TE Lvwg Erkenntnis 2018/4/13 LVwG 20.3-3153/2017

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Veröffentlicht am 13.04.2018
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Entscheidungsdatum

13.04.2018

Index

86/01 Veterinärrecht allgemein

Norm

TierschutzG 2005 §8a Abs1
TierschutzG 2005 §37 Abs2a
B-VG Art130 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Mag. Dr. Kundegraber über die Beschwerde der A B C, geb. am xx, vertreten durch D & E, R GmbH in F, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt,

z u R e c h t e r k a n n t:

A. Die Beschwerde wegen Abnahme zweier Hundewelpen (englische Bulldoggen) am 12. Oktober 2017, um ca. 07.55 Uhr, in G, Hstraße, durch den Amtstierarzt der Stadt Graz wird als unbegründet

abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

Art. 130 Abs 1 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

§§ 8a, 37 Abs 2a Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG BGBl. I Nr. 61/2017)

B. Die Beschwerdeführerin hat gemäß § 35 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV) dem Bund (Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz) die Kosten des Verfahrens in der Höhe von € 887,20 nach Erhalt der Entscheidung bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

C. Gegen das Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. In der Beschwerde vom 23. November 2017 wird im Wesentlichen ausgeführt, dass es am 12. Oktober 2017 zu einer Amtshandlung im Beisein des Amtstierarztes der Stadt Graz kam, bei der drei Englische Bulldogwelpen gemäß § 8a TSchG aufgrund von Feil- und Anbieten im Internet abgenommen worden seien. Die Tiere seien in das Tierheim Grabenstraße in Graz gebracht worden. Die Beschwerdeführerin hätte für die drei Welpen eine vorübergehende Unterkunft gesucht, da ein Urlaubsaufenthalt geplant gewesen sei und deshalb im Internet gepostet. Es habe sich um kein Feilbieten im Sinne des § 8a TSchG gehandelt, sondern um eine Einschaltung für eine vorübergehende Bleibe in der Dauer des Urlaubsaufenthalts.

Die Beschwerdeführerin sei durch die Abnahme der Hundewelpen in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Eigentums gemäß Art. 5 StGG bzw. Art. 1 ZP 1 EMRK verletzt worden.

Es wurden die Anträge gestellt, die Abnahme der drei Hunde für rechtswidrig zu erklären und die entsprechenden Kosten der Beschwerdeführerin zuzusprechen.

In der durchgeführten Verhandlung wurde der Beschwerdeantrag insofern abgeändert, als die Beschwerdeführerin die Beschwerde auf ihre zwei Hundewelpen einschränkte. Somit war der dritte Hundewelpe, welcher in der Transportbox während der Kontrolle aufbewahrt wurde, nicht mehr von der Beschwerde umfasst, da zum Zeitpunkt der Abnahme der Hundewelpe im Eigentum einer anderen Person stand.

Beigegeben wurde eine Abnahmeerklärung des einschreitenden Amtstierarztes, in der festgehalten wurde, dass „drei englische Bulldogwelpen, zweimal weiß, einmal weiß-braun, 12 Wochen alt“ am 12. Oktober 2017, um 07.55 Uhr, gemäß § 37 Abs 2a TSchG abgenommen und in das Tierheim Graz, Grabenstraße, verbracht wurden.

Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf aufschiebende Wirkung der Beschwerde wurde mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 25. Jänner 2018, GZ: LVwG 40.3-65/2018-2, abgewiesen.

2. Das Referat für Veterinärangelegenheiten der Stadt Graz, Gesundheitsamt, gab am 08. Jänner 2018 eine Stellungnahme ab, in der ausgeführt wird, dass die Beschwerdeführerin im Internet Tiere zum Verkauf angeboten habe. Dies sei dem Veterinäramt am 10. Oktober 2017 per E-Mail unter Beifügung von Screenshots angezeigt worden. Die Beschwerdeführerin habe keine Bewilligung gemäß § 23 TSchG zur Haltung von Tieren im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit und habe auch keine Meldung über eine Haltung der Tiere zur Zucht erstattet. Bei der durchgeführten Kontrolle seien drei ca. 12 Wochen alte Welpen vorgefunden worden. Die Welpen seien nicht gechipt und nicht in der Heimtierdatenbank eingetragen gewesen. Sie seien auch nicht gegen Tollwut geimpft worden. Die Abnahme der Tiere sei gemäß §§ 37 Abs 2a und 8a TSchG erfolgt. Aufgrund der fehlenden Nachweise über Gesundheit seien die Tiere zunächst unter Quarantäne gestellt worden.

Am Nachmittag des 12. Oktober 2017 habe die Beschwerdeführerin erklärt, dass sie einen Hund ihrem Lebensgefährten geschenkt hätte und sei ihr mitgeteilt worden, dass sie diesen Hund nach Ablauf der Quarantäne zurückbekommen könnte.

Es wurde der Antrag gestellt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II. 1. Nach Durchführung einer Verhandlung am 27. Februar 2018, wobei die Beschwerdeführerin, die Zeugen Dr. J K, Mag. L M und N O einvernommen wurden sowie unter Einbeziehung des vorgelegten Verwaltungsaktes, geht das Gericht von nachfolgendem, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Die Beschwerdeführerin gab an, drei Hunde (englische Bulldogwelpen) am Naschmarkt in Wien gekauft zu haben und pro Hund € 300,00 bezahlt zu haben. Die Beschwerdeführerin bewohnte zu dem Zeitpunkt alleine eine 52m²-Wohnung in G, Hstraße, mit zwei erwachsenen Hunden (Gordon Setter und Shih Tzu-Mischling).

Das Veterinäramt der Stadt Graz erfuhr von der Assistentin eines Tierarztes vom beabsichtigten Verkauf der Hundewelpen. Die Beschwerdeführerin inserierte in Facebook am 09. Oktober 2017 folgenden Text: „Unsere Bulldoggen Männchen warten auf dich wir haben die erste Baby Impfung und sind auch entwurmt kommt uns wehr hollen“ mit Telefonnummer und Bilder, auf denen zwei Hundewelpen abgebildet waren. Am 07. Oktober 2017 inserierte die Beschwerdeführerin im Internet „Süsses kleines Englisches Pulldoggen Männchen sucht ein liebevolles zu Hause“ mit einem Bild eines Hundewelpen.

Die Beschwerdeführerin wurde sodann am 12. Oktober 2017, um 07.45 Uhr, in ihrer Wohnung vom Amtstierarzt Dr. J K und Amtstierarzt Mag. L M im Beisein dreier Polizeibeamten aufgesucht, um die Abnahme der drei Hundewelpen durchzuführen. Bei der Abnahme waren zwei Hundewelpen in einer Welpen-Laufschule und ein Welpe in einer Transportbox. Die Beschwerdeführerin erklärt, nachdem sie erfahren hatte, warum die Amtshandlung durchgeführt wurde, dass die Welpen von Ungarn stammen und zeigte drei ungarische Impfpässe vor. Die Beschwerdeführerin erklärte, dass sie einen Welpen – und zwar den in der Transportbox – ihrem Lebensgefährten N O gegeben habe. Amtstierarzt Dr. J K erklärte der Beschwerdeführerin, dass sie gegen § 8a TSchG aufgrund des Kaufanbotes verstoßen habe und auch ein Verstoß gegen das Tierseuchengesetz und der EU-Verordnung 576/2013 (regelt das Verbringen von Heimtieren über die Grenze) möglicherweise vorliege. Die Hundewelpen waren nicht gechipt und wurden alle drei Welpen gemäß § 37 Abs 2a TSchG abgenommen und der Beschwerdeführerin eine Abnahmebestätigung übergeben. Die abgenommenen Tiere wurden sodann in das Tierheim Grabenstraße in Graz verbracht.

2. Die getroffenen Feststellungen gründen sich im Wesentlichen auf den Inhalt der Zeugenaussagen von Mag. L M, Dr. J K und N O. In Würdigung dieser Aussagen geht das Gericht davon aus, dass die Beschwerdeführerin die im Spruch angeführten zwei Welpen zum Verkauf im Internet angeboten hat. Dies ergibt sich aus dem im Internet von der Beschwerdeführerin eingegebenen Text, insbesondere „Zwei kleine Englische Bulldoggen warten auf ein zu Hause“ (siehe Screenshot). Wenn die Beschwerdeführerin hiebei vermeint, dass sie kurzfristig nach Holland reisen musste und „zwischenzeitig“ für die Hunde eine Unterkunft gesucht habe, so kann dies dem eindeutigen Text für eine Feilbietung im Internet nicht entnommen werden. Selbst der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin N O gab bei der Befragung an, dass die beiden Hunde weggekommen wären. Die vorgelegten Rechnungen sollten beweisen, dass die Tiere gesund waren und untersucht worden sind. Allein der Umstand, dass kein Preis dem Anbot im Internet beigefügt war, lässt noch nicht auf eine Suche für eine „zwischenzeitige Unterkunft“ schließen, sondern ist es auch möglich, dass der Preis zwischen Verkäufer und Käufer – fernmündlich – ausgehandelt wird.

Das Gericht geht somit davon aus, dass die Beschwerdeführerin zwei Hundewelpen – nämlich die Hunde, die in der „Welpenschule“ in der Wohnung der Beschwerdeführerin gehalten wurden – zum Verkauf im Internet via Facebook angeboten hat. Die Aussage der Beschwerdeführerin ist völlig unglaubwürdig und kommt das Gericht zur Auffassung, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Verantwortung ihr verbotenes Feilbieten der zwei Welpen verschleiern wollte.

III. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes:

1. Gemäß Art. 130 Abs 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit.

Die Beschwerde langte am 24. November 2017 auf elektronischem als auch auf postalischem Weg beim Gericht ein, wodurch die sechswöchige Beschwerdefrist im Sinne des § 7 Abs 4 VwGVG eingehalten wurde. Die Ausübung der Zwangsgewalt (Abnahme der Hunde) fand am 12. Oktober 2017 statt und war ab dem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin in Kenntnis der Ausübung. Auch ist die örtliche Zuständigkeit im Sinne des § 3 Abs 1 und Abs 2 Z 2 VwGVG gegeben, da die vom Amtstierarzt der Stadt Graz vorgenommene Handlung im Sprengel des Verwaltungsgerichtes Steiermark durchgeführt wurde.

Die Abnahme eines Tieres im Sinne des § 37 Abs 2a TSchG stellt eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- bzw. Zwangsgewalt, da die Behörde ohne bescheidmäßigen Auftrag die zwei Hundewelpen abgenommen hat.

§ 37 Abs 2a TSchG lautet:

Sofortiger Zwang

(2a) Organe der Behörde sind berechtigt, Personen, die gegen § 8a verstoßen, die Tiere abzunehmen.

§ 8a TSchG lautet:

Verkaufsverbot von Tieren

(1) Das Feilbieten und das Verkaufen von Tieren auf öffentlich zugänglichen Plätzen, soweit dies nicht im Rahmen einer Veranstaltung gemäß § 28 erfolgt, sowie das Feilbieten von Tieren im Umherziehen sind verboten.

(2) Das öffentliche Feilhalten, Feil- oder Anbieten zum Kauf oder zur Abgabe (Inverkehrbringen) von Tieren ist nur in folgenden Fällen gestattet:

1.  im Rahmen einer gemäß § 31 Abs. 1 genehmigten Haltung oder

2.  durch Züchter, die gemäß § 31 Abs. 4 diese Tätigkeit gemeldet haben, sofern sie nicht auf Grund einer Verordnung von dieser Verpflichtung ausgenommen sind, oder

3.  im Rahmen oder zum Zweck der Land- und Forstwirtschaft bzw. von in § 24 Abs. 1 Z 1 genannten Tieren oder

4.  die Suche von Interessenten für einzelne, individuell bestimmte Tiere mit einem Alter von mehr als sechs Monaten bzw. für Hunde und Katzen bei denen die bleibenden Eckzähne bereits ausgebildet sind, die nicht bei ihrem bisherigen Halter bleiben können oder dürfen, durch den Halter oder eine gemäß § 30 mit den Pflichten eines Halters betraute Person, Vereinigung oder Institution, wobei bei Hunden nachzuweisen ist, dass diese seit mindestens sechzehn Wochen in der Heimtierdatenbank gemeldet sind.

Dies gilt auch für derartige Aktivitäten im Internet.

Die Bestimmung des § 8a Abs 2 TSchG stellt klar, dass das Feilbieten von Tieren im Internet nur gewerblichen Tierhandlungen bzw. Züchtern vorbehalten ist. Nicht betroffen von der Regelung sind Internetseiten, die zum Zwecke der unentgeltlichen Vermittlung von Tieren, von Tierschutzvereinen, veterinärmedizinischen Einrichtungen oder Pen eingerichtet wurden (RV zu BGBl. I Nr. 35/2008). Bereits durch das Anbieten im Internet ist der Tatbestand des § 8a Abs 2 leg. cit erfüllt (AB zu BGBl. I Nr. 61/2017).

Die Beschwerdeführerin hat zumindest zwei Hundewelpen (Englisch-Bulldogwelpen) im Internet zum Verkauf angeboten. Die Hunde hat die Beschwerdeführerin von Ungarn erhalten (ungarischen Impfpass), diese waren nicht gechipt und nicht gegen Tollwut geimpft. Eine Bewilligung gemäß § 23 TSchG zur Haltung von Tieren im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit oder sonst wirtschaftlichen Tätigkeit wurde von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt.

Da die Beschwerdeführerin somit gegen § 8a TSchG verstoßen hat, konnte die Behörde die zwei Hundewelpen abnehmen und zu Recht beschlagnahmen. Die belangte Behörde war hiezu nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet. Der Gesetzgeber wollte damit den unkontrollierten Handel mit Tieren unterbinden und den Verkauf von Tieren in gesetzlich geregelte Bahnen lenken.

Dem Antrag, die Amtshandlung für rechtswidrig zu erklären, war daher nicht stattzugeben.

IV. Kosten:

Als Kosten des Verfahrens wurden im Sinne des § 35 VwGVG iVm § 1 VwG-AufwErsV dem Bund ein Betrag von € 887,20 zugesprochen. Der Betrag setzt sich zusammen aus € 57,40 Vorlageaufwand, € 368,80 Schriftsatzaufwand und € 461,00 Verhandlungsaufwand.

V. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde, Abnahme von Tieren, Anbieten im Internet, Facebook, Amtstierarzt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2018:LVwG.20.3.3153.2017

Zuletzt aktualisiert am

30.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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