TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/20 I405 1421529-6

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.07.2018
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Entscheidungsdatum

20.07.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §33 Abs1 Z2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I405 1421529-6/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Ägypten, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.07.2018, Zl. 17509907-180610245, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 iVm. § 33 Abs. 1 Z. 2, sowie § 57 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein ägyptischer Staatsangehöriger, ist am XXXX2018 mit Flug XXXX aus Moskau kommend in Wien Schwechat gelandet. Im Zuge der Einreisekontrolle stellte er einen (gegenständlich sechsten) Antrag auf internationalen Schutz. Dabei brachte er vor, dass er in Ägypten verfolgt werde.

2. Der BF stellte erstmals am 16.10.2007 aus dem Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz. Der BF brachte dabei im Wesentlichen vor, dass er im Sommer 2001 mit einem gültigen Visum in die Niederlande gereist und nach einem einwöchigen Aufenthalt mit dem Zug nach Österreich gefahren sei. Am XXXX hätte er geheiratet und einen Aufenthaltstitel bekommen. Im Jahr 2005 sei er geschieden worden. Seine Frau habe behauptet, dass es eine Scheinehe gewesen sei.

Befragt nach seinen Fluchtgründen gab er an, dass in Ägypten keine Arbeit gebe. Er wolle auch nicht zum Armeedienst und schließlich gefalle ihm die Politik der ägyptischen Regierung überhaupt nicht. In Ägypten sei er nicht bei der Musterung gewesen. Er habe nicht einmal einen Brief bekommen, dass er hin müsse. Im Falle einer Rückkehr nach Ägypten sei er nicht mehr in der Lage, seine Familie vom Ausland aus finanziell zu unterstützen. Er habe zwar keinen Kontakt mehr zu seiner Familie, schicke aber dennoch Geld für seinen Bruder und seine Mutter. Er fühle sich hier wohler als in Ägypten.

3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes (nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) vom 16.01.2008, Zl. 07 09.653-EAST Ost, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ägypten abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ägypten ausgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das Vorbringen des BF dazu diene, drohenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entgehen, zumal der BF den gegenständlichen Asylantrag mehr als sechs Jahre nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet gestellt habe. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe keine Anhaltspunkte für eine konkrete Verfolgung durch die Behörden seines Heimatstaates ergeben.

Dieser Bescheid wurde dem BF durch Hinterlegung im Akt am 17.01.2008 rechtswirksam zugestellt und erwuchs mangels Erhebung einer Beschwerde am 01.02.2008 in Rechtskraft.

4. Am 13.08.2011 stellte der BF einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz und gab bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, dass er wegen der nunmehr vorherrschenden Situation in Ägypten und weil seine Freundin schwanger sei, einen neuen Asylantrag stelle. Er stelle jetzt einen Asylantrag, weil er von der Polizei aufgegriffen worden sei. Zuvor habe er Angst gehabt, zur Polizei zu gehen, weil er vermutet habe, dass er dann festgenommen werde. Da dies nun ohnehin der Fall sei, könne er seinen Antrag nun stellen.

5. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 29.08.2011, gab der BF an, dass es in Ägypten Probleme, keine Sicherheit und keinen Präsidenten gebe. Die Polizei arbeite nicht so, wie es sein sollte. Da er den Militärdienst nicht geleistet habe, bestehe im Falle einer Rückkehr nach Ägypten die Gefahr, dass er zehn Jahre Militärdienst ableisten müsse.

6. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.09.2011, Zl. 11 08.844 EAST-Ost, wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der BF gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ägypten ausgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall weder in der maßgeblichen Sachlage noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe. Daher stehe die Rechtskraft des Erstverfahrens dem neuerlichen Antrag entgegen, weswegen die Asylbehörde zu einer Zurückweisung verpflichtet sei.

Gegen diese Entscheidung erhob der BF fristgerecht Beschwerde.

7. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.10.2011, Zl. A4 421.529-1/2011/6E wurde die Beschwerde gemäß § 68 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der BF keinen neu entstandenen entscheidungsrelevanten Sachverhalt vorgebracht hätte, sondern die Abänderung des im ersten Asylverfahren erlassenen rechtskräftigen Bescheides begehren würde. Demnach habe das Bundesasylamt den neuerlichen Asylantrag zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen und sei der Beschwerde nicht Folge zu geben.

8. Am 11.05.2012 wurde der BF in Schubhaft genommen und gab er anlässlich der diesbezüglichen Niederschrift an, in Österreich geblieben zu sein, weil er daheim Probleme habe. Wenn diese bereits in Asylverfahren mehrmals abgehandelt worden seien, so wolle er es mehrmals versuchen. Er habe in Österreich ein Kind. Er wolle Österreich nicht verlassen. Sodann stellte er den gegenständlichen, dritten Antrag auf internationalen Schutz.

9. Anlässlich seiner Einvernahme vor dem LPK Wien am 15.05.2012 gab der BF an an, dass er einen Sohn mit österreichischer Staatsbürgerschaft hätte, dessen Adresse er nicht kenne. Der Sohn sei vom Jugendamt weggenommen worden. Von seiner ehemaligen Lebensgefährtin und Mutter des erwähnten Sohnes sei er seit einer Woche getrennt.

10. Am 13.06.2012 wurde der BF vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass er in Ägypten den Militärdienst verweigert habe. Sollte er jetzt zurückkehren, dann könnte er eine Strafe bekommen und auch in Haft genommen werden. Jetzt gebe es keinen Präsidenten in Ägypten und der BF wisse nicht, was dort mit ihm passieren würde. Außerdem seien seine alten Fluchtgründe immer noch aufrecht, es seien die gleichen Gründe, die er jetzt angegeben habe. Die Lage in Ägypten habe sich auch verschlechtert. Er wolle nicht unter einer extrem-islamischen Herrschaft leben. Er müsste sich dort bestimmt auch einen Bart wachsen lassen. Außerdem gebe es in Ägypten keine Arbeit und die Wirtschaft sei dort kaputt.

11. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.06.2012, Zl. 12 05.794 - EAST Ost, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der BF gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ägypten ausgewiesen.

Gegen diese Entscheidung erhob der BF fristgerecht Beschwerde.

12. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 12.07.2012, Zl. B10 421.529-2/2012/2E, wurde die Beschwerde des BF gemäß § 68 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass er im Verfahren bezüglich seiner persönlichen Fluchtgründe keine Neuerungen vorgebracht hätte. Er hätte lediglich behauptet, dass sich nun die Lage in Ägypten verschlechtert habe und er aufgrund von instabiler Sicherheitslage Verfolgung fürchten würde. Darüber hinaus sei er mittlerweile Vater in Österreich geworden. Es sei ihm damit aber nicht gelungen, einen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt, über welchen nicht schon mit Bescheid das Bundesasylamt vom 16.01.2008 rechtskräftig abgesprochen worden sei, geltend zu machen. Die geänderte Lage in Ägypten seit der Erlassung dieses Bescheides habe sich in Bezug auf Ihre Situation nicht entscheidungsrelevant geändert.

Diese Entscheidung erwuchs am 12.07.2012 in Rechtskraft.

13. Aus dem Stande der Schubhaft stellte der BF am 22.10.2012 seinen vierten Antrag auf internationalen Schutz.

14. Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 31.10.2012 gaben der BF an, keine neuen Fluchtgründe zu haben, die ursprünglichen Fluchtgründe bestünden noch. Er habe Angst um sein Leben. Er sei in Ägypten beim Militär gefährdet. Er habe einen Sohn in Österreich. Dieser lebe bei Pflegeeltern. Der BF sei seit 12 Jahren in Österreich und nicht vorbestraft.

15. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.01.2013, Zl. 12 15.237 - EAST Ost, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 22.10.2012 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und der BF gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ägypten ausgewiesen (Spruchpunkt II.).

16. Im Anschluss an diese Einvernahme wurde mit mündlich verkündeten Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.10.2012 gemäß § 12a AsylG 2005 der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 aufgehoben und dieser mündlich verkündete Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 idgF und § 62 Abs. 1 AVG in der Niederschrift beurkundet.

17. Mit Schreiben vom 03.12.2012 brachte der BF vor, dass er 2005 auf Urlaub in Ägypten gewesen sei und eine Frau kennengelernt habe und mit ihr einige Male ausgegangen sei. Später habe er erfahren, dass diese Frau verlobt sei und hätten dann die Probleme begonnen. Er sei gewarnt worden, dass er in Ägypten erschossen werden könnte.

18. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 21.12.2012 wurde ausgesprochen, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 41a AsylG 2005 idgF rechtmäßig sei.

19. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.01.2013, Zl. 12 15.237 - EAST Ost, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 22.10.2012 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der BF gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ägypten ausgewiesen. Ausgeführt wurde darin, dass aus dem Vorbringen kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden könne, zumal dieser bereits bei den letzten Asylverfahren bestanden habe und vom BF schuldhaft nicht vorgebracht worden sei.

20. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25.01.2013, Zl. B10 421.529-4/2013/4E, wurde die Beschwerde des BF gemäß § 68 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass er einerseits im Verfahren bezüglich seiner persönlichen Fluchtgründe keine Neuerungen vorgebracht hätte und andererseits, dass das neue Vorbringen keinen glaubhaften Kern aufweise. Die geänderte Lage in Ägypten seit der Erlassung dieses Bescheides habe sich in Bezug auf Ihre Situation nicht entscheidungsrelevant geändert.

21. Aus dem Stande der Schubhaft stellten er am 30.01.2013 seinen fünften Antrag auf internationalen Schutz.

22. Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 05.02.2013 gaben der BF an, dass es in Ägypten in manchen Städten der Ausnahmezustand verhängt worden sei. Er sei davon persönlich nicht betroffen, aber es gebe in Österreich Leute der Muslimbruderschaft, die wüssten, dass der BF gegen den Präsidenten sei. Er sei vor 12 Jahren nach Österreich eingereist und habe seitdem Ägypten einmal, nämlich 2005, besucht. Die alten Fluchtgründe seien noch aufrecht. Die neuen Gründe seien die allgemeine Lage in Ägypten. Dazu kämen seine gesundheitlichen Probleme wegen seines Hungerstreiks.

23. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.03.2013, Zl. 13 01.259 - EAST Ost, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 30.01.2013 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und wurde der BF gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ägypten ausgewiesen.

Gegen diese Entscheidung erhob der BF fristgerecht Beschwerde.

24. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25.11.2013, Zl. B10 421.529-5/2013/4E wurde die Beschwerde gemäß § 68 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG abgewiesen.

Die Entscheidung erwuchs am 28.11.2013 in Rechtskraft.

25. Mit Bescheid der BPD Wien vom 07.03.2012, Zl. III-W-785/AB/12 wurde über den BF ein Waffenverbot verhängt.

26. Am 14.02.2017 wurde der BF im Zuge einer sicherheitsbehördlichen Überprüfung angehalten (Verdacht der schweren Nötigung) und in weiterer Folge festgenommen.

27. Am 15.02.2017 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde, BFA) niederschriftlich einvernommen. Er gab an, dass er am 07.01.2017 von Rumänien nach Österreich gereist sei. Er habe in Rumänien eine Aufenthaltsberechtigung. In Österreich habe er seinen Sohn besuchen wollen.

28. Mit Bescheid des BFA vom 15.02.2017, Zl. 17509907/170197901, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß den § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG idgF wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 idgF erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Ägypten zulässig sei und wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid erwuchs mangels der Erhebung einer Beschwerde in Rechtskraft.

Am 16.02.2017 reiste der BF freiwillig nach Ägypten aus.

29. Bei seiner Erstbefragung am 29.06.2018 zum gegenständliche sechsten Antrag auf internationalen Schutz gab der BF an, dass er zwischenzeitlich in Ägypten eine Beziehung mit einer Frau christlichen Glaubens gehabt habe. Die Familie dieser Frau habe als sie von der Beziehung erfahren habe, versucht den BF umzubringen, indem sie versucht haben, ihn mit einem Auto zu überfahren. Er habe noch rechtzeitig flüchten können, jedoch sei sein Cousin von dem Auto überrollt und getötet worden. Zu seiner damaligen Freundin pflege der BF keinen Kontakt mehr.

30. Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 05.07.2018 vor der Erstaufnahmestelle Flughafen gab der BF zunächst zu seinem Gesundheitszustand an, dass er gesund sei und keine Medikamente nehme, jedoch habe er psychische Probleme, da er seinen Sohn nicht gesehen habe.

Auf Nachfrage gab er an, dass er im bisherigen Verfahren, insbesondere in der polizeilichen Erstbefragung am 29.06.2018 wahrheitsgemäße Angaben gemacht habe, welche ihm auch rückübersetzt und korrekt protokolliert worden wären. Befragt zu seinen Familienverhältnissen in Österreich gab der BF an, dass er in Österreich einen Sohn habe und dieser bei einer Pflegefamilie wohne. Er wolle in Österreich bleiben, um ihn öfters zu besuchen. Er sei im Jahr 2017 freiwillig aus Österreich nach Ägypten ausgereist, da er weder in Schubhaft noch ins Gefängnis gewollt habe.

Sein Sohn habe mit dessen Mutter nach der Geburt 2 bis 3 Monate im Frauenhaus gelebt. Da er keine Aufenthaltsberichtigung und keine Wohnung gehabt habe, sei festgestellt worden, dass er sich nicht um seinen Sohn kümmern könne. Weiters habe das Jugendamt der Mutter die Obsorge über das Kind entzogen und er habe nicht gewusst, wo sich sein Kind aufgehalten habe. Er habe sich mit der Mutter zerstritten, weil diese sich nicht um das Kind gekümmert habe. Befragt, weshalb der BF kein Besuchsrecht gehabt habe, gab dieser an, dass er nicht belegen habe können, dass er der Vater sei. Er habe die Geburtsurkunde erst später ausstellen lassen. Auf Vorhalt, wonach die Geburtsurkunde anlässlich der Geburt ausgestellt werde, gab der BF an, dass er zu diesem Zeitpunkt noch kein Identitätsausweis gehabt habe. Den Vorhalt, wonach er sehr wohl Reisepässe (ausgestellt 1999 und 2022, und auch 2011) gehabt habe, bestritt der BF.

Weiters habe er noch zwei Onkel, welche in Österreich aufhältig seien. Befragt nach seinen zahlreichen Eintragungen im kriminalpolizeilichen Aktenindex gab der BF an, dass er mit Freunden Haschisch geraucht habe und ihn einmal seine Freundin nach einem Streit angezeigt habe. Er sei jedoch nie strafrechtlich verurteilt worden.

Befragt nach seinem Reisepass, gab der BF an, dass er diesen verloren habe. Es sei ihm am Flughafen eine Tasche gestohlen worden, in welche sich der Reisepass befunden habe.

Befragt nach Reiseroute gab der BF an, dass er Anfang Mai von Ägypten nach Dubai geflogen sei, wo habe er acht Wochen Urlaub bei Freunden gemacht habe. Dann sei er Mitte Juni nach Russland geflogen.

Befragt nach den familiären Verhältnisse in Ägypten gab der BF an, dass sein Vater verstorben sei. Seine Mutter würde gemeinsam mit seiner Großmutter und Tante im Familienhaus leben. Er habe in Ägypten seinen Lebensunterhalt mit der finanziellen Unterstützung seines Bruders, welcher in England lebe, bestritten.

Befragt nach seinen Fluchtgründen gab der BF an, dass er im Supermarkt neben seiner Wohnung eine Frau kennen gelernt habe, welche dort gearbeitet habe. Sie haben sich nach einer gewissen Zeit öfter getroffen und habe die Frau ihn öfters zu Hause besucht. Irgendwann haben ihre Eltern von dieser Beziehung erfahren. Der Kontakt zu ihr sei dann abgebrochen und sie habe auch nicht mehr in dem Supermarkt gearbeitet. Er habe dann Drohanrufe von den Brüdern der Frau bekommen, dass sie ihn töten würden. Befragt, ob er sein Handy dabeihabe, gab der BF an, dass dieses kaputt sei. Er könne die Telefonnummer seiner ehemaligen Freundin nicht auswendig und kenne er auch nicht ihre genaue Anschrift. Er habe am Anfang gedacht, dass es sich dabei nur um eine leere Drohung gehandelt habe, jedoch sei er eines Tages mit seinem Cousin in der Nacht unterwegs gewesen und hätten sie in der Nähe seiner Wohnung eine Straße überqueren wollen, wobei ein Auto auf sie zugerast sei und der Cousin des BF überfahren worden sei. Er sei dann an der Unfallstelle verstorben. Die Polizei habe keine Angaben zum Autolenker machen können. Er habe sich dann einen Anwalt genommen, um das Ganze rechtlich zu verfolgen, jedoch hätte dieser nichts in Erfahrung bringen können.

Befragt zu seiner ehemaligen Freundin, gab der BF an, dass er sie im Mai kennengelernt habe. Nach ca. eineinhalb Monaten sei sie auch zu ihm nach Hause gekommen. Sie habe ihm erzählt, dass sie nicht verheiratet sei und bei ihrer Familie wohne. Befragt zu ihrem Religionsbekenntnis gab der BF an, dass er erst im Nachhinein erfahren habe, dass sie Christin sei. Die Beziehung habe ca. 5-6 Monate gehalten, danach habe sie den Kontakt abgebrochen und er habe versucht, sie zu erreichen, aber ihr Handy sei ausgeschaltet gewesen und sie sei nicht mehr zur Arbeit gegangen. Er habe dann bemerkt, dass etwas passiert sei. Befragt nach den Drohanrufen gab er an, dass diese ca. einem Monat gedauert haben und dann plötzlich geändert haben, woraufhin sich der Vorfall mit seinem Cousin ereignet habe. Der Vorfall habe sich am 18. Februar um 1:00 Uhr in der Früh ereignet. Befragt, weshalb er glaube, dass ein Zusammenhang mit diesem Vorfall und den Drohanrufe bestehe, gab er an, dass sie nach diesem Vorfall noch einmal angerufen haben und gesagt haben, dass sie wissen würden, dass sie ihn nicht erwischt haben, aber sie ihn noch töten werden. Er habe bei der Polizei eine Anzeige erstattet und habe sich einen Anwalt genommen, jedoch habe man der Familie des Mädchens nichts nachweisen können, da diese mit einer unterdrückten Nummer angerufen haben.

Befragt, ob es oft vorkommen würde, dass Christen Moslems umbringen würden, wenn diese eine Interkonfessionelle Beziehung führen würden, gab der BF an, dass dies oft vorkomme.

Auf Vorhalt, wonach der zuständige Referent stundenlang im Internet nach jeweiligen Vorfällen gesucht habe und er nur einen Vorfall im Jahre 2008 gefunden habe, wonach ein Moslem aufgrund einer Beziehung von Christen getötet worden sei, es hingegen zahlreiche Fälle geben würde, wonach Christen getötet werden würden, wenn diese mit einem Moslem eine Beziehung haben, gab der BF an, dass nicht alles, was passiere in den Medien stehen würde, außerdem habe es keine Beweise gegeben.

Die Frage, ob er somit alle seine Fluchtgründe vollständig angegeben habe und genug Zeit und Gelegenheit dazu gehabt hätte, bejahte der BF und gab an, dass nicht alles in den Medien oder in der Zeitung geschrieben werde.

Auf Vorhalt, dass als Ergebnis der heutigen Einvernahme beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz in der EAST Flughafen abzuweisen, zumal er nicht vermocht habe, seine Auseise glaubhaft zu machen, zudem selbst bei Wahrheitsunterstellung seines Fluchtvorbringens es sich um eine Verfolgung durch private handeln würde und der ägyptische Staat willens und fähig wäre, ihn vor dieser Bedrohung zu schützen, gab der BF an, dass dies der Idealfall wäre.

Die Niederschrift wurde rückübersetzt und hatte der BF keine Ergänzungen oder Einwände.

31. Am 06.07.2018 trat der BF nach vorheriger Drohung - er würde, wenn man ihn nicht aus dem SOT herauslassen würde, jemanden mit einem Messer verletzen oder umbringen - in den Hungerstreik.

32. Mit Schreiben vom 06.07.2018 an das UNHCR- Büro in Österreich ersuchte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um Zustimmung gemäß § 33 Abs. 2 AsylG zur Abweisung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 33 Abs. 1 Z. 2 AsylG.

33. Am 10.07.2018 übermittelte UNHCR ein Antwortschreiben, wonach bezugnehmend auf das Fax vom 06.07.2018 mitgeteilt wurde, dass das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR die Zustimmung gemäß § 33 Abs. 2 AsylG 2005 erteile, da das Vorbringen in Einklang mit Beschluss Nr. 30 des UNHCR-Exekutivkommitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne.

34. Das Bundesamt hat mit dem angefochtenen Bescheid gegenständlichen Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 33 Abs. 1 Z. 2 iVm § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), ihm den Status eines Asylberechtigten sowie gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 auch den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ägypten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm unter einem auch keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt III).

Begründend wurde im angefochtenen Bescheid neben umfangreichen Feststellungen zur allgemeinen Lage in Ägypten, unter Darlegung näherer Erwägungen unter anderem ausgeführt, dass das Vorbringen des BF zu seinen Fluchtgründen absolut unglaubwürdig sei. Es sei ein sehr häufiges Fluchtvorbringen, wonach eine Bedrohung durch eine Familie aufgrund einer nicht standesgemäßen Freundin bestehe. Jedoch sei es äußerst ungewöhnlich, dass eine christliche Familie einen Moslem töten wolle. Es sei nach stundenlanger Recherche lediglich ein Fall gefunden worden, wo Christen einen Mann wegen der Konversion seiner ursprünglich christlichen Frau zum Islam getötet worden sei. Im umgekehrten Fall würden sich zahlreiche Berichte finden lassen. Es könne jedoch nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden, dass ein Christ einen Moslem bedrohe, jedoch zeige sich aufgrund seines gesamten Verhaltens und weiterer Sachverhaltsmerkmale, dass die von ihm behauptete Bedrohung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht den Tatsachen entspreche. So habe der BF vorgebracht, dass er nach dem Vorfall mit seinem Cousin und den Drohanrufen, eine Anzeige bei der Polizei eingebrachte habe und er sich auch einen Anwalt genommen habe, jedoch würde es sich hierbei lediglich um eine bloße Behauptung handeln. Im Internet würden sich keinerlei Hinweise auf einen solchen Unfall mit Fahrerflucht finden, weiters habe der BF keinerlei Beweismittel vorgelegt, jedoch hätte der BF nach seinen fünf Asylverfahren in Österreich erkennen müssen, dass die Vorlage von Beweismitteln zur Untermauerung seiner Angaben hilfreich sein könnten. Anderseits habe er die Geburtsurkunde seines Sohnes mitgenommen und auch nicht verloren, welche er zu dem Zweck, einen Familienbezug in Österreich nachzuweisen, mitgeführt habe.

Was jedoch in Zusammenhang mit seinem Vorleben bzw. den bisher geführten fünf Asylverfahren in Österreich seine nunmehr behaupteten Fluchtgründe völlig unglaubwürdig mache, sei der Umstand, dass er offensichtlich ein großes Interesse daran haben, in Österreich leben zu können. Dafür sei ihm jedes Mittel recht gewesen. Er habe, bevor er seinen ersten Asylantrag gestellt hab, sich bereits mehr als sieben Jahre illegal in Österreich aufgehalten. Diesen Antrag habe er aus der Schubhaft gestellt, um aus dieser entlassen zu werden. Nachdem der erste Asylantrag rechtskräftig negativ entschieden worden sei, sei der BF drei weitere Jahre illegal in Österreich verblieben, bevor er 2011 einen weiteren Asylantrag gestellt habe. Als dieser Antrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden sei, habe der BF noch drei weitere Asylanträge gestellt, welche jedoch gleichlautend entschieden worden seien. Den ersten Asylantrag hätte der BF nur gestellt, um drohenden fremdenrechtlichen Maßnahmen zu entgehen. Der zweite Asylantrag sei von ihm gleichlautend begründet worden, jedoch habe er darauf hingewiesen, dass er eine schwangere Freundin, einen Halbbruder und zwei Onkel in Österreich habe. Aus dem Stande der Schubhaft hab der BF den dritten Asylantrag gestellt und habe er angegeben, hier einen Sohn zu haben, der vom Jugendamt weggenommen worden sei. Zudem sei er schon so lange da und hätte in Ägypten den Wehrdienst verweigert. Außerdem gäbe es dort keinen Präsidenten. Der BF habe noch zwei weitere Asylanträge aus dem Stande der Schubhaft gestellt. Der Asylgerichtshof habe dazu festgestellt, dass die fünfte Asylantragstellung des BF, wie auch die vorherigen, lediglich dem Zwecke eine Aufenthaltsbeendigung des BF in Österreich zu verhindern dienen.

Fernerhin würde sich die Unglaubwürdigkeit des BF als Person in zahlreichen Vorfällen festmachen. So habe er bei den diversen Antragstellungen und sonstigen Amtshandlungen unterschiedliche Identitäten behauptet. Weiters habe er am 05.07.2018 befragt nach Geschwistern angegeben, dass er einen Bruder habe, welcher in England lebe. Am 15.02.2017 habe der BF hingegen angegeben, drei Brüder zu haben, wobei zwei Brüder in Ägypten und ein Halbbruder in Wien lebe. Am 15.02.2017 habe er angegeben, dass seine Eltern verstorben seien; am 05.07.2018 habe er jedoch angegeben, dass seine Mutter in Ägypten leben und sein Vater verstorben sei. Fernerhin sei er auch um seinen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren eine Scheinehe eingegangen, welche vom BG Leopoldstadt 2006 für nichtig erklärt worden sei. Damals sei gegen ihn ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren ausgesprochen worden, jedoch sei er nie aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgereist. Weiters habe er behauptet, zwischen 2015 und 2017 einen Aufenthaltstitel für Rumänen gehabt zu haben, jedoch habe eine Abfrage bei den rumänischen Behörden ergeben, dass eine Person mit seinem Nationale in der Fremdenkartei nicht vorhanden sei. Fernerhin habe er hinsichtlich seines Kindes widersprüchliche Angaben zum Protokoll gegeben. So habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 05.07.2018 vorgebracht, dass er sein Kind seit dessen dritten Lebensmonat nicht mehr gesehen habe und dies die Schuld seiner Exfreundin sei, da diese sich nicht um das Kind gekümmert habe, weshalb es nun bei Pflegeeltern leben müsse. Befragt, weshalb er kein Besuchsrecht gehabt habe, habe er angegeben, dass er keine Wohnung, keine Arbeit gehabt habe und sein Aufenthalt in Österreich illegal gewesen sei. Erfahrungsgemäß sei dies kein ausreichender Grund, um einem Vater den Kontakt zu seinem Kind völlig zu untersagen. So habe sich nach Durchsicht der Vorakten sowie Kontaktaufnahme mit dem LKA, Opferschutz sowie der Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie ein gänzlich anderes Bild ergeben. So habe die Kindesmutter angegeben, dass der BF weder bei der Geburt des Kindes dabei gewesen sei noch dem Kind jemals ein Geschenk gemacht habe. Er habe sie allerdings mit einem Messer bedroht. Das LKA, Opferschutz sei in einer Sachverhaltsdarstellung vom 21.03.2018 zum Schluss gekommen, dass der BF die Vaterschaft erst anerkannt habe, als ihm die Abschiebung gedroht habe und er versucht hätte, aufgrund der familiären Bindungen in Österreich zu einem Aufenthaltstitel zu kommen. Zudem sei vermerkt worden, dass laut Angaben der Exfreundin, der BF seit 07.03.2018 telefonisch mit ihr Kontakt aufgenommen habe und ihr die Schuld an seiner Ausweisung gegeben habe. Er wolle seinen Sohn bei sich haben. Von Seiten der Interventionsstelle sei zu erfahren gewesen, dass er seiner Exfreundin angekündigt habe, nach Wien zu kommen und das Kind zu holen. Fernerhin habe der BF insgesamt 14 Eintragungen im kriminalpolizeilichen Aktenindex. Teilweise wegen mehreren Delikten unter anderem Körperverletzung, gefährliche Drohung, Suchtmittelbesitz sowie Betrug. Das der BF nie verurteilt worden sei, sei wohl darauf zurückzuführen, dass er für die Justiz nicht mehr greifbar gewesen sei, da er seit April 2013 keine behördliche Meldung mehr in Österreich gehabt habe.

Diese Auflistung zeige, dass der BF bereits in der Vergangenheit bei jeder Gelegenheit gelogen habe. Sein Fluchtvorbringen sei daher abgesehen von der sonstigen Unglaubwürdigkeit im konkreten Fall auch im Zusammenhang mit der Unglaubwürdigkeit seiner Person im Allgemeinen nicht glaubhaft. Es sei daher in einer Gesamtschau das jetzige Fluchtvorbringen absolut, ohne jeden Zweifel, unglaubwürdig. Auch andere, asylrelevante Gründe seien im gegenständlichen Verfahren nicht festgestellt worden. Der BF habe selbst angegeben, sich nie politisch engagiert zu haben.

Was Ägypten betreffe, so gebe es keine Hinweise darauf, dass er aufgrund einer Asylantragstellung im Falle seiner Rückkehr mit Schwierigkeiten zu rechnen habe. Er habe selbst angegeben, keine Schwierigkeiten mit den Behörden seines Herkunftsstaates zu haben. Er sei in Ägypten geboren und aufgewachsen, daher sei er in der dortigen Kultur als sozialisiert anzusehen und verfüge über eine Schulausbildung sowie über ausreichend Berufserfahrung. Er sei weder schwer krank, sodass er aus gesundheitlichen Gründen an einer neuerlichen Arbeitsaufnahme gehindert würde, noch sei aufgrund der Lage in seinem Heimatland eine wirtschaftliche Notlage anzunehmen.

Rechtlich wurde zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ausgeführt, dass im gesamten Ermittlungsverfahren kein "begründeter Hinweis" im Sinne des § 33 Abs. 1 AsylG hervorgekommen wäre, aufgrund dessen dem BF der Status des Asylberechtigten zuerkannt hätte werden können.

Hinsichtlich Spruchpunkt II. wurde festgehalten, dass der BF arbeitsfähig sei und es ihm bei einer Rückkehr nach Ägypten zumutbar sei, sich selbst auch unter durchaus schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung zu suchen und auch durch die Annahme von Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zudem verfüge der BF über familiäre Anknüpfungspunkte.

Zu Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, dass die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG schon daran scheitere, dass er sich nicht im Bundesgebiet aufhalte und gemäß § 33 Abs. 5 AsylG im Flughafenverfahren über eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG nicht abzusprechen sei. Es sei daher eine Prüfung gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG und damit verbunden die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG nicht in Betracht gekommen.

35. Gegen diesen Bescheid hat der BF fristgerecht Beschwerde erhoben, worin nach Wiedergabe des Verfahrensganges der belangten Behörde vorgeworfen wurde, ein mangelhaftes Verfahren durchgeführt zu haben. Basierend auf dem Vorbringen des BF hätte das BFA weitergehende Ermittlungen insbesondere durch die Einsetzung eines Vertrauensanwaltes setzen müssen. Der zugrundeliegende Sachverhalt sei von der belangten Behörde nicht so ganz erhoben und keineswegs substantiiert erörtert worden. So habe sich die belangte Behörde in keiner Weise mit dem Themenkomplex der Blutrache auseinandergesetzt und sich überdies nicht näher mit dem Vorbringen zur staatlichen Schutzfähigkeit durch den BF befasst. Wäre die belangte Behörde ihren Ermittlungspflichten sowie ihrer Pflicht zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts nachgekommen, so hätte sie erkannt, dass dem BF in Ägypten asylrelevante Verfolgung drohe. Des Weiteren sei die Beweiswürdigung der belangten Behörde ebenfalls mangelhaft. So wäre die belangte Behörde zu einer näheren Befragung des BF von einer tiefergreifenden Auseinandersetzung mit dem konkreten Fall verpflichtet gewesen. Da sich die belangte Behörde in der Beweiswürdigung auf vermeintliche Widersprüche stütze, hätte sie den BF mit diesen ordnungsgemäß unverständlich konfrontieren müssen. Die belangte Behörde habe die Unglaubwürdigkeit des BF darauf gestützt, dass er weder zum Tod des Cousins noch zur gegen ihn ausgesprochenen Drohung Anzeigebestätigung vorlegen konnte. Dies hätte sich durch den Einsatz eines Vertrauensanwaltes vermeiden lassen, da der BF bereits in seiner Einvernahme alle dazu notwendigen Angaben gemacht habe und er bereit sei, wenn nötig noch weitere zu machen. Es könne keineswegs davon ausgegangen werden, dass der ägyptische Staat dem BF Schutz vor den Verfolgern bieten würde. Weiters sei die alternative Begründung der belangten Behörde, wonach es sich lediglich um Handlungen von privater Seite handeln würde, welche nicht asylrelevant wären, unrichtig. Dem BF wäre daher der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Zu Spruchpunkt II. wurde ein Artikel des USDOS zitiert, wonach es in Ägypten zahlreiche Menschenrechtsverletzungen gebe. Sohin drohe dem BF bei einer Rückgabe nach Ägypten mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung von Art. 2 oder Art. 3 EMRK. Außerdem sei er Vater eines Sohnes, der die österreichische Staatsbürgerschaft besitze, zudem er aktuell keinen Kontakt habe, dies aber sobald wie möglich ändern wolle.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen: Der BF ist Staatsangehöriger von Ägypten. Er gehört der arabischen Volksgruppe an und ist moslemischen Glaubens. Seine Identität steht fest.

In Österreich lebt der am XXXX geborene Sohn des BF, der österreichischer Staatsangehöriger ist. Der BF hatte lediglich in den ersten Wochen nach dessen Geburt Kontakt zu diesem, danach nicht mehr. Der BF hat auch zwei Onkel in Österreich.

Die Mutter und weitere Verwandte des BF leben hingegen in Ägypten.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

Der BF leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilationsbedürftig.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass dem BF in seinem Heimatland Ägypten eine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Ägypten der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wäre.

Zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Ägypten wird im Einklang mit der belangten Behörde Folgendes festgestellt:

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation:

KI vom 16.4.2018, Präsidentschaftswahlen in Ägypten (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage)

Ägyptens autoritäres Staatsoberhaupt Abdel Fattah al-Sisi hat bei der Präsidentschaftswahl in Ägypten [Anm.: die von 26. bis 28.3.2018 stattfand] nach Angaben der Wahlkommission 97,08% der gültigen Stimmen bekommen. Die Wahlbeteiligung bei der Abstimmung in der vergangenen Woche habe 41,5% betragen, teilte die Kommission mit (TS 2.4.2018; vgl. DS 2.4.2018). Neben Al-Sisi trat nur der weitgehend unbekannte Politiker Mussa Mustafa an, in dem Beobachter einen Alibi-Kandidaten sahen. Dieser kam auf 2,92% der Stimmen (DS 2.4.2018; vgl. TS 2.4.2018).

Quellen:

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DS - Der Standard (2.4.2018): Offiziell: Ägyptens Präsident al-Sisi klar wiedergewählt,

https://derstandard.at/2000077191005/Offiziell-Aegyptens-Praesident-al-Sisi-klar-wiedergewaehlt, Zugriff 16.4.2018

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TS - Tagesschau (2.4.2018): Präsidentenwahl in Ägypten - Al-Sisi bekommt 97 Prozent,

https://www.tagesschau.de/ausland/aegypten-wahl-113.html, Zugriff 16.4.2018

1. Politische Lage

Ägypten sieht sich nach der Absetzung von Präsident Mohamed Mursi im Juli 2013 und der Wahl von Abdel Fattah Al-Sisi zum Staatspräsidenten im Mai 2014 noch immer vor allem enormen wirtschafts- und sicherheitspolitischen Herausforderungen gegenüber, die die politische Konsolidierung verzögern. Die 2014 in Kraft getretene Verfassung sieht für das Land das Regierungssystem eines demokratischen Rechtsstaats vor. Die Wahlen zum neuen Parlament Ende 2015 vollzogen sich grundsätzlich frei und gesetzmäßig, fanden jedoch in einem Klima allgemeiner staatlicher Repression statt, in dem politische Opposition oder der Einsatz für Menschenrechte in die Nähe von Terrorismus und staatsfeindlichen Aktivitäten gerückt wurden. Dies setzt der freien politischen Betätigungen faktisch enge Grenzen. Das von etwa 25 % der ägyptischen Wahlberechtigten gewählte und im Januar 2016 konstituierte ägyptische Parlament zeigt die erwarteten Anlaufschwierigkeiten auf dem Weg zu einem eigenständigen politischen Akteur, der seine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung effektiv und selbstbewusst ausübt. Das Parlament bleibt dennoch die einzige Institution in Ägypten, die derzeit das Potential hierzu besitzt. Die Parteienlandschaft ist schwach ausgeprägt. Die Parteien vermögen es in der Regel nicht, landesweite Strukturen aufzubauen und programmatische Akzente zu setzen. Das 2014 reformierte Wahlrecht trug zur weiteren Schwächung der Parteien bei, die im Parlament keine wichtige Rolle spielen. Die Mehrheit der Abgeordneten im ägyptischen Parlament ist regierungstreu. Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz sind verfassungsrechtlich vorgesehen, jedoch durch weitreichende politische Einflüsse zunehmend eingeschränkt. Die Justiz, die in der Vergangenheit viel auf die eigenen Standards hielt, ist zum Instrument der Repression geworden. Drakonische Strafen, die seit dem Sommer 2013 verhängt werden, sind oft Vergeltungsmaßnahmen gegen Akteure, durch die sich der "tiefe Staat" bedroht sieht, insbesondere die Zivilgesellschaft auf der einen und die Muslimbruderschaft auf der anderen Seite. Bedenklich ist die verbreitete Praxis von Strafverfahren gegen Zivilisten vor Militärgerichten sowie erzwungenes Verschwindenlassen, langwierige Haft ohne Anklage, Prozesse, die rechtsstaatlichen Kriterien nicht genügen, Folter und Misshandlungen in Polizeigewahrsam, überbelegte Haftanstalten und schlechte Haftbedingungen. Militär und Sicherheitsbehörden nehmen im Staatsgefüge eine dominierende Position ein und verfügen über weitreichende Befugnisse und Einflussmöglichkeiten. Gerade auf dem Gebiet der begrifflich sehr weit verstandenen Terrorismusbekämpfung sind die Sicherheitsbehörden der Kontrolle durch die Justiz und andere Verfassungsorgane weitgehend entzogen. Polizei und Staatsschutz (National Security Services) sind formal getrennt, unterstehen jedoch gemeinsam dem Innenministerium (AA 15.12.2016).

Mit dem Verfassungsreferendum im Januar 2014, der Wahl Abdel Fattah Al-Sisis zum Staatspräsidenten im Mai 2014 und den Wahlen zum Abgeordnetenhaus im November und Dezember 2015 hat Ägypten formal seinen "Fahrplan zur Demokratie" abgeschlossen. Die Verfassung vom Januar 2014 enthält einen im Vergleich zu früheren Verfassungen erweiterten Grundrechtskatalog, der sowohl bürgerlich-politische wie auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte umfasst. Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern wird gewährt. Jedoch können einzelne Grundrechte durch einfache Gesetze wieder eingeschränkt werden; in der Verfassungswirklichkeit ist die Geltung und Geltendmachung der Grundrechte eingeschränkt. Im November und Dezember 2015 fanden die Wahlen zum Parlament statt. Die Verfassung von 2014 sieht ein Parlament mit nur einer Kammer (Abgeordnetenhaus oder Maglis El-Nuab) vor. Das bisherige Oberhaus des Parlamentes (Schurarat) wurde dagegen abgeschafft. Das ägyptische Wahlrecht sah für die politischen Parteien hohe administrative Hürden vor, sodass die Mehrheit der 596 Abgeordneten als unabhängige Einzelkandidaten gewählt wurde. Daneben zogen 120 Abgeordnete über die Wahlliste "In Liebe zu Ägypten" in das Parlament ein, die sich die Unterstützung von Staatspräsident Al-Sisi auf die Fahnen geschrieben hatte. 28 Abgeordnete wurden nicht gewählt, sondern vom Staatspräsidenten bestimmt. Als stärkste politische Partei sind die "Freien Ägypter" mit 65 Abgeordneten im Parlament vertreten, vor der "Zukunft der Nation" und der traditionellen Wafd-Partei. Die salafistische Nour-Partei hat als einzige islamistische Partei 11 Abgeordnete. Die Sozialdemokratische Partei ist mit vier Abgeordneten vertreten.

Arbeitsschwerpunkte der Regierung unter Premierminister Sherif Ismael bleiben Stabilitätserhalt und Wirtschaftsförderung. Mit der "Egypt Vision 2030" legte die ägyptische Regierung einen ambitionierten Entwicklungsplan vor, der thematisch sämtliche Bereiche umspannt und sich an den internationalen Zielen für Nachhaltige Entwicklung (SDGs) orientiert. Das Jahr 2017 wurde von Staatspräsident Al-Sisi zum ägyptischen "Jahr der Frau" erklärt, nachdem 2016 offiziell als "Jahr der Jugend" deklariert wurde (AA 2.2017a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Ägypten, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1483948426_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-aegypten-stand-dezember-2016-15-12-2016.pdf, Zugriff 26.04.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (02.2017a): Ägypten - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aegypten/Innenpolitik_node.html, Zugriff 27.04.2017

2. Sicherheitslage

Die Armee ging 2016 weiterhin mit gepanzerten Fahrzeugen, Artillerie und Luftangriffen gegen bewaffnete Gruppen im Norden der Sinai-Halbinsel vor. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden bei jedem Einsatz zahlreiche "Terroristen" getötet. Für einen Großteil des Gebietes galt weiterhin der Ausnahmezustand. Unabhängige Menschenrechtsbeobachter und Journalisten hatten faktisch keinen Zugang. Bewaffnete Gruppen verübten mehrfach tödliche Anschläge auf Sicherheitskräfte sowie auf Regierungsbedienstete, Justizpersonal und andere Zivilpersonen. Die meisten Angriffe gab es im Norden des Sinai, aber auch aus anderen Landesteilen wurden Bombenanschläge und Schießereien bewaffneter Gruppen gemeldet. Zu vielen Anschlägen bekannte sich ein Ableger der bewaffneten Gruppe Islamischer Staat (IS), der sich "Provinz Sinai" nennt. Die bewaffnete Gruppe gab an, sie habe im Laufe des Jahres 2016 mehrere Männer hingerichtet, weil diese für die Sicherheitskräfte spioniert hätten (AI 22.02.2017).

Am 18. April 2017 kam es zu einem Anschlag auf einen Kontrollposten in unmittelbarer Nähe des Katharinenklosters im Süden der Sinai-Halbinsel, bei dem ein Polizist getötet und weitere Personen verletzt wurden. Am Palmsonntag, den 9. April 2017, wurden zwei Anschläge auf christlich-koptische Kirchen in der Stadt Tanta, ca. 80 km nördlich von Kairo entfernt, und in Alexandria verübt. Es sind zahlreiche Tote und Verletzte zu beklagen. Bereits am 11. Dezember 2016 fielen Teilnehmer an einem Gottesdienst in der koptischen Kirche "Peter und Paul" in Kairo einem Attentat zum Opfer. Damit wurden im zeitlichen Zusammenhang mit hohen christlichen Feiertagen wiederholt koptische Kirchen zu Anschlagszielen (AA 02.05..2017)

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.02.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Egypt, http://www.ecoi.net/local_link/336475/479129_de.html, Zugriff 26.04.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (02.05.2017): Ägypten - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertigesamt.de/DE/Laenderinformationen/00SiHi/Nodes/AegyptenSicherheit_node.html, Zugriff 02.05.2017

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Die Unabhängigkeit der Justiz ist vor allem im Bereich der äußerst weit verstandenen Terrorismusbekämpfung erheblich beeinträchtigt. Willkürliche Verhaftungen und politisch motivierte Gerichtsverfahren sind an der Tagesordnung. Folter und Misshandlungen in Haft sind verbreitet. Die justizielle Kontrolle des Einsatzes von Sicherheitsbehörden unterliegt faktischen und rechtlichen Grenzen. Die Todesstrafe wird verhängt und gegenwärtig auch vollstreckt. Zu diskriminierender Strafverfolgung oder Strafzumessung aufgrund bestimmter Merkmale liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor. In diesem Bereich macht sich häufig der Druck der öffentlichen Meinung bemerkbar. Harte Strafen gegen Angehörige der Muslimbruderschaft und oppositionspolitische Aktivisten sind häufig Ausdruck einer politisierten Justiz, die nicht nach rechtsstaatlichen Grundsätzen verfährt. Vor dem Hintergrund allgemein harter und häufig menschenrechtswidriger Haftbedingungen gibt es Hinweise, dass insbesondere junge und unbekannte politische Straftäter besonders harten Haftbedingungen ausgesetzt sind. Amnestien werden wiederholt angekündigt und auch umgesetzt. Anlässlich ägyptischer Feiertage werden immer wieder Gefangene amnestiert bzw. im formellen Sinne begnadigt. Allerdings profitieren hiervon in der Regel keine politischen Gefangenen, sondern ausschließlich Strafgefangene. Allgemeine Voraussetzungen sind in der Regel die Verbüßung von mindestens der Hälfte der Haftzeit und gute Führung in Haft. Im November 2016 kam es jedoch zur Amnestierung von über 100 Studenten und Journalisten, die wegen Teilnahme an Demonstrationen oder wegen ihrer Berichterstattung festgenommen wurden (AA 15.12.2016).

In den meisten Fällen mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen leiteten die Behörden keine wirksamen Untersuchungen ein. Dies betraf Folter und andere Misshandlungen, Verschwindenlassen, Todesfälle in Gewahrsam und die weitverbreitete Anwendung unverhältnismäßiger Gewalt durch Sicherheitskräfte seit 2011. Die Täter wurden nicht zur Rechenschaft gezogen. Die Staatsanwaltschaft weigerte sich regelmäßig, von Gefangenen erhobene Vorwürfe, sie seien gefoltert und anderweitig misshandelt worden, zu untersuchen und ignorierte Hinweise darauf, dass Sicherheitskräfte in Fällen von Verschwindenlassen das Datum der Festnahme gefälscht hatten (AI 22.02.2017).

Die Verfassung sieht die Unabhängigkeit und Immunität der Richter vor. Die Gerichte handelten in der Regel unabhängig, obwohl es einzelnen Gerichten manchmal an Unparteilichkeit fehlte und diese zu politisch motivierten Ergebnissen gelangten. Die Regierung respektierte in der Regel Gerichtsbeschlüsse. Das Gesetz geht von einer Unschuld der Angeklagten aus, und die Behörden informieren sie in der Regel unverzüglich und im Detail über die Anklagen gegen sie. Die Angeklagten haben das Recht, bei den Verfahren anwesend zu sein. Die Teilnahme ist verpflichtend für Personen, die eines Verbrechens angeklagt werden, und fakultativ für diejenigen, die wegen Vergehen angeklagt sind. Zivilverhandlungen sind in der Regel öffentlich. Die Angeklagten haben das Recht, einen Anwalt zu konsultieren, und die Regierung ist zuständig für die Beratung, wenn der Angeklagte sich keinen Rechtsanwalt leisten kann. Verhandlungen vor dem Militärgericht sind nicht öffentlich (USDOS 03.03.2017).

Die ägyptische Justiz ist in Zivil- und Strafgerichte einerseits und Verwaltungsgerichte andererseits unterteilt. Jeweils höchste Instanz ist das Kassationsgericht bzw. das Hohe Verwaltungsgericht. Darüber hinaus existieren Sonder- und Militärgerichte. Seit 1969 ist das Oberste Verfassungsgericht das höchste Gericht. Obwohl die Gerichte in Ägypten - mit gewissen Einschränkungen - als relativ unabhängig gelten und sich Richter immer wieder offen gegen den Präsidenten stellten, gab es immer wieder Vorwürfe gegen Richter, Prozesse im Sinn des Regimes zu manipulieren. Solche Vorwürfe werden auch heute noch in Bezug auf die Prozessführung gegen die angeklagten Spitzen des alten Regimes sowie hohe Offiziere der Sicherheitskräfte erhoben. Das Mubarak-Regime bediente sich immer wieder der durch den Ausnahmezustand legitimierten Militärgerichte, um politische Urteile durchzusetzen. Auch nach der Revolution wurden zahlreiche Zivilisten vor Militärgerichten angeklagt (GIZ 9.2016a).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Ägypten, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1483948426_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-aegypten-stand-dezember-2016-15-12-2016.pdf, Zugriff 26.04.2017

-

AI - Amnesty International (22.02.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Egypt, http://www.ecoi.net/local_link/336475/479129_de.html, Zugriff 26.04.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2016a): Liportal, Ägypten - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/aegypten/geschichte-staat/, Zugriff 02.05.2017

-

USDOS - US Department of State (03.03.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Egypt, http://www.ecoi.net/local_link/337183/479946_de.html, Zugriff 27.04.2017

4. Sicherheitsbehörden

Lang andauernde Haft ohne Anklage ist auf Veranlassung der Sicherheitsbehörden verbreitet. Urteile in politisch motivierten Verfahren basieren in der Regel nicht auf rechtsstaatlichen Grundsätzen (AA 15.12.2016).

Die primären Sicherheitskräfte des Innenministeriums sind die Polizei und die Zentralen Sicherheitskräfte. Die Polizei ist für die Strafverfolgung bundesweit verantwortlich. Die Zentralen Sicherheitskräfte sorgen für die Sicherheit der Infrastruktur und wichtigen in- und ausländischen Beamten. Zivile Behörden behielten die wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte bei. Die Straflosigkeit blieb jedoch auch aufgrund schlecht geführter Ermittlungen ein Problem. Die Polizei hat gemeldeten Polizeimissbrauch nicht ausreichend untersucht (USDOS 03.03.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Ägypten, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1483948426_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-aegypten-stand-dezember-2016-15-12-2016.pdf, Zugriff 26.04.2017

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USDOS - US Department of State (03.03.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Egypt, http://www.ecoi.net/local_link/337183/479946_de.html, Zugriff 27.04.2017

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Folter wird durch ägyptische Sicherheitsbehörden in unterschiedlichen Formen und Abstufungen praktiziert. In Polizeigewahrsam sind Folter und Misshandlungen weit verbreitet. In diesem Zusammenhang kommt es auch zu Todesfällen in Haft. Menschenrechtsverteidiger kritisierten, dass Beweise, die zu Verurteilungen in Strafverfahre

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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