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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §4 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des J W in S, vertreten durch Dr. Bernhard Wörgötter, Rechtsanwalt in St. Johann in Tirol, Kaiserstraße 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat II) vom 19. Mai 1994, Zl 30.404-3/94, betreffend Einkommensteuer 1989 und 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Wirtschaftstreuhänder und ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG, wobei er bis zum Jahr 1988 seine Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben mit Bruttowerten ansetzte (so genannte Bruttomethode). Ab dem Jahr 1989 wandte er die Nettomethode an, bei der die Umsatzsteuern als durchlaufende Posten behandelt werden. Bei der Bemessung der Umsatzsteuern machte der Beschwerdeführer vom Vorsteuerabzug nach Durchschnittssätzen gemäß § 14 UStG 1972 Gebrauch.
Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung versagte der Prüfer dem Beschwerdeführer für die Jahre 1989 und 1990 die Anwendung der Nettomethode mit der Begründung, die Behandlung der Umsatzsteuer als durchlaufender Posten sei bei Inanspruchnahme einer Vorsteuerpauschalierung gemäß § 14 UStG 1972 unzulässig.
Das Finanzamt erließ der Ansicht des Prüfers entsprechende Einkommensteuerbescheide. Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung. Gemäß § 4 Abs 3 EStG 1988 dürfe der Steuerpflichtige selbst entscheiden, ob er die für Lieferungen und sonstige Leistungen geschuldeten Umsatzsteuerbeträge und die abziehbaren Vorsteuern als durchlaufende Posten behandle. Von diesem ohne Einschränkung im Gesetz verankerten Wahlrecht habe der Beschwerdeführer Gebrauch gemacht. § 14 Abs 3 UStG 1972 normiere, die Durchschnittssätze müssten zu einer Vorsteuer führen, die nicht wesentlich von dem Betrag abweiche, der sich ohne Anwendung der Durchschnittssätze ergebe. Es könne daher unterstellt werden, dass die Pauschalierungssätze dem Gesetz entsprächen und auf Dauer gesehen Pauschalierungsvorteile nicht aufträten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Mit Abgabenänderungsgesetz 1984 (BGBl 531/1984) sei ein Wahlrecht mit folgendem Wortlaut gesetzlich normiert worden:
"... Nach Wahl des Steuerpflichtigen können bei der Gewinnermittlung die für Lieferungen und sonstige Leistungen geschuldeten Umsatzsteuerbeträge und die abziehbaren Vorsteuerbeträge als durchlaufende Posten behandelt werden." In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage sei dazu angemerkt worden, dass "Steuerpflichtige, die eine Vorsteuerpauschalierung (§ 14 UStG 1972) in Anspruch nehmen, die Umsatzsteuer nicht als durchlaufenden Posten behandeln dürfen, da in diesen Fällen den in Rechnung gestellten Vorsteuern lediglich ein Pauschalbetrag gegenübersteht". In weiterer Folge habe dieses Wahlrecht mit folgendem Wortlaut auch im EStG 1988 Niederschlag gefunden:
"... Der Steuerpflichtige darf selbst entscheiden, ob er die für Lieferungen und sonstige Leistungen geschuldeten Umsatzsteuerbeträge und die abziehbaren Vorsteuerbeträge als durchlaufende Posten behandelt. ..." Der Berufungssenat könne der Ansicht des Beschwerdeführers, dass in der gesetzlichen Bestimmung des § 4 Abs 3 EStG 1988 eine wesentliche Änderung gegenüber § 4 Abs 3 EStG 1972 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1984 erfolgt sei, nicht folgen. Die Formulierungen in beiden Gesetzesstellen brächten keine inhaltliche Abweichung zum Ausdruck. Auch in der Literatur werde einhellig die Auffassung vertreten, dass ein Einnahmen-Ausgabenrechner, der eine Vorsteuer pauschal gemäß § 14 UStG 1972 in Anspruch genommen habe, von der Möglichkeit, die Umsatzsteuer als durchlaufenden Posten zu behandeln, ausgeschlossen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung der Behandlung an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 4 Abs 3 EStG 1988 darf der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden. Durchlaufende Posten, das sind Beträge, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden, scheiden dabei aus. Der Steuerpflichtige darf selbst entscheiden, ob er die für Lieferungen und sonstige Leistungen geschuldeten Umsatzsteuerbeträge und die abziehbaren Vorsteuerbeträge als durchlaufende Posten behandelt.
In seiner Beschwerde weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die einzige Begründung der belangten Behörde für ihre Meinung im Wesentlichen darin bestehe, dass die bezahlten Umsatzsteuern mit den in Anspruch genommenen Vorsteuern bei Pauschalierung ziffernmäßig nicht mehr übereinstimmten, weshalb der Durchlaufcharakter durchbrochen wäre. Der Beschwerdeführer räumt ein, dass in der Literatur die Ansicht vertreten wird, dass bei Inanspruchnahme der "Vorsteuerpauschalierung" (des Vorsteuerabzuges nach Durchschnittssätzen) die Nettomethode nicht zustehe und diese Folge auch in den Erl RV (des Abgabenänderungsgesetzes 1984) erwähnt sei. Er rügt jedoch, dass die die angeführte Meinung vertretenden Autoren sich an den Erl RV orientiert hätten, eine durchgreifende Behandlung des Themas aber schuldig geblieben seien, wiewohl eine Einschränkung des Wahlrechts des Steuerpflichtigen dem klaren Wortlaut des Gesetzes widerspreche.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Ansicht des Beschwerdeführers nicht. Der Einkommensteuergesetzgeber hat das Wahlrecht, hinsichtlich der Verbuchung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben in Zusammenhang mit der Umsatzsteuer die "Brutto- oder Nettomethode" anzuwenden, insofern an den Begriff des durchlaufenden Postens geknüpft, als dem Steuerpflichtigen freigestellt wurde, die geschuldeten Umsatzsteuerbeträge und die abziehbaren Vorsteuerbeträge als durchlaufende Posten zu behandeln. Nun ist aber der belangten Behörde und den Autoren, auf welche sich die belangte Behörde zur Stützung ihrer Rechtsansicht berufen hat (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Rz 26 zu § 4, und Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Rz 218 zu § 4), zuzustimmen, dass ein derartiges Wahlrecht nur dann bestehen kann, wenn diese Beträge einkommensteuerneutral sind und insofern "durchlaufende Posten" vorliegen. Fallen die entsprechenden Beträge in unterschiedlicher Höhe an, wie dies bei Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges nach Durchschnittssätzen im Sinn des § 14 UStG 1972 der Fall ist, weil sich die Vorsteuer diesfalls nicht nach den in Rechnung gestellten Umsatzsteuern, sondern nach einem bestimmten Prozentsatz des Umsatzes des die "Pauschalierung" in Anspruch nehmenden Unternehmers bemisst, so kann von einem durchlaufenden Posten iSd § 4 Abs 3 EStG 1988 begrifflich keine Rede sein. An dieser Beurteilung vermögen die Überlegungen des Beschwerdeführers nichts zu ändern, dass der Gesetzgeber in allen Fällen, in denen er eine Pauschalierung zulasse, die vollkommene Übereinstimmung mit der Wirklichkeit nicht verlange und die Abweichungen zwischen pauschalierter und tatsächlicher Vorsteuer nicht wesentlich sein dürfe.
Die Ansicht des Beschwerdeführers, dass der Wortlaut des § 4 Abs 3 EStG 1988 "an sich klar" ist, teilt der Verwaltungsgerichtshof, allerdings im oben dargestellten Sinn. Einer Interpretation der Gesetzesstelle, wie sie dem Beschwerdeführer vorschwebt, bedarf es daher nicht.
Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, weil die belangte Behörde nicht angegeben habe, "nach welcher Gesetzesstelle sie vorgegangen" sei, ist darauf hinzuweisen, dass sich die belangte Behörde ausdrücklich auf die für den Streitzeitraum anzuwendende gesetzliche Bestimmung des "§ 4 Abs 3 vorletzter Satz EStG 1988" gestützt hat, auch wenn sie im Rahmen der Berufungsentscheidung die historische Entwicklung dieser Bestimmung aufgezeigt hat.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 21. Dezember 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1995140005.X00Im RIS seit
21.02.2002