TE Vwgh Beschluss 1999/12/20 99/17/0325

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Veröffentlicht am 20.12.1999
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Index

L34005 Abgabenordnung Salzburg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
BAO §273;
BAO §278;
BAO §289 Abs1;
BAO §311 Abs1;
B-VG Art132;
LAO Slbg 1963 §198;
LAO Slbg 1963 §203;
LAO Slbg 1963 §208 Abs1;
LAO Slbg 1963 §227 Abs1;
VwGG §27 Abs1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):99/17/0326

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen die Salzburger Landesregierung, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheiten besondere Ortstaxe,

Spruch

1.) den Beschluss gefasst:

Das Verfahren zur Zl. 99/17/0325 wird eingestellt, und

2.) zu Recht erkannt:

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 203 Salzburger Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 58/1963, wird die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Vorschreibung von besonderer Ortstaxe in der Höhe von S 3.360,-- vom 15. Jänner 1999 als unzulässig zurückgewiesen.

3.) Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 23.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1. Mit den vorliegenden Säumnisbeschwerden macht der Beschwerdeführer die Säumnis der belangten Behörde betreffend zwei Berufungen in Angelegenheiten der Vorschreibung besonderer Ortstaxe geltend. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer Liegenschaft in der Gemeinde F in Salzburg. Der Beschwerdeführer wurde von der Gemeinde zur Vorlage einer Abgabenerklärung gemäß § 6 Abs. 4 Salzburger Ortstaxengesetz im Hinblick auf eine Wohnung auf dieser Liegenschaft aufgefordert. Auf Grund dieser Aufforderung teilte der Beschwerdeführer der Gemeinde mit, dass er seiner Ansicht nach nicht der besonderen Ortstaxe unterliege. Die Gemeinde schreibe ihm seither jedoch besondere Ortstaxe vor. Gegenstand des Verfahrens bildeten die Vorschreibung vom 21. Jänner 1998 (für das Jahr 1997) und vom 15. Jänner 1999 ("für das Jahr 1998"; der Beschwerdeführer legte beide Vorschreibungen in Kopie vor). Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Vorschreibungen Berufung.

2. Mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde bekämpft er die Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend die Entscheidung über diese Berufungen durch die belangte Behörde.

3. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1999 legte die belangte Behörde die Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters der Gemeinde F über die Berufung gegen die Vorschreibung vom 21. Jänner 1998 (für das Jahr 1997) vor.

Somit besteht hinsichtlich der Berufung gegen die Vorschreibung vom 21. Jänner 1998 (betreffend das Jahr 1997) die geltend gemachte Säumnis nicht mehr; das Verfahren zur Zl. 99/17/0325 war daher gemäß § 36 Abs. 2 VwGG in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat einzustellen.

4. Hinsichtlich der Vorschreibung der besonderen Ortstaxe "für das Jahr 1998" vertritt die belangte Behörde die Auffassung, dass es sich bei der Vorschreibung vom 15. Jänner 1999 um keinen Bescheid handle. Gemäß § 5 und § 6 Salzburger Ortstaxengesetz 1992 stelle die besondere Ortstaxe eine Selbstbemessungsabgabe dar. Gemäß § 6 Abs. 4 leg. cit. hätten die Abgabepflichtigen bei der Gemeinde für jedes Kalenderjahr bis zum 15. Februar des Folgejahres eine Abgabenerklärung einzureichen und gemäß Abs. 5 bis zu diesem Zeitpunkt die Abgabe zu entrichten. Eine bescheidmäßige Festsetzung gemäß § 148 Abs. 2 Salzburger Landesabgabenordnung könne daher erst nach diesem Zeitpunkt erfolgen. Eine solche Festsetzung sei bis zur Einbringung der Säumnisbeschwerde für das Jahr 1998 noch nicht erfolgt. Es liege somit keine Säumnis vor.

5. Die belangte Behörde ist diesbezüglich nur insofern im Recht, als es sich bei der Vorschreibung vom 15. Jänner 1999 tatsächlich nicht um einen Bescheid handelt. Wie sich aus der in Kopie vorgelegten Vorschreibung vom 15. Jänner 1999 ergibt, enthält diese vom Beschwerdeführer (hinsichtlich der Vorschreibung von besonderer Ortstaxe) als Bescheid qualifizierte Vorschreibung die Angabe von Name und Adresse des Beschwerdeführers, eine Auflistung verschiedener Abgaben (Grundsteuer B, Abfallgebühren, Wassergebühr, Kanalgebühr, besondere Ortstaxe und Schneeräumgebühr), deren ziffernmäßige Beträge und knappe Angaben hinsichtlich des Zeitraums, für welchen sie eingehoben würden (im Falle der Ortstaxe ist einerseits die Angabe "Monate: 12" enthalten, aus der in der nächsten Zeile enthaltenen Angabe "Bes. OT über 40 mü. f. 1997" kann man schließen, dass es sich um die bereits mit Vorschreibung vom 21. Jänner 1998, die einen identischen Hinweis enthält, vorgeschriebene besondere Ortstaxe für 1997 handelt; auch der Betrag ist gleich).

Auf der Rückseite der Vorschreibung findet sich folgender Text:

"Es wird gebeten, die Zahlung mit angeschlossenem Zahlschein vorzunehmen. Werden Abgaben nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet, sind sie ohne weitere Mahnung vollstreckbar und wird ein Säumniszuschlag eingehoben.

DIE VORSCHREIBUNG GILT ALS:

a)

ABGABENBESCHEID

bei Vorschreibung von Steuern und Abgaben (ausgenommen Steuern und Abgaben gem. b) und c)) sowie bei Vorschreibung von Nebengebühren (Säumniszuschlag) gemäß abgabenrechtlicher Bestimmungen. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung mit einem begründeten Antrag Berufung eingebracht werden, der jedoch keine aufschiebende Wirkung zukommt.

b)

LASTSCHRIFTANZEIGE

bei Vorschreibung von Grundsteuer A und Grundsteuer B. Die darauf begründeten Abgabenforderungen sind bis zum Fälligkeitstag zu entrichten. Ein ordentliches Rechtsmittel ist nicht zulässig.

c)

ZAHLUNGSAUFTRAG

bei Vorschreibung von Müllgebühren, Kanal- und Wasserbenützungsgebühren. Gegen diesen Zahlungsauftrag kann innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Zustellung beim Bürgermeister mit der Wirkung Einspruch erhoben werden, dass der Zahlungsauftrag außer Kraft tritt und der Bürgermeister die Gebühr mit Bescheid vorzuschreiben hat.

d)

RECHNUNG

bei privatrechtlichen Forderungen.

e)

MAHNUNG

bei Rückständen. Wegen Nichtentrichtung der fälligen Abgaben ist die Vollstreckbarkeit bereits eingetreten. Sie werden aufgefordert, zwecks Vermeidung einer Exekution den ausgewiesenen Rückstand binnen 2 Wochen einzuzahlen.

Für die Anforderung der Umsatzsteuer gelten die Bestimmungen

des Umsatzsteuergesetzes 1994.

BEGRÜNDUNG zu a) und c):

Die Vorschreibung der umseitig angeführten Abgaben und der zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüche erfolgt aufgrund der einschlägigen Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in der jeweils geltenden Fassung sowie aufgrund der von der Gemeindevertretung gemäß den Bestimmungen des Finanzverfassungsgesetzes und des jeweils geltenden Finanzausgleichsgesetzes erlassenen Verordnungen."

§ 67 Abs. 2 Salzburger Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 58/1963, in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 67/1994 lautet:

"(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht."

Gemäß § 67 Abs. 3 lit. a Sbg LAO hat der Bescheid, wenn er von Amts wegen erlassen wird, eine Begründung zu enthalten. Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob die von der Behörde erster Instanz gewählte Rechtstechnik überhaupt zur Erlassung eines Abgabenbescheides führen kann. Zu einer ähnlichen "Vorschreibung" mit "Erläuterungen", in welchen Fällen ein Bescheid vorliege, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. Dezember 1983, Zl. 83/17/0096 ua ausgeführt, dass insbesondere dann, wenn die Behörde die für Bescheide vorgesehenen Formvorschriften verletzt und der Bescheidwille nicht eindeutig erkennbar ist, im allgemeinen der Bescheidcharakter nicht anzunehmen sei. Der Verwaltungsgerichtshof ist in diesem Erkenntnis aber grundsätzlich davon ausgegangen, dass durch eine der im Beschwerdefall angewendeten vergleichbare Gestaltung von Vorschreibungen durchaus bei ausreichender Erkennbarkeit ein Bescheid (hinsichtlich einzelner der in der Vorschreibung enthaltenen Posten) vorliegen kann und nur bei mangelnder Erkennbarkeit die Zweifelsregel, dass mangels ausdrücklicher Bescheidbezeichnung kein Bescheid vorliege, zur Anwendung zu kommen habe bzw. bei Unklarheiten wie etwa einer widersprüchlichen Angabe ebenfalls kein Bescheid vorliege; problematisch erschiene in diesem Zusammenhang die im Unterschied zum damaligen Sachverhalt generelle Umschreibung mit Begriffen aus der Finanzverfassung, wohingegen im damaligen Fall jede der betroffenen Abgaben mit ihrer Bezeichnung angeführt war. Gerade wenn man aber die oben wörtlich wiedergegebenen Erläuterungen heranzieht (vgl. "e) Mahnung bei Rückständen"), ergibt sich, dass der Wille der Behörde hinsichtlich der besonderen Ortstaxe nicht auf die Erlassung eines Bescheides gerichtet war. Wie sich nämlich aus der gegenüber der Vorschreibung vom 21. Jänner 1998 unveränderten Beifügung ("f. 1997") ergibt, wurde keine neue Abgabe vorgeschrieben, sondern nur der Rückstand der bereits vorgeschriebenen Abgabe ausgewiesen und solcherart eingemahnt. Die Vorschreibung stellt daher hinsichtlich der besonderen Ortstaxe keinen Bescheid dar.

Die vom Beschwerdeführer gegen diese Vorschreibung eingebrachte Berufung wäre daher von der belangten Behörde zurückzuweisen gewesen.

6. Unzutreffend ist allerdings die Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass deshalb keine Säumnis vorliege.

Der Berufungswerber hat auch dann, wenn die Berufung als unzulässig zurückzuweisen ist, einen Anspruch auf Erledigung seiner Berufung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1977, Slg. 9458 A/1977). Daran ändert auch nichts die im Abgabenrecht (zu § 311 Abs. 1 BAO betreffend die Verpflichtung der Abgabenbehörden, über die in Abgabenvorschriften vorgesehenen Anbringen der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden) entwickelte Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 1990, Zl. 89/16/0211, oder das hg. Erkenntnis vom 15. Juli 1998, Zl. 97/13/0216), derzufolge die Geltendmachung der Entscheidungspflicht im Abgabenverfahren im Unterschied zum AVG nur für die in den Abgabenvorschriften vorgesehenen Anbringen vorgesehen sei (eine § 311 Abs. 1 vergleichbare Regelung enthält § 227 Abs. 1 Salzburger Landesabgabenordnung). Im Beschwerdefall liegt mit der Berufung des Beschwerdeführers ein "in den Abgabenvorschriften vorgesehener" Antrag vor, hinsichtlich dessen somit auch nach der in den genannten Erkenntnissen vertretenen Auffassung Entscheidungspflicht besteht.

Da der Beschwerdeführer somit auf die Erledigung seiner Berufung einen Rechtsanspruch besaß, liegt insoferne eine Säumnis der belangten Behörde vor. Diese Säumnis konnte auch nicht durch einen Devolutionsantrag begegnet werden (zum Einen ist die Landesregierung oberstes Organ der Landesverwaltung, gegen deren Säumnis mangels ausdrücklicher verfassungsrechtlicher Regelung grundsätzlich kein Devolutionsantrag an eine übergeordnete Behörde möglich ist, zum Anderen sieht § 227 Abs. 2 Sbg. LAO nur einen Devolutionsantrag an die Behörde zweiter Instanz vor).

Die zur Zl. 99/17/0326 erhobene Säumnisbeschwerde ist daher zulässig.

7. Da die belangte Behörde den versäumten Bescheid nicht nachgeholt hat, ist der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 VwGG zuständig, in der gegenständlichen Verwaltungssache zu entscheiden und somit die erforderliche Zurückweisung der Berufung mangels Vorliegen eines erstinstanzlichen Bescheides auszusprechen.

8.

Es war demgemäß spruchgemäß zu entscheiden.

9.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 55 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die angesprochene Umsatzsteuer, die in den Pauschalsätzen der genannten Verordnung bereits enthalten ist, bzw. den über den Pauschalsatz, der für den Fall der Nachholung des versäumten Bescheides vorgesehen ist, hinausgehenden Betrag für Schriftsatzaufwand.

Wien, am 20. Dezember 1999

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999170325.X00

Im RIS seit

30.01.2002

Zuletzt aktualisiert am

02.05.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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