TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/17 KLVwG- S4-1517-1518/30/2017

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Veröffentlicht am 17.05.2018
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Entscheidungsdatum

17.05.2018

Index

L66502 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke Flurbereinigung Kärnten
81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

FlVfLG Krnt 1979 §51
FlVfLG Krnt 1979 §48 Abs2
FlVfLG Krnt 1979 §85
FlVfLG Krnt 1979 §51 Abs2
WRG 1959 §10
WRG 1959 §74

Text

Das Landesverwaltungsgericht Kärnten, Senat xxx, hat durch die Vorsitzende xxx, den Berichterstatter xxx und die fachkundigen Laienrichter xxx und xxx über die Beschwerden der xxx, xxx, vertreten durch xxx, xxx und des xxx, xxx, gegen den Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung, Agrarbehörde Kärnten, Dienststelle xxx, vom 19.06.2017, Zahl: xxx, mit dem Minderheitsbeschwerden gegen die (Beschlüsse zu) TOP 5. und 6. der Vollversammlung der Agrargemeinschaf Nachbarschaft xxx (mitbeteiligte Partei, vertreten durch den Obmann xxx, xxx, dieser wiederum vertreten durch xxx, xxx), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17.05.2018

 

zu Recht erkannt:

 

I.           Die Beschwerden werden als unbegründet

 

a b g e w i e s e n .

 

II.         Der Antrag der xxx, vertreten durch die xxx, xxx, auf Zuerkennung eines Aufwandersatzes wird als

 

u n z u l ä s s i g z u r ü c k g e w i e s e n .

 

III.       Die (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist

 

u n z u l ä s s i g .

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die Agrargemeinschaft „Nachbarschaft xxx“, (AG), EZ xxx, KG xxx, ist eine körperschaftlich eingerichtete Agrargemeinschaft (Regelungsplan der Agrarbezirksbehörde Spittal/Drau vom 26.11.1927, Zahl: 1426), mit einem Gutsbestand von 395,2 ha; an dieser Agrargemeinschaft sind sieben Liegenschaften aus der KG xxx beanteilt (Anteilsnenner: 48). Die Erstbeschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaften EZ xxx mit 4 Anteilen - dieser ist unter anderem das Grundstück xxx zugeschrieben – und der Liegenschaft EZ xxx mit 7 Anteilen. Eine Dienstbarkeit des Wasserbezugs ist im Grundbuch bei keiner dieser Liegenschaften einverleibt.

Der Zweitbeschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft EZ xxx, KG xxx, mit 4 Anteilen an der AG.

 

 

I.          Verwaltungsverfahren und angefochtener Bescheid:

 

Am 10.02.2017 hielt die Nachbarschaft xxx eine Vollversammlung ab, in welcher mehrheitlich (gegen die Stimmen der Beschwerdeführer) folgende Beschlüsse gefasst wurden:

?       die Sanierung eines Trinkwasserbassins auf Parzelle xxx, KG xxx (TOP 5) und

?       die Aufnahme von zwei näher bezeichneten Grundeigentümern „in das Wasserbassin“ gegen einen Beitrag von € 2.000,-- (TOP 6).

 

Mit einer Minderheitsbeschwerde, gemeinsam eingebracht mit Schriftsatz vom 16.02.2017, wandten sich die überstimmten Mitglieder gegen diese Beschlüsse: Die Wasserversorgung in xxx sei keine Angelegenheit der AG, sondern habe privatrechtliche Natur. Im Zuge der Errichtung eines Pumpspeicherkraftwerkes sei die ursprüngliche Nachbarschaftsquelle beeinträchtigt und durch die xxx neu gefasst worden. Die Kosten dafür seien hätten nur die Wasserbezieher getragen, nicht die ganze AG. Dies gehe aus einem Schreiben des ehemaligen Obmannes, xxx, vom 01.10.2005 hervor.

 

Im behördlichen Verfahren wurden von der AG folgende Dokumente vorgelegt:

?       eine Vereinbarung zwischen xxx und xxx vom 13.12.1967;

?       eine Bestätigung vom 11.07.1966 zur Aufnahme der Liegenschaft xxx in die Wassergemeinschaft;

?       sowie anlässlich einer Vorsprache bei der Behörde am 18.04.2017 ein undatierter, historischer Aktenvermerk der xxx, in dem auf das „von der Nachbarschaft errichtete Wasserbassin“ Bezug genommen wird.

Weiters wurden Protokollsauszüge der Agrargemeinschaft vorgelegt, die Beschlüsse zum Wasserbassin aus den Jahren 1989 bis 1995 betrafen. Es wurden auch Auszahlungen aus dem Kassabuch dokumentiert.

 

Aufgrund dieser vorgelegten Dokumente bejahte die Behörde (Bescheid vom 19.06.2017, xxx) die Zuständigkeit der AG für das gegenständliche Wasserbassin und wies die Beschwerden als unbegründet ab. Die Ortschaft xxx sei durch eine Wasserversorgungsanlage der Nachbarschaft mit Trinkwasser versorgt worden, bis diese Quelle durch die Kraftwerksbaumaßnahmen der xxx stark beeinträchtigt wurde. Daraufhin habe die xxx mit der Nachbarschaft entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen und sei es logisch nicht nachvollziehbar, warum sich der Benutzerkreis nachfolgend auf nur einen Teil der Mitglieder der AG reduziert haben soll.

 

II.        Beschwerdevorbringen:

 

In ihrer mit einem gemeinsamen Schriftsatz erhobenen Beschwerde brachten die Beschwerdeführer Folgendes vor:

 

Die Behörde habe in ihrem Bescheid auf einen anderen Bescheid aus dem Jahr 1954 Bezug genommen; zu diesem Zeitpunkt sei noch kein Wasserbassin errichtet gewesen; der Zusammenhang zum gegenständlichen Sachverhalt sei nicht ersichtlich. Auch, dass die AG das Thema der Wasserversorgung in ihren Sitzungen behandelt habe, beweise noch nichts: Es seien immer wieder auch allgemeine Themen in der Nachbarschaftssitzung abgehandelt worden. Es wurde darauf hingewiesen, dass es immer wieder unterschiedliche Bezeichnungen gegeben habe (Wassergenossenschaft, Wassergemeinschaft, Nachbarschaft); jedenfalls seien zwischen 1965 und 1980 keine definitiven Beschlüsse, betreffend die Errichtung des Wasserbassins, gefasst worden. Als Beweis wurde das Protokollbuch (auszugsweise) in Kopie vorgelegt.

 

 

III.      Verwaltungsgerichtliches Verfahren:

 

Die Agrargemeinschaft nahm über ihren Rechtsvertreter zur Beschwerde Stellung und wiederholte ihren Standpunkt unter Verweis auf die bereits bekannten Dokumente. Es sei aber verwunderlich, dass die Beschwerdeführer nicht erwähnt hätten, dass die Angelegenheit bereits vor Gericht einer vergleichsweisen Regelung unterzogen worden sei. Im Groben und Ganzen habe man sich darüber geeinigt, dass die Wasserbezieher der Nachbarschaft xxx in zwei Gruppen (in die Beschwerdeführer und den Rest des Ortes) getrennt werden und dafür zwei zusätzliche Wasserbassins und Wasserleitungen errichtet werden. Das gegenständliche Projekt sei bereits zur behördlichen Genehmigung eingereicht und eine „Wassergenossenschaft xxx“ sei ebenfalls bereits gegründet worden.

Die bezughabenden Unterlagen wurden vorgelegt. Dem Landesverwaltungsgericht wurde weiters auch ein Auszug eines Vollversammlungsprotokolls (vom 14.11.2017) übermittelt, mit dem von der Nachbarschaft xxx – unter der Voraussetzung der rechtskräftigen behördlichen Genehmigung und Umsetzung des wasserrechtlichen Projekts – die bekämpften Beschlüsse wieder zurückgenommen wurden.

Der Zweitbeschwerdeführer erklärte im selben Protokoll, seine Minderheitsbeschwerde bzw. Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht unter der Voraussetzung zurückzuziehen, dass der Nachbarschaft xxx keine Kosten entstünden.

 

Vom Landesverwaltungsgericht wurden daraufhin bei der zuständigen Wasserrechtsbehörde die Satzungen der Wassergenossenschaft xxx angefordert.

 

In der mündlichen Verhandlung am 17.05.2018 hielt zunächst der Zweitbeschwerdeführer - zur Tragweite seiner anlässlich der Vollversammlung vom 14.11.2017 geäußerten bedingten Rücknahme sowohl seiner Beschwerde als auch seiner Minderheitsbeschwerde befragt - fest, dass diese beide vollinhaltlich aufrecht erhalten würden (Tagesordnungspunkt 2. und 3. der Vollversammlung vom 14.11.2017).

 

In der Verhandlung wurden alle Parteien gehört und der Obmann der Wassergenossenschaft xxx als Zeuge einvernommen.

 

Durch die Befragung stellte sich heraus, dass die (technische) Bewilligung des Wasserrechtsprojektes gemäß der vor dem Zivilgericht getroffenen Vereinbarung in den nächsten Tagen ergehen soll. Dabei wird die Wasserversorgung (ausgehend vom von der xxx bereitgestellten Trinkwasser) zwischen der restlichen Ortschaft xxx und den Beschwerdeführern getrennt, wobei letztere ein Drittel des anfallenden Wassers beziehen dürfen. Das zur Aufteilung notwendige (neue) Verteilungsbassin befindet sich zur Hälfte auf dem Grund des Obmannes, zur Hälfte auf Grund der Erstbeschwerdeführerin. Hinsichtlich der wechselseitigen Rechte und Pflichten an diesem Becken konnte zwischen den Parteien allerdings noch keine Vereinbarung erzielt werden. Ansonsten würden die jeweiligen Parteien ihre Wasserversorgungsanlagen künftig vollkommen getrennt selbst erhalten. Diese (neue) Vereinbarung ist aber nicht allseits unterfertigt; es fehlt noch die Zustimmung der Erstbeschwerdeführerin.

 

In ihrem in der Verhandlung vorgelegten „Beweisantrag“ führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass die Voreigentümerin des xxx, (ihre Rechtsvorgängerin) Frau xxx, niemals die Zustimmung zur Errichtung eines Wasserbassins erteilt habe. Jede Baumaßnahme zur Errichtung und Inbetriebnahme sei auf einem privaten Grundstück erfolgt, und daher unzulässig und rechtswidrig. Es liege kein Bescheid über die wasserrechtliche Genehmigung dieser Anlage vor; die Errichtung einer Anlage zur Entnahme des Grundwassers sei gemäß § 10 WRG bewilligungspflichtig, soferne sie nicht der Grundeigentümer für eigene Zwecke benutze. Dass eine Dienstbarkeit für die Nachbarschaft xxx betreffend den Wasserbehälter auch nur dem Grunde nach existieren solle, ergebe sich aus keinem einzigen Dokument. Die Liegenschaft sei also vollkommen lastenfrei erworben worden. Der abweisliche Bescheid der Agrarbehörde sei daher gemäß § 68 Abs. 4
Z 4 AVG nichtig zu erklären. Auch sei die Neuaufnahme von Mitgliedern in die Agrargemeinschaft, wie mit dem Beschluss zu Tagesordnungspunkt 6., nicht möglich und verstoße gegen die Regelungsunterlagen.

 

Der Obmann der Wassergenossenschaft xxx gab an, Zweck der Genossenschaft sei es, lediglich den (künftigen) Anlagenteil zu warten, der die Versorgung der restlichen Ortschaftsmitglieder gewährleisten soll. Das (streitgegenständliche) Bassin III auf Parzelle xxx soll dann entfernt werden, weil es eine direkte Zuleitung zu den Beschwerdeführern geben wird. Es sei zwar vom Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin in jüngster Zeit der Zutritt zum Wasserbassin untersagt worden, auf Intervention (durch die Gemeinde) seien dann doch Reparaturarbeiten ermöglicht worden, weil sonst die Ortschaft überhaupt kein Wasser gehabt hätte. Eine Wasserknappheit sei nicht bekannt, weil derzeit 1,5 Sekundenliter zugeleitet würden, was dem Bedarf von 120 Haushalten entspreche.

 

Der Zweitbeschwerdeführer wies darauf hin, dass es in einem Hochsommer zweimal Probleme mit der Wasserversorgung gegeben habe.

 

Die Vertreterin der Erstbeschwerdeführerin führte weiters aus, dass sie sich auch deshalb gegen den Beschluss gewandt habe, weil sie zum Teil alleine die Kosten für die Instandhaltung des Bassins getragen habe.

Schließlich wurde noch diskutiert, dass der Beschluss keine Kostenbeteiligung der neu hinzutretenden Mitglieder an der Sanierung vorgesehen habe. Der Obmann wendete dazu ein, dass laut Beschluss zu TOP 6 ein „Einkaufsbetrag“ von 2.000,-- Euro zu leisten gewesen wäre.

 

In der Verhandlung wurde von der Rechtsvertreterin der Erstbeschwerdeführerin die Zuerkennung eines Aufwandersatzes beantragt.

 

 

 

IV.        Rechtsgrundlagen:

 

§ 51 Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetz 1979 - K-FLG

LGBl.Nr. 64/1979 zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 85/2013

Überwachung der Agrargemeinschaften;

Entscheidung von Streitigkeiten

 

…..

 

      (2) Über Streitigkeiten, die zwischen den Mitgliedern einer Agrargemeinschaft untereinander oder mit dem gemeinsamen Verwalter oder zwischen einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft und ihren Organen oder Mitgliedern aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen, entscheidet die Agrarbehörde.

      (3) Beschlüsse der Vollversammlung, die gegen Gesetze, den Regulierungsplan, den Wirtschaftsplan, die Verwaltungssatzungen oder den vorläufigen Bescheid verstoßen und wesentliche Interessen der Agrargemeinschaft oder ihrer Mitglieder verletzen, dürfen von der Agrarbehörde von Amts wegen aufgehoben werden. Im Verfahren kommt der Agrargemeinschaft Parteistellung zu.

 

 

 

„§ 74 Wasserrechtsgesetz – WRG,

BGBl. Nr. 215/1959 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 97/2013

Einteilung und Bildung der Wassergenossenschaften.

 

      (1) Eine Wassergenossenschaft wird gebildet

                    a)     durch Anerkennung einer freien Vereinbarung der daran Beteiligten (freiwillige Genossenschaft),

                    b)     durch Anerkennung eines Mehrheitsbeschlusses der Beteiligten und gleichzeitige Beiziehung der widerstrebenden Minderheit (Genossenschaft mit Beitrittszwang, § 75),

                    c)     durch Bescheid des Landeshauptmannes (Zwangsgenossenschaft, § 76).

      (2) Der Anerkennungsbescheid schließt die Genehmigung der Satzungen in sich. Die Wassergenossenschaft erlangt Rechtspersönlichkeit als Körperschaft öffentlichen Rechtes, wenn gegen einen Bescheid gemäß Abs. 1 kein ordentliches Rechtsmittel mehr ergriffen werden kann.

      (3) Zur Bildung einer Wassergenossenschaft sind mindestens drei Beteiligte erforderlich.

      (4) Mangels anderweitiger Vereinbarung tritt durch die Bildung einer Wassergenossenschaft keine Änderung in bestehenden Wasserberechtigungen oder im Eigentume von Wasseranlagen ein.

 

 

Aus der Satzung der Agrargemeinschaft Nachbarschaft xxx

(III. Anhang zum Generalakt; xxx)

 

§ 1

...

      (3) Die Agrargemeinschaft ist selbstständiges Rechtssubjekt und kann Rechte erwerben und Verpflichtungen eingehen.

 

§ 8

 (1) Gegen Mehrheitsbeschlüsse können die überstimmten Mitglieder binnen 8 Tagen an die Agrarbehörde schriftlich eine Minderheitsbeschwerde erheben.

...

 

Aus den Satzungen der Wassergenossenschaft xxx

 

§ 2

Zweck und Umfang der Genossenschaft

Zweck der Genossenschaft ist die Versorgung der Bewohner der Liegenschaften xxx 1, 3, 4, 5, 7, 11, 13 und 14 mit Trink- und Nutzwasser.

 

 

 

§ 5

...

      (3) Die Mitgliederversammlung ...

...

              lit. l) beschließt über die nachträgliche Einbeziehung und Ausscheidung sowie Änderungen von Anlagen und Objekten

...

 

 

§ 8

 (1) Dem Ausschuss obliegt die Leitung und die Besorgung der laufenden Angelegenheiten...

in seinen Wirkungsbereich gehören insbesondere

              lit. a) alle zur Ausführung der genossenschaftlichen Anlagen und Arbeiten notwendigen Anordnungen ...

              lit. b) die Beaufsichtigung der Genossenschaftsarbeiten und Instandhaltung der genossenschaftlichen Anlagen

...

 

§ 12

Wartung der Anlage

1.     Mit der Wartung der Anlage wird ein Wasserwart betraut.

2.     Die Anlage ist vom Wasserwart gemäß der beschlossenen Dienstanweisung zu warten.

 

VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV

BGBl. II Nr. 517/2013

Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze (VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV)

 

Auf Grund der §§ 35 Abs. 4 Z 3 und 53 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 122/2013, wird verordnet:

      § 1. Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird wie folgt festgesetzt:

……….

 

 

 

 

V.          Festgestellter Sachverhalt:

 

Die Agrargemeinschaft Nachbarschaft xxx hatte in den 1950er Jahren eine Wasserleitung vom xxx bis in die xxx neu verlegt; Zweck: Bewässerung der Felder und Trinkwasserversorgung (Protokollbuch der AG, 23.04.1953).

 

Offensichtlich wurde durch die Baumaßnahmen der xxx dann die Wasserversorgung in der Nachbarschaft xxx derart beeinträchtigt, dass eine Neuanlage erforderlich wurde (Vollversammlung vom 15.11.1966):

 

„Durch die Bauvorhaben der xxx ist die ursprüngliche Wasserversorgung der Ortschaft xxx in dem Ausmaß eingeschränkt, dass erstens der Bedarf im Ganzen nicht mehr gedeckt wird und das Wasser in dem Maße verunreinigt ist, dass dieses weder als Nutz- noch als Trinkwasser verwendet werden kann. Die Nachbarschaft xxx stellt das Begehren, sofort durch Veranlassung der xxx obgenannte Missstände abzustellen, widrigenfalls das erforderliche Hauswasser auf Kosten der xxx in irgendeiner Form, durch Zufahrt mit Tankwagen oder dergleichen herbeizuschaffen. ....“

 

Die gegenständliche Wasserversorgungsanlage für die Ortschaft xxx wurde von der xxx (Quellfassung, Rohrleitung bis in GSt xxx KG xxx, „xxx“) und der AG NB xxx (Bassin auf dem GSt xxx KG xxx und abgehende Leitungen), Ende des Jahres 1967 errichtet. Grundlage für deren Errichtung war eine Verpflichtung des Kraftwerkserrichters xxx, der AG als Ersatz für die beeinträchtigte Wasserversorgung ausreichend Trinkwasser bereitzustellen.

Die Quellfassung erfolgt im Hochalmbereich (auf einem Almgrundstück des Obmanns) und wird das Wasser durch die Stollenanlagen in den Ortschaftsbereich transportiert.

 

Das gegenständliche Wasserbassin hat sich zum Zeitpunkt des Erwerbs der xxx durch den Mann der Erstbeschwerdeführerin (1984) bereits an Ort und Stelle (GSt xxx KG xxx) befunden; es ist von deutlich wahrnehmbarer Größe auf einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück und sogar auf dem Satellitenbild als Gebäude erkennbar. Dieses Gebäude weist in seinem Inneren zugehende und abgehende Wasserleitungen auf. Die abgehenden Leitungen dienen offenkundig nicht (nur) der Versorgung der xxx - Liegenschaft.

 

Einmal kam es im Hochsommer aufgrund langanhaltender, extremer Trockenheit zu kurzzeitigen Beeinträchtigungen der Wasserversorgung.

 

Aufgrund der Streitereien hat der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin der AG kurzzeitig den Zugang zum Bassin zur Durchführung von Reparaturen verweigert; diesen dann – nach Intervention – ermöglicht (Aussagen in der mündlichen Verhandlung).

 

Mit Bescheid vom 01.08.2017; Zahl: xxx, wurde bei der Bezirkshauptmannschaft xxx die Wassergenossenschaft xxx durch Genehmigung der Satzungen gegründet.

Am 22.06.2017 wurde eine grundsätzliche Einigung in einem Zivilgerichtsverfahren zwischen einem Teil der Agrargemeinschaftsmitglieder und der Erstbeschwerdeführerin abgeschlossen. Letztendlich soll es zu einer Trennung der Wasserversorgung in zwei Teiläste kommen; ein Drittel der Wassermenge soll von den Beschwerdeführern genutzt werden, die restlichen zwei Drittel von der Wassergenossenschaft xxx. Die diesbezüglichen Anlagen sollen teilweise neu errichtet werden. Eine abschließende Einigung (Vereinbarung) ist noch nicht erfolgt; Meinungsverschiedenheiten betreffen den notwendigen (neu zu errichtenden) Verteilerbehälter. Das streitgegenständliche Wasserbassin wird dann nicht mehr benötigt.

 

Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Senats war weder eine zivilrechtliche Vereinbarung über den künftigen Wasserbezug allseits unterfertigt noch das Projekt, das künftig als Anlage der WG xxx gelten soll, behördlich genehmigt.

 

Verfahrensgegenständlich sind folgende Beschlüsse der NB xxx vom 10.02.2017:

?       die Sanierung eines Trinkwasserbassins auf Parzelle xxx, KG xxx (TOP 5) und

?       die Aufnahme von zwei näher bezeichneten Grundeigentümern „in das Wasserbassin“ gegen einen Beitrag von € 2.000,-- (TOP 6).

In einer weiteren Vollversammlung am 14.11.2017 hat die Nachbarschaft xxx – unter der Voraussetzung der rechtskräftigen behördlichen Genehmigung und Umsetzung des wasserrechtlichen Projekts – die bekämpften Beschlüsse wieder zurückgenommen.

 

VI.        Beweiswürdigung:

 

Aussehen und Funktionsweise des beschlussgegenständlichen Wasserbassins wurden in der Verhandlung durch Fotos nachgewiesen, sie sind unter den Parteien unstrittig.

 

Aufgrund der nachfolgend angeführten Vollversammlungsprotokolle ist es für das Landesverwaltungsgericht Kärnten eindeutig erwiesen, dass es sich bei der Wasserversorgung der Ortschaft xxx um eine gemeinsame Anlage der xxx und der AG handelt; wobei die xxx bis zur Übergabe an die Agrargemeinschaft „Nachbarschaft xxx“ im xxx verfügungsberechtigt ist, dann die AG. Bei dem Übergabebassin im xxx handelt es sich nicht um eine selbständige Anlage (iSd WRG), sondern um Zubehörsanlagen (Teile einer Anlage); weil nur mit diesem Bassin alleine der Zweck der Wasserversorgung nicht erreicht werden könnte.

 

Im Protokollbuch wird die Wasserversorgung der Ortschaft laufend thematisiert: (Wasserleitung bei der xxx, 08.08.1954; die „Wasserleitung der NB xxx“, 23.12.1956 –Bestellung eines Aufsehers), im Zusammenhang mit der Errichtung eines Zubringerweges „wird vorgeschlagen die in der xxx -Parzelle befindliche Quelle als Ersatz heranzuziehen“ (14.09.1961), Verlängerung der Wasserleitung in den xxx: 10.02.1962 ; Wasseranschluss der Firma xxx bei der Grabenwasserleitung der NB xxx zur Baustellenversorgung (16.11.1965), Ansuchen des Herrn xxx um Anschluss zur Hauswasserleitung (8.12.1965; Anschlussbeitrag 5.000,- ÖS).

Laut Protokoll vom 16.01.1967 hat „die Regelung der Wasserleitung mit der xxx in den nächsten Tagen zu erfolgen; bei der sämtliche Anteilshaber anwesend sein sollen.“ Am 05.03.1967 wurde unter Punkt II. unter „Errichtung der Wasserleitung“ die Ausarbeitung eines Projekts einstimmig beschlossen; am 06. April 1967 haben „die Nachbarschaftsmitglieder ... den einstimmigen Beschluss gefasst, eine Ersatzwasseranlage von der xxx, gemäß des Bescheides des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Zahl: ..., zu verlangen, welche in der Ausführung des vorgelegten Projektsplanes zur Ausführung kommen soll.“ Diesem Beschluss ist die Wortfolge „die Wasserversorgung der Ortschaft (Nachbarschaft xxx)“ vorangestellt.

 

In der Vollversammlung vom 07.10.1967 war die Errichtung eines Wasserbehälters im xxx Gegenstand („Durch die Entnahme des xxx durch die xxx ist die bisherige Wasserversorgung nicht mehr möglich. Die xxx hat auf oben erwähntem Grund aus dem xxx Triebwasserstollen als Ersatz eine einwandfreie Quelle erschlossen und diese verpflichtet sich, die Zuleitung bis ins sogenannte xxx und zwar in diesem Bereich, wo die Quellaustritte waren, zu verlegen. Um die Wasserversorgung der Ortschaft sicher zu stellen, ist es notwendig ein entsprechendes Verteilsreservoir zu errichten, von welchem die Hauszuleitungen angeschlossen werden und soll eine Größenordnung von 15 m³ aufweisen. Herr xxx, als Vertreter seiner Gattin, welche Eigentümerin der Grundparzelle ist, auf welcher das Bassin zu stehen kommt, bewilligt die Grundinanspruchnahmen erforderlichen Ausmaß zum Zwecke der Errichtung, Wartung und Instandhaltung desselben. xxx hat sich soeben entfernt und hat eine unannehmbare Forderung über die Grundinanspruchnahme gestellt“).

 

Es existiert weiters eine Vereinbarung (13.12.1967) mit der xxx, gefertigt von der Nachbarschaft xxx, betreffend die Ersatzwasserversorgung der Ortschaft (Ausleitung einwandfreien Trinkwassers aus einer gefassten Quelle im Hauptstollen, winterfeste Verlegung der Wasserleitung vom Hauptstollenportal bis zu dem von der Nachbarschaft xxx errichteten Wasserbehälter oberhalb des Anwesens xxx).

 

Am 19.10.1968 wurde über die Grundbeanspruchung der xxx in Bereich des xxx Beschluss gefasst (am oberen Ende der Wasserleitung).

 

In der Vollversammlung am 23.06.1973 wurde der Obmann der NB beauftragt, im Hinblick auf die Verunreinigung des Wassers mit der xxx Kontakt aufzunehmen; ähnlich auch die Vollversammlung vom 26.07.1976.

 

Das Vorbringen, dass diese bauliche Anlage ohne Zustimmung der Grundeigentümerin hätte errichtet werden können, ist angesichts der Dimensionen dieses Bauwerkes vollkommen unvorstellbar.

 

Die Wasserversorgung ist aufgrund des Umstandes, dass die xxx verpflichtet ist, eine gewisse Menge an Wasser direkt am Bassin zur Verfügung zu stellen, nicht mit einer solchen aus einer Quelle vergleichbar. Dieser Anlagenteil dient daher nicht zur Fassung einer Quelle, definiert man eine solche als Schnittstelle zwischen zu Tage quellendem Grundwasser und Oberflächenabfluss; vgl. Oberleitner/Berger, WRG, vor § 1; Rz 9.

 

Eine kurzzeitige Wasserknappheit ist nur in einem extrem trockenen Sommer aufgetreten (Aussage des Zweitbeschwerdeführers).

 

VII.      Rechtliche Würdigung:

 

a.    Zur Rechtzeitigkeit:

 

Der angefochtene Bescheid ist der Erstbeschwerdeführerin am 21.06.2017, dem Zweitbeschwerdeführer am 22.06.2017 zugestellt worden. Die Beschwerde wurde vorab am 19.07.2017 um 21:32 Uhr an die persönliche E-Mail-Adresse einer Sachbearbeiterin bei der Agrarbehörde übermittelt, postalisch (inklusive der Beilagen) erfolgte die Aufgabe, wie Nachforschungen ergaben, am 20.07.2017.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde vier Wochen.

 

Im Fall der Erstbeschwerdeführerin war der 19.07.2017 der letzte Tag der Beschwerdefrist. Die Agrarbehörde Kärnten hat wohl eine Kundmachung erlassen, mit der die Einbringung auf elektronischem Wege auf die Amtsstunden und bestimmte „Post“-E-Mail-Adressen beschränkt wurde, jedoch war diese Beschränkung der Einbringungsmöglichkeiten zum damaligen Zeitpunkt im Internet (ktn.gv.at) nicht bekannt gemacht worden. Im Gegenteil; die Homepage der Agrarbehörde Kärnten enthielt noch den Hinweis, dass bei sämtlichen Mitarbeitern dieser Abteilung „Anliegen“ deponiert werden könnten; und wurden alle Mitarbeiter-E-Mail-Adressen angeführt. Als Kundmachung gemäß § 13 Abs. 2 AVG war im Internet nur eine solche des (in dieser Form nicht mehr existierenden) „Amtes der Kärntner Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz“ auffindbar, die keine Beschränkung auf die Amtsstunden enthielt.

 

Die Beschwerde ist daher als rechtzeitig zu werten, ebenso die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers.

b. „Rücknahme“ der angefochtenen Beschlüsse (weil in weiterer Folge keine):

 

Das Verwaltungsrecht kennt keine bedingten Prozesshandlungen von Verfahrensparteien: so ist die Rücknahme einer Beschwerde bzw. Minderheitsbeschwerde (Zweitbeschwerdeführer) unter der Bedingung, dass der Agrargemeinschaft keine Kosten entstehen, unbeachtlich; vor allem deshalb, weil die Rücknahme nicht gegenüber der Behörde bzw. dem Gericht ausgesprochen wurde.

 

Die AG ist an ihre Beschlüsse grundsätzlich nicht gebunden; sie kann die Beschlüsse aufheben oder abändern.

Die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse durch die AG geschah unter der aufschiebenden Bedingung einer Genehmigung und Umsetzung des Projektes, welche wiederum – zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des erkennenden Senats – nicht erfolgt ist. Es ist daher davon auszugehen, dass sowohl die Beschwerden (vgl. die ausdrückliche Erklärung des Zweitbeschwerdeführers in der Verhandlung) als auch die angefochtenen Beschlüsse noch aufrecht sind.

 

c. Zwecküberschreitung

 

Grund der Minderheitsbeschwerden war, dass die AG mit den Beschlüssen ihren Zweck überschritten und so in private Rechte eingegriffen habe. Weiters würden (dies wurde erst in der Bescheidbeschwerde so konkretisiert) mögliche nachteilige Konsequenzen, insbesondere Gefährdung der Trinkwasserversorgung der ursprünglichen Wasserbezieher, durch die Aufnahme zweier weiterer Haushalte drohen.

 

Wie es sich aus § 48 Abs.2 K-FLG und aus den Satzungen ergibt, ist die (körperschaftlich eingerichtete) Agrargemeinschaft rechtsfähig.

 

Primärer Zweck einer Agrargemeinschaft einst und jetzt liegt in der Verwaltung, pfleglichen Bewirtschaftung und Nutzung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke (vgl. § 85 K-FLG und die dort festgeschriebenen Regelungsziele) gemäß den Anteilsrechten und den Vorschriften in Regelungsplänen und Satzungen (VwGH 2004/07/0070). Aus der Satzung ist aber nirgends ein Verbot ableitbar, dass die Agrargemeinschaft außerhalb der ihr gehörenden Grundstücke Rechte erwerben oder Verpflichtungen eingehen kann: im Rahmen des Zwecks ist ein solcher Rechtserwerb selbstverständlich zulässig. Dass die Versorgung der Stammsitzliegenschaften mit Trinkwasser innerhalb dieses Rahmens liegt, bedarf keiner näheren Erörterung.

 

Es ist daher möglich, dass eine Agrargemeinschaft als Körperschaft über ersessene Wasserrechte verfügt und Eigentümerin einer Wasserversorgungsanlage ist.

 

d.    Zivilrechtliche und wasserrechtliche Vorfragen

 

Wenn also feststeht, dass die Agrargemeinschaft in der Lage ist, Rechte zu erwerben und dass sich dieser Rechtserwerb im Rahmen ihres Zweckes bewegt, ist – als Vorfrage (§ 38 AVG) - im gegenständlichen Verfahren weiters zu klären, ob und in welchem Ausmaß die Agrargemeinschaft Rechte erworben hat.

 

Zu differenzieren ist zwischen der Dienstbarkeit, das Grundstück zur Wartung und Instandhaltung zu betreten, und dem Eigentum an der Anlage selbst.

 

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (z.B. 5 Ob 270/03x) durchbricht die Offenkundigkeit einer Grunddienstbarkeit den Eintragungsgrundsatz im Grundbuch; dies beispielsweise auch dann, wenn der Berechtigte das Recht ersessen hat.

 

Die Agrargemeinschaft hat das Grundstück der Erstbeschwerdeführerin jahrzehntelang unbeanstandet in dem guten Glauben mitbenutzt, dass hiezu ein Recht bestehe. Ein gutgläubiger, lastenfreier Erwerb der belasteten Liegenschaft kann insofern nicht stattfinden, als die Dienstbarkeit offenkundig, das heißt für jedermann erkennbar ist; wovon aufgrund des Sachverhaltes auszugehen ist. Die Wasserversorgungsanlage ist seit dem Jahr 1968 in Betrieb; die Ersitzungszeit für derartige Rechte beträgt 30 Jahre und ist diese Ersitzung während dieser 30 Jahre unbeanstandet geblieben. Sie bestehen zugunsten der Nachbarschaft xxx, weil sich ihre Zuständigkeit aus den vielen, im Sachverhalt dargestellten, Protokollbucheinträgen ergibt, wonach immer die Nachbarschaft über die Wasserversorgungsanlage verfügungsberechtigt war.

 

Eine Freiheitsersitzung ist im Hinblick auf die Wassernutzung nicht eingetreten, weil ja die Wasserversorgung der Ortschaft nach wie vor aus diesen Anlagen gewährleistet wird; und auch die Instandhaltung wurde – wenn auch erst nach behördlicher Intervention – gestattet, sodass von einer dauerhaften Widersetzung nicht die Rede sein kann.

 

 

Soweit die Beschwerdeführer vorbringen, es handle sich um keine agrargemeinschaftliche Anlage, ist ihnen der Sachverhalt entgegen zu halten, wonach deutlich hervorgeht, dass die Wasserversorgung der Ortschaft xxx jedenfalls Gegenstand von zahlreichen Vollversammlungsbeschlüssen der AG war; auch die Errichtung des Wasserbassins ist durch die vorgelegten Dokumente der AG zuzuordnen. Dass kein expliziter Beschluss dazu existiert, mag daran liegen, dass letztlich doch einvernehmlich gebaut wurde. Dass allfällige Streitigkeiten (wie sie durch den behaupteten Bau gegen den Willen der damaligen Grundeigentümerin mit Sicherheit ausgelöst worden wären) dann nicht ihren Niederschlag im Protokollbuch gefunden hätten, ist auszuschließen. Im Protokollbuch steht aber nichts über derartige Streitigkeiten. Überdies sind die Beschwerdeführer jeden Beweis für ihre These schuldig geblieben und beschränken sich in ihrem Vorbringen auf bloße Mutmaßungen.

 

Das Bassin selbst ist – unselbständiger – Teil der Anlage, die vom Hochalmbereich bis zu den einzelnen Wasserbeziehern führt. Das Grundwasser wird im Hochalmbereich und nicht bei diesem Bassin gewonnen, daher geht der Hinweis auf § 10 WRG (Benutzung des Grundwassers) völlig fehl, ebenso die von der Erstbeschwerdeführerin vehement vertretene Annahme, es handle sich um „Wasserbezugsrechte“, denen sie als belastete Grundeigentümerin gegenüber stünde. Die Quelle auf ihrem Grund ist durch die Baumaßnahmen der xxx seit Jahrzehnten versiegt.

 

Hingewiesen wird auch noch auf § 74 Abs. 4 des Wasserrechtsgesetzes, wonach die Gründung einer Wassergenossenschaft keinen Einfluss auf die vorhandenen privaten Wasserrechte hat, soferne keine Vereinbarung abgeschlossen wird.

 

e. Minderheitsbeschwerden

 

Die Minderheitsbeschwerde ist grundsätzlich eine Streitigkeit aus dem Gemeinschaftsverhältnis mit besonderen Austragungsregeln, die sich aus der Satzung ergeben (VwGH 2011/07/0131): ist ein Vollversammlungsbeschluss Gegenstand der Streitigkeit, ist die Minderheitsbeschwerde die einzige Möglichkeit, diesen Streit (gemäß § 51 Abs. 2 K-FLG) an die Behörde heranzutragen. Aber auch der Beschlussgegenstand ist von Bedeutung: es muss sich um eine Angelegenheit handeln, bei der die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Agrargemeinschaftsmitglied in seinen Rechten verletzt ist. Handelt es sich also grundsätzlich um eine privatrechtliche Beziehung zur Agrargemeinschaft, müssten die Gründe, warum er sich gerade als Mitglied der Agrargemeinschaft beschwert fühlt, im Verfahren besonders dargestellt werden (VwGH Ra 2017/07/0002).

 

Im verwaltungsbehördlichen Verfahren haben die Beschwerdeführer in ihren gemeinsam verfassten Eingaben lediglich darauf hingewiesen, dass sie (wohl die Erstbeschwerdeführerin) in ihrem Recht als Grundeigentümerin durch den gegenständlichen Beschluss der Agrargemeinschaft verletzt wird; bzw. als Eigentümerin des Wasserbassins. Erst in der Beschwerde wurde die Zwecküberschreitung und die mögliche Gefährdung der Wasserversorgung ins Spiel gebracht, erst in der mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass eine mögliche unverhältnismäßige Kostenbeteiligung (im Vergleich zu den hinzugekommenen Wasserbeziehern) ebenfalls im Raum steht.

 

Weil das Bassin eine agrargemeinschaftliche Anlage darstellt, kann die Agrargemeinschaft jedenfalls Sanierungsbeschlüsse, wie den zu Tagesordnungspunkt 5. fassen. Bei Gefahr in Verzug ist sie sogar ihren Mitgliedern gegenüber zu einem derartigen Beschluss verpflichtet; dass dabei keine detaillierte Kostentragungsregelung getroffen wurde, vermag noch keine Einschränkung von Mitgliedschaftsrechten zu bewirken.

 

Die Agrargemeinschaft ist – im Rahmen ihres Zwecks – auch selbstverständlich dazu in der Lage, rechtliche Beziehungen zu dritten Personen (im vorliegenden Fall: die Aufnahme weiterer Wasserbezieher an der agrargemeinschaftlichen Anlage) zu unterhalten bzw. zu begründen. Dass es in extremen Trockenheitsphasen zu kurzzeitigen Beeinträchtigungen der Wasserversorgung gekommen ist, ist grundsätzlich nichts Ungewöhnliches; vor dem Hintergrund, dass die xxx zur Bereitstellung einer gewissen Wassermenge vertraglich verpflichtet ist, ist auch durch diesen Beschluss (TOP 6.) keine Beeinträchtigung subjektiver Rechte eines Agrargemeinschaftsmitgliedes bewirkt worden.

 

f.    Sonstiges

 

Die Rechtslage wird völlig verkannt, wenn darauf hingewiesen wird, dass den neuen Wasserbeziehern die Stellung eines „Agrargemeinschaftsmitgliedes“ zukommen soll, dafür gibt der Beschlusswortlaut keinen Anhaltspunkt. Die Nichtigerklärung gemäß
§ 68 AVG ist dem Verwaltungsgericht gar nicht (§ 17 VwGVG) und gewissen Behörden nur bei rechtskräftigen Bescheiden möglich, sodass sich ein Eingehen darauf, in Bezug auf Vollversammlungsbeschlüsse, erübrigt. Schließlich findet das Begehren auf Zuerkennung eines Aufwandersatzes in der VwG – Aufwandersatzverordnung keine Deckung.

 

Die Beschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen bzw. der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

VI.        Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die Rechtsprechung zum Zweck einer Agrargemeinschaft, zur Minderheitsbeschwerde und zum Thema, wann durch einen Vollversammlungsbeschluss subjektive Rechte eines Mitgliedes verletzt werden können, ist eindeutig; die wesentlichen Grundzüge dieser Rechtsprechung wurden im Text dargestellt und hat sich das Verwaltungsgericht an dieser Rechtsprechung orientiert. Es wird darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführer im verwaltungsbehördlichen Verfahren gar nicht, in der Beschwerde nur ansatzweise und erst in der mündlichen Verhandlung auf mögliche Verletzungen ihrer subjektiven Rechte als Mitglieder der Agrargemeinschaft behauptet haben. Trotzdem ist das Landesverwaltungsgericht auf diese Einwände eingegangen und hat das Vorbringen einer Prüfung unterzogen.

Schlagworte

Wasserversorgung, Agrargemeinschaft, Wassergenossenschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGKA:2018:KLVwG..S4.1517.1518.30.2017

Zuletzt aktualisiert am

28.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Kärnten LVwg Kärnten, http://www.lvwg.ktn.gv.at
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