TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/30 I405 2119050-1

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Veröffentlicht am 30.05.2018
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Entscheidungsdatum

30.05.2018

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54 Abs1 Z2
AsylG 2005 §55 Abs1 Z1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I405 2119050-1/10E

I405 1413672-2/13E

I405 1422928-2/10E

I405 1434054-2/10E

I405 2119048-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerden von

1) XXXX, geb. XXXX, StA. Demokratische Republik Kongo, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2015, Zl. 503037207-1200997,

2) XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2015, Zl. 568797804-1418054,

3) XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2015, Zl. 830185507-1617383,

4) XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2015, Zl. 1053993805-150235474,

5) XXXX, geb. XXXX, StA. Demokratische Republik Kongo, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2015, Zl. 1053993805-150235474,

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.05.2018, beschlossen:

A) I. Das Verfahren wird insoweit wegen Zurückziehung der Beschwerden gegen Spruchpunkt I. und II. gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

zu Recht erkannt:

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide wird stattgegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist. XXXX, wird gemäß § 54 Abs. 1 Z 2, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: 1.-BF) ist Mutter der minderjährigen Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer (im Folgenden: 2.- bis 5.-BF). Sie sind Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo. Die 1.-BF reiste nach eigenen Angaben irregulär in das Bundesgebiet ein und stellte am 18.09.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Die 1.-BF wurde hierzu am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt und am 04.11.2009 sowie am 24.02.2010 vor dem Bundesasylamt (im Folgenden: BAA) niederschriftlich einvernommen. Als Fluchtgrund brachte sie im Wesentlichen vor, dass sie aufgrund der politischen Tätigkeit ihres Gatten festgenommen und vergewaltigt worden sei.

3. Mit Bescheid des BAA vom 18.05.2010, Zl. 09 11.392-BAT, wurde der Antrag auf internationalen Schutz der 1.-BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, und in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo abgewiesen und in Spruchpunkt III. des Bescheides die 1.-BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Demokratische Republik Kongo ausgewiesen.

4. Gegen den oben genannten Bescheid vom 18.05.2010, Zahl 09 11.392-BAT, brachte die 1.-BF fristgerecht am 02.06.2010 Beschwerde ein.

5. Am XXXX wurde die 2.-BF in Österreich geboren. Daraufhin stellte die 1.-BF als gesetzliche Vertreterin der 2.-BF, im Rahmen des Familienverfahrens, für diese am 14.10.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

6. Mit Bescheid des BAA vom 24.11.2011, Zahl 11 12.494-BAT, wurde der Antrag der 2.-BF auf Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, und in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo abgewiesen und in Spruchpunkt III. des Bescheides die Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Demokratische Republik Kongo ausgewiesen.

7. Gegen den oben genannten Bescheid vom 24.11.2011, Zahl 11 12.494-BAT, wurde fristgereicht Beschwerde erhoben.

8. Am XXXX wurde der 3.-BF in Österreich geboren Daraufhin stellte die 1.-BF als gesetzliche Vertreterin des 3.-BF, im Rahmen des Familienverfahrens, für diesen am 12.02.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.

9. Mit Bescheid des BAA vom 21.03.2013, Zahl 13 01.855-BAT, wurde der Antrag des 3.-BF auf Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, und in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo abgewiesen und in Spruchpunkt III. des Bescheides der 3.-BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Demokratische Republik Kongo ausgewiesen.

10. Gegen den oben genannten Bescheid vom 24.11.2011, Zahl 11 12.494-BAT, wurde fristgereicht Beschwerde erhoben.

11. Am XXXX wurden die 4.- und 5.-BF als Söhne der 1.-BF in Österreich geboren. Daraufhin stellte die 1.-BF als gesetzliche Vertreterin der 4.- und 5.-BF, im Rahmen des Familienverfahrens, für diese am 19.03.2015 Anträge auf internationalen Schutz.

12. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.04.2015 wurde in Erledigung der Beschwerden der 1.- bis 3.-BF die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen, da die Einvernahme der 1.-BF nicht im Beisein einer weiblichen Dolmetscherin durchgeführt worden war.

13. Am 02.09.2015 erfolgte sodann eine weitere Einvernahme der 1.-BF im Beisein einer weiblichen Dolmetscherin.

14. Mit angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 05.12.2015 wurden die Anträge der BF auf Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, und in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG 2005 iVm mit § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Zudem wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Demokratische Republik Kongo zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

15. Dagegen richtet sich die beim BFA fristgerecht eingelangte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

16. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 03.05.2018 in Anwesenheit der BF und einer Dolmetscherin für die Sprache Lingala eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung zog die 1.-BF nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie der Rechtsfolgen einer Zurückziehung aus freien Stücken ihre Beschwerde und als gesetzliche Vertreterin ihrer Kinder deren Beschwerden gegen Spruchpunkt I. und II. der angefochtenen Bescheide des BAA vom 04.12.2015, Zln. 503037207-1200997, 568797804-1418054, 830185507-1617383, 1053993805-150235474, 1053993805-150235474, zurück; sie hielt die Beschwerden gegen Spruchpunkt III. aufrecht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Festgestellt wird:

1.1. Zur Person der BF:

Die 1.-BF ist Mutter der 2.-BF bis 5.-BF. Sie sind Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo. Sie führen die im Spruch angeführte Identität. Die 1.-BF bzw. die 2.- bis 5.-BF leben mit ihrem Gatten bzw. Vater, Madimba MUBENGA, geb. 29.08.1974, StA. Demokratischen Republik Kongo, im gemeinsamen Haushalt.

Die 1.-BF befindet sich seit ihrer Einreise im Jahr 2009 durchgehend im Bundesgebiet. Sie hat die Zeit in Österreich genützt, um sich in familiärer, sprachlicher und sozialer Hinsicht zu integrieren, weshalb ihre Integration nunmehr als verfestigt anzusehen ist. Sie hat zwar mehrere Sprachkurse besucht, jedoch diese aufgrund ihrer Schwangerschaften nicht abschließen können. Sie hat noch keinen Sprachkurs mit einer Prüfung abgeschlossen. Derzeit besucht sie einen weiteren Sprachkurs, den sie abschließen will. Sie verfügt über rudimentäre Deutschkenntnisse. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung war sie in der Lage, auf einfache Fragen adäquat zu antworten.

Sie ist Mitglied in einer Kirchengemeinschaft, in der sie diversen Aktivitäten nachgeht. Sie verfügt angesichts ihres dargestellten jahrelangen Aufenthaltes im Bundesgebiet über einen dementsprechenden Freundes- und Bekanntenkreis. So pflegt sie intensive Kontakte zu Kirchenmitgliedern und Österreichern. Sie hat auch ihre Bereitschaft bekundet, einer Beschäftigung nachgehen zu wollen, sobald ihr ein Aufenthaltstitel erteilt wird. Die 1.-BF ist somit lern- und arbeitswillig. Darüber hinaus verfügt sie über eine gesicherte Unterbringung in einer privaten Unterkunft und sie ist strafrechtlich unbescholten. Beim gegenständlichen Verfahren der 1.-BF handelt es sich um ihr erstes Verfahren, deren lange Verfahrensdauer von nunmehr knapp neun Jahren ihr nicht anzulasten ist.

Die 2.-BF bis 5.-BF besuchen den Kindergarten, wo sie gut integriert sind und die deutsche Sprache erlernen.

Aufgrund der Zurückziehung der gegenständlichen Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide des Bundesasylamtes sind diese mit Wirksamkeit vom 03.05.2018 endgültig in Rechtskraft erwachsen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde und Einvernahme der 1.-BF im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 03.05.2018.

Die Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum) und zu den persönlichen Verhältnissen der BF beruhen auf den diesbezüglichen Angaben der 1.-BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf den in den Verwaltungsakten aufliegenden Urkunden.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Familien- und Privatleben der BF beruhen im Wesentlichen auf den diesbezüglichen Aussagen der 1.-BF in der Beschwerdeverhandlung vom 03.05.2018. Die Feststellung zu den Deutschkenntnissen der BF beruht auf der eigenen Wahrnehmung der erkennenden Richterin in der mündlichen Verhandlung. Die Feststellungen zu den übrigen integrationsrelevanten Umständen beruhen auf den Angaben der 1.-BF und den vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellung betreffend die strafrechtliche Unbescholtenheit in Österreich entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anwendbares Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Im Asylgesetz 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2013) ist eine Entscheidung durch Senate nicht vorgesehen. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013) geregelt (§1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

§ 34 AsylG 2005 lautet:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind."

Gemäß § 2 Absatz 1 Z 22 leg. cit. ist somit ein Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren mit den oa. Familienangehörigen vor.

Zu Spruchpunkt I. A):

3.2. § 7 Abs. 2 VwGVG normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.

Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den BF ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6).

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. das Erk. des VwGH vom 22.11.2005, Zl. 2005/05/0320; u.v.a.).

3.3. Durch den in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 03.05.2018 unmissverständlich geäußerten Parteiwillen der 1.-BF, welche auf die Zurücknahme der erhobenen Beschwerden gegen Spruchpunkt I. und II. der Bescheide des Bundesasylamtes vom 04.12.2015, Zln. 503037207-1200997, 568797804-1418054, 830185507-1617383, 1053993805-150235474, 1053993805-150235474, gerichtet ist, ist der Sachentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht die Grundlage entzogen.

Daher waren die gegenständlichen Verfahren hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. einzustellen.

Zu Spruchpunkt II. A):

3.4.1. § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 52 (1) ...

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

...

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

..."

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 55 AsylG 2005 lautet:

(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG (früher: § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 38/2011) ist festzuhalten, dass bei jeder Rückkehrentscheidung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers nach Art. 8 Abs. 1 EMRK Bedacht zu nehmen ist, wobei in diesem Zusammenhang Art. 8 Abs. 2 EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs erfordert und somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verlangt (vgl. VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

3.4.2. Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (vgl. EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, X u.a.).

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.

Bei dieser Interessensabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007 sowie VwGH vom 03.04.2009, Zl. 2008/22/0592; vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 und vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).

3.4.3. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sowie der in § 9 Abs. 2 BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die bei der Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist im gegenständlichen Fall der Eingriff in das Privat- und Familienleben der BF nicht durch die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt. Dies aus folgenden Gründen:

Wie bereits unter 2.2. ausgeführt wurde, erscheint im vorliegenden Fall ein Eingriff in das Privat- und Familienleben der BF nicht mehr gerechtfertigt. So hat die 1.-BF ihren mehr als achtjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet für ihre Integration in familiärer, sprachlicher und sozialer Hinsicht genützt. Sie hat mehrere Sprachkurse besucht und verfügt über grundlegende Deutschkenntnisse. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte sie auf einfache Fragen adäquat antworten. Sie hat zwar bisher aufgrund ihrer Schwangerschaften noch keine Deutschprüfung abgelegt, jedoch besucht sie derzeit erneut einen Deutschkurs, den sie auch mit einer Prüfung abschließen will. In der mündlichen Verhandlung hat sie auch ihre Bereitschaft bekundet, weitere Sprachkurse zu besuchen und einer Beschäftigung nachzugehen. Aufgrund ihrer Lern- und Arbeitswilligkeit ist deshalb davon auszugehen, dass sich ihre Integration in Österreich weiter verfestigen wird, was ihr wiederum durch ihre vorhandenen freundschaftlichen Bindungen zu österreichischen Staatsbürgern, insbesondere im Rahmen ihrer kirchlichen Gemeinschaft, erleichtert wird. Sie ist in der Kirchengemeinschaft, deren Mitglied sie ist, an diversen Aktivitäten beteiligt. Darüber hinaus verfügt sie über eine gesicherte Unterbringung in einer privaten Unterkunft und sie ist strafrechtlich unbescholten. Beim gegenständlichen Verfahren der 1.-BF handelt es sich um ihr erstes Verfahren, deren lange Verfahrensdauer von nunmehr von über acht Jahren ihr nicht anzulasten ist. Die 1.-BF hat somit gezeigt, dass sie in den letzten Jahren um eine möglichst umfassende und auf Dauer angelegte Integration in Österreich bemüht war bzw. bemüht ist.

Die 2.- bis 5.-BF sind in Österreich auf die Welt gekommen. Sie haben keinerlei Bezug zur Demokratischen Republik Kongo und sind in Österreich gut integriert. Sie besuchen den Kindergarten, wo sie gut integriert sind und die deutsche Sprache erlernen.

Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt, doch ist im gegenständlichen Fall aus den eben dargelegten Gründen in einer Gesamtschau und Abwägung aller Umstände das familiäre und private Interesse an der Fortführung des Familien- und Privatlebens der BF in Österreich dennoch höher zu bewerten, als das öffentliche Interesse an einer Ausweisung.

Im Zuge der Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG überwiegen sohin im konkret vorliegenden Fall unter Einbeziehung aller für die BF sprechenden Umstände ihre privaten und familiären Interessen die öffentlichen an der Beendigung ihres Aufenthalts im Bundesgebiet.

Daher ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig.

3.4.4. Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

Liegt gemäß Abs. 2 leg. cit. nur die die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Gemäß § 54 Abs. 2 AsylG ist eine "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" die Voraussetzungen nach Z 1 und Z 2 des § 55 Abs. 1 AsylG kumulativ vorliegen müssen und ist daher nicht nur zu prüfen, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels für die BF zur Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, sondern auch, ob der BF das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz erfüllt.

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt (Z 1), einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3), einen Aufenthaltstitelt "Rot-Weiß-Rot Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

§ 11 Abs. 2 Integrationsgesetz lautet:

Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolgt ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

Die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG lautet:

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.

Die weiteren maßgeblichen Bestimmungen des NAG (idF vor BGBl I. Nr. 68/2017) lauten:

Modul 1 der Integrationsvereinbarung

Gemäß § 14a Abs. 1 erster Satz NAG sind Drittstaatsangehörige mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1, Z 1, 2, 4, 5, 6 oder 8 zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,

2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 [= Kenntnisse der deutschen Sprache zur vertiefenden elementaren Sprachverwendung] vorlegt,

[...]

Nähere Bestimmungen über die Durchführung von Deutsch-Integrationskursen und den Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses gemäß Abs. 4 Z 1 sowie über Nachweise gemäß Abs. 4 Z 2 hatte der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen (§ 14a Abs. 6 NAG).

Die aufgrund dieser Ermächtigung erlassene Integrationsvereinbarungs-Verordnung, BGBl II Nr. 449/2005 bestimmte Folgendes:

§ 7 (1) Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) ist die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, wie im Rahmencurriculum für Deutsch-Integrationskurse (Anlage A) beschrieben.

(2) Den Abschluss des Deutsch-Integrationskurses bildet eine Abschlussprüfung, zumindest auf dem A2-Nivau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, durch den ÖIF.

Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne des § 14a Abs. 4 Z 2 NAG gelten allgemein anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse, darunter auch das Österreichische Sprachdiplom Deutsch (vgl. § 9 der Integrationsvereinbarungs-VO, BGBl II Nr. 449/2005).

Die BF verfügen über kein diesen Vorgaben entsprechendes Deutschzertifikat, sie haben noch keine Deutschprüfung abgelegt. Auch sonstige (Werte-)Kurse hat die 1.-BF nicht absolviert.

Die BF erfüllen somit nicht die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG.

Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG im Fall der BF in Folge des Ausspruches der dauerhaften Unzulässigkeit einer sie betreffenden Rückkehrentscheidung gegeben sind, sie aber die Voraussetzungen für eine "Aufenthaltsberechtigung plus" nicht erfüllen, war ihnen gem. § 55 Abs. 2 iVm Abs. 1 Z 1 AsylG eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Die faktische Ausstellung der entsprechenden Karte fällt unter die Kompetenz des BFA.

Zu B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Aufenthalt im Bundesgebiet, Aufenthaltsberechtigung, Dauer, private
Interessen, Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig,
Verfahrenseinstellung, Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I405.2119050.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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