TE Lvwg Erkenntnis 2016/8/26 405-3/91/1/4-2016

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Veröffentlicht am 26.08.2016
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Entscheidungsdatum

26.08.2016

Index

20/05 Wohnrecht Mietrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

WEG 2002 §18
AVG §8
AVG §13 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Peter Berger über die Beschwerde der B. E.-Straße, L., vertreten durch die gemäß § 18 Abs 3 Z 1 WEG 2002 bestellte Verwalterin F. Realitäten GmbH, L., vertreten durch RA Mag. G. H., L., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 17.06.2016, Zahl xxxxx,

zu Recht e r k a n n t :

I.     Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

II.    Die Revision ist nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.   Verfahrensgang:

1.1.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 17.06.2016, Zahl xxxxx, wurde das Ansuchen der B. E.-Straße, vertreten durch die F. Realitäten GmbH, vom 26.02.2016, mit welchem eine Baubewilligung für die Sanierung der Fassade auf Gst. X/Y, KG L., Liegenschaft E.-Straße begehrt worden war, gemäß § 13 Abs 3 AVG iVm § 9 AVG zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass dem Auftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG vom 19.04.2016, die fehlende Antragslegitimation binnen 2 Wochen ab Zugang des Mängelbehebungsauftrages zu sanieren, nicht nachgekommen worden sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sei im Übrigen festzuhalten, dass einer Eigentümergemeinschaft keine Antragslegitimation im Verfahren zur Erteilung einer Baubewilligung zukomme.

1.2.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte, den bekämpften Bescheid dahingehend abzuändern, das der Beschwerdeführerin unter gleichzeitiger Zuerkennung ihrer Parteistellung die Baubewilligung zu ihrem Ansuchen erteilt werde, in eventu möge der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben und die Angelegenheit an die Behörde samt Neudurchführung des Verfahrens zurückverwiesen werden.

Begründend wurde – zusammengefasst – ausgeführt, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Eigentümergemeinschaft gemäß § 2 Abs 5 iVm iVm § 18 Abs 1 und 2 WEG 2002 handle. Die Eigentümergemeinschaft könne im Rahmen der Liegenschaftsverwaltung betreffenden Verwaltungsverfahren als Partei oder Beteiligte auftreten. Der Begriff der Liegenschaftsverwaltung umfasse unter anderem die Verwaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft. Auch § 7 Salzburger Baupolizeigesetz normiere keine Einschränkung dahingehend, dass einer Eigentümergemeinschaft keine Sachlegitimation zur Antragstellung in einem Bauverfahren zukommen könne. Zu beachten sei außerdem, dass die ordentliche Verwaltung zunächst einmal dem bestellten Verwalter obliege, der daher bis zu einer nicht rechtswidrigen Weisung durch Mehrheitsbeschluss in diesen Angelegenheiten nicht nur entscheiden dürfe, sondern dies durch Setzung entsprechender Maßnahmen auch tun müsse, wenn eine Untätigkeit den Interessen der Gemeinschaft widerspreche.

1.3.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg führte am 26.08.2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Zu dieser waren der Vertreter der F. Realitäten mit ihrem Rechtsvertreter gekommen. Für die belangte Behörde war niemand gekommen.

2.   Das Landesverwaltungsgericht Salzburg stellt nachstehenden Sachverhalt fest:

Am 01.03.2016 langte das Baubewilligungsansuchen der B. E.-Straße, L., vertreten durch die gemäß § 18 Abs 3 Z 1 WEG 2002 bestellte Verwalterin, die F. Realitäten GmbH, L., beim zuständigen Bürgermeister der Stadt Salzburg ein. Unter Anschluss eines Grundbuchsauszuges sowie eines Lichtbilderkonvolutes wurde um die Fassadensanierung samt Instandsetzung des allgemein zugänglichen, straßenseitigen Balkons, der Sanierung des Gesimses sowie der Ausbesserung des Fassadenstucks des Objektes auf Gst. X/Y, KG L., welches sich im Altstadtschutzgebiet (Schutzzone II) befindet, angesucht.

Mit Schreiben vom 19.04.2016, zugestellt am 25.04.2016, wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, dass das Ansuchen von einer Partei im Sinne des AVG 1991 gestellt werden möge, widrigenfalls es zurückzuweisen wäre.

Mit Schreiben vom 09.05.2016 wurde seitens der bestellten Verwalterin eine Stellungnahme abgegeben, in welcher diese ihre Rechtsansicht substantiiert darlegte, wonach der Eigentümergemeinschaft Parteistellung zukommen würde.

3.   Diese Sachverhaltsfeststellungen basieren auf nachstehender Beweiswürdigung:

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich widerspruchsfrei auf dem vorgelegten Akt der belangten Behörde, welcher im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung verlesen und mit den Anwesenden erörtert worden ist.

4.   Rechtliche Erwägungen zum festgestellten Sachverhalt:

Die Frage der Parteistellung in einem Verfahren ist gemäß § 8 AVG ist anhand der jeweils anzuwendenden Verwaltungsvorschriften unter Berücksichtigung der gesamten Rechtsordnung zu beurteilen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 8 (Stand 1.1.2014, rdb.at).

Gemäß §18 Abs1 Wohnungseigentumsgesetz (im Folgenden: WEG 2002) kann die Eigentümergemeinschaft in den Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden. Aus den erläuternden Bemerkungen zu dieser Bestimmung ergibt sich, dass die Eigentümer-gemeinschaft (wie auch nach der ursprünglichen Regelung des § 13c Abs 1 WEG 1975) als juristische Person mit Teilrechtsfähigkeit, nämlich mit Rechtsfähigkeit nur auf dem Gebiet der Verwaltung der Liegenschaft, konzipiert worden ist. Da es sich bei der Eigentümergemeinschaft um eine juristische Person handelt, benötigt diese eine natürliche Person, um die Gemeinschaft rechtlich wirksam im Rechtsverkehr zu vertreten. Organ der Eigentümergemeinschaft wird im Regelfall der Verwalter sein.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zeichnen sich Verwaltungshandlungen dadurch aus, dass sie gemeinschaftliches Vorgehen erfordern, weil es um Interessen aller Gemeinschafter geht. Zur Verwaltung gehört alles, was gemeinschaftliche Interessen bei der Nutzung der Erhaltung des Gemeinschaftsgutes beeinträchtigen könnte. Die Abgrenzung zu den Verfügungen ist dabei nach den Auswirkungen auf das gemeinschaftliche Gut/die Anteile der Miteigentümer zu ziehen; eine Verfügung reicht in die Substanz der Gemeinschafts- oder Anteilsrechte ein oder verändert diese (RIS-Justiz RS0109188; RS0013204). Ein rein eigennütziger Verbauung oder sonstige Veränderung allgemeiner Teile der Liegenschaft durch einen der Miteigentümer stellt daher keine Maßnahme der Verwaltung der gemeinsamen Liegenschaft dar (RIS-Justiz RS0109188).

Die im vorliegenden Fall geplanten Maßnahmen (Sanierung von Fassade, Fenstern und Balkon) dienen ausschließlich der Erhaltung des Gemeinschaftsgutes, nicht hingegen Einzelinteressen der Miteigentümer, weshalb diese – ausgehend von den obigen Aus-führungen - unter „Angelegenheiten der Verwaltung“ einzuordnen sind.

Nach dem Salzburger Baupolizeigesetz wäre hierfür kein Bauansuchen zu stellen, aufgrund der Lage des Gebäudes im Schutzgebiet II der Altstadt gelten jedoch die baurechtlichen Sonderbestimmungen des Salzburger Altstadterhaltungsgesetzes, wo gemäß § 1 Abs 1 Z 8 leg cit jede Färbung von Fassaden und Teilen hiervon sowie jede Erneuerung von Fenstern, Außentüren und Toren zu bewilligungspflichtigen Maßnahmen erklärt worden sind.

Weder im Altstadterhaltungsgesetz, noch in der Altstadterhaltungsverordnung, noch im Salzburger Baupolizeigesetz finden sich Einschränkungen der Antragslegitimation des Bewilligungswerbers auf den Eigentümer der Liegenschaft. § 19 Baupolizeigesetz stellt zwar darauf ab, dass die Eigentümer einer baulichen Anlage dafür zu sorgen haben, dass diese auf die Dauer ihres Bestandes in gutem, der Baubewilligung und den für die bauliche Anlage maßgeblichen Bauvorschriften entsprechenden Zustand erhalten wird und sie zur Beseitigung von Baugebrechen auch ohne besonderen Auftrag der Baubehörde verpflichtet sind. Aus dieser Bestimmung kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass ausschließlich die Eigentümer selbst hinsichtlich Instandhaltungsmaßnahmen antrags-legitimiert seien,dies vor dem Hintergrund,dass Instandhaltungsmaßnahmen meist keiner behördlichen Bewilligung bedürfen.

Aus diesem Grund können auch die von der belangten Behörde angeführten Judikate des Verwaltungsgerichtshofs nicht für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes herangezogen werden, zumal bei diesen eine Wohnungseigentümergemeinschaft jeweils (unzulässig) in die Rechtsstellung der Eigentümer eingetreten wäre - die diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Bestimmungen der Wiener Bauordnung und der Tiroler Bauordnung stellen hinsichtl. der Antragslegitimation nämlich jeweils auf den/die Eigentümer der Liegenschaft ab.

Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass eine Eigentümergemeinschaft gemäß § 18 Abs 1 WEG 2002 in Angelegenheit der Verwaltung Verträge abschließen kann und ihr dabei aktive und passive Klagelegitimation zukommt, ist innerhalb dieses Umfangs jedenfalls auch die Antragslegitimation in Verwaltungsverfahren zu bejahen (siehe hierzu auch Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³, § 18, Rz 17).

Dem Verbesserungsauftrag der belangten Behörde sowie dem hierauf basierenden Zurückweisungsbescheid fehlten sohin die sachliche und rechtliche Grundlage.

Der Beschwerde war daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid im Sinne des Eventualantrages ersatzlos zu beheben. Dem Hauptantrag, den Spruchteil dahingehend abzuändern, dass der Beschwerdeführer unter Zuerkennung ihrer Parteistellung die Baubewilligung zu ihrem Ansuchen erteilt werde, steht „die Sache des Beschwerdeverfahrens“ entgegen, deren Umfang der angefochtene Bescheid bildet, welcher ausschließlich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Ansuchens zum Inhalt hat. Darüber hinausgehend kommt dem Landesverwaltungsgericht keine Entscheidungsbefugnis zu. Über das Bewilligungsansuchen selbst hat demgemäß in weiterer Folge der zuständige Bürgermeister der Stadt Salzburg zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II: Zulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision war für zulässig zu erklären, zumal im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage zu klären war, deren Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht. Die bisher ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Parteistellung einer Wohnungseigentümergemeinschaft konnte für den vorliegenden Sachverhalt nicht herangezogen werden, zumal die diesen Entscheidungen zugrundeliegende Gesetzeslage jeweils auf die Eigentümereigenschaft des Antragstellers abstellte. Im vorliegenden Fall war jedoch aufgrund von „Angelegenheiten der Verwaltung“ die Antragslegitimation der teilrechtsfähigen Eigentümergemeinschaft zu bejahen, soweit überblickbar liegt hierzu bis dato keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

Schlagworte

Angelegenheiten der Liegenschaftsverwaltung, Parteistellung einer WEG

Anmerkung

o Revision; VwGH vom 01.08.2018, Ro 2016/06/0026-4, Abweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2016:405.3.91.1.4.2016

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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