Index
E3R E03304000;Norm
31992R3887 gemeinschaftliche Beihilferegelungen DV Art9 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 12. Juni 1998, Zl. 17.314/305-IA7/98, betreffend Kulturpflanzenausgleichszahlung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte mit der Eingabe vom 28. April 1997 für Kulturpflanzenflächen im Ausmaß von insgesamt 28,79 ha (davon 14,83 ha Ölsaaten und 13,96 ha Getreide) sowie für Stilllegungsflächen von 1,63 ha die Preisausgleichszahlung für Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen.
Dem Antrag wurde mit Bescheid vom 25. September 1997 stattgegeben und dem Beschwerdeführer wurde aus den Mitteln der Europäischen Union eine Vorschusszahlung für Ölsaaten in der Höhe von S 51.198,79 gewährt.
Anlässlich einer Prüfung stellte das Kontrollorgan in einem vom Beschwerdeführer unterfertigten Prüfbericht am 17. September 1997 fest, es seien 2,49 ha "nicht nach guter ortsüblicher landwirtschaftlicher Praxis bestellt und bis zum maßgeblichen Zeitpunkt gepflegt" worden.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 1997 hob der Vorstand für den Geschäftsbereich II der AMA seinen Bescheid vom 25. September 1997 auf, wies den Antrag des Beschwerdeführers vom 29. April 1997 ab und forderte den überwiesenen Betrag von S 51.198,79 zurück. Dies mit der Begründung, anlässlich einer Vorort-Kontrolle seien Flächenabweichungen festgestellt worden und bei einer über 20 %igen Abweichung erfolge keine an die Fläche gebundene Ausgleichszahlung.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe seine Sojabohnen ordnungsgemäß angebaut und auch den Pflanzenschutz durchgeführt. Wegen der feuchten Witterung und vielleicht auch wegen des Saatgutes habe es Fehlstellen und Verunkrautungen gegeben. Die Abweichung von der beantragten Fläche betrage 2,49 ha, das seien 16,79 %.
Mit Schreiben vom 25. Mai 1998 gab die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit, zum festgestellten Sachverhalt Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer teilte mit, es sei trotz größtem Bemühen witterungsbedingt keine optimale Kulturführung möglich gewesen, auf einem Grundstück sei auf Grund der Waldrandnähe eine Beschattung vorhanden gewesen und außerdem sei Wildschaden aufgetreten. Überdies habe er einen ausreichenden Durchschnittsertrag gehabt, aus der die ordentliche Kulturführung ersichtlich sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, anlässlich der auf dem Betrieb vorgenommenen Vorort-Kontrolle am 17. September 1997 sei beanstandet worden, dass die Feldstücke 1, 3, 35, 39 und 42 nicht nach guter ortsüblicher landwirtschaftlicher Praxis bestellt und nicht bis zum maßgeblichen Zeitpunkt gepflegt worden seien. Durch die Ausführungen in der Berufung, wonach es auf diesen Flächen Fehlstellen und Verunkrautungen gegeben habe, seien die Angaben im Kontrollbericht bestätigt worden. Bezüglich der Feldstücke 1, 35 und 39 habe der Beschwerdeführer angegeben, dass bedingt durch eine Beschattung auf Grund der Waldrandnähe sowie auf Grund entstandener Wildschäden eine Ernte dort nicht möglich gewesen sei. Diese Feldstücke hätten daher nicht berücksichtigt werden können. Hinsichtlich der Feldstücke 3 und 42 habe den Argumenten des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden können, da auf Grund der Angabe des gesamtbetrieblichen Durchschnittsertrages nicht auch auf die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der beanstandeten Fehlstücke geschlossen werden könne. Aus den von den Abnehmern der Sojabohnen ausgestellten Übernahmsscheinen könnten keine Rückschlüsse gemacht werden, dass der angegebene Durchschnittsertrag bzw. Minderertrag auf den angegebenen Feldstücken erreicht worden sei. Da der Beschwerdeführer die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der beanstandeten Feldstücke 3 und 42 nicht habe nachweisen können, sei die Berufung abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Preisausgleichszahlung für Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 658/96 der Kommission vom 9. April 1996 über die Voraussetzungen für die Ausgleichszahlungen im Rahmen Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen, Amtsblatt Nr. L 091 vom 12. April 1996, werden die Ausgleichszahlungen gemäß den Art. 4, 5, 6, 6a und 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 nur für Flächen gewährt, auf denen die Kulturpflanzen nach anerkannten ortsüblichen Normen unter normalen Wachstumsbedingungen zumindest bis zum Beginn des Blühzeitpunkts in dieser Region gepflegt werden. Bei Ölsaaten, Eiweißpflanzen, Öllein und Hartweizen müssen die Pflanzen nach ortsüblichen Normen wenigstens bis zum 30. Juni vor dem betreffenden Wirtschaftsjahr gepflegt werden, es sei denn, sie werden vor diesem Datum im Vollreifezustand geerntet. Bei Eiweißpflanzen dürfen die Flächen erst nach dem Zeitpunkt der Milchreife geerntet werden.
In der Präambel dieser Verordnung ist festgehalten, es sei zu vermeiden, dass Flächen lediglich zwecks Inanspruchnahme der Ausgleichszahlung eingesät würden. Insbesondere für Ölsaaten, Eiweißpflanzen, Leinsamen und Hartweizen sollten bestimmte Bedingungen für Aussaat und Pflege der Kulturen festgelegt werden. Um die Vielfalt der Anbautechniken in der Gemeinschaft Rechnung zu tragen, sollten die ortsüblichen Normen eingehalten werden.
Nach dem Art. 3 Abs. 1 lit. c der genannten Verordnung müssen bei Ölsaaten die Pflanzen nach ortsüblichen Normen wenigstens bis zum 30. Juni vor dem betreffenden Wirtschaftsjahr gepflegt werden, es sei denn, sie werden vor diesem Datum im Vollreifezustand geerntet. Die Verordnung legt damit einen Stichtag fest, bis zu dem eine der Verordnung entsprechende Pflege der Ölsaaten zu erfolgen hat. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Pflanzen vor diesem Datum im Vollreifezustand geerntet werden. Die Verordnung normiert jedoch nicht, dass die Pflanzen jedenfalls bis zur Ernte, falls dieser Zeitpunkt nach dem 30. Juni liegt, auch nach dem 30. Juni nach den Regelungen der Verordnung gepflegt werden müssen, um die Ausgleichszahlung zu erhalten. Hätte der Verordnungsgeber eine verpflichtende Pflege bis zur Ernte anordnen wollen, ergibt die Normierung eines feststehenden Datums für die Pflege der Pflanzen und eine Ausnahmeregelung für Ernten vor dem 30. Juni keinen Sinn, wenn eine Pflege ohnehin auch nach dem 30. Juni bis zur Ernte Voraussetzung für die Gewährung der Ausgleichszahlung wäre. Vielmehr wäre bei einer verpflichtenden Pflege bis zur Ernte im Vollreifezustand dies auch - ohne nähere Zeitangabe oder auch für die Zeit nach dem 30. Juni - ausdrücklich angeordnet worden. Die Pflege der Kulturpflanzen nach den anerkannten ortsüblichen Normen unter normalen Wachstumsbedingungen hat somit bei den Ölsaaten bis zum 30. Juni - ausgenommen vorhergegangene Ernte - vorgenommen zu werden. Diese Rechtsauslegung deckt sich auch mit den Ausführungen in der Präambel der Verordnung hinsichtlich des Zieles der Vermeidung der Einsäung von Flächen nur zum Zweck der Inanspruchnahme der Ausgleichszahlung. Von einer solchen missbräuchlichen Inanspruchnahme kann bei einer Pflege bis zum 30. Juni jedoch nicht mehr ausgegangen werden.
Die Kontrolle der beantragten Flächen erfolgte am 17. September 1997. Anlässlich der Kontrolle wurde festgestellt, die Flächen seien "nicht nach guter, ortsüblicher landwirtschaftlicher Praxis bestellt und bis zum maßgeblichen Zeitpunkt gepflegt" worden. Weder anlässlich der Kontrolle noch in den nachfolgenden Bescheiden der AMA und der belangten Behörde wurden aber konkrete Feststellungen getroffen, auf welchen Zeitraum oder Zeitpunkt sich die Feststellungen des Kontrollorgans bezogen haben; auf den Zeitpunkt der vorgenommenen Kontrolle am 17. September 1997 oder aber auf den 30. Juni 1997. Diese Feststellungen in der Begründung wären aber entscheidungsrelevant gewesen, weil nur im Fall der Nichtbestellung der Flächen nach guter, ortsüblicher landwirtschaftlicher Praxis bis zum 30. Juni 1997 die Ausgleichszahlung mit Recht versagt werden konnte.
Die von der belangten Behörde in der Gegenschrift geäußerte Rechtsansicht über den maßgebenden Zeitpunkt - es müsse die über den 30. Juni stehen gebliebene Kultur bis zur Ernte nach den ortsüblichen Normen gepflegt werden - deckt sich nicht mit der Rechtslage. Im Übrigen ist es unzulässig, eine dem Bescheid fehlende Begründung in der Gegenschrift nachzuholen.
Die Beschwerde rügt weiters zu Recht, es seien entgegen den Bestimmungen des Art. 12 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen im verwaltungsbehördlichen Verfahren Feststellungen über das "verwendete Messverfahren" unterblieben. Die belangte Behörde legt nicht offen, welche Messverfahren tatsächlich angewendet wurden.
Soweit der Beschwerdeführer - ausgehend von den von der belangten Behörde beanstandeten Flächen - meint, der Prozentsatz wäre von der im Antrag angegebenen Fläche zu berechnen, verkennt er allerdings die Rechtslage.
Art. 9 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1648/95 der Kommission vom 6. Juli 1995 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen lautet auszugsweise wie folgt:
"Art. 9
(1) Wird festgestellt, dass die tatsächlich ermittelte Fläche über der im Beihilfeantrag 'Flächen' angegebenen Fläche liegt, so wird bei der Berechnung des Beihilfebetrags die angegebene Fläche berücksichtigt.
(2) Wird festgestellt, dass die in einem Beihilfeantrag 'Flächen' angegebene Fläche über der ermittelten Fläche liegt, so wird der Beihilfeantrag auf der Grundlage der bei der Kontrolle tatsächlich ermittelten Fläche berechnet. Außer in Fällen höherer Gewalt wird die tatsächlich ermittelte Fläche jedoch wie folgt gekürzt: um das Doppelte der festgestellten Differenz, wenn diese über 3 % oder über 2 ha liegt und bis zu 20 % der ermittelten Fläche beträgt. Liegt die festgestellte Differenz über 20 % der ermittelten Fläche, so wird keinerlei Beihilfe für Flächen gewährt."
Nach dieser Regelung ist zunächst die Differenz zwischen der beantragten und der ermittelten Fläche zu bilden. Ausgehend davon, ist festzustellen, ob die Differenz über 20 % der ermittelten Fläche liegt. Entscheidend ist nicht, ob die Differenz über 20 % der beantragten Fläche liegt. Ist der genannte Prozentsatz auch nur geringfügig überschritten, dann ist keine Beihilfe zu gewähren.
Im Hinblick auf das Vorliegen der angeführten Begründungsmängel war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Es erübrigt sich damit ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Dezember 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998170217.X00Im RIS seit
20.11.2000