TE Vwgh Erkenntnis 2018/8/2 Ra 2018/05/0050

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Veröffentlicht am 02.08.2018
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs2;
AVG §8;
BauO Wr §133 Abs1 Z1;
BauO Wr §133 Abs6;
BauO Wr §134a;
BauO Wr §69 Abs1;
BauO Wr §69 Abs2;
BauO Wr §69;
BauRallg;
VwGVG 2014 §28 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/05/0051 Ra 2018/05/0053 Ra 2018/05/0052

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth, die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revisionen der revisionswerbenden Parteien

1. Dipl. Ing. A G, 2. K B, 3. T G und 4. K G, alle in W, alle vertreten durch Dr. Keyvan Rastegar, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Börsegasse 11/52-54, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 12. Dezember 2017, VGW-111/077/485/2016/E-2 und VGW- 111/077/715/2016, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: H GmbH in W, vertreten durch Dr. Peter Pullez und Dr. Robert Gschwandtner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Biberstraße 9; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird im Umfang seines Spruchpunktes II. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Erstrevisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 sowie den zweit- bis viertrevisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte kann auf das Vorerkenntnis VwGH 17.12.2015, 2013/05/0142, 0146 und 0147, verwiesen werden.

Daraus ist im Wesentlichen festzuhalten:

2 Mit Ansuchen vom 16. Juni 2011 beantragte die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: Bauwerberin) beim Magistrat der Stadt Wien (im Folgenden: Baubehörde) die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Wohngebäudes mit sieben Wohnungen, bestehend aus dem Kellergeschoß mit einer Tiefgarage für sieben Stellplätze, dem Erdgeschoß, dem ersten Stock sowie zwei Dachgeschoßen auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien.

3 Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. Juni 2012 wurde der Bescheid der Baubehörde vom 23. März 2012, mit welchem der Bauwerberin die beantragte Baubewilligung erteilt worden war, auf Grund einer Berufung des Erstrevisionswerbers gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Bauvorhaben eine Abweichung von den Bebauungsvorschriften darstelle, da der höchste Punkt des Daches in einem Teilbereich höher als 4,50 m über der ausgeführten Gebäudehöhe zu liegen komme, und diese einer Ausnahmebewilligung gemäß § 69 der Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) durch den Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung bedürfe.

4 Der Erstrevisionswerber ist Eigentümer der an die Bauliegenschaft linksseitig (südöstlich) unmittelbar angrenzenden Liegenschaft und erstattete mit Schreiben vom 16. Oktober 2012 Einwendungen gegen das Bauvorhaben, in welchen er sich gegen die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 69 BO aussprach. Zudem werde mit dem Bauvorhaben die bebaubare Fläche überschritten und die Bau- und Straßenfluchtlinien würden missachtet. In den Plänen sei vermerkt, dass sich die Fläche der vorgesehenen Erker innerhalb des zulässigen Erkervolumens bewege. Bei dieser Berechnung seien jedoch offensichtlich die Balkone außer Acht gelassen worden. Zudem würden die Pläne der Bauwerberin, die die mangelnde Stabilität des Untergrundes auf der Bauliegenschaft und die Statik nicht ausreichend berücksichtigten, die Substanz des Eigentums des Erstrevisionswerbers gefährden. Die Bebaubarkeit der Liegenschaft des Erstrevisionswerbers werde eingeschränkt und das vorherrschende Stadtbild beeinträchtigt und damit störend beeinflusst. Weiters ergäben sich durch die überhöhte Ausnutzung der Bauliegenschaft deutlich mehr Emissionen, als sie bei einer dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan entsprechenden Nutzung typischerweise entstehen würden, da ein deutlich erhöhtes Kfz-Aufkommen zu erwarten sei.

5 Der Zweitrevisionswerber sowie die Dritt- und Viertrevisionswerber sind Eigentümer bzw. Miteigentümer von der Bauliegenschaft (in nordöstlicher Richtung) gegenüber liegenden und von dieser durch eine Verkehrsfläche getrennten Liegenschaften und erstatteten ebenfalls Einwendungen gegen das Bauvorhaben, wobei sie sämtliche Ausführungen des Erstrevisionswerbers zu ihren eigenen erhoben.

6 Mit Bescheid vom 16. Jänner 2013 erklärte der Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung die Abweichung von den Bebauungsvorschriften, wonach der höchste Punkt des Daches des Neubaus im Bereich der linken Grundgrenze um 1,34 m höher als 4,50 m über der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe liegen dürfe, für unzulässig und sprach aus, dass die Gründe, die für die Abweichung sprächen, nicht überwögen.

7 Mit Bescheid vom 22. Jänner 2013 versagte die Baubehörde die beantragte Baubewilligung.

8 Gegen diese Bescheide erhob die Bauwerberin Berufung. 9 Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Juni 2013

wurde der Spruch des Bescheides des Bauausschusses der örtlich zuständigen Bezirksvertretung vom 16. Jänner 2013 insofern abgeändert, als nach Maßgabe der dem Baubewilligungsverfahren zu Grunde liegenden Pläne die Abweichung gemäß § 69 BO von Vorschriften des Bebauungsplanes (wonach der höchste Punkt des Daches im Bereich der linken Grundgrenze um 1,34 m höher liegen dürfe als das um 4,50 m vermehrte Ausmaß der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe) für zulässig erklärt wurde (Spruchpunkt I.), und weiters der Spruch des Bescheides der Baubehörde vom 22. Jänner 2013 insofern abgeändert, als die beantragte Baubewilligung nach Maßgabe der mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Pläne gemäß § 70 BO in Verbindung § 54 BO und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes 2008 sowie auf Grund der gemäß § 69 BO erteilten Bewilligung für die Abweichung von Bebauungsvorschriften unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen erteilt wurde und die Bekanntgabe einer Gehsteigauf- und - überfahrt erfolgte (Spruchpunkt II.). Die Erst- bis Viertrevisionswerber erhoben dagegen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

10 Dieser Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Juni 2013 wurde hinsichtlich beider Spruchpunkte (Spruchpunkt I. allein auf Grund der Beschwerde des Erstrevisionswerbers) mit dem eingangs genannten Erkenntnis VwGH 17.12.2015, 2013/05/0142, 0146 und 0147, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Die Aufhebung des Spruchpunktes I. begründete der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen damit, dass sich die Bauoberbehörde für Wien in Bezug auf die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z 3 BO auf ein unschlüssiges Sachverständigengutachten gestützt und die nach § 69 Abs. 4 BO erforderliche Abwägung nicht durchgeführt habe. Die Aufhebung des Spruchpunktes II. begründete der Verwaltungsgerichtshof zum einen in Bezug auf den Erstrevisionswerber damit, dass infolge Aufhebung des Spruchpunktes I. keine rechtskräftige Ausnahmebewilligung gemäß § 69 BO für den Widerspruch des gegenständlichen Bauvorhabens zu den Bestimmungen des maßgeblichen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes über die zulässige Höhe des Dachfirstes mehr vorliege, und zum anderen in Bezug auf die Zweit- bis Viertrevisionswerber damit, dass es sich bei den straßenseitigen, als Gauben bezeichneten Bauteilen nicht um Dachgauben im Sinn des § 81 Abs. 6 BO handle, sodass sie in die Berechnung der Gebäudehöhe einzubeziehen gewesen wären.

11 Im vor dem Verwaltungsgericht Wien fortgesetzten Verfahren nahm die Bauwerberin mehrere Änderungen des vorliegenden Bauvorhabens vor, wodurch es unter anderem zum Entfall des Überschreitens des höchstzulässigen Punktes des Daches im Bereich der linken Grundgrenze und der straßenseitigen "Gauben" kam.

12 Nach mehreren mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht Wien sowie zahlreichen Stellungnahmen der Revisionswerber zu den jeweils geänderten Einreichunterlagen wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss die nunmehr als Beschwerde zu wertende Berufung der Bauwerberin gegen den Bescheid des Bauausschusses der örtlich zuständigen Bezirksvertretung vom 16. Jänner 2013 zurück (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Bescheid der Baubehörde vom 22. Jänner 2013 gemäß § 28 Abs. 3 und 4 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Baubehörde zurückverwiesen (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen diesen Beschluss eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

13 Gegen Spruchpunkt II. dieses Beschlusses richten sich die vorliegenden Revisionen unter anderem mit dem Begehren, diesen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

14 Die Bauwerberin erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie beantragte, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht stattzugeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbundenen Revisionen erwogen:

15 Die Revisionen erweisen sich angesichts ihres Vorbringens zur Unzulässigkeit der in Spruchpunkt II. des angefochtenen Beschlusses vorgenommenen Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG als zulässig.

16 Die im Revisionsfall maßgeblichen Bestimmungen der BO, LGBl. Nr. 11/1930 - § 69 BO in der Fassung LGBl. Nr. 25/2009 und § 133 BO in der Fassung LGBl. Nr. 25/2014 - lauten auszugsweise:

     "Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes

     § 69. (1) Für einzelne Bauvorhaben hat die Behörde

über die Zulässigkeit von Abweichungen von den Vorschriften des

Bebauungsplanes zu entscheiden. Diese Abweichungen dürfen die

Zielrichtung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes

nicht unterlaufen. Darüber hinaus darf

1.        die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne

nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht vermindert

werden,

2.        an Emissionen nicht mehr zu erwarten sein, als bei einer

der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entsteht,

3.        das vom Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan

beabsichtigte örtliche Stadtbild nicht störend beeinflusst werden und

4.        die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung

nicht grundlegend anders werden.

     (2) Abweichungen, die die Voraussetzungen des Abs. 1

erfüllen, sind weiters nur zulässig, wenn sie nachvollziehbar

1.        eine zweckmäßigere Flächennutzung bewirken,

2.        eine zweckmäßigere oder zeitgemäße Nutzung von

Bauwerken, insbesondere des konsensgemäßen Baubestandes, bewirken,

3.        der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen

entsprechenden örtlichen Stadtbildes dienen oder

4.        der Erhaltung schützenswerten Baumbestandes dienen.

...

(4) Die Gründe, die für die Abweichung sprechen, sind mit den Gründen, die dagegen sprechen, abzuwägen. Insbesondere ist auf den konsensgemäßen Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften sowie auf den Umstand, dass die Ausnahmebewilligung nur für die Bestanddauer des Baues gilt, Bedacht zu nehmen. Vom Bauwerber geltend gemachte Verpflichtungen aus Bundes- oder anderen Landesgesetzen sind zu berücksichtigen, desgleichen, ob die Abweichung der besseren barrierefreien Benützbarkeit des konsensgemäßen Baubestandes oder des geplanten Baues dienlich ist.

... "

"Wirkungsbereich der Bauausschüsse der Bezirksvertretungen

§ 133. (1) Dem Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung obliegt als Behörde die Entscheidung über Anträge

1. auf Bewilligung von Abweichungen nach §§ 7a Abs. 5, 69, 76 Abs. 13, 81 Abs. 6 und 119 Abs. 6;

...

(6) Widerspricht ein Ansuchen um Baubewilligung den Voraussetzungen der §§ 7a Abs. 5, 69 Abs. 1 und 2, 76 Abs. 13, 81 Abs. 6 oder 119 Abs. 6, ist es abzuweisen; ein mit dem Ansuchen um Baubewilligung verbundener ausdrücklicher Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 gilt in diesem Falle als dem Ansuchen um Baubewilligung nicht beigesetzt. Dies gilt auch, wenn der Bauwerber mit dem Ansuchen um Baubewilligung ausdrücklich einen Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 stellt, ohne dass sein Bauvorhaben einer solchen Bewilligung bedarf, bzw. wenn das Ermittlungsverfahren über das Ansuchen um Baubewilligung ergibt, dass die Baubewilligung ohne Änderung des Bauvorhabens oder der Baupläne versagt werden muss.

(7) Vor der erstinstanzlichen Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 darf die Baubewilligung nicht erteilt werden. Gegen einen Bescheid, mit dem über den Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 entschieden wird, ist eine abgesonderte Beschwerde (§ 136 Abs. 1) nicht zulässig. Die Beschwerde kann nur mit der Beschwerde gegen die Entscheidung über das Ansuchen um Baubewilligung verbunden werden, die sich auf die Entscheidung über Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 stützt. Die Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 steht nachträglichen Änderungen des Bauvorhabens nicht entgegen, sofern die Abweichung nicht berührt wird."

17 § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, lautet auszugsweise:

"4. Abschnitt

Erkenntnisse und Beschlüsse

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.

der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.

die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das

Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

..."

18 Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Beschluss des Verwaltungsgerichtes, mit welchem dieses den verwaltungsbehördlichen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen hat, eine Rechtsverletzung dadurch bewirken, dass das Verwaltungsgericht entweder von der Regelung des § 28 Abs. 3 VwGVG zu Unrecht Gebrauch gemacht und keine Sachentscheidung getroffen hat oder von einer für die betroffene Partei nachteiligen, jedoch für das weitere Verfahren bindenden unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen ist (vgl. etwa VwGH 28.3.2017, Ro 2016/09/0009, mwN).

19 Die revisionswerbenden Nachbarn besitzen im Rahmen des baurechtlichen Bewilligungsverfahrens einen Rechtsanspruch darauf, dass im Falle einer Verletzung ihrer (entsprechend rechtzeitig geltend gemachter) - und vom Verwaltungsgericht wahrzunehmender - Rechte eine Baubewilligung nicht erteilt wird, und es stellt auch die Aufhebung (nach der damaligen Rechtslage gemäß § 66 Abs. 2 AVG) eines das Bauansuchen abweisenden verwaltungsbehördlichen Bescheides eine Verschlechterung der Rechtsstellung der Nachbarn dar (vgl. VwGH vom 22.11.2005, 2005/05/0135, mwN, dessen Ausführungen auf die Rechtslage nach Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz mit 1. Jänner 2014 übertragbar sind).

20 Im Revisionsfall begründete das Verwaltungsgericht die mit dem angefochtenen Beschluss vorgenommene Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG damit, dass das Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei in mehrfacher Hinsicht den Bebauungsbestimmungen widerspreche und der Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung über die Zulässigkeit dieser Abweichungen noch nicht entschieden habe.

21 Die Zulässigkeit von Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplanes ist in § 69 BO geregelt. Die Entscheidung über die Zulässigkeit von Abweichungen nach § 69 BO obliegt dem Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung. Nach dem insoweit klaren Wortlaut des § 133 Abs. 6 BO ist aber ein Ansuchen um Baubewilligung, das den Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 und 2 BO widerspricht, abzuweisen, wobei ein mit dem Ansuchen um Baubewilligung verbundener ausdrücklicher Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach § 133 Abs. 1 Z 1 BO in diesem Fall als dem Ansuchen um Baubewilligung nicht beigesetzt gilt. Widerspricht das Bauvorhaben den Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 und 2 BO, dann ist für eine Entscheidung des Bauausschusses der örtlich zuständigen Bezirksvertretung somit kein Raum mehr (vgl. zur Rechtslage vor der Novelle LGBl. Nr. 25/2009 VwGH 10.12.2013, 2010/05/0207, mwN). Diesfalls wäre das Bauansuchen abzuweisen.

22 Ob im Hinblick auf die von ihm als gegeben angesehenen Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplanes die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 und 2 BO erfüllt sind, hat das Verwaltungsgericht nicht geprüft. Das Verwaltungsgericht hätte darüber hinaus auch darzulegen gehabt, von welcher konkreten Vorschrift des im Revisionsfall maßgeblichen Bebauungsplanes durch das gegenständliche Bauvorhaben abgewichen werde.

23 Der vorliegende Beschluss war daher im Umfang seiner Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen eingegangen werden musste.

24 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

25 Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II. Nr. 8/2014. Wien, am 2. August 2018

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6Baurecht NachbarNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050050.L00

Im RIS seit

30.08.2018

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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