Index
L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;Norm
NatSchG Tir 1997 §41 Abs2 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des K in Untertilliach, vertreten durch Dr. Klemens Stefan Zelger, Rechtsanwalt in Innsbruck, Müllerstraße 16, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. September 1999, Zl. U-9395/35, betreffend Devolutionsantrag in einer Naturschutzangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz (BH) vom 19. Juli 1995 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für die Errichtung eines näher beschriebenen Kleinkraftwerkes am K.-Bach in U. abgewiesen. Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. Jänner 1996 als unbegründet abgewiesen.
Mit hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1998, Zl. 98/10/0025, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1997, G 21/97 u.a., ausgesprochen worden war, dass das - diesem Bescheid zugrundeliegende - Tiroler Naturschutzgesetz 1991 verfassungswidrig war und es sich bei der vorliegenden Beschwerdesache um einen Anlassfall im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG gehandelt habe.
Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 30. März 1998 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der BH neuerlich als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer die beantragte Bewilligung gemäß im Einzelnen genannten Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997 versagt werde.
Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1998, Zl. 98/10/0178, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil die Berufungsbehörde, statt mit der - in diesem Falle gebotenen - ersatzlosen Behebung des Erstbescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG vorzugehen, dem Beschwerdeführer die beantragte Bewilligung versagt und damit ihre Ermächtigung zur Sachentscheidung überschritten hatte.
Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. Jänner 1999 wurde der Bescheid der BH vom 19. Juli 1995 ersatzlos behoben. Die BH werde nunmehr - so heißt es in der Begründung u.a. - aufgrund des ursprünglich eingebrachten Ansuchens und auf Grundlage des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997 das Verfahren durchzuführen und mit Bescheid über den Antrag entscheiden müssen.
Mit Schreiben der BH vom 1. Juni 1999 wurde dem Beschwerdeführer dargelegt, dass sich das den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 4. März 1996, betreffend Versagung der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung, aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1998, Zl. 96/07/0059, ausführlich mit Aspekten der Gewässerökologie auseinander gesetzt habe. Da sich die Gewässerökologie großteils mit dem nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 1997 zu beurteilenden Schutzinteressen "Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume" bzw. "Naturhaushalt" überschneide, sei für die "vom Verwaltungsgerichtshof gewünschte nachvollziehbare Beurteilung" des Kraftwerksprojektes des Beschwerdeführers eine Ergänzung des naturschutzrechtlichen Einreichprojektes durch Unterlagen und Untersuchungen entsprechend einer - beigeschlossenen - Stellungnahme des limnologischen Amtssachverständigen erforderlich. Das Projekt werde daher gemäß § 41 Abs. 2 Tiroler Naturschutzgesetz 1997 i.V.m. § 13 Abs. 3 AVG mit dem Auftrag zur Ergänzung mit den vom limnologischen Amtssachverständigen für die Beurteilung des Vorhabens als notwendig erachteten Unterlagen bzw. Untersuchungen und Wiedervorlage bis spätestens 31. Oktober 2000 rückgemittelt.
Der Stellungnahme des limnologischen Amtssachverständigen zufolge sind folgende Unterlagen bzw. Untersuchungen notwendig:
"1. Zur Charakterisierung des K.-Baches ist eine ökomorphologische Bestandsaufnahme, gemäß der Kartiermethode zur bachmorphologischen und nutzungsorientierten Inventarisierung (Fließgewässeratlas Tirol) der Tiroler Landesregierung, durchzuführen. Damit können wesentliche Strukturen des gesamten Gewässers und des Uferbereiches erfasst und die geplante Nutzung im Hinblick auf den gesamten Bach beurteilt werden. Weiters ist eine Aufnahme der bachbegleitenden Vegetation gemäß ÖNORM M 62323 (Kap. 3.2.7) zu erheben, da im Zuge einer ganzheitlichen Untersuchung der Gewässerbiozönose eine Erfassung und Bewertung der Ufervegetation von wesentlicher Bedeutung ist.
2. Die Untersuchung der aquatischen Lebensgemeinschaften des ggst. Gewässers ist gemäß der 'Richtlinie zur Bestimmung der aprobiologischen Gewässergüte'1 nach dem Ablaufdiagramm MODUL 3B (ohne Chiliaten) einmalig zur Niederwasserzeit (Spätherbst) durchzuführen. Die genauen Probestellen, bzw. die zu untersuchenden Choriotope werden anlässlich eines Ortsaugenscheines ausgewiesen (Festlegung durch Begehung eines ASV für Limnologie und einem vom Projektwerber mit der Untersuchung Betrauten). In den einzelnen ausgewiesenen Probestellen sind jeweils Doppelproben, je nach Substrat, mit Hilfe eines Hess-Samplers oder mit einem Handnetz zu entnehmen. Das Bestimmungsniveau der Aufwuchsalgen und des Makrozoobenthos hat den taxonomischen Mindesterfordernissen der 'Richtlinie zur Bestimmung der saprobiologischen Gewässergüte'1 (Kap. 7.4., Seite 53) und der ÖNORM M 62323 zu entsprechen. Neben den saprobiologischen Aspekten ist vor allem die Interpretation der genauen Artenzusammensetzung und der Biomasse von Bedeutung.
3. Die unter Punkt 2 festgelegten Choriotope (Teillebensräume) sind gemäß ÖNORM M 62323 zu beschreiben und zu kartieren.
4. Da die Erfahrungen mit anderen Gebirgsbächen gezeigt haben, dass ein modellhaftes Rückrechnen der Dotierwassermenge sehr problematisch ist, ist zur genauen Festlegung der Dotierwassermenge eine vorübergehende Ausleitungsstrecke einzurichten. Der Dotationsversuch ist mit verschiedenen Abgabemengen (3 l/s, 5 l/s, 10 l/s und 15 l/s) in der geplanten Ausleitungsstrecke durchzuführen. Für diesen Versuch ist ein provisorisches Wehr und eine provisorische Rohrleitung (z.B.: Feuerwehrschlauch, PVC-Rohre) in der Entnahmestrecke zu errichten, um eine Abgabe von verschiedenen Dotierwassermengen zu ermöglichen (z.B.: durch eine Schiebervorrichtung). Dieses Untersuchungsprogramm stellt einen einfachen, nachvollziehbaren, ökologisch und wirtschaftlich orientierten Lösungsweg dar und kann in einer Niederwasserperiode (Spätherbst) durchgeführt werden. Durch die einzelnen Dotationsversuche können die abiotischen und biotischen Auswirkungen innerhalb der Entnahmestrecke erhoben, bzw. simuliert werden. Für die Durchführung derartiger Untersuchungen bieten sich limnologische Untersuchungsstellen oder Ingenieurbüros an.
Folgende Messungen sind bei entsprechend eingestellten Dotierwassermengen an den ausgesuchten Bachabschnitten entlang mehrerer Transekte durchzuführen, wobei der genaue Messraster, bzw. die Anzahl der Transekte anlässlich eines Ortsaugenscheines mit einem ASV für Limnologie festgelegt wird:
-
Messung der mittleren und sohlnahen Fließgeschwindigkeit mittels eines kleinen Flügels (<3 cm) oder einer anderen adäquaten Messmethode (z.B.: induktive Messung)
-
Erhebung der benetzten Breite und der Wassertiefe
5. Bestimmung der Verweildauer der fließenden Welle mittels Integrationsverfahren (Salzungsversuch) in der unbeeinflussten Strecke, sowie unter den oben angeführten Dotierwassermengen von 3 l/s, 5 l/s und 15 l/s.
6. Überprüfung möglicher Versickerungsbereiche innerhalb der gesamten Entnahmestrecke. Diese sind in der ökomorphologischen Kartierung anzugeben und fotografisch zu dokumentieren.
7. Jeder Untersuchungsbereich ist bei den einzelnen Abflusssituationen fotografisch zu dokumentieren.
8. Erhebung eines geschriebenen Längenschnittes mit Angaben (l/s) der in die zukünftige Entnahmestrecke zufließenden Wässer.
9. Im Abschlussbericht sind folgende Bereiche zu behandeln:
9.1 Allgemeine Beschreibung der ausgewiesenen Choriotope mit einer graphischen Darstellung der Substratgroßgruppen in den einzelnen Probestellen.
9.2 Vergleich der Wassertiefen und der Fließgeschwindigkeiten entlang der Einzelprofile, sowie eine graphische Darstellung der relativen Verteilung der Fließgeschwindigkeitsklassen bei unterschiedlichen Abflussmengen.
9.3 Graphische Darstellung folgender Parameter bei unterschiedlichen Abflüssen:
-
benetzte Breite
-
mittlere Fließgeschwindigkeit
-
mittlere Breite zu Varianz der Breite
-
mittlere Maximaltiefe zu Varianz der Maximaltiefe
9.4 Graphische Darstellung der Verweildauer der fließenden Welle in der Entnahmestrecke.
Diese Auswertungen (Punkt 9.1 bis 9.4) sind analog zur Methode von MADER (1992, Festlegung einer Dotierwassermenge über Dotationsversuche)2 durchzuführen. Der Zusammenhang zwischen dem Durchfluss (bei verschieden eingestellten Durchflüssen) und verschiedenen Parametern (benetzte Breite, mittlere Strömungsgeschwindigkeit, Verweildauer und Breiten- und Tiefenvarabilität) ist meistens nicht linear. Beim Auftreten des 'Knickpunktes' ist ein QDot im steilen unteren Bereich zu vermeiden. Die einzelnen Darstellungen dienen der Festlegung eines Mindestabflusses (QDot) für den K.-Bach.
9.5 Erstellung einer Artenliste der aquatischen Fauna und Flora und der bachbegleitenden Vegetation im Untersuchungsgebiet.
9.6 Habitatsansprüche und Strömungspräferenzen der gefundenen Taxa (im K.-Bach).
9.7 Auswirkungen der vorgeschlagenen Dotierwassermenge auf die bachbegleitende Vegetation.
9.8 Vorschlag einer entsprechenden Dotierwassermenge aufgrund aller erhobenen Daten bzw. Auswertungen.
10. Dem Schlussbericht sind die Ergebnisse der ökomorphologischen Kartierung beizulegen (alle Datenblätter und eine Fotodokumentation)."
Der Beschwerdeführer hielt dagegen, der Auftrag zur Beibringung der geforderten Unterlagen sei durch § 41 Tiroler Naturschutzgesetz 1997 nicht gedeckt; er werde die geforderten Unterlagen nicht vorlegen.
Mit Schriftsatz vom 2. August 1999 beantragte der Beschwerdeführer bei der Tiroler Landesregierung den Übergang der Entscheidungszuständigkeit auf diese und führte aus, die BH habe innerhalb der ihr zukommenden Entscheidungsfrist ohne erkennbaren Grund keine Entscheidung getroffen, zumal der dem Beschwerdeführer erteilte Verbesserungsauftrag ohne gesetzliche Deckung ergangen sei.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. September 1999 abgewiesen. Hiezu wurde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - u.a. ausgeführt, § 41 Abs. 2 lit. a Tiroler Naturschutzgesetz 1997 bestimme, dass einem Antrag auf naturschutzrechtliche Bewilligung u. a. alle Unterlagen anzuschließen seien, die für die Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens nach diesem Gesetz, insbesondere hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, des Erholungswertes der Landschaft und des Naturhaushaltes erforderlich sind, wie Skizzen, Pläne, Beschreibungen und dgl. Die Frage einer möglichen Beeinträchtigung des Naturhaushaltes im Sinne dieser Bestimmung beinhalte "natürlich" auch die Frage möglicher Beeinträchtigungen der Gewässerökologie des K.-Baches durch Entnahme von Wasser für das geplante Kraftwerk. Um diese Frage durch einen Limnologen beurteilen lassen zu können, seien dem Ansuchen um naturschutzrechtliche Bewilligung demnach auch Unterlagen anzuschließen, die für eine solche Beurteilung erforderlich seien. In Anlehnung an die Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes im wasserrechtlichen Verfahren seien die für eine limnologische Begutachtung notwendigen Unterlagen in der Stellungnahme des limnologischen Amtssachverständigen genannt. Dabei handle es sich durchwegs um Aufnahmen und Darstellungen des Ist-Zustandes des K.-Baches hinsichtlich des Wasserflusses und der vorhandenen Lebensgemeinschaften. Bei der verlangten Ergänzung der Unterlagen handle es sich weder um wissenschaftliche Untersuchungen noch um limnologische Gutachten; es sollten lediglich Ist-Zustandserhebungen durchgeführt werden, um eben im Rahmen des Ansuchens nicht nur das beantragte Vorhaben zu beschreiben, sondern auch eine Beschreibung des vom beantragten Vorhabens noch nicht beeinflussten Naturhaushaltes liefern zu können. Eine solche Beschreibung des Ist-Zustandes sei eine Beschreibung im Sinne des § 41 Abs. 2 lit. a Tiroler Naturschutzgesetz 1997. Der Verbesserungsauftrag sei somit zu Recht ergangen, auch die Fristsetzung sei angemessen. Dem Beschwerdeführer sei vorzuwerfen, dass er sein Ansuchen nicht ursprünglich richtig eingebracht bzw. dem Verbesserungsauftrag bis zur Einbringung des Devolutionsantrages nicht nachgekommen sei. Es liege daher kein überwiegendes Verschulden der Behörde an der Verzögerung vor; dieser liege lediglich ein geringfügiges Verschulden zur Last, bedingt durch Verzögerungen zwischen der Erlassung des Berufungsbescheides und der Erlassung des Verbesserungsauftrages an den Beschwerdeführer.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind Behörden, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, verpflichtet, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei gemäß § 73 Abs. 2 AVG die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Gemäß § 41 Abs. 2 Tiroler Naturschutzgesetz 1997, LGBl. Nr. 33/1997 (NSchG), sind im Ansuchen um Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung die Art, die Lage und der Umfang des Vorhabens anzugeben. Dem Antrag sind der Nachweis des Eigentums am Grundstück, auf dem das Vorhaben ausgeführt werden soll, oder, wenn der Antragsteller nicht Grundeigentümer ist, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers anzuschließen, es sei denn, dass aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Vorschriften für das Vorhaben eine Enteignung oder die Einräumung von Zwangsrechten möglich ist. Dem Antrag sind ferner alle Unterlagen anzuschließen,
a) die für die Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens nach diesem Gesetz, nach Verordnungen aufgrund dieses Gesetzes und nach den in der Anlage zu § 46 Abs. 1 genannten Gesetzen, insbesondere hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, des Erholungswertes der Landschaft und des Naturhaushaltes erforderlich sind, wie Pläne, Skizzen, Beschreibungen und dgl. und
b) aus denen erkennbar ist, wie Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 vermieden oder verringert werden können, wie landschaftspflegerische Begleitpläne, Bepflanzungspläne, Naturerhaltungspläne und dgl.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist nicht strittig, dass innerhalb der Entscheidungsfrist im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG ein Bescheid über den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für die Errichtung des in Rede stehenden Kleinkraftwerkes nicht erlassen wurde. Strittig ist ausschließlich die Frage, ob die Verzögerung im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
So liegt dem angefochtenen Bescheid die Auffassung zugrunde, in der Nichtbeibringung der laut Stellungnahme des limnologischen Amtssachverständigen erforderlichen Unterlagen liege ein Verschulden des Beschwerdeführers an der Verzögerung des Verfahrens, das jenes der Erstbehörde überwiege.
Der Beschwerdeführer bestreitet demgegenüber nicht, diese Unterlagen nicht vorgelegt zu haben. Er vertritt vielmehr die Auffassung, die Vorlage dieser Unterlagen hätte ihm rechtens nicht aufgetragen werden dürfen, weil es sich dabei um einen Teil des von der Behörde einzuholenden Amtssachverständigengutachtens handle.
Die Lösung des vorliegenden Beschwerdefalles hängt somit entscheidend von der Frage ab, in welchem Umfang § 41 Abs. 2 lit. a NSchG einen Antragsteller verpflichtet, sein Ansuchen um Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung mit Unterlagen auszustatten.
Nach ihrem Wortlaut umfasst diese Verpflichtung die Vorlage "alle(r) Unterlagen ..., die für die Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens" erforderlich sind. Das bedeutet allerdings noch nicht, dass der Antragsteller solcherart verpflichtet wäre, sein Ansuchen mit Unterlagen über sämtliche für die Erledigung des Antrages maßgeblichen tatsächlichen Umstände zu belegen. Vielmehr sind vor dem Hintergrund des - auch Verwaltungsverfahren nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 1997 beherrschenden - Grundsatzes der Amtswegigkeit (vgl. dazu die Erläuterungen zum Entwurf eines Tiroler Naturschutzgesetzes 1997, S. 31 f) unter "allen Unterlagen" ausschließlich solche Unterlagen zu verstehen, die Aussagen über das zur Genehmigung beantragte Projekt zum Inhalt haben. Nur in Ansehung des vom Antragsteller geplanten Projektes und den daran bestehenden Interessen sind der amtswegigen behördlichen Erhebung nämlich Grenzen gesetzt, die eine entsprechende Mitwirkung des Antragstellers erforderlich machen.
Dieses Ergebnis, wonach die Verpflichtung des Antragstellers, sein Ansuchen gemäß § 41 Abs. 2 lit. a NSchG mit allen erforderlichen Unterlagen zu belegen, ausschließlich projektbezogene Unterlagen umfasst, wird durch den systematischen Zusammenhang, in dem sich die betreffende Regelung findet, bestätigt; geht es im Regelungszusammenhang doch darum, den Antragsteller zu einer so umfassenden Darstellung des zur Bewilligung beantragten Vorhabens zu verhalten, dass der Behörde eine taugliche Grundlage für die - unter Beiziehung von Sachverständigen - vorzunehmende Beurteilung vorliegt, ob und inwieweit dieses Vorhaben einen Eingriff in die Schutzgüter des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997 mit sich bringt.
Die belangte Behörde hat daher, indem sie annahm, im Grunde des § 41 Abs. 2 lit. a NSchG nicht nur ermächtigt zu sein, dem Beschwerdeführer die Vorlage projektbezogener Unterlagen, sondern auch die Vorlage von Unterlagen betreffend "die Beschreibung des vom beantragten Vorhaben noch nicht beeinflussten Naturhaushaltes" aufzutragen, die Rechtslage verkannt. Der auf diese verfehlte Rechtsauffassung gestützte angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Dezember 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999100229.X00Im RIS seit
21.02.2002