TE Lvwg Erkenntnis 2018/8/21 LVwG-2018/22/1742-2

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Veröffentlicht am 21.08.2018
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Entscheidungsdatum

21.08.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §17

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Franz Triendl über die Beschwerde der AA e.U., v.d. Rechtsanwalt BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 9.7.2018, Il-**** betreffend Akteneinsicht in das Verfahren zur Gewerbeanmeldung „Rauchfangkehrer im Kehrgebiet **“ des DD, X im Inntal,

zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Y den Antrag der rechtsfreundlich vertretenen AA e.U. auf Akteneinsicht im gewerberechtlichen Verfahren Il-**** als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und darin zusammenfassend vorgebracht, dem Beschwerdeführer komme aus näher dargelegten Erwägungen Parteistellung zu und wäre ihm daher in diesem Verfahren Akteneinsicht einzuräumen.

II.      Erwägungen:

Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 17 Abs 1 AVG steht das Recht auf Akteneinsicht nur den Parteien iSd § 8 AVG in Bezug auf Akten oder Aktenteile zu, die „ihre Sache betreffen“ (VwGH 27. 9. 2011, 2010/12/0184). Es setzt also ein Verwaltungsverfahren (vgl Art I Abs 1 EGVG; VwSlg 17.639 A/2009; VwGH 26. 6. 2012, 2011/11/0005) bei der Behörde, der gegenüber die Einsicht begehrt wird (VwGH 9. 6. 1995, 95/02/0146), voraus, in dem der Auskunftswerber Parteistellung hat, also vermöge eines Rechtsanspruchs oder eines rechtlichen Interesses beteiligt ist (vgl insb VwSlg 8444 A/1973; 9751 A/1979; VwGH 22. 2. 1999, 98/17/0355). Nur in Bezug auf ein solches (bestimmtes) Verwaltungsverfahren steht das Recht auf Akteneinsicht zu (VwSlg 13.391 A/1991; VwGH 28. 1. 2004, 2003/12/0173; 24. 2. 2006, 2003/12/0052; vgl auch Thienel/Schulev-Steindl5 128 FN 264; ferner VwGH 24. 3. 1999, 96/12/0152 – vgl. im Einzelnen Hengstschläger/Leeb, AVG2 (2014) § 17 Rz 2 (Stand 1.1.2014, rdb.at).

Der Beschwerdeführer ist nun nicht einmal Mitbewerber im Sinne der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.5.2017, Ro 2016/04/0008 bzw. 10.12.1991, 91/04/0279 und 22.2.1994, 93/04/0195. Er übt vielmehr bereits das Rauchfangkehrergewerbe im hier interessierenden Kehrbezirk ** aus und ist dessen ungeachtet der Ansicht, daraus einen Rechtsanspruch auf Akteneinsicht in einem anhängigen Verfahren zur Anmeldung des Rauchfangkehrergewerbes in diesem Kehrbezirk ableiten zu können.

Der Verwaltungsgerichtshof betont demgegenüber (Hervorhebungen durch den Gefertigten), dass „die Erlangung einer Gewerbeberechtigung für das Handwerk der Rauchfangkehrer in einem bestimmten Kehrgebiet an das Vorliegen eines Bedarfes nach der beabsichtigten Gewerbeausübung anknüpft. Insoweit ist auch eine Bedachtnahme auf in diesem Gebiet bestehende Rauchfangkehrerbetriebe normiert. Diese Bestimmungen bringen aber nicht zum Ausdruck, dass dem Inhaber einer Gewerbeberechtigung für das Handwerk der Rauchfangkehrer ein Anspruch auf Untersagung der Ausübung dieses Gewerbes im selben Kehrgebiet durch einen anderen oder auch nur auf Teilnahme im Verfahren über dessen Gewerbeanmeldung zukäme. Vielmehr bleibt - mangels gegenteiliger gesetzlicher Vorschrift - die Rechtssphäre des Gewerbeinhabers durch die Erlangung einer neuen Gewerbeberechtigung gänzlich unberührt. In diesem Punkt hat die Rechtslage durch die GewRNov 1992, BGBl 1993/29, keine inhaltliche Änderung erfahren“ (VwGH 23.5.1995, 95/04/0091). Für das Landesverwaltungsgericht Tirol ist nicht zu erkennen, dass diese grundlegende Aussage des Verwaltungsgerichtshofes aufgrund der aktuellen Gesetzeslage zur Bedarfsprüfung beim Rauchfangkehrergewerbe eine Änderung erfahren haben soll.

Mangels Parteistellung im gegenständlichen Gewerbeverfahren kommt daher dem Beschwerdeführer auch kein Recht auf Akteneinsicht zu und wurde daher sein Antrag von der Behörde zu Recht mit Bescheid zurückgewiesen (vgl. Hengstschläger/Leeb, aaO RZ 13 und 14).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

In der gegenständlichen Beschwerdesache konnte im Sinne des § 24 Abs 4 VwGVG eine Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol ungeachtet des diesbezüglichen – nicht näher begründeten - Antrags des Beschwerdeführers deshalb entfallen, da vorliegend bloß eine reine Rechtsfrage zu beantworten war, sodass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der vorliegenden Rechtssache nicht erwarten ließ.

Einem Entfall der Verhandlung standen auch weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vergleiche VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221 und 21.03.2014, 2011/06/0024).

III.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben näher zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung, zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Franz Triendl

(Richter)

Schlagworte

Bedarfsprüfung; Akteneinsicht;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.22.1742.2

Zuletzt aktualisiert am

30.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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