TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/16 W192 2178620-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.07.2018
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Entscheidungsdatum

16.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W192 2178620-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2017, Zahl 1103630304-160179892, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 i. d. g. F., § 9 BFA-VG i. d. g. F. und §§ 52, 55 FPG i. d. g. F. als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise am 04.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag der Antragstellung gab der Beschwerdeführer an, der Volksgruppe der Perser und dem islamischen Glauben sunnitischer Ausrichtung anzugehören. Der Beschwerdeführer stamme aus der Provinz Kapsia, er habe ein Jahr lang die Grundschule besucht, den Beruf des Schweißers erlernt und sei minderjährig. Seine Eltern und eine Schwester hielten sich unverändert in der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers auf, ein Cousin befinde sich in Deutschland. Der Beschwerdeführer habe Afghanistan rund einen Monat zuvor verlassen und sei über den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gelangt. Sein Herkunftsland habe er verlassen, da in Afghanistan Unsicherheit und Krieg herrschen würden. Was er bei einer Rückkehr konkret zu befürchten hätte, wisse er nicht, er habe einfach Angst; sie seien täglich in Gefahr gewesen.

Aus einem durch das Bundesamt in Auftrag gegebenen Sachverständigen-Gutachten zur Volljährigkeitsbeurteilung vom 10.05.2016 ergibt sich ein im Bereich der Volljährigkeit liegendes Mindestalter des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Antragstellung.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl leitete auf Basis der Dublin III-Verordnung Konsultationen mit dem Mitgliedstaat Kroatien ein und führte am 12.09.2016 eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen des Parteiengehörs durch. Anlässlich seiner Befragung wies der Beschwerdeführer darauf hin, in Österreich zwei Cousins zu haben, welche beide asylberechtigt wären und zu denen er eine enge Beziehung hätte. Diese würden den Beschwerdeführer bei Amtswegen unterstützen und er übernachte zumindest einmal monatlich bei ihnen.

Mit Bescheid des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.09.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Spruchpunkt I. ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung jenes Antrags gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) Kroatien zuständig sei. Gleichzeitig wurde in Spruchpunkt II. der Entscheidung gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und die Feststellung getroffen, dass dessen Abschiebung nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

In Stattgabe einer fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde der oben angeführte Bescheid durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.12.2016, Zl. W239 2136944-1, gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG behoben.

3. Am 03.10.2017 erfolgte im Rahmen des zugelassenen Verfahrens vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer gab eingangs an, sich psychisch und physisch zur Durchführung der Einvernahme in der Lage zu fühlen, er sei gesund und benötige keine Medikamente. Bei seiner Erstbefragung habe er der Wahrheit entsprechende Angaben erstattet, welche korrekt zu Protokoll genommen und rückübersetzt worden wären, er habe jedoch keine Kopie der Niederschrift erhalten. Der Beschwerdeführer sei ledig, habe keine Kinder und stamme aus einem näher genannten Dorf in der Provinz Kapsia. In jenem Dorf habe er bis zu seinem 12. Lebensjahr gelebt, danach habe er zwei Monate im Iran verbracht und hätte sich von dort aus auf den Weg nach Europa begeben. Auf die Frage, wo er sich nach dem Iran aufgehalten hätte, erklärte der Beschwerdeführer, sein Problem sei, dass er keine Kopie der Erstbefragung erhalten hätte und daher nicht wissen würde, was er nicht sagen solle. Er sei 12 Jahre alt gewesen, als er in den Iran gegangen wäre, hätte sich dort zwei Monate aufgehalten und sei dann nach Europa gegangen. Sein genaues Alter kenne er nicht. Nach Vorhalt seiner Mitwirkungs- und Wahrheitspflicht, räumte der Beschwerdeführer ein, doch älter gewesen zu sein.

In seinem Heimatort in Afghanistan habe er gemeinsam mit seinen Eltern und seiner volljährigen Schwester in einem Eigentumshaus gelebt, jene Angehörigen halten sich ebenso wie drei Onkeln und sechs Tanten des Beschwerdeführers unverändert in jenem Dorf auf. Der Vater des Beschwerdeführers habe den Lebensunterhalt der Familie durch eine Tätigkeit als Hilfsarbeiter auf Baustellen finanziert, die Familie sei jedoch arm gewesen. Der Beschwerdeführer sei sunnitischer Moslem, Tadschike, habe zwei Monate lang eine Schule in Afghanistan besucht und sei ansonsten arbeitslos gewesen. Im Iran sei er als Schweißer tätig gewesen. Der dortige Arbeitgeber habe ihm den für seine schlepperunterstützte Ausreise benötigten Betrag in der Höhe von EUR 3.000,- geborgt. Seine Ausreise aus Afghanistan sei zu einem nicht näher bekannten Datum im Jahr 2014 erfolgt, er sei drei Wochen bis in den Iran unterwegs gewesen, wo er zwei Monate verbracht und sich anschließend auf den Weg nach Österreich gemacht hätte, wo er rund ein Monat später eingetroffen wäre. Auf Vorhalt, dass er jedoch im Jahr 2016 nach Österreich gelangt wäre, erklärte der Beschwerdeführer, dass dies Anfang des Jahres 2016 gewesen wäre, er hätte Afghanistan Ende 2014 verlassen. Auf nochmaligen Vorhalt räumte der Beschwerdeführer ein, dass es sein kann, dass er länger im Iran gewesen wäre.

Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, dass ein allen Bewohnern unbekannter Mann in ihr Dorf gekommen sei, welcher dem Vater des Beschwerdeführers vorgeschlagen hätte, dass er den Beschwerdeführer mit ihm mitschicke, damit er für die Taliban arbeite; im Gegenzug würde er dem Vater des Beschwerdeführers Geld geben und für den Lebensunterhalt der Familie aufkommen. Da sein Vater dies nicht gewollt hätte, habe er den Beschwerdeführer aus Afghanistan weggeschickt. Darüber hinaus sei nichts passiert. Der erwähnte Mann habe einen derartigen Vorschlag nicht nur dem Vater des Beschwerdeführers, sondern auch anderen Dorfbewohnern unterbreitet; der Mann sei etwa drei- bis viermal im Dorf gewesen und hätte von allen Dorfbewohnern verlangt, dass sie jemanden aus der Familie gegen Zahlung von Geld mitschicken würden; als er das letzte Mal im Dorf gewesen wäre, hätte der Mann in Aussicht gestellt, dass man die Jugendlichen mit Gewalt mitnehmen würde, sollten sie nicht freiwillig mitgehen. Wann der Mann das erste Mal ins Dorf gekommen wäre, sei dem Beschwerdeführer nicht erinnerlich, das letzte Mal sei dieser zwei Tage vor der Ausreise des Beschwerdeführers aus seinem Heimatdorf Richtung Kabul erschienen. Auf Vorhalt, dass er diese Bedrohungslage anlässlich der Erstbefragung nicht erwähnt, sondern nur die allgemeine Sicherheitslage ins Treffen geführt hätte, replizierte der Beschwerdeführer, er sei nicht danach gefragt worden. Über den zuvor erwähnten Mann habe der Beschwerdeführer keinerlei Informationen, er habe diesen nie selbst gesehen. Die anderen Dorfbewohner, welche in gleicher Weise bedroht worden wären, hätten ihre Söhne jeweils entweder in den Iran oder nach Europa geschickt, bei der Polizei sei jener Vorfall nicht zur Anzeige gebracht worden, da man ihnen nicht geglaubt hätte. Der Beschwerdeführer stehe regelmäßig in Kontakt mit seiner Familie, ihm sei jedoch nichts über einen allfälligen weiteren Kontakt zu dem erwähnten Mann nach seiner Ausreise gesagt worden.

Zu seinen Rückkehrbefürchtungen führte der Beschwerdeführer aus, dort keinen Platz mehr zum Leben zu haben; das Problem mit dem Mann würde er noch einmal haben, außerdem würde er ein elendes Leben in Armut wie früher führen. Der Beschwerdeführer hätte nicht die Möglichkeit gehabt, sich in einem anderen Teil Afghanistans niederzulassen, zumal die Sicherheitslage auch in Kabul schlecht wäre. Von einer staatlichen Verfolgung sei er ebensowenig betroffen gewesen wie von Problemen aufgrund seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit.

In Österreich lebe der Beschwerdeführer von der Grundversorgung, er habe hier zwei Cousins, besuche einen Deutschkurs und treibe Sport.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

Die Behörde stellte die Staatsangehörigkeit, Religion und Volksgruppenzugehörigkeit, nicht jedoch die präzise Identität des Beschwerdeführers fest. Zwischen seiner Ausreise aus Afghanistan Ende 2014 und seiner Einreise nach Österreich Anfang 2016 hätte sich der Beschwerdeführer im Iran aufgehalten. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer Verfolgung durch die Taliban unterliegen würde, ebensowenig habe eine ihm drohende Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung festgestellt werden können. Die vom Beschwerdeführer angeführte Bedrohung durch die Taliban erweise sich als unglaubwürdig, wozu insbesondere auf die stark divergierenden Angaben anlässlich der Erstbefragung zu verweisen wäre, wo der Beschwerdeführer auf Frage nach seinem Fluchtgrund ausschließlich die allgemein unsichere Lage im Herkunftsland genannt hätte. Im Übrigen würde sich das vom Beschwerdeführer dargestellte Bedrohungsszenario als nicht nachvollziehbar und teils widersprüchlich erweisen. Nicht verständlich erscheine etwa, weshalb sowohl der Vater als auch die Mutter des Beschwerdeführers die Bedrohung durch den erwähnten Mann gegenüber dem Beschwerdeführer hätten verschweigen sollen und diesen erst nachdem er von einem Nachbarn davon erfahren hätte, ins Ausland hätten schicken sollen. Widersprüchlich und wenig nachvollziehbar stelle sich auch die Aussage des Beschwerdeführers dar, demzufolge alle jungen Männer aus seinem Heimatort geflüchtet wären; überdies habe dieser weder ungefähre Angaben zum zeitlichen Rahmen der Ereignisse, noch in Bezug auf den erwähnten Mann tätigen können. In einer Gesamtschau, auch mit der von ihm fälschlich ins Treffen geführten Minderjährigkeit, müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer durch Falschangaben versucht hätte, seine Chancen im Verfahren auf internationalen Schutz zu erhöhen.

Der Beschwerdeführer verfüge über enge familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in Afghanistan, wo er als gesunder und arbeitsfähiger junger Mann ortskundig wäre. Dieser habe bereits Arbeitserfahrung gesammelt, sei in der Vergangenheit von seinem Vater finanziell unterstützt worden und würde nach einer Rückkehr nicht Gefahr laufen, in eine existenzielle Notlage zu geraten. Angesichts der prekären Sicherheitslage in Kapsia stünde dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Schutzalternative in Kabul offen. Aus den Länderfeststellungen ginge hervor, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über die - über einen Flughaften erreichbare - Stadt Kabul, größere Transitrouten, die Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren haben würde. Anhand der persönlichen Eigenschaften und Lebensumständen des Beschwerdeführers könne abgeleitet werden, dass dessen Lebenssituation besser wäre, als die des Durchschnitts seiner Mitbürger und dieser nicht zu sozialen Risikogruppen seiner Heimat zähle. Im Übrigen wäre diesem auch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe als Startkapital möglich.

Da der Beschwerdeführer angesichts der kurzen Dauer seines Aufenthaltes keine schützenswerten privaten Anknüpfungspunkte begründet habe, würden keine Hinderungsgründe gegen eine Rückkehrentscheidung vorliegen.

5. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine nunmehrige Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 20.11.2017 fristgerecht Beschwerde ein. Begründend wurde nach zusammenfassender Wiedergabe des Verfahrensverlaufs im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die im Bescheid ersichtlichen Länderfeststellungen nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers - Zwangsrekrutierung durch die Taliban - befassen würden und die Behörde es gänzlich unterlassen hätte, sich mit der Situation von Personen auseinanderzusetzen, welche sich weigern würden, gegen die Taliban zu kämpfen. Überdies könne die Behörde ohne nähere Ermittlungen auch nicht davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer in Kabul über eine Lebensgrundlage verfügen würden. Die Sicherheits- und Menschenrechtslage innerhalb Afghanistans stelle sich weiterhin als katastrophal dar, in diesem Sinne sei auch UNHCR im Dezember 2016 von einer deutlichen Verschlechterung der Sicherheitslage ausgegangen. In Kabul komme es vermehrt zu Anschlägen mit Todesopfern. Sofern sich die Behörde bei der Beurteilung der Arbeitsmarktsituation auf zwei näher angeführte Gutachten sowie ein Projekt namens ERSO beziehe, seien diese Quellen dem Beschwerdeführer unter Verletzung des Parteiengehörs nicht zur Kenntnis gebracht worden, die angeführten Gutachten würden im Übrigen in zahlreichen Aspekten den höchstgerichtlichen Ansprüchen an Sachverständigen-Gutachten widersprechen und seien auf ihre Schlüssigkeit hin nicht überprüfbar. Die Beweiswürdigung der Behörde stelle sich in Bezug auf eine Begründung der Unglaubwürdigkeit des vorgebrachten Fluchtgrundes als unschlüssig dar. Diese stütze sich im Wesentlichen auf eine angebliche Änderung des Fluchtvorbringens zwischen Erstbefragung und Einvernahme, verkenne dabei jedoch, dass sich die Erstbefragung nicht auf die näheren Fluchtgründe eines Antragstellers zu beziehen habe und lasse zudem die Verfassung des Beschwerdeführers bei der Erstbefragung außer Acht, welcher zum damaligen Zeitpunkt übermüdet und durch die uniformierten Polizisten eingeschüchtert gewesen wäre. Auch die weiteren Argumente der Behörde seien einer Aufklärung zugänglich. Der Beschwerdeführer sei durch die Taliban bereits unter Druck gesetzt worden, habe einer gewaltsamen Mitnahme lediglich durch spontane Flucht entkommen können und könnte bei einer Rückkehr von den Taliban leicht ausgeforscht und neuerlich zum Kampf gezwungen werden, wobei er im Falle einer Weigerung mit einer Tötung durch die Taliban zu rechnen hätte. Der afghanische Staat sei den Länderberichten zufolge nicht willens und nicht in der Lage, den Beschwerdeführer vor Verfolgung zu schützen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stünde diesem angesichts der Omnipräsenz der Taliban auch in Kabul sowie der Unzumutbarkeit einer Niederlassung außerhalb seines Heimatorts ohne tragfähiges familiäres Netz nicht offen. Das Bundesamt ginge selbst von einer unzureichenden Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers, wo dessen Familienangehörige nach wie vor leben würden, aus und lasse offen, wie seine Verwandten ihn in Kabul oder einer anderen größeren Stadt Afghanistans unterstützen sollten. Da der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit über einem Jahr geduldet wäre und dieser weder eine Gefahr für die Allgemeinheit und Sicherheit darstelle, noch wegen eines Verbrechens verurteilt wäre, erfülle dieser die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG. Auch die Erlassung der Rückkehrentscheidung basiere auf einem mangelhaften Ermittlungsverfahren. Der Beschwerdeführer habe in Österreich bereits viele Freunde, spiele Fußball und lerne eifrig Deutsch. Desweiteren führte die Beschwerde europarechtliche Bedenken zur Vereinbarkeit der Statusrichtlinie mit der österreichischen Rechtsordnung in Bezug auf die Kriterien für eine innerstaatliche Fluchtalternative - insbesondere jenes der "Zumutbarkeit" - ins Treffen und regte ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH an. Der Beschwerde beiliegend wurde eine Stellungnahme zum Gutachten von Mag. Mahringer vom 20.11.2017 übermittelt, in welcher beantragt wurde, den genannten Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung im Verfahren des Beschwerdeführers zu laden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und ist Muslim sunnitischer Ausrichtung. Seine Identität steht nicht fest. Er stammt aus der Provinz Kapsia, wo er gemeinsam mit seiner Familie (Eltern und Schwester) lebte, deren Lebensunterhalt durch die Tätigkeit des Vaters des Beschwerdeführers als Hilfsarbeiter bestritten wurde. Der Beschwerdeführer besuchte im Herkunftsstaat einige Monate lang die Schule, verließ Afghanistan zu einem nicht konkret feststellbaren Zeitpunkt, hielt sich in der Folge für einen ebenfalls nicht konkret feststellbaren Zeitraum im Iran auf, wo er als Schweißer arbeitete, und reiste im Anschluss über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich ein, wo er am 04.02.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der Beschwerdeführer hat den Herkunftsstaat verlassen, um in Europa bessere Lebensbedingungen vorzufinden. Die als fluchtkausal geltend gemachte Bedrohung des Beschwerdeführers durch die Taliban respektive eine dem Beschwerdeführer konkret drohende Zwangsrekrutierung oder sonst individuelle Verfolgung durch die Taliban ist nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer hätte im Falle seiner Rückkehr keine Verfolgung seitens einer Talibangruppierung zu befürchten.

Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung außerhalb seiner Heimatprovinz, insbesondere in der Stadt Kabul, besteht für den Beschwerdeführer als alleinstehenden gesunden leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine solche Bedrohungssituation und liefe der Beschwerdeführer auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer leidet an keinen Erkrankungen.

Der unbescholtene Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung im Februar 2016 durchgehend auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und bestreitet den Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung. Er ist gesund und arbeitsfähig, absolvierte Deutschkurse, legte jedoch keinen Nachweis über eine bereits absolvierte Deutschprüfung vor. Mit seinen in Österreich aufhältigen Cousins lebt der Beschwerdeführer in keinem gemeinsamen Haushalt und es bestehen keine wechselseitigen persönlichen oder finanziellen Abhängigkeiten. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten und keine sonstigen engen familienähnlichen Bindungen.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

...

KI vom 22.6.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q2.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Den Vereinten Nationen zufolge war die Sicherheitslage in Afghanistan im Berichtszeitraum weiterhin volatil: zwischen 1.3. und 31.5.2017 wurden von den Vereinten Nationen 6.252 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 2% gegenüber dem Vorjahreswert. Bewaffnete Zusammenstöße machten mit 64% den Großteil registrierter Vorfälle aus, während IEDs [Anm.:

improvised explosive device] 16% der Vorfälle ausmachten - gezielte Tötungen sind hingegen um 4% zurückgegangen. Die östlichen und südöstlichen Regionen zählten auch weiterhin zu den volatilsten; sicherheitsrelevante Vorfälle haben insbesondere in der östlichen Region um 22% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Taliban haben hauptsächlich folgende Provinzen angegriffen: Badakhshan, Baghlan, Farah, Faryab, Helmand, Kunar, Kunduz, Laghman, Sar-e Pul, Zabul und Uruzgan. Talibanangriffe auf afghanische Sicherheitskräfte konnten durch internationale Unterstützung aus der Luft abgewiesen werden. Die Anzahl dieser Luftangriffe ist mit einem Plus von 112% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2016 deutlich gestiegen (UN GASC 20.6.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan 11.647 sicherheitsrelevante Vorfälle von 1.1.-31.5.2017 registriert (Stand: 31.5.2017) (INSO o.D.).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Laut einem Bericht des amerikanischen Verteidigungsministeriums behielten die ANDSF, im Berichtszeitraum 1.12.2016-31.5.2017 trotz aufständischer Gruppierungen, auch weiterhin Kontrolle über große Bevölkerungszentren: Die ANDSF waren im Allgemeinen fähig große Bevölkerungszentren zu schützen, die Taliban davon abzuhalten gewisse Gebiete für einen längeren Zeitraum zu halten und auf Talibanangriffe zu reagieren. Die ANDSF konnten in städtischen Gebieten Siege für sich verbuchen, während die Taliban in gewissen ländlichen Gebieten Erfolge erzielen konnten, in denen die ANDSF keine dauernde Präsenz hatten. Spezialeinheiten der afghanischen Sicherheitskräfte (ASSF - Afghan Special Security Forces) leiteten effektiv offensive Befreiungsoperationen (US DOD 6.2017).

Bis Ende April 2017 lag die Truppenstärke der afghanischen Armee [ANA - Afghan National Army] bei 90,4% und die der afghanischen Nationalpolizei [ANP - Afghan National Police] bei 95,1% ihrer Sollstärke (UN GASC 20.6.2017).

High-profile Angriffe:

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).

Hauptstadt Kabul

Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vgl. auch:

al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).

Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vgl. auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).

Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).

Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten- den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten - kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017). Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017).

...

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Afghanistan ist mit einer anhaltenden Bedrohung durch mehr als 20 aufständische Gruppen bzw. terroristische Netzwerke, die in der AfPak-Region operieren, konfrontiert; zu diesen Gruppierungen zählen unter anderem die Taliban, das Haqqani Netzwerk, der Islamische Staat und al-Qaida (US DOD 6.2017).

Taliban

Die Fähigkeiten der Taliban und ihrer Operationen variieren regional signifikant; sie verwerten aber weiterhin ihre begrenzten Erfolge, indem sie diese auf sozialen Medien und durch Propagandakampagnen als strategische Siege bewerben (US DOD 6.2017).

Die Taliban haben ihre diesjährige Frühjahrsoffensive "Operation Mansouri" am 28. April 2017 eröffnet (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch:

BBC 7.5.2017). In einer Stellungnahme verlautbarten sie folgende Ziele: um die Anzahl ziviler Opfer zu minimieren, wollen sie sich auf militärische und politische Ziele konzentrieren, indem ausländische Kräfte in Afghanistan, sowie ihre afghanischen Partner angegriffen werden sollen. Nichtdestotrotz gab es bezüglich der Zahl ziviler Opfer keine signifikante Verbesserung (UN GASC 20.6.2017).

Während des Berichtszeitraumes der Vereinten Nationen gelang es den Taliban den strategischen Distrikt Zaybak/Zebak in der Provinz Badakhshan zu erobern (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch: Pajhwok 11.5.2017); die afghanischen Sicherheitskräfte konnten den Distrikt einige Wochen später zurückerobern (Pajhwok 11.5.2017). Kurzfristig wurden auch der Distrikt Sangin in Helmand, der Distrikt Qal'ah-e Zal in Kunduz und der Distrikt Baha' al-Din in Takhar von den Taliban eingenommen (UN GASC 20.6.2017).

Bei einer Friedens- und Sicherheitskonferenz in Kabul wurde unter anderem überlegt, wie die radikal-islamischen Taliban an den Verhandlungstisch geholt werden könnten (Tagesschau 6.6.2017).

Präsident Ghani verlautbarte mit den Taliban reden zu wollen:

sollten die Taliban dem Friedensprozess beiwohnen, so werde die afghanische Regierung ihnen erlauben ein Büro zu eröffnen; dies sei ihre letzte Chance (WP 6.6.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Der IS-Zweig in Afghanistan - teilweise bekannt als IS Khorasan - ist seit dem Jahr 2015 aktiv; er kämpft gegen die Taliban, sowie gegen die afghanischen und US-amerikanischen Kräfte (Dawn 7.5.2017; vgl. auch: DZ 14.6.2017). Der IS hat trotz verstärkter Militäroperationen, eine Präsenz in der Provinz Nangarhar (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch: DZ 14.6.2017).

Mehreren Quellen zufolge, eroberte der IS Mitte Juni 2017 die strategisch wichtige Festung der Taliban Tora Bora; bekannt als Zufluchtsort bin-Ladens. Die Taliban negieren den Sieg des IS und verlautbarten die Kämpfe würden anhalten (DZ 14.6.2017; vgl. auch:

NYT 14.6.2017; IBT 14.6.2017). Lokale Stammesälteste bestätigten hingen den Rückzug der Taliban aus großen Teilen Tora Boras (Dawn 16.6.2017).

Quellen:

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al-Jazeera (11.6.2017): US troops killed in 'insider attack' in Nangarhar,

http://www.aljazeera.com/news/2017/06/troops-killed-insider-attack-nangarhar-170610143131831.html, Zugriff 21.6.2017

-

al-Jazeera (31.5.2017): Kabul bombing: Huge explosion rocks diplomatic district,

http://www.aljazeera.com/news/2017/05/huge-blast-rocks-kabul-diplomatic-area-170531040318591.html, Zugriff 20.6.2017

-

BBC (10.6.2017): Afghanistan: US soldiers 'killed by commando' in Achin district, http://www.bbc.com/news/world-asia-40232491, Zugriff 21.6.2017

-

BBC (31.5.2017): Kabul bomb: Diplomatic zone attack kills dozens, http://www.bbc.com/news/world-asia-40102903, Zugriff 20.6.2017

-

Dawn (16.7.2017): IS captures Tora Bora, Bin Laden's former hideout, https://www.dawn.com/news/1339807, Zugriff 21.6.2017

-

Dawn (7.5.2017): IS chief in Afghanistan killed, claims President Ashraf Ghani, https://www.dawn.com/news/1331700, Zugriff 8.5.2017

-

DW - Deutsche Welle (31.5.2017): Afghanistan: "Sicherheitslage hat sich verschlechtert",

http://www.dw.com/de/afghanistan-sicherheitslage-hat-sich-verschlechtert/a-39058179, Zugriff 20.6.2017

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DZ - Die Zeit (14.6.2017): IS erobert strategisch wichtige Stellung von Taliban,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/afghanistan-islamischer-staat-kaempfe-taliban, Zugriff 21.6.2017

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DZ - Die Zeit (11.6.2017): Taliban-Kämpfer infiltriert Armee und tötet US-Soldaten,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/afghanistan-taliban-insider-attacke-soldaten-usa-tote, Zugriff 21.6.2017

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Fars News (7.6.2017): Kabul Blast Death Toll Rises to 150 as Deadly Attacks Continue,

http://en.farsnews.com/newstext.aspx?nn=13960317001159, Zugriff 21.6.2017

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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (6.6.2017): Zahl der Todesopfer steigt auf über 150, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afghanistan-zahl-der-opfer-in-kabul-steigt-auf-ueber-150-15048658.html, Zugriff 20.6.2017

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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (3.6.2017): Viele Tote bei Explosion auf Trauerfeier,

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/neuer-anschlag-in-kabul-viele-tote-bei-explosion-auf-trauerfeier-15045768.html, Zugriff 21.6.2017

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0. Politische Lage

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung erarbeitet (IDEA o.D.), und im Jahre 2004 angenommen (Staatendokumentation des BFA 7.2016; vgl. auch: IDEA o.D.). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahre 1964. Bei Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann und Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation des BFA 3.2014; vgl. Max Planck Institute 27.1.2004).

Die Innenpolitik ist seit der Einigung zwischen den Stichwahlkandidaten der Präsidentschaftswahl auf eine Regierung der Nationalen Einheit (RNE) von mühsamen Konsolidierungsbemühungen geprägt. Nach langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Lagern der Regierung unter Führung von Präsident Ashraf Ghani und dem Regierungsvorsitzenden (Chief Executive Officer, CEO) Abdullah Abdullah sind kurz vor dem Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 schließlich alle Ministerämter besetzt worden (AA 9.2016). Das bestehende Parlament bleibt erhalten (CRS 12.1.2017) - nachdem die für Oktober 2016 angekündigten Parlamentswahlen wegen bisher ausstehender Wahlrechtsreformen nicht am geplanten Termin abgehalten werden konnten (AA 9.2016; vgl. CRS 12.1.2017).

Parlament und Parlamentswahlen

Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wähler/innen. Seit Mitte 2015 ist die Legislaturperiode des Parlamentes abgelaufen. Seine fortgesetzte Arbeit unter Ausbleiben von Neuwahlen sorgt für stetig wachsende Kritik (AA 9.2016). Im Jänner 2017 verlautbarte das Büro von CEO Abdullah Abdullah, dass Parlaments- und Bezirksratswahlen im nächsten Jahr abgehalten werden (Pajhwok 19.1.2017).

Die afghanische Nationalversammlung besteht aus dem Unterhaus, Wolesi Jirga, und dem Oberhaus, Meshrano Jirga, auch Ältestenrat oder Senat genannt. Das Unterhaus hat 249 Sitze, die sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen verteilen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze und für die Minderheit der Kutschi 10 Sitze im Unterhaus reserviert (USDOS 13.4.2016 vgl. auch: CRS 12.1.2017).

Das Oberhaus umfasst 102 Sitze. Zwei Drittel von diesen werden von den gewählten Provinzräten vergeben. Das verbleibende Drittel, wovon 50% mit Frauen besetzt werden müssen, vergibt der Präsident selbst. Zwei der vom Präsidenten zu vergebenden Sitze sind verfassungsgemäß für die Kutschi-Minderheit und zwei weitere für Behinderte bestimmt. Die verfassungsmäßigen Quoten gewährleisten einen Frauenanteil von 25% im Parlament und über 30% in den Provinzräten. Ein Sitz im Oberhaus ist für einen Sikh- oder Hindu-Repräsentanten reserviert (USDOS 13.4.2016).

Die Rolle des Zweikammern-Parlaments bleibt trotz mitunter erheblichem Selbstbewusstsein der Parlamentarier begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit der kritischen Anhörung und auch Abänderung von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist. Zugleich nutzt das Parlament seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Regierungsarbeit destruktiv zu behindern, deren Personalvorschläge z. T. über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse teuer abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus spielt hier eine unrühmliche Rolle und hat sich dadurch sowohl die RNE als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht (AA 9.2016).

Parteien

Der Terminus Partei umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einer Anzahl von ihnen war es möglich die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen (USIP 3.2015).

Die afghanische Parteienlandschaft ist mit über 50 registrierten Parteien stark zersplittert. Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren, denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen traditionell mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des sich noch entwickelnden Parteiensystems ist auf fehlende strukturelle Elemente (wie z.B. ein Parteienfinanzierungsgesetz) zurückzuführen, sowie auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung und der Medien. Reformversuche sind im Gange - werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen immer wieder gestört, etwa durch das Unterhaus selbst (AA 9.2016).

Im Jahr 2009 wurde ein neues Parteiengesetz eingeführt, welches von allen Parteien verlangte sich neu zu registrieren und zum Ziel hatte ihre Zahl zu reduzieren. Anstatt wie zuvor die Unterschrift von 700 Mitgliedern, müssen sie nun 10.000 Unterschriften aus allen Provinzen erbringen. Diese Bedingung reduzierte tatsächlich die Zahl der offiziell registrierten Parteien von mehr als 100 auf 63, trug aber scheinbar nur wenig zur Konsolidierung des Parteiensystems bei (USIP 3.2015).

Unter der neuen Verfassung haben sich seit 2001 zuvor islamistisch-militärische Fraktionen, komm

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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