zu sein.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 05.10.2017 zu Zl. I408 2172108-1/2E wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer in Nigeria einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit, seiner homosexuellen Neigungen oder Bedrohungen durch seinen Onkel ausgesetzt ist. Weiters wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, weshalb bei einer Rückkehr davon auszugehen ist, dass sich der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt erneut als Lehrer verdienen kann.
Im Rahmen des Folgeantrages vom 04.07.2018 gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund an, dass seine alten Fluchtgründe aufrecht seien, er außerdem homosexuell sei und er psychische Probleme habe, die in Nigeria nicht behandelt werden könnten.
1.2. Es steht nicht fest, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist. Er nimmt derzeit vier verschiedene Medikamente ein, wovon zwei üblicherweise zur Behandlung von Schizophrenie und bipolaren Störungen eingesetzt werden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers und seinen beiden Asylanträgen wurden den vorgelegten Akten der belangten Behörde sowie dem Erkenntnis des BVwG vom 05.10.2017 zu Zl. I408 2172108-1/2E entnommen.
2.2. Zwar hat die belangte Behörde im bekämpften Bescheid ausdrücklich festgestellt, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, wie die belangte Behörde zu diesen Feststellungen gelangt, wird jedoch in der Beweiswürdigung nicht näher dargelegt. Vielmehr wird angeführt, dass die Kosten für den Empfang durch ein medizinisches Team direkt am Flughafen sich auf umgerechnet € 570 belaufen würden und eine stationäre Behandlung psychischer Erkrankungen mit entsprechender Medikation in Nigeria möglich wäre.
Im vorgelegten Akt der belangten Behörde befindet sich eine E-Mail vom 01.06.2018, in der festgehalten ist, dass der Beschwerdeführer selbstmordgefährdet ist und am 01.06.2018 aus der "Nervenklinik" entlassen wurde. Wie lange der Beschwerdeführer in der Klinik war und aufgrund welcher Diagnose er sich dort befand, ist nicht angeführt. Weiters ist ein undatiertes Schreiben ohne Angabe des Verfassers im Akt, aus welchem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer ruhig und situativ angepasst sei, die Stimmungslage diskret gesenkt sei ohne Zeichen für Suizid. Der Beschwerdeführer habe von quälenden Stimmen untertags und nächtlichen Schlafstörungen berichtet. Weiters geht eine Medikation mit Quetiapin (zuletzt Erhöhung der Dosis am 10.07.2018), Truxal, Nozinan und Risperdal hervor. Laut "wikipedia" werden die Medikamente Risperdal und Quetiapin hauptsächlich zur Behandlung von Schizophrenie und bipolaren Störungen eingesetzt.
Eine ärztliche Diagnose, warum diese Medikamente verschrieben wurden, und ob außer diesen Medikamenten eine andere Behandlung notwendig ist, geht aus dem Akteninhalt nicht hervor.
Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 03.05.2018, RA 2018/19/0010, § 22 Abs. 10 dritter und vierter Satz AsylG 2005 gemäß Art. 140 B-VG wegen Verfassungswidrigkeit beim Verfassungsgerichthof angefochten. Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer im Rahmen der Niederschrift vor dem Bundesamt ausdrücklich erklärt, mit der vom Bundesamt getroffenen Entscheidung nicht einverstanden zu sein, Beschwerde dagegen erhoben und begründend auf seine Angaben in der Niederschrift verwiesen, woraus sich auch unter der Annahme der Verfassungswidrigkeit der genannten Bestimmung eine Entscheidungskompetenz des Bundesverwaltungsgerichts ergibt.
3.2. Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
3.2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
§12a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 2005 idgF:
(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
3.2.2. Das Verfahren über den ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 03.07.2015 wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 05.10.2017 zu Zl. I408 2172108-1/2E rechtskräftig abgeschlossen. Beim Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 03.07.2018 handelt es sich somit um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.
Mit Bescheid des BFA vom 26.08.2017, bestätigt vom BVwG mit Erkenntnis vom 05.10.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen. Es liegt somit kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vor.
Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005. Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 05.10.2017 zu Zl. I408 2172108-1/2E wurde die Beschwerde rechtskräftig abgewiesen und daher die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz vom 03.07.2015 und die Rückkehrentscheidung bestätigt.
Gegenständlich liegt daher eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor.
Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") verweist der VwGH in seiner Entscheidung vom 19.12.2017, Ra 2017/18/0451, auf die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) und führt aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat.
Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern.
Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Folgeantrag erstmals eine psychische Erkrankung geltend gemacht. Auch aus dem Akteninhalt geht hervor, dass er in einer psychiatrischen Klinik war und derzeit in medikamentöser Behandlung steht.
Diese psychischen Probleme sind erst nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Erstverfahren dokumentiert.
Ein wesentliches Element der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.10.2017 zu Zl. I408 2172108-1/2E, betreffend das Vorverfahren ist in Beachtung der Judikatur der Höchstgerichte die den Beschwerdeführer individuell betreffende Rückkehrsituation in seinem Herkunftsland. Auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers wurde im angeführten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts die Feststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig sei und keine Gründe ersichtlich seien, warum er sich nicht als gesunder junger Mann in erwerbsfähigem Alter in Nigeria durch eigene Erwerbstätigkeit als Lehrer eine Existenzgrundlage sichern könnte.
Das Vorbringen und die im Akt befindlichen Unterlagen weisen darauf hin, dass ein geänderter Sachverhalt betreffend die persönliche Situation des Beschwerdeführers vorliegen könnte, die Auswirkungen auf die Situation im Falle der Rückkehr des Beschwerdeführers haben könnte.
Das Bundesamt hat jedoch erneut die Feststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig sei, ohne darzulegen, worauf sich diese Einschätzung stützt.
Im Lichte der aufgezeigten Erwägungen liegt nicht schon im Rahmen einer Grobprüfung auf der Hand, dass der vorliegende Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird. Somit ist jedenfalls eine der drei Voraussetzungen, unter denen der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben werden darf, derzeit nicht erfüllt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Mit Aufhebung des vorliegenden Bescheides kommt dem Beschwerdeführer faktischer Abschiebeschutz iSd § 12 Abs. 1 AsylG 2005 zu.
3.2.3. Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.
Schlagworte
Begründungsmangel, Behebung der Entscheidung, faktischerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I404.2172108.2.00Zuletzt aktualisiert am
31.08.2018