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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §9 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des H in Traun, vertreten durch die Zauner & Mühlböck Rechtsanwälte KEG in Linz, Graben 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14. Juni 1999, Zl. VwSen-240334/2/Gf/KM, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund von Feststellungen bei einer lebensmittelpolizeilichen Revision wurde dem Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zur Last gelegt, er habe als gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG verantwortlicher Beauftragter einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. vom Betrieb dieser Gesellschaft in T. bestimmte Lebensmittel (Vogelsalat) an ein näher bezeichnetes Unternehmen geliefert und damit in Verkehr gebracht, ohne diese verpackten Lebensmittel der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 entsprechend gekennzeichnet zu haben, da eine Reihe im Einzelnen aufgezählter Kennzeichnungselemente gefehlt habe.
Der Beschwerdeführer rechtfertigte sich, der Vogelsalat sei am 30. November 1997 von der Firma V. aus Italien angeliefert worden. Die Ware sei von der "Warenübernahme" übernommen und besonders genau auf eine korrekte Auszeichnung nach der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung überprüft worden; dies deshalb, weil die Firma V. bereits am 16. November 1997 Vogelsalat geliefert habe, wobei diese Lieferung nicht entsprechend der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung ausgezeichnet gewesen sei. Unmittelbar nach dem Vorfall vom 16. November 1997 sei die Firma V. brieflich aufgefordert worden, in Hinkunft die angelieferten Waren ordnungsgemäß zu kennzeichnen. Die am 30. November 1997 von der Firma V. getätigte Warenlieferung sei von der Warenübernahme nicht zur Gänze, sondern nur stichprobenartig überprüft worden, wobei die gegenständlichen, dann an die Firma U. weitergelieferten Packungen übersehen worden seien. Die überprüften Packungen seien entsprechend der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung gekennzeichnet gewesen.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Mai 1999 wurde der Beschwerdeführer der ihm in der Aufforderung zur Rechtfertigung angelasteten Verwaltungsübertretungen schuldig erkannt.
Der Beschwerdeführer berief.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 14. Juni 1999 wurde der Berufung insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen.
In der Begründung heißt es, der Beschwerdeführer lasse den ihm angelasteten Sachverhalt unbestritten. Auf der Ebene des Verschuldens wende er jedoch ein, dass es bei einem Unternehmen mit einer Größe wie der von ihm vertretenen GesmbH schlechthin nicht möglich sei, jede einzelne Packung auf vollständige Kennzeichnung hin zu kontrollieren. Damit zeige er in Wahrheit jedoch nur auf, dass das in seinem Betrieb eingerichtete Kontrollsystem gerade nicht von solcher Qualität sei, dass es die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften mit gutem Grund erwarten lasse, im Gegenteil: Werde bloß stichprobenartig kontrolliert, so werde bei einem derartigen System offenkundig von vornherein die Möglichkeit in Kauf genommen, dass die Kennzeichnung der Lebensmittel eben zumindest gelegentlich nicht den Vorschriften entspreche.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer bringt vor, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher von seiner Verantwortung befreit, wenn er nachweise, dass Maßnahmen getroffen worden seien, die mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Im Rahmen der dem Beschwerdeführer obliegenden Mitwirkungspflicht im Verwaltungsstrafverfahren habe er das gegenständliche System bereits ausführlich dargelegt bzw. die entsprechenden Beweismittel angeboten, die die Behörde von der Qualität des Systems überzeugen sollten. Die belangte Behörde übersehe, dass die von dem Unternehmen, für das der Beschwerdeführer verwaltungsstrafrechtlich einzustehen habe, in Verkehr gebrachten Lebensmittel nicht von diesem Unternehmen selbst produziert würden. Sämtliche Lieferanten der Firma seien angewiesen, die gelieferten Produkte entsprechend zu kennzeichnen. Dies habe der Beschwerdeführer im konkreten Fall dargelegt und durch die Vorlage eines Schreibens an den Lieferanten untermauert. Gerade dieser Vorgang entspreche sohin der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Die Anweisung an die Lieferanten zu ordnungsgemäßer Kennzeichnung in Verbindung mit den dann im Rahmen des Betriebes durchgeführten stichprobenartigen Kontrollen stelle ein System dar, welches mit gutem Grund erwarten lasse, dass Verwaltungsübertretungen hintangehalten würden. Sollte es in rechtlicher Hinsicht ungenügend sein, dass Waren, die nach den privatrechtlichen Vereinbarungen mit der Lieferfirma bereits bei der Anlieferung korrekt gekennzeichnet sein müssten und die dann noch stichprobenartig kontrolliert würden, dann käme als rechtlich einwandfreie Lösung nur eine lückenlose Kontrolle der angelieferten Produkte in Betracht, was aber unmöglich durchzuführen sei.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lässt die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zu, dass sich der Unternehmer (Arbeitgeber, strafrechtlich Verantwortliche) aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt; es muss ihm vielmehr zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbst verantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf mögliche und zumutbare Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Dabei trifft ihn jedoch die Obliegenheit, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, dass seinen Anordnungen entsprochen wird, wobei er der Behörde bei einem Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften dieses System im Einzelnen darzulegen hat. Davon, dass der Verantwortliche das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems glaubhaft gemacht hätte, kann nur dann gesprochen werden, wenn konkret dargelegt wird, in welcher Weise im Unternehmen sichergestellt wird, dass Verletzungen der in Rede stehenden Vorschriften vermieden bzw. Verstöße wahrgenommen und abgestellt werden; insbesondere ist darzulegen, auf welche Weise der Verantwortliche seiner Verpflichtung zur Überwachung der von ihm beauftragten Personen nachgekommen ist und wieso er dessen ungeachtet die in Rede stehende Übertretung nicht verhindern konnte. Der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen genügt den oben dargelegten Anforderungen nicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15 September 1997, 97/10/0091 und die dort angeführte Vorjudikatur).
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren lediglich vorgebracht, die Lieferfirmen seien angewiesen worden, die Lieferungen ordnungsgemäß zu kennzeichnen und es sei im Unternehmen des Beschwerdeführers eine stichprobenartige Kontrolle durchgeführt worden, wobei die Lieferung durch die Firma V. besonders genau kontrolliert worden sei, weil dieses Unternehmen bereits vorher mangelhaft gekennzeichnete Lebensmittel geliefert habe.
Mit diesen allgemeinen Hinweisen ist der Beschwerdeführer dem in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Erfordernis der Darstellung des Kontrollsystems im Einzelnen und der Darlegung, dass bei diesem Kontrollsystem eine Verletzung von Verwaltungsvorschriften mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, nicht nachgekommen. Die Hinweise des Beschwerdeführers enthalten weder Angaben zur konkreten Funktionsweise des Kontrollsystems, insbesondere zur Stichprobendichte, noch darüber, wie die Einhaltung der Bedingungen des Kontrollsystems durch die mit seiner Durchführung Beauftragten gewährleistet wird und es fehlen Angaben darüber, dass und aus welchen Gründen - etwa durch Zugrundelegung von Methoden der Statistik - das Kontrollsystem mit hoher Wahrscheinlichkeit Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten geeignet ist. Hiezu kommt, dass die Lieferung, aus der die nicht ordnungsgemäß gekennzeichneten Waren kamen, von einem Unternehmen stammte, welches bereits früher mangelhaft gekennzeichnete Waren geliefert hatte, was die Anforderungen an das Kontrollsystem noch erhöhte.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Dezember 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999100173.X00Im RIS seit
20.11.2000