TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/18 L504 2174358-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.05.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.05.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

L504 2174350-1/9E

L504 2174360-1/6E

L504 2174355-1/6E

L504 2174357-1/6E

L504 2174358-1/6E

L504 2174353-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerden von

1. XXXX StA. Irak, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.10.2017, Zl. 1089841805-151486206,

2. XXXX StA. Irak, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.10.2017, Zl. 1089842007-151486311,

3. XXXX StA. Irak, vertreten durch die Mutter XXXX diese vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.10.2017, Zl. 1089842203-151486338,

4. XXXX StA. Irak, vertreten durch die Mutter XXXXdiese vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.10.2017, Zl. 1089842410-151486354,

5. SXXXX StA. Irak, vertreten durch die Mutter XXXX diese vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.10.2017, Zl. 1089842508-151486397,

6. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die MutterXXXX diese vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.10.2017, Zl. 1089842105-151486273,

zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß §§ 3, 8, 57, AsylG 2005 idgF, § 10 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG idgF, §§ 52 Abs 2 Z 2 u. Abs 9, 46, 55, FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrenshergang

1. Die beschwerdeführenden Parteien [bP1-bP6] stellten nach nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 25.09.2015 Anträge auf internationalen Schutz. Bei den bP3-bP6 handelt es sich um die minderjährigen Kinder der verheirateten bP1 und bP2. Es handelt sich dabei um irakische Staatsangehörige arabischer Volksgruppenzugehörigkeit mit schiitischem Glaubensbekenntnis, die zuletzt in Bagdad lebten. Die Familie hat ihren Angaben nach im August 2014 den Irak legal per Flugzeug in Richtung Türkei verlassen.

Am 05.10.2015 wurden die bP1-bP2 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Die bP1 brachte dabei als Ausreisemotiv Folgendes vor:

"Ich bin von Beruf Fischer. Eines Tages habe ich zwei Kinder in einem Zimmer gefunden. Sie waren dort eingeschlossen. Als sie mich gesehen haben, haben diese Angst bekommen und wollten flüchten. Ich habe den Kindern gesagt sie sollen keine Angst haben und sie zur Polizei gebracht. Ich wollte dort meinen Namen nicht bekannt geben, weil ich Angst hatte. Dennoch haben sie meinen Namen protokolliert und nach etwa 8 Tagen ist eine Gruppe zu mir nach Hause gekommen und haben mich bedroht. Sie schossen auch auf mein Haus. Ich weiß nicht wer diese Gruppe ist. Diese schrien laut vor meinem Haus: "Wissen sie was sie getan haben!"

Sie haben auch damit gedroht, mir meine Kinder wegzunehmen. Ich will nicht, dass meine Kinder im Irak aufwachsen, da sich dort alles nur um Waffen dreht. Es ist mir egal was mit mir passiert. Mir sind meine Kinder sehr wichtig. Ich habe meine Kinder hier her gebracht, dass diese in Sicherheit und Frieden aufwachsen und leben können. Sie sollen ein erfülltes Leben haben. Sie sollen auch eine gute Ausbildung erhalten.

Ich will unbedingt in Österreich bleiben, da das Volk hier ausgesprochen nett und gut ist."

Am 13.02.2017 wurden die bP1 und bP2 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [BFA] niederschriftlich zu ihren Fluchtgründen befragt. Die bP1 zum Ausreisemotiv im Wesentlichen folgende Angaben:

[...]

LA: Aus welchem Grund haben Sie nunmehr Ihren Herkunftsstaat verlassen bzw. einen Asylantrag gestellt?

VP: Ich war Fischer. Jeden Tag ging ich etwa um 10 Uhr aus dem Haus und war meistens auch in verlassenen Gegenden fischen.

Auf dem Weg bin ich bei einem Fluss stehengeblieben und neben dem Fluss war eine Hütte in der landwirtschaftliche Geräte gelagert waren. Dort hörte ich Kinder weinen.

Ich schaute nach, die Tür war versperrt. Die Kinder waren da eingesperrt und da die Gegend verlassen war dachte ich an eine Entführung.

Ich fragte die Kinder was sie da machen, sie sagten, dass sie von der Straße mitgenommen und hierher gebracht wurden.

Mit einem Stein schlug ich dann die Tür auf, es waren zwei etwa sieben Jahre alte Buben.

Einer konnte nicht gehen, ich weiß nicht warum. Ich nahm sie dann auf meinem Motorrad mit. Das war ein Amzat Bj. 1982, und fuhr mit ihnen weg. Ich hatte Angst, dass etwas passieren könnte. Ich erreichte die Hauptstraße und fuhr zu meinem Stadtteil Nahrauan. Am Eingang dort gab es einen Checkpoint des Militärs. Ich habe die Kinder dort abgegeben und erklärt wo ich sie gefunden hatte. Gemeinsam mit den Kindern wurde ich zur Polizeidienststelle gebracht und die Daten wurden aufgenommen. Die Beamten haben sich bedankt und sagten sie würden sich melden, falls sie was brauchten. Acht Tage später in der Nacht nach dem Abendessen kamen ca.: 8 Männer zu mir.

Sie schrien laut und schlugen auf die Tür ein. Sie sagten: "Du weißt, was du gemacht hast, du hast unsere Monate lange Arbeit zerstört!"

Ich weiß nicht wie sie mich gefunden haben. Sie schossen dann auf mein Haus, ich versteckte die Kinder im Bett. Sie drangen in den Vorgarten ein. Hinter meinem Haus waren die Häuser von meinen Brüdern und von hinten waren die Häuser miteinander verbunden. Durch die Hintertür brachte ich die Kinder ins Haus meines Bruders XXXX. Die Bewohner der Ortschaft lieferten sich dann mit denen ein Gefecht und eine Polizeistreife kam auch und wir schlugen die Angreifer in die Flucht. Bis zum nächsten Morgen blieb ich im Haus meines Bruders. Am nächsten Morgen ging ich zur Polizeidienststelle und erklärte was passiert war, sie wollten die Namen der Angreifer wissen und wollten Personenbeschreibungen haben. Da ich keine genauen Angaben machen konnte, konnte mir die Polizei auch nicht helfen.

Sie verlangten von mir Geld, eine Million IRQ Dinar um Tätig zu werden, soviel hatte ich nicht.

Ich kehrte zurück und rief meinen Cousin XXXX an, er ist in der Stadt XXXX wohnhaft.

Er sollte für mich dort eine Wohnung besorgen. Er rief am Abend noch an und sagte er hätte eine Hühnerfarm gefunden, wo ich leben und arbeiten könnte.

Er holte mich mit seinem Wagen vom Haus meiner Eltern ab. In der Nacht um 10:00 war er da, und um eins fuhren wir mit meinem Bruder Hila los. Mit der ganzen Familie wohnten wir dann ein Jahr und drei Monate in der Hühnerfarm.

Im Juni 2014 kamen dann in der Nacht auch vermummte Männer zur Hühnerfarm und schossen auf das Gebäude. Die Bewohner und Nachbarn lieferten sich dann wieder ein Gefecht, und Soldaten die in der Nähe waren kamen dann zu uns und die Angreifer zogen sich zurück. Uns ist wie durch ein Wunder nichts passiert. Die Leute fragten dann was los war und wer uns Angegriffen hätte. Ich sagte, dass es Banditen waren. Danach zogen wir in ein Haus im Stadtteil XXXX. Ungefähr Ende Juni

Verbesserung bei Rückübersetztung: Ende Juli

kamen meine Cousins Väterlicherseits zu mir und sagten mir, dass es Leute gibt die in der Gegend herumfragten, ob eine Familie neu eingezogen ist. Ich bekam Angst und fragte meinen Vater was zu tun sei. Er sagte ich sollte ins Elternhaus im Stadtteil XXXX kommen. Mein Vater meinte ich solle nicht mehr im Land bleiben, weil man weiß nicht wer hinter mir her ist und warum ich überhaupt von diesen Personen gesucht werde.

Ich ließ mir und meiner Familie Reisepässe ausstellen. Ich wurde finanziell von meinen Brüdern im Ausland (einer in den USA, 2 in Norwegen) und meiner Familie unterstützt und wir reisten mit dem Flugzeug legal in die Türkei aus.

Dort waren wir mit der ganzen Familie ein Jahr und 1 Monat. Mein Bruder XXXX verkaufte sei Haus und Auto und kam auch in die Türkei. Er erzählte auch, dass diese Leute ihm das Leben erschwert hätten. Er befürchtete sogar, dass diese Unbekannten bis in die Türkei kommen könnten und so beschlossen wir nach Europa aufzubrechen.

LA: Von was haben Sie in der Türkei gelebt?

VP: Ich habe in einer Autowäscherei mit meinem Sohn XXXX gearbeitet.

Das reichte kaum zum Leben, mein Cousin väterlicherseits der in Norwegen lebt hat mich auch unterstützt. Er hat schon die norwegische Staatsbürgerschaft, lebt dort seit ca. 30 Jahren und arbeitet in einer Autowerkstatt.

[...]

LA Haben Sie mit der Angel gefischt?

VP: Nein, ich ging zum Ufer und warf ein Netz hinein. Manchmal waren darin Fische, wenn ich nichts fangen konnte bin ich auch Taxi gefahren oder habe als Mechaniker gearbeitet.

LA: Haben Sie somit all Ihre Gründe für die Asylantragstellung in Vorlage gebracht?

VP: Es gibt noch weitere Gründe. Ich habe immer Angst um meine Kinder gehabt, immer wieder kommt es zu Anschlägen, die meisten Gespräche drehen sich um Gewalt und Waffen, die Kinder kennen sogar keine anderen Spielzeuge als Plastikwaffen und Kriegsspiel, ich wollte nicht, dass meine Kinder in solch einem Umfeld aufwachsen, ich glaube, wenn meine Kinder dort aufwachsen werden sie zu Mördern und Dieben. Ich möchte, dass meine Kinder etwas Ordentliches lernen, aber das ist im Irak momentan nicht möglich. Das Niveau in den Schulen ist nicht gut. Aber das ist allgemeiner Natur, gemeinsam mit meinen Erlebnissen wurde alles zu viel. Hier gehen die Kinder in die Schule und es geht uns hier gut und wir fühlen uns wohl.

LA: Theoretisch, was würden Sie im Falle einer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat befürchten?

VP: Ich habe Angst getötet zu werden und habe vor allem Angst um meine Kinder. Bis heute weiß ich nicht wer genau mich verfolgt hat.

[...]

Die bP2 brachte im Wesentlichen vor, dass sie Angst um das Leben ihrer Kinder habe. Sie und ihre Kinder hätten die gleichen Fluchtgründe wie der Ehegatte bzw. Vater [bP1].

Die Anträge auf internationalen Schutz wurden in weiterer Folge vom BFA gem. § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt, weil die bP eine asylrelevante Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft machen konnten (Spruchpunkt I.).

Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.).

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Das BFA gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ebenso wenig würde ein relevantes, die öffentlichen Interessen übersteigendes, Privat- und Familienleben vorliegen.

Die Anträge der Familienangehörigen bP1-bP6 wurden im Rahmen eines Familienverfahrens (§ 34 AsylG) im Ergebnis gleichlautend entschieden.

2. Gegen die genannten Bescheide wurde durch den bevollmächtigten Verein Menschenrechte Österreich innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

3. Mit Schreiben vom 23.10.2017 wurden für die bP Bestätigungen bzw. Unterlagen hinsichtlich ihrer Integration in Vorlage gebracht

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat zentral durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie den von den bP nachgereichten Unterlagen Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Zu den Personen der beschwerdeführenden Parteien:

Die bP1 bis bP6 sind Staatsangehörige des Irak, Angehörige der arabischen Volksgruppe bzw. der schiitischen Religionsgemeinschaft. Die bP1 und bP2 sind verheiratet und Eltern der minderjährigen bP3-bP6.

Die Identität steht fest.

Die letzten Jahre vor der Ausreise aus dem Irak lebten die bP1-bP6 in Bagdad und verdiente die bP1 den Lebensunterhalt der Familie als Fischer bzw. auch als Taxifahrer oder Mechaniker.

Die bP1 und bP2 haben in Österreich die Prüfung ÖSD Zertifikat A1 bestanden bzw. einen Werte- und Orientierungskurs absolviert. Die bP1 unterstützt zudem ihre Wohnsitzgemeinde bei der Grünraumpflege. Die bP3 besucht in Österreich eine Polytechnische Schule, die bP4 und bP5 eine Neue Mittelschule, sowie die bP6 eine Volksschule. Die bP3 ist zudem aktiver Nachwuchsspieler in einem Fußballverein, die bP5 und bP6 besuchen regelmäßig die Gruppenstunden der Katholischen Jungschar in ihrem Wohnort.

Die bP1-bP6 sind in Österreich zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes auf staatliche Zuwendungen angewiesen. Strafrechtliche Verurteilungen liegen in Österreich nicht vor.

Verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen sind nicht aktenkundig. Die bP1-bP6 leben in einem gemeinsamen Haushalt und sind relevante private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben.

1.2. Zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die bP vor der Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung ausgesetzt waren bzw. im Falle einer Rückkehr dorthin ausgesetzt wären.

Insbesondere konnte auch nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihre Heimatregion der Gefahr einer solchen Verfolgung bzw. einer realen Gefahr von Leib und/oder Leben ausgesetzt wären.

1.3. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Aus der vom Bundesamt herangezogenen Berichtslage ergibt sich zusammengefasst im Wesentlichen folgendes Lagebild:

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak ist geprägt von den bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den sogen. Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite. Resultat dieser Kämpfe ist die sukzessive Zurückdrängung des IS. Nach der vollständigen Befreiung der Stadt Mosul vom IS wird Ende 2017 von einer de facto Befreiung des Iraks vom IS gesprochen, wenngleich vereinzelt immer noch Anschläge des IS verzeichnet werden.

Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein erheblicher Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Insgesamt wurden seit 2014 über drei Millionen Binnenvertriebene sowie über eine Million Binnenrückkehrer innerhalb des Iraks registriert.

In den südirakischen Provinzen sowie im Großraum Bagdad, mit ihren rund 7,6 Millionen Einwohnern, sind vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen und Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu, sich in erster Linie gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richtet, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden.

Verstöße gegen die Menschenrechte sind auch außerhalb des vom IS beherrschten Gebietes verbreitet. Fälle von Folter werden ebenso verzeichnet wie Defizite im Justizsystem.

Irakische Sicherheitskräfte sind nicht landesweit in der Lage, den Schutz der Bürger generell sicherzustellen. Die Anwendung bestehender Gesetze ist nicht gesichert. Gerichte und Sicherheitskräfte verfügen vereinzelt nicht über ausreichend qualifiziertes Personal. Es gibt Fälle in denen Gewalttaten straflos bleiben. Personelle Unterbesetzung, mangelnde Ausbildung, mangelndes rechtsstaatliches Bewusstsein vor dem Hintergrund einer über Jahrzehnte gewachsenen Tradition von Unrecht und Korruption auf allen Ebenen sind hierfür die Hauptursachen. Bemühungen zur Abhilfe und zur Professionalisierung entstehen durch

internationale Unterstützung. So etwa im Rahmen der Unterstützung des Iraks im Kampf gegen IS bildet Italien Polizeikräfte fort. Deutschland finanziert ein Vorhaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zur Förderung einer bürgernahen lokalen Polizei.

Die Schwäche der irakischen Sicherheitskräfte erlaubt es vornehmlich schiitischen Milizen, wie den von Iran unterstützten Badr-Brigaden, den Asa'ib Ahl a-Haq und Kata'ib Hisbollah, Parallelstrukturen im Zentralirak und im Süden des Landes aufzubauen. Mit dem am 26.11.2016 verabschiedeten Gesetz über die Volksmobilisierung wurde der Versuch unternommen, einen Teil der Milizangehörigen in Strukturen unter dem formalen Oberbefehl des Premierministers zu überführen und einen Teil unter Zahlung eines Existenzminimums zu demobilisieren.

Die allgemeine wirtschaftliche Lage im Irak ist trotz des Ölreichtums des Landes aufgrund der jahrelangen kriegerischen Auseinandersetzungen und der teilweisen Besetzung durch den IS angespannt und weite Teile der Bevölkerung sind für ihr Fortkommen auch auf staatliche Lebensmittelzuteilungen angewiesen. Insgesamt stellt sich die Lage jedoch nicht dergestalt dar, dass jeder Iraker im Falle einer Rückkehr in die Heimat schon aufgrund seiner bloßen Anwesenheit der Gefahr fehlender Existenzmöglichkeiten ausgesetzt wäre.

2. Beweiswürdigung

Ad 1.1.1 Zur Person der beschwerdeführenden Parteien

Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt einheitlichen, im Wesentlichen widerspruchsfreien Angaben sowie ihren im Verfahren dargelegten Sprach- und Ortskenntnissen, sowie den vorgelegten Beweismitteln.

Ad 1.1.2. Zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates

Vorweg ist anzuführen, dass die im Verfahren aufgenommenen Niederschriften mit den Aussagen der bP iSd § 15 AVG vollen Beweis über den Verlauf und Gegenstand der Amtshandlung bilden und mit diesem Inhalt als zentrales Beweismittel der Beweiswürdigung unterzogen werden können. Gerade im Asylverfahren kommt der persönlichen Aussage des Antragstellers besondere Bedeutung zu, handelt es sich doch im Wesentlichen behauptetermaßen um persönliche Erlebnisse über die berichtet wird, die sich vielfach insbesondere auf Grund der faktischen und rechtlichen Ermittlungsschranken der Asylinstanzen weitgehend einer Überprüfbarkeit entziehen.

Die bP traten den Gegenbeweis der Unrichtigkeit des darin bezeugten Vorganges nicht an.

Die belangte Behörde legte im Rahmen der Beweiswürdigung dar, dass die angegebenen Flucht- und Asylgründe nicht glaubhaft seien und die bP keine konkrete Bedrohung oder Verfolgung im Irak erlitten hätten. Diesbezüglich wird auf die nachfolgend auszugsweise dargestellte Beweiswürdigung des BFA hinsichtlich der bP1 verwiesen, zumal sich auch die bP2-bP6 auf deren Fluchtgründe beriefen.

"[...] Die Befreiung der zwei Knaben im Jahr 2013 durch Sie ist lobenswert, kann jedoch seriöser Weise in keinen Zusammenhang mit dem Überfall auf Ihr Wohnhaus gebracht werden.

Jenes Ereignis war auch im Irak eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen von Privatpersonen und kann daher nicht unter das Asylgesetz subsummiert werden.

Auch die Tatsache, dass der Angriff offenbar mit Waffengewalt abgewendet wurde und sogar eine Polizeistreife ins Geschehen eingriff und die Sache ins Reine brachte, unterstreicht diese Tatsache.

Das Gleiche gilt für den Überfall auf die Hühnerfarm in der sie 2014 lebten und arbeiteten.

Da dieses Ereignis etwa 15 Monate später geschah kann aufgrund der langen zeitlichen Differenz kein Zusammenhang zu vorangegangenen Begebenheiten erkannt werden, noch liegen irgendwie geartete Hinweise dazu vor.

Sie selbst bezeichnen die Täter als Banditen und dieser Lagebeurteilung folgt auch das Bundesamt.

Es ist auch in diesem zweiten Vorfall, da er wieder eine auch im Irak mit Strafe bedrohte Handlung durch Privatpersonen darstellt keine Asylrelevanz festzustellen.

Überdies war es auch bei besagter Hühnerfarm wieder möglich durch offenbar wirksame Verteidigungsmaßnahmen die Situation zu Ihren Gunsten zu beenden und die Bedrohung zu abzuwehren.

Die Annahme, Sie würden von unbekannten Personen gesucht werden ist als persönliche Verkennung der Situation zurückzuweisen.

Überdies ist festzuhalten, dass laut Ihren eigenen Angaben Sie selbst bei den Abwehrmaßnahmen in beiden Fällen gar nicht aktiv mitgeholfen haben.

Beide Male wurde die Abwehr getragen von Nachbarn und anderen Hausbewohnern.

Offenbar waren Sie also jeweils zufällig in diese Insultationen allerdings nur durch Ihre bloße Anwesenheit verwickelt.

Es ergibt sich das schlüssige Bild, dass geschilderte Ereignisse mit Ihrer Person tatsächlich in keinem Zusammenhang stehen.

Eine konfessionelle Bedrohung kann bei Ihnen, der Sie der Mehrheitsreligion in Bagdad angehören ausgeschlossen werden.

Sie sind Schiite, und diese Glaubensrichtung stellt im Irak die Mehrheitsbevölkerung. Aus dieser Konstellation ergibt sich, dass Sie selbst im Fall einer persönlichen verbrecherischen Bedrohung zahlreiche innerstaatliche Fluchtalternativen vorfinden würden.

Daher entbehrt Ihr Vorbringen in jedem Fall der Asylrelevanz.

[...]

Eine Bedrohung aus Konfessionsgründen ist für Sie als Schiite im Irak nicht gegeben.

Eine Bedrohung von staatlicher Seite geht aus Ihren Angaben nicht hervor und ist auch aufgrund der legalen Ausreise mit Ihrem Reisepass sowie der beschriebenen polizeilichen Hilfeleistungen auszuschließen".

Die vom BFA vorgenommene Beweiswürdigung ist im Wesentlichen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anzunehmen braucht, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem BFA nicht entgegenzutreten, wenn es das als ausreisekausal dargelegte Vorbringen, so wie dargestellt und als Ausreisemotiv bezeichnet, im Ergebnis als nicht glaubhaft qualifiziert. Die Beweiswürdigung des BFA ist hinreichend tragfähig um dieses Ergebnis zu stützten und schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser an.

Im Übrigen wird die Beweiswürdigung des BFA in der Beschwerde auch nicht substantiiert bekämpft, wie nachfolgende Ausführungen zeigen, weshalb der Bundesverwaltungsgericht nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

In der Beschwerde wird im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt, wobei dargelegt wird, dass die bP von einer unbekannten Gruppe gesucht würden und ihnen die irakischen Sicherheitskräfte keinen Schutz bieten hätten können.

Moniert wird im Wesentlichen, dass

* es sich bei beiden Angriffen um einen identischen Vorfall gehandelt habe, da die Angreifer gleich gekleidet gewesen seien und exakt dasselbe gefordert hätten, weswegen ein Zusammenhang sehr wohl gegeben sei

* eine Bedrohung durch Privatpersonen auf jeden Fall Asylrelevanz aufweisen könne und die bP von einer unbekannten Gruppe gesucht würden, wobei ihnen die irakischen Sicherheitsbehörden keinen Schutz bieten könnten

* die bP unter Berücksichtigung der sie individuell betreffenden Umstände im Falle einer Rückkehr in den Irak einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wären

* die aktive Integration der Familie in Österreich mit zu berücksichtigen sei

Zudem wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragt.

In der Beschwerde wird ausgeführt, dass es sich bei den beiden, von der bP1 behaupteten Angriffen um einen identischen Vorfall gehandelt habe, da die Angreifer gleich gekleidet gewesen seien und exakt dasselbe gefordert hätten.

In Übereinstimmung mit dem BFA kann auch vom Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis kein Konnex zwischen diesen beiden Vorfällen erkannt werden. Zum einen erscheint es wenig glaubhaft, dass die bP nach dem ersten Vorfall im Jahr 2013 15 Monate lang auf der Hühnerfarm gelebt und gearbeitet haben, ohne dass sich dabei irgendwelche Vorkommnisse ereignet hätten.

Zudem stellt der Umstand, dass die vermeintlichen Angreifer beide Male schwarz gekleidet und vermummt gewesen seien, ebenso keinen Umstand dar, der für sich alleine bereits dazu geeignet wäre, um auf die Identität der Angreifer schließen zu können, zumal die bP1 nicht geschildert hat, dass es sich dabei etwa um "besondere" schwarze Kleidung gehandelt hätte, sodass eine eindeutige Zuordnung möglich wäre.

Dazu kommt, dass erstmals in der Beschwerde vorgebracht wird, dass die Angreifer beim zweiten Angriff exakt dasselbe gerufen hätten wie beim ersten Angriff.

Gemäß § 20 BFA-VG idgF dürfen in Beschwerden gegen Entscheidungen des BFA neue Tatsachen und Beweismittel nur vorgebracht werden

1. wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, nach der Entscheidung des Bundesamtes maßgeblich geändert hat;

2. wenn das Verfahren vor dem Bundesamt mangelhaft war;

3. wenn diese dem Fremden bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamtes nicht zugänglich waren oder

4. wenn der Fremde nicht in der Lage war, diese vorzubringen.

(2) Über die Zulässigkeit des Vorbringens neuer Tatsachen und Beweise muss nicht entschieden werden, wenn diese für die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht maßgeblich sind.

(3) Abs. 1 ist auf Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes auf Grund eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 nicht anzuwenden. 3. wenn diese dem Asylwerber bis zum Zeitpunkt der Entscheidung

erster Instanz nicht zugänglich waren (nova reperta) oder

4. wenn der Asylwerber nicht in der Lage war, diese vorzubringen.

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Neuerungsverbot ist dem Anliegen des Gesetzgebers, Missbräuchen vorzubeugen, auch dadurch Rechnung getragen, dass die Ausnahmen vom Neuerungsverbot "auf jene Fälle beschränkt" werden, in denen der Asylwerber "aus Gründen, die nicht als mangelnde Mitwirkung" am Verfahren zu werten sind, "nicht in der Lage war", Tatsachen und Beweismittel bereits in erster Instanz vorzubringen. Somit bleibt vom Neuerungsverbot ein Vorbringen erfasst, mit dem ein Asylwerber das Verfahren missbräuchlich zu verlängern versucht. (VfGH 15. 10. 2004, G 237/03 ua)

Aus dieser Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist demnach abzuleiten, dass nicht jede Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens zu einer Durchbrechung des Neuerungsverbotes führt, sondern nur jene, welche "kausal" dafür ist, dass der Asylwerber "nicht in der Lage war" die erst im Beschwerdeverfahren vorgebrachten neuen Tatsachen und Beweismittel schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen (vgl. auch VwGH 25.9.2007, 2007/18/0418).

Weder haben die bP in der Beschwerde konkret und substantiiert dargetan, dass sie durch eine Mangelhaftigkeit (Z 2 leg cit) des erstinstanzlichen Verfahrens "nicht in der Lage war", diesen erstmals in der Beschwerde vorgetragenen Sachverhalt schon im behördlichen Verfahren vorzubringen, noch kann dies aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes amtswegig festgestellt werden.

Der Bundesverwaltungsgericht gelangt daher im Ergebnis zur Ansicht, dass - ohne hier auf die Glaubwürdigkeit dieses neuen Vorbringens einzugehen - eine mangelnde Mitwirkung der bP ursächlich dafür war, dass sie diesen Sachverhalt erst im Beschwerdeverfahren vorbrachte und nicht eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, zumal sie schon im Verfahren vor dem Bundesamt hinlänglich die Möglichkeit hatte diesen Sachverhalt dort vorzutragen.

Am Boden der zu dieser Bestimmung ergangenen und für deren Auslegung maßgeblichen Judikatur der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (siehe VfGH 15.10.2004, Zahl G237/03 ua., Punkt III.4.7.4.2.; VwGH 27.09.2005, Zahl 2005/01/0313) ist in diesem Kontext noch zu beurteilen, ob diese späte, erst im Stadium der Beschwerde erfolgte Tatsachenbehauptung von dem Versuch gekennzeichnet ist, das Asylverfahren missbräuchlich zu verlängern. Im Rahmen einer gesamthaften Abwägung gelangt das Bundesverwaltungsgericht angesichts der ob dargelegten Ausführungen zu der Ansicht, dass im Falle der bP das Vorliegen eines Missbrauchs zu bejahen ist.

In der Beschwerde wird weiters moniert, dass eine Bedrohung durch Privatpersonen auf jeden Fall Asylrelevanz aufweisen könne und die bP von einer unbekannten Gruppe gesucht würden, wobei ihnen die irakischen Sicherheitsbehörden keinen Schutz bieten könnten.

Dazu ist auszuführen, dass gerade im Fall der bP nicht von einer mangelnden Schutzfähigkeit bzw. -willigkeit der irakischen Sicherheitsbehörden ausgegangen werden kann.

So führte die bP1 hinsichtlich des ersten behaupteten Vorfalls an, dass eine Polizeistreife gekommen sei und die Angreifer in die Flucht geschlagen habe. Auch beim zweiten Vorfall seien Soldaten, die sich in der Nähe befunden hätten, zu Hilfe gekommen, weshalb auch aus diesem Einwand in der Beschwerde keine für die bP günstigere Entscheidung abgeleitet werden könnte.

Darüber hinaus ist lediglich der Vollständigkeit halber in Ergänzung zu der ohnedies bereits hinreichend tragfähigen Beweiswürdigung des BFA auszuführen, dass die von der bP1 geschilderten Ereignisse in keinen Zusammenhang mit einem in der GFK angeführten Anknüpfungspunkt gebracht werden können. So behauptete sie damit lediglich eine Verfolgung ihrer Person bzw. auch ihrer Familie aufgrund des Umstandes, dass sie zwei eingesperrte Kinder befreit habe und die mutmaßlichen Täter sich nunmehr rächen wollten. In diesem Zusammenhang ist es den bP jedoch nicht gelungen, die behauptete Bedrohung mit einem in der GFK angeführten Grund in Verbindung zu bringen, weshalb davon auszugehen ist, dass die behaupteten Drohungen rein kriminelle Handlungen darstellen, die in keinem ursächlichen Zusammenhang mit einem in der GFK taxativ aufgezählten Grund stehen. Gegenteiliges wurde von der bP auch zu keinem Zeitpunkt im Verfahren behauptet.

An dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen, weiters nur dann asylrelevant sein kann, wenn sie aus den in der GFK genannten Gründen erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (etwa VwGH 07.09.2000, 200/01/0153).

Am 26.04.2018 wurde vom Vertreter mit dem Text "hiermit schicke ich Ihnen ein Foto von der Anzeige bei der irakischen Behörde des im Betreff genannten BF [Anm.: bP1] zur Kenntnisnahme". Übermittelt wurde der Ausdruck eines Fotos auf dem 4 Zettel, teilweise nur unvollständig sichtbar, in arabischer Sprache abgebildet sind. Aus der amtswegig vom BVwG eingeholten Übersetzung des vollständig sichtbaren Zettels ergibt sich, dass eine Fatima Kadim Wasil, wohnhaft in Al-Nahrawan folgendes angezeigt hat: Mein Herr, am 12.04.2018 hat eine unbekannte Person einen handverfassten Brief hinterlassen, welcher die Bedrohung durch das Töten zum Inhalt hatte. Dies, obwohl ich eine ältere Frau bin und nie Probleme mit irgendeiner Person hatte. Daher verlange ich von ihrem geschätzten Gericht alle notwendigen gesetzlichen Maßnahmen zu unternehmen, da ich Angst habe, dass ich und meine Kinder aufgrund der Bedrohung zu Tode kommen könnten.

Weiters befand sich eine Empfangsbestätigung des Gerichtes über die Zahlung einer Gebühr für die Anzeige auf dem Foto, sowie ein "schlecht bis gar nicht lesbarer Zettel", bei welchem es sich um einen Staatsbürgerschaftsnachweis mit Foto einer "Fatima...."

handelt.

Aus diesem nunmehr, de facto kommentarlos vorgelegten Bescheinigungsmittel vermag die Beweiswürdigung des Bundesamtes nicht konkret und substantiiert bekämpft werden, zumal - geht man von der Echtheit der fotografierten Dokumente aus - es sich um einen Sachverhalt handelt, den die oa. Person, also eine Frau und die bP1 ist ein Mann, angezeigt hat. Zudem befand sich die bP1 zum dokumentierten Anzeigezeitpunkt 17.04.2018 in Österreich, zumindest liegen dem Gericht keine konkreten Hinweise auf eine Heimreise in den Irak vor. Ob sich dieser Sachverhalt tatsächlich so zugetragen hat, lässt sich aus einer bloßen Anzeigeerstattung nicht erschließen. Abgesehen davon, vermag aus diesem vorgelegten Bescheinigungsmitteln - der Drohbrief selber wurde nicht übermittelt - keine den bP im Falle einer Rückkehr konkret drohende Gefährdung von Entscheidungsrelevanz erkannt werden und haben dies die bP auch mit der Vorlage dieses Bescheinigungsmittels nicht konkretisierend dargetan. Soweit sie eventuell vermeinen, dass das Verwaltungsgericht sich nach den näheren Umständen und einem allfälligen sachlichen Konnex zu ihrem Fall erkundigen solle, so würde dies - angesichts der Unkonkretheit der Bescheiniguhngsmittelvorlage - einem im Verwaltungsverfahren als unzulässig zu erachtenden Erkundungsbeweis gleichkommen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbingens, wonach sie bei einer Rückkehr in den Irak einer realen Gefahr iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt seien bzw. ihre aktive Integration in Österreich mit zu berücksichtigen sei, wird auf die untenstehenden rechtlichen Ausführungen zur Nichtzuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten bzw. zur Rückkehrentscheidung verwiesen.

Im Ergebnis ist es den bP mit ihrer Beschwerde weder gelungen eine wesentliche Unschlüssigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen, noch ist sie dieser im Rahmen der Anfechtungsbegründung, soweit diese infolge partiell unzulässiger Neuerung überhaupt zu berücksichtigen ist, in substantiierter Form entgegengetreten. Hiezu wäre es erforderlich gewesen, dass die bP entweder in begründeter Form eine maßgebliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung dargetan oder Argumente vorgebracht hätte, die einerseits zu einer anderen Gewichtung oder Bewertung der verfahrensgegenständlichen Beweismittel führen würden oder aus denen andererseits im Rahmen der allgemeinen Denklogik eine Prävalenz des von ihr dargestellten Geschehnisablaufes gegenüber jenem von der Erstbehörde angenommenen hervorleuchtet, was im Ergebnis zu einer anders gelagerten Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des der weiteren rechtlichen Würdigung zugrunde zu legenden historisch-empirischen Sachverhaltes führen würde.

Ad 1.1.3. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Die von der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen die einer Analyse der Staatendokumentation entstammen. Die vertretene bP äußerte sich dazu im behördlichen Verfahren trotz eingeräumter Möglichkeit nicht.

Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat auch Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände, soweit diesen im konkreten Einzelfall Entscheidungsrelevanz zukommt, unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums (gesichtet via www.staatendokumentation.at) für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht entscheidungswesentlich nachteilig geändert haben und sich dies auch nicht aus den vorliegenden Beschwerden vom 04.10.2017, in denen zum Teil Berichte zitiert werden, ergibt.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Nichtzuerkennung des Status als Asylberechtigter

1. § 3 AsylG

(1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.

(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.

(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern, ob eine vernunftbegabte Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen aus Konventionsgründen wohlbegründete Furcht erleiden würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Dies trifft auch nur dann zu, wenn die Verfolgung von der Staatsgewalt im gesamten Staatsgebiet ausgeht oder wenn die Verfolgung zwar nur von einem Teil der Bevölkerung ausgeübt, aber durch die Behörden und Regierung gebilligt wird, oder wenn die Behörde oder Regierung außerstande ist, die Verfolgten zu schützen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0555 ua.).

Gemäß § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 ist eine Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie. Demnach sind darunter jene Handlungen zu verstehen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Recht auf Leben, Verbot der Folter, Verbot der Sklaverei oder Leibeigenschaft, Keine Strafe ohne Gesetz) oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon - wie in ähnlicher beschriebenen Weise - betroffen ist.

Nach der auch hier anzuwendenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verfolgung weiters ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 14.10.1998, Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

Verfolgung kann nur von einem Verfolger ausgehen. Verfolger können gemäß Art 6 Statusrichtlinie der Staat, den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschende Parteien oder Organisationen oder andere Akteure sein, wenn der Staat oder die das Staatsgebiet beherrschenden Parteien oder Organisationen nicht in der Lage oder nicht Willens sind, Schutz vor Verfolgung zu gewähren.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl zB vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113). Der Hinweis eines Asylwerbers auf einen allgemeinen Bericht genügt dafür ebenso wenig wie der Hinweis auf die allgemeine Lage, zB. einer Volksgruppe, in seinem Herkunftsstaat (vgl VwGH 29. 11. 1989, 89/01/0362; 5. 12. 1990, 90/01/0202; 5. 6. 1991, 90/01/0198; 19. 9 1990, 90/01/0113).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

2. Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Der Antrag war nicht bereits gemäß §§4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen.

Nach Ansicht des BVwG sind auch die dargestellten Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status als Asylberechtigter, nämlich eine glaubhafte Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

Wie sich aus den Erwägungen ergibt, ist es den bP nicht gelungen eine solche aus ihrer dargelegten Fluchtgeschichte glaubhaft zu machen, weshalb diese vorgetragenen und als fluchtkausal bezeichneten Angaben bzw. die daraus resultierenden Rückkehrbefürchtungen gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung somit gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Auch die allgemeine Lage ist im gesamten Herkunftsstaat nicht dergestalt, dass sich konkret für die beschwerdeführenden Parteien eine begründete Furcht vor einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden asylrelevanten Verfolgung ergeben würde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II.

Nichtzuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter

1. § 8 AsylG

(1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK [Recht auf Leben], Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

(3a) Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

(5) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass die zu erteilende Aufenthaltsberechtigung gleichzeitig mit der des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, endet.

(6) Kann der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden, ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen. Diesfalls ist eine Rückkehrentscheidung zu verfügen, wenn diese gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG nicht unzulässig ist.

(7) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten erlischt, wenn dem Fremden der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird.

Art. 2 EMRK lautet:

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt: a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen; b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern; c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

Art. 3 EMRK lautet:

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter un

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten