Entscheidungsdatum
11.06.2018Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines AbgabenrechtNorm
BAO §9Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seiner Richterin Dr.in Kroker über die aufgrund des Vorlageantrages vom 29.06.2017 gegen die Beschwerdevorentscheidung des Stadtmagistrates der Stadtgemeinde Z vom 01.06.2017, Zl *****, vorgelegte Beschwerde des Herrn AA, geboren am 23.01.1978, vertreten durch Rechtsanwälte BB, Adresse 1, Y, gegen den Haftungsbescheid des Stadtmagistrates Z vom 14.02.2017 Zl *****, nach mündlicher Verhandlung am 14.05.2018 in der weiteren Verhandlung am 11.06.2018
zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Bisheriger Verfahrensgang:
Mit Bescheid des Stadtmagistrates Z vom 04.02.2016, Zl *****, wurden der CC für eine Veranstaltung am 12.12.2015 in der FFhalle (Konzert DD) Vergnügungssteuer in Höhe von Euro 3.938,86 vorgeschrieben. Diese Abgabe wurde mit Ablauf eines Monats nach Zustellung des Bescheides am 08.02.2016 fällig.
Mit weiterem Bescheid des Stadtmagistrates Z vom 18.02.2018, Zl *****, wurden der CC Vergnügungssteuer in Höhe von Euro 7.931,05 für eine Veranstaltung in der FFhalle am 30.01.2016 (EE Konzert) vorgeschrieben. Der Abgabenbescheid wurde am 22.02.2016 zugestellt und die Abgabe wurde sohin mit Ablauf eines Monats nach der Zustellung fällig.
Mit Bescheid des Stadtmagistrates Z vom 26.03.2016, Zl *****, wurden zudem ein Säumniszuschlag in Höhe von Euro 78,78 und mit Bescheid des Stadtmagistrates vom 09.04.2016 wurde ein weiterer Säumniszuschlag in Höhe von Euro 158,62 der CC vorgeschrieben.
Da nach Fälligwerden der Abgaben diese nicht rechtzeitig abgeführt wurden, hat die belangte Behörde Exekution gegen die CC geführt, die allerdings erfolglos verliefen (vgl die Berichte des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 07.12.2016 und 23.01.2017, Zl 15 E 5567/16x-3). Über die CC wurde am 25.01.2017 der Konkurs eröffnet.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Stadtmagistrates Z vom 14.02.2017, Zl *****, wurde gegenüber dem Beschwerdeführer als Geschäftsführer der CC ein Haftungsbescheid gemäß § 9 iVm §§ 80 und 224 Bundesabgabenordnung für diese Abgabenansprüche, nämlich Vergnügungssteuer zu Bescheidzahl ***** in Höhe von Euro 3.938,86, Vergnügungssteuer zu Bescheidzahl 52065 in Höhe von Euro 7.931,05 sowie Abgaben-Nebenansprüche (Bescheidzahlen ***** und *****) in Höhe von Euro 78,78 und Euro 158,62, sohin gesamt Euro 12.107,31 erlassen. Die ursprünglich gegenüber der CC ergangenen Bescheide wurden dem Haftungspflichtigen als Duplikate zusammen mit dem Haftungsbescheid (per Hinterlegung am 20.02.2017) zugestellt.
Begründend hat die belangte Behörde ausgeführt, dass es die CC bzw der Beschwerdeführer als Geschäftsführer unterlassen haben, die rechtskräftig vorgeschriebenen Abgaben laut Aufstellung sowie die darauf entfallenden Abgabennebenansprüche entsprechend den gesetzlichen Fälligkeiten zu entrichten. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne allein aus der Tatsache der Nichterfüllung der dem Beschwerdeführer auferlegten Pflichten (termingerechte Entrichtung der Abgaben) in § 9 BAO normierte, schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden. Außerdem sei durch dieses Verhalten die Einbringlichkeit der Abgabe wesentlich erschwert bzw unmöglich gemacht worden, da über die CC am 25.01.2017, Aktenzeichen 3 S 10/17s beim Handelsgericht Wien der Konkurs eröffnet worden sei. Es könnten daher die Abgabenforderungen bei der Gemeinschuldnerin nicht mehr eingebracht werden.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde eingebracht und begründend vorgebracht, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der CC um eine Stundung angesucht habe, weil Veranstaltungen defizitär gewesen seien. Mittlerweile habe sich die Geschäftsführung verändert. Da die Stundung zugesagt gewesen sei, treffe eine Verletzung der Zahlungspflicht nicht den Beschwerdeführer. Daraus ergebe sich, dass die Haftung des Beschwerdeführers nicht gegeben sei und eine schuldhafte Verletzung des vormaligen Geschäftsführers der CC nicht vorliege. Es wurde daher beantragt, mit Stattgebung der vorliegenden Beschwerde den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Stadtmagistrates Z vom 01.06.2017, Zl *****, wurde diese Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, dass laut Auszug aus dem Firmenbuch der Beschwerdeführer während des hier interessierenden Haftungszeitraumes (14.02.2004 bis 30.09.2016) als alleiniger Geschäftsführer durch die CC bestellt gewesen sei und als solcher zu dem in den §§ 9 und 80 BAO beschriebenen Personenkreis gehöre. Zu den abgaberechtlichen Pflichten des Vertreters gehöre es insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet würden. Nach ständiger Rechtsprechung habe der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werde, dass die Pflichtverletzung schuldhaft gewesen sei. Die Begründung des Haftungspflichtigen, dass er mit 01.04.2016 ein Ansuchen um „Stundung des Außenstandes“ bis 30.09.2016 an das Referat Einziehung zugesandt habe und aufgrund eines Geschäftsführerwechsels am 30.09.2016 nicht mehr als Zahlungspflichtiger gelte, gehe insofern ins Leere, als das Ansuchen um Stundung des aushaftenden Betrages an die Vollstreckungsbehörde (Referat Einziehung) ergangen sei und nicht an die Titelbehörde (Abgabenbehörde). Die Fälligkeiten für die ausständigen Abgaben seien vor diesem Zeitpunkt gelegen und hätten schon in seinem Vertretungszeitraum zur Einzahlung gelangen müssen. Vom Beschwerdeführer seien auch keine begründeten Nachweise bezüglich der Nichterfüllung der Steuerentrichtung beigebracht worden. Dieser habe somit schuldhaft gehandelt und sei daher zur Haftung heranzuziehen.
Nachdem diese Beschwerdevorentscheidung dem Beschwerdeführer am 06.06.2017 zugestellt wurde, stellte dieser am 29.06.2016 (Postaufgabe 30.06.2017) fristgerecht binnen Monatsfrist einen Vorlageantrag und stellte weiters einen Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.
Am 14.05.2018 fand vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol eine mündliche Verhandlung in dieser Angelegenheit statt. Am 09.05.2018 ging beim Landesverwaltungsgericht Tirol eine Vertagungsbitte ein, weil der Beschwerdeführer einen wichtigen Geschäftstermin in Las Vegas wahrnehmen müsse. Als Beweis wurde lediglich ein Angebotsschreiben für Nächtigungen in einem Hotel in Las Vegas vorgelegt. In Rücksprache mit dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wurde vereinbart, dass die Verhandlung – soweit nicht bereits vor Verhandlungsbeginn entsprechende Nachweise für den Auslandsaufenthalt vorgelegt werden - am 14.05.2018 vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol stattfindet, dass aber – sollte ein tatsächlicher Beweis für den Auslandsaufenthalt (zB Flugtickets, Bordkarte etc) vorgelegt werden, eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung zur Einvernahme des Beschwerdeführers stattfindet. Am 15.05.2018 wurde sodann mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer an einer Bindehautentzündung erkrankt sei, daher weder nach Las Vegas fliegen noch an der mündlichen Verhandlung teilnehmen konnte. Eine ärztliche Bestätigung wurde vorgelegt. Daher fand am 11.06.2018 vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol eine weitere mündliche Verhandlung statt. Die dort anwesende Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers teilte mit, dass der ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführer über den Verhandlungstermin informiert wurde, aber nicht erschienen und auch telefonisch nicht erreichbar ist. Die Rechtsvertreterin konnte einen wichtigen Grund für sein Fernbleiben nicht nennen. Da der Beschwerdeführer sohin unentschuldigt nicht erschienen ist, obwohl in der Ladung ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass es notwendig ist, dass er persönlich zur Verhandlung erscheint, wurde der Antrag der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers auf Abhaltung einer weiteren Verhandlung zur Einvernahme des Beschwerdeführers, abgewiesen.
II. Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer war von 14.02.2004 bis zum 30.09.2016 der alleinige handelsrechtliche Geschäftsführer der CC und vertrat das Unternehmen in diesem Zeitraum selbstständig nach außen (vgl Firmenbuchauszug FN ***** s). Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 25.01.2017 wurde über die CC das Insolvenzverfahren eröffnet und festgestellt, dass der Konkurs als geringfügig anzusehen ist.
Im Wirtschaftsjahr 2014 scheint in der Bilanz ein Verlust von 1.060.606,17 auf, darin enthalten ein Verlustvortrag aus dem Vorjahr in Höhe von 973.176,84. Im Jahresabschluss für 2015 ist ein Bilanzverlust von 1.186.429,97 und negatives Eigenkapital in Höhe von 1.146.429,97 ausgewiesen. Im Zeitraum 02/2016 bis 08/2016 hat die CC an ihren Geschäftsführer AA Euro 32.040,00 und im Zeitraum von 03/2016 bis einschließlich 10/2016 an die GKK Zahlungen in Höhe von Euro 31.000,00 geleistet. Das Magistrat X erhielt im Rahmen einer Ratenzahlungsvereinbarung von 04/2016 bis 10/2016 Euro 10.000,00 und das Finanzamt im Zeitraum 06/2016 bis 09/2016 Euro 16.865,25. Hinsichtlich dieser geleisteten Zahlungen hat die Masseverwalterin rechtliche Schritte, nämlich eine Anfechtung nach § 31 Insolvenzordnung (Anfechtung wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit), eingeleitet. Das Unternehmen wurde faktisch Ende Dezember 2016 stillgelegt. Der Masseverwalterin waren am 16.03.2017 Verbindlichkeiten in Höhe von ca Euro 320.000,00 bekannt (vgl den 1. und 2. Bericht der Masseverwalterin im Verfahren 3 S 10/17s).
Die CC hat am 12.12.2015 als Veranstalter ein Konzert in der FFhalle in Z veranstaltet (DD) und der Behörde gegenüber bekannt gegeben, dass 2987 Kaufkarten abgesetzt wurden mit einem Verkaufserlös (brutto) in Höhe von Euro 112.257,54.
Die CC hat weiters in der FFhalle in Z ein Konzert von EE am 30.01.2016 veranstaltet, wobei 4847 Kaufkarten abgesetzt werden konnten und dabei ein Verkaufserlös (brutto) von Euro 226.827,92 erzielt wurde.
Am 01.04.2016 übermittelte der Beschwerdeführer an die E-Mail-Adresse „post.abgabeneinziehung“ (Cc: GG) ein E-Mail mit folgendem Inhalt: „Sehr geehrte Damen und Herren, weil wir noch auf Einkünfte aus Sponsorendeals warten, und es doch ein erhebliches Minus war, würden wir um Stundung des Außenstands bis 30.09.2016 bitten, da wir Ende des Sommers die meisten Einnahmen des Jahres lukrieren.“
Mit E-Mail vom 04.04.2016 von J.J@magibk.at gesendet an A.A@.at, wurde dem Beschwerdeführer Folgendes mitgeteilt: „Bezugnehmend auf Ihr E-Mail vom 01.April 2016 wird mitgeteilt, dass wir mit dem Ersuchen um Zahlungsaufschub bis 30.09.2016 einverstanden sind. Als Zahlungseingang wird Anfang Oktober 2016 vorgemerkt. Ich hoffe Ihnen damit gedient zu haben. Mit freundlichen Grüßen
JJ“
Darunter befindet sich die Signatur Z, Landeshauptstadt Z, Referat Einziehung, JJ, Adresse 2, 6020 Z.
III. Beweiswürdigung:
Die Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers bei der CC ergibt sich aus dem Firmenbuchauszug FN ***** s.
Die Angaben betreffend das Insolvenzverfahren ergeben sich aus dem vorgelegten Akt des Handelsgerichtes Wien zu Zl 3 S 10/17s. Aus den Berichten der Insolvenzverwalterin ergeben sich die Zahlungsschwierigkeiten der CC bereits seit Februar 2016 bzw die getätigten Zahlungen an die angeführten Schuldner.
Mit Schreiben vom 26.04.2018 und vom 25.05.2018 wurde seitens des Handelsgerichtes Wien, Abteilung 3, mitgeteilt, dass es in der gegenständlichen Angelegenheit noch keine Masseverteilung gegeben hat.
Der angeführte E-Mail-Verkehr ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Abgabenakt.
Aus diesem ist ebenso ersichtlich, welche Kartenerlöse mit den gegenständlichen Veranstaltungen am 12.12.2015 und am 30.01.2016 erzielt werden konnten.
IV. Rechtslage:
Gemäß § 9 Abs 1 BAO, BGBl Nr 194/1961, haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs 1 BAO, BGBl Nr 194/1961 idF BGBl I Nr 180/2004, haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 224 Abs 1 werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.
V. Erwägungen:
Persönliche Haftungen, wie jene des Geschäftsführers einer GmbH gemäß § 9 Abs 1 BAO, können bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 224 BAO durch Haftungsbescheid geltend gemacht werden. Erst durch Erlassung des Haftungsbescheides wird der persönlich Haftende zum Gesamtschuldner (vgl 14.09.2017, Ra 2017/15/0055).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl VwGH 18.03.2013, 2011/16/0187 ua).
Die nach Abschluss bzw während eines Insolvenzverfahrens bzw Sanierungsverfahrens bescheidmäßig geltend gemachten Haftungsansprüche gegen verantwortliche Vertreter sind keine Insolvenzforderungen, weil die Haftungsforderung materiell rechtlich keine Insolvenzforderung darstellt, die Haftungsforderung formalrechtlich nach der Eröffnung oder sogar nach Abschluss des Insolvenzverfahrens realisiert wurde bzw Schuldenbefreiung nur hinsichtlich der Insolvenzforderung erfolgt.
Der Beschwerdeführer war als alleiniger Geschäftsführer in der Zeit vom 14.02.2004 bis 30.09.2016 der Primärschuldnerin CC verpflichtet, für eine ordnungsgemäße Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen und ist diese Verpflichtung erst am 30.09.2016 erloschen, als der Beschwerdeführer in seiner Funktion als Geschäftsführer abberufen wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer für die Abgabenentrichtung verantwortlich.
In der Beschwerde wird nun vorgebracht, dass eine Stundung der gegenständlichen Abgabeschuldigkeiten zugesagt gewesen sei und daher den Beschwerdeführer keine Verletzung der Zahlungspflicht treffe.
Dem ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Haftungsverfahren für Abgaben in Anspruch genommen wird, deren Fälligkeit während seiner Geschäftsführertätigkeit eingetreten ist. Im vorliegenden Fall hat die Gemeinde bei Vorschreibung der Vergnügungssteuer ausdrücklich festgelegt, dass diese binnen einem Monat ab Zustellung fällig ist. Dieser Bescheid wurde am 08.02.2016 durch Hinterlegung zugestellt (vgl den entsprechenden Zustellnachweis im Abgabenakt) und war daher die Vergnügungssteuer für die Veranstaltung am 12.12.2015 mit Ablauf des 08.03.2016 fällig.
Ebenso wurde die Fälligkeit binnen einem Monat ab Zustellung hinsichtlich des Bescheides betreffend die Vorschreibung der Vergnügungssteuer für die Veranstaltung am 30.01.2016 festgelegt. Hier wurde der Bescheid nachweislich am 22.02.2016 durch Hinterlegung zugestellt und wurde die Abgabe daher mit Ablauf des 22.03.2016 fällig. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer jedenfalls noch als Geschäftsführer der CC bestellt.
Soweit der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 01.04.2016 um eine Stundung dieser Abgaben angesucht hat, ist zu berücksichtigen, dass durch die Bewilligung von Zahlungserleichterungen, wie etwa der Stundung, der Fälligkeitstag unberührt bleibt (vgl VwGH 21.03.1995, 95/14/0034; VwGH 05.04.2011, 2009/16/0106). Die Bewilligung einer Stundung hat gemäß § 230 Abs 5 BAO „lediglich“ die Wirkung, dass Einbringungsmaßnahmen während der Dauer des Zahlungsaufschubes weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen (vgl Althuber/Tanzer/Unger, BAO Handbuch, zu § 212 BAO, erste Auflage Dezember 2015). Die Fälligkeit der Abgabenschuld bleibt dadurch aber ebenso unberührt wie die bereits erfolgte Verletzung der Pflicht zur Abgabenentrichtung, die zu den früheren Fälligkeitszeitpunkten bestanden hat (vgl VwGH 29.01.2015, 2011/16/0136 ua).
Hinzu kommt, dass eine Stundung der Abgabenschulden zu keinem Zeitpunkt bescheidmäßig erfolgt ist. Dies aus folgendem Grund:
Die Einbringung- und Entscheidungszuständigkeit in Angelegenheiten der Zahlungserleichterungen liegt bei jener Abgabenbehörde, in deren Zuständigkeit die Einhebung der zugrundeliegenden Abgabe fällt (vgl Stoll, BAO-Kommentar, Seite 2240f). Die zuständige Abgabenbehörde hat sodann bescheidmäßig auszusprechen, ob und in welchem Maße Zahlungserleichterungen gewährt werden.
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer als Vertreter der CC den Antrag auf Stundung nicht - wie in der Bekanntmachung des Stadtmagistrates Z gemäß §§ 13 und 42 Abs 1a AVG und § 86b BAO verbindlich vorgesehen - bei der E-Mail-Adresse „post@Z.gv.at“ rechtswirksam eingebracht, sondern hat das Ansuchen lediglich an das Referat „Einziehung“ bzw deren Sachbearbeiter KK übermittelt. In weiterer Folge wurde sodann kein Bescheid der zuständigen Abgabenbehörde erlassen, sondern hat lediglich ein Mitarbeiter des Referates Einziehung per E-Mail vom 04.04.2016 mitgeteilt, dass man mit dem Ersuchen um Zahlungsaufschub bis 30.09.2016 einverstanden sei. Bei diesem E-Mail handelt es sich um keinen Bescheid. Das E-Mail ist weder als Bescheid bezeichnet, noch in Spruch und Begründung gegliedert, zudem fehlt jeglicher Hinweis auf die eigentlich zuständige Behörde „Stadtmagistrat Z“. Auch aus den Formulierungen (arg: „…es wird mitgeteilt, dass wir mit dem Ersuchen auf Zahlungsaufschub … einverstanden sind“; „Ich hoffe Ihnen damit gedient zu haben. Mit freundlichen Grüßen“) geht klar hervor, dass diesem Schreiben kein normativer Charakter zukommt.
Es erübrigt sich in diesem Zusammenhang auch darauf einzugehen, ob dieser Antrag auf Zahlungsaufschub gemäß § 50 BAO an die zuständige Abgabenbehörde weiterzuleiten gewesen wäre, denn trotz dieser Weiterleitungspflicht hat derjenige, der sich mit seinem Anbringen an die unzuständige Stelle wendet, die damit verbundene Nachteile unter allen Umständen zu tragen (vgl VwGH 05.11.1981, 16/2814/80, 16/2909/80 uva). Dies gilt auch dann, wenn die Weiterleitung nicht ohne unnötigen Aufschub erfolgt (vgl VwGH 23.10.1986, 86/02/0135), somit selbst bei erwiesenem Verschulden der Behörde an der nicht fristgerechten Weiterleitung (VwGH 19.12.1995, 95/20/0700, 0702; VwGH 22.04.2015, Ra 2014/16/0037 ua).
Der Beschwerdeführer hat als Vertreter der CC das Ansuchen auf Stundung nicht rechtswirksam eingebracht. Eine bescheidmäßige Stundung der Abgabenverbindlichkeiten ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt und die Abgabe wäre daher ab Fälligkeitstermin auch schon vor dem Geschäftsführerwechsel am 30.09.2016 abzuführen gewesen.
Anzumerken ist, dass selbst bei einer bescheidmäßigen Stundung der Abgabenschuld bei vorliegendem Sachverhalt eine schuldhafte Pflichtverletzung iSd § 9 Abs 1 BAO durch den Beschwerdeführer gegeben wäre:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zB VwGH 24.10.1990, 90/13/0087) ist eine schuldhafte Pflichtverletzung iSd § 9 Abs 1 BAO allenfalls ausgeschlossen, wenn für eine später uneinbringlich gewordene Abgabe tatsächlich zu Recht eine Zahlungserleichterung in Anspruch genommen wurde. Keinesfalls entschuldigt es den Geschäftsführer jedoch, wenn er eine Zahlungserleichterung mit der Behauptung erwirkt, die Einbringlichkeit der Abgabe werde durch den Aufschub nicht gefährdet, obwohl diese Behauptung nicht zutrifft. Hat er doch dann eine Zahlungserleichterung trotz Nichtvorliegen eines Tatbestandselements herbeigeführt, dass das Gesetz - § 212 Abs 1 BAO – aus gutem Grund normiert: Das bereits bestehende Risiko für die Einbringlichkeit der Abgabe soll durch den Zahlungsaufschub nicht noch erhöht werden. Für eine gefährdete Abgabe kommt daher eine Zahlungserleichterung nicht in Betracht, sie ist sofort zu entrichten bzw ist dem Abgabengläubiger – durch Verweigerung der Zahlungserleichterung – die Möglichkeit zu sofortigen Einbringungsmaßnahmen zu wahren. Bleiben Abgaben unbezahlt, weil ihre Bezahlung trotz gefährdeter Einbringlichkeit im Wege einer Zahlungserleichterung hinausgeschoben werden konnte, dann hat der Geschäftsführer, der eine solche Gefährdung in Abrede stellte, ein Verschulden am Abgabenausfall zu verantworten.
Im vorliegenden Fall befand sich die CC bei Einbringung des Zahlungserleichterungsansuchens bereits in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten. Dies geht bereits aus den angeführten E-Mails des Beschwerdeführers hervor. Der Beschwerdeführer hat selbst darauf hingewiesen, dass er – im Zeitpunkt der Antragstellung auf Zahlungsaufschub - keine geeigneten Einnahmen hatte, um die Verbindlichkeiten zu decken. Der Hinweis auf „die meisten Einnahmen Ende des Sommer“ ist vage und keinesfalls ausreichend, um zu belegen, dass diese Einnahmen die Überschuldung bzw Zahlungsunfähigkeit beseitigt hätten. Im Jahresabschluss für 2015 ist bereits ein Bilanzverlust von 1.186.429,97 und negatives Eigenkapital in Höhe von 1.146.429,97 ausgewiesen. Im Beschwerdeverfahren wurde in keinster Weise begründet dargetan, dass diese buchmäßige Überschuldung nicht auch schon zum damaligen Zeitpunkt einer insolvenzrechtlich Überschuldung entsprochen hat. Von letzterer ist im Übrigen auch die Masseverwalterin ausgegangen, da sie die in diesem Zeitraum getätigten Zahlungen an einzelne Gläubiger gemäß § 31 IO (Anfechtung wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit) angefochten hat.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände wäre die Inanspruchnahme von Zahlungserleichterungen zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Einbringlichkeit bereits gefährdet gewesen ist. Eine solche ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Zahlungserleichterung hätte schuldhaft zum Abgabenausfall beigetragen. Das Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit der angeblichen Stundung der Abgabenforderungen geht daher jedenfalls ins Leere.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haftet der Vertreter für nicht entrichtete Abgaben des Vertretenen auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschuld im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat, als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (vgl VwGH 24.01.2013, 2012/16/0100).
Im gegenständlichen Fall wurde in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgebracht, dass den Beschwerdeführer kein Verschulden an der Nichtbezahlung der Abgabenschuld treffe, weil keine liquiden Mittel mehr vorhanden gewesen seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass laut Bericht der Insolvenzverwalterin der Beschwerdeführer für seine Geschäftsführertätigkeit selbst im Zeitraum Feber 2016 bis Ende August 2016 Zahlungen der CC in Höhe von Euro 32.040,00 erhalten hat und weiters Zahlungen an die Gebietskrankenkasse von rund Euro 31.000,00 und an das Magistrat X in Höhe von Euro 10.000,00 sowie an das Finanzamt in Höhe von Euro 16.865,25 erfolgt sind. Damit steht unzweifelhaft fest, dass der Gleichbehandlungspflicht jedenfalls nicht entsprochen wurde.
Damit hat der Beschwerdeführer als Vertreter aber schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen. Es kann daher keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, wenn die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die uneinbringliche Abgabe zur Gänze im Rahmen der Ermessensentscheidung vorgeschrieben hat. Dem stehen im Hinblick auf die oben angeführten rechtlichen Erwägungen weder die in § 20 BAO erwähnten Ermessenskriterien der Billigkeit noch der Zweckmäßigkeit entgegen.
Die Frage, ob und in welcher Höhe ein Abgabenanspruch objektiv gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren nur dann zu beantworten, wenn kein Bindungswirkung auslösender Abgabenbescheid vorangegangen ist (vgl VwGH 27.01.2010, 2009/16/0309, 27.02.2008, 2005/13/0094, 28.02.2014, 2012/16/0050). Im vorliegenden Fall sind entsprechende Abgabenbescheide betreffend die Vorschreibung der Vergnügungssteuer und der Abgaben-Nebenansprüche (wie oben angeführt) an die CC ergangen und wurden diese dem Beschwerdeführer auch anlässlich der Zustellung des verfahrensgegenständlichen Haftungsbescheides als Duplikate zugestellt. Dass die mit Haftungsbescheid geltend gemachten Abgaben bzw Abgabennebenansprüche dem Grunde und der Höhe nach unrichtig seien, hat der Beschwerdeführer in keinem Verfahren behauptet und werden diese daher der Berechnung der Haftung zugrunde gelegt.
Es war daher die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die in der gegenständlichen Beschwerdesache zu lösenden Rechtsfragen konnten anhand der in der vorliegenden Beschwerdeentscheidung zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einwandfrei einer Beantwortung zugeführt werden. Eine außerhalb dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegende Rechtsfrage ist für das erkennende Gericht im Gegenstandsfall nicht hervorgekommen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Beschwerdeführern und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt beim Verfassungsgerichtshof eingebracht werden.
Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche/außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder Wirtschaftstreuhänderin oder durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder Wirtschaftstreuhänder beim Landesverwaltungsgericht Tirol eingebracht werden.
Die für eine Beschwerde oder Revision zu entrichtenden Eingabegebühren ergeben sich aus § 17a Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und § 24a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr.in Kroker
(Richterin)
Schlagworte
Haftung; Stundung; Geschäftsführer;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.12.1649.12Zuletzt aktualisiert am
29.08.2018