Entscheidungsdatum
03.08.2018Norm
ADV §4 Abs1Spruch
W208 2193907-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde des Leutnant XXXX, geb. XXXX gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 08.06.2018, GZ S91551/3-DiszBW/2018(1) mit dem das Disziplinarerkenntnis des Kommandanten JgB XXXX vom 28.02.2018 aufgehoben und die Disziplinarsache zurückverwiesen wurde, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Offizier beim österreichischen Bundesheer (ÖBH).
2. Mit Disziplinarerkenntnis vom 28.02.2018 des Kommandanten des JgB
XXXX wurde er mit der Disziplinarstrafe "Verweis" bestraft, weil er eine Pflichtverletzung gem. § 7 Abs 1 ADV iVm § 2 Heeresdisziplinargesetz 2002 (HDG) begangen habe. Welche geht weder aus dem beigelegten Führungsblatt hervor noch liegt die gem. § 63 Abs 4 HDG bei einer mündlichen Verkündung erforderliche Verhandlungsschrift oder ein schriftliche Disziplinarerkenntnis im Akt ein.
3. Mit Bescheid vom 15.03.2018 hob der Leiter der Disziplinar- und Beschwerdeabteilung (DiszBW) für den Bundesminister für Landesverteidigung (im Folgenden: belangte Behörde) gem. § 67 Abs 3 HDG das Disziplinarerkenntnis von Amts wegen auf.
4. Der dagegen erhobenen Beschwerde des BF vom 11.04.2018 wurde vom BVwG mit Beschluss vom 14.05.2018 - im Wesentlichen wegen Begründungsmängeln - Berechtigung zuerkannt, der Bescheid aufgehoben und die Rechtssache an die belangte Behörde zurückverwiesen.
5. Mit dem nunmehr beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 08.06.2018 entschied der Leiter der DiszBW für den Bundesminister für Landesverteidigung und hob - diesmla eingehender begründet - gem. § 67 Abs 3 HDG das Disziplinarerkenntnis des Kommandanten neuerlich von Amts wegen auf.
6. Gegen diesen Bescheid - zugestellt am 18.06.2018 - brachte der BF wiederum Beschwerde beim BVwG ein.
7. Mit Schreiben vom 13.07.2018 (eingelangt am 18.07.2018) legte die belangte Behörde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem BVwG die Akten des Verwaltungsverfahrens und die Beschwerde vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF war zum Tatzeitpunkt zuständiger Ausbildungsoffizier und Zugskommandant bei der Ausbildung von Rekruten. In dieser Funktion ließ er am 28. und 29.11.2017 als "erzieherische Maßnahme" einen namentlich genannten Rekruten mehrmals dessen Bettzeug (beim ersten Mal inkl. Matratze) vom Zimmer im Erdgeschoss in die Zugskommandantenkanzlei im 2. Obergeschoss transportieren, dort warf er das Bettzeug mehrfach auf den Boden, ließ es den Rekruten neuerlich falten und bei Dienstende wieder abholen, weil er ihn zuvor während der Dienstzeit unzulässiger Weise auf seinem Bett liegend angetroffen hatte. Die Rechtfertigung des Rekruten, er habe Bauchschmerzen und ihm sei schlecht, ließ er nicht gelten.
Ein seiner Dienstaufsicht unterstehende Unteroffizier ließ den Rekruten am 28.11.2017 wiederholt wegen vorliegender Adjustierungsmängel bzw. nicht korrekt erfolgter Rückmeldung vom Erdgeschoss in den 2. Stock und zurücklaufen, die Zimmertüre zu Übungszwecken öffnen und schließen sowie bei geschlossener Türe den Türgriff hinauf- bzw. hinunter bewegen.
Diese Vorgangsweise wurde der Parlamentarischen Bundesheerkommission im Weg einer Beschwerde bekannt, von dieser untersucht und schließlich die disziplinäre Würdigung empfohlen, weil ein derartiges Verhalten gegen Anordnungen in mehreren Erlässen und der Allgemeinen Dienstvorschrift verstoße:
* ADV (Pflichten des Vorgesetzten; Verhalten gegenüber Untergebenen)
* BMLV vom 7. Juli 2016, VBI. 1 Nr. 45/2016 Pkt. 11/3 (Verhaltensnormen für Soldatinnen und Soldaten - Neuregelung;
Umgangston, gegenseitiges Verhalten)
* BMLV 25. November 2008, VBI. I Nr. 97/2008 (Dienstbetrieb;
"Erzieherische Maßnahmen" im Rahmen der Dienstaufsicht bei Ausbildung und Dienstbetrieb; Grundsätze - Neuverlautbarung)
Hinsichtlich der Strafbemessungskriterien im aufgehobenen Disziplinarerkenntnis führte die belangte Behörde zusammengefasst an, dass zwar das Geständnis und die Einsicht des BF mildernd zu werten gewesen sei, von einer bloß fahrlässigen Pflichtverletzung könne - angesichts der vielen einschlägigen Belehrungen des Ausbildungskaders - jedoch nicht gesprochen werden. Neben dem Verstoß gegen § 7 ADV bzw. Weisungen bestehe auch der dringende Verdacht, dass die Dienstaufsicht gegenüber dem unterstellten Unteroffizier vernachlässigt worden sei und würde aus general- und spezialpräventiven Gründen (insbesondere aufgrund der Vorbildwirkung) eine strengere Strafe als ein Verweis erforderlich sein.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen. Eine inhaltliche Würdigung des Sachverhaltes und eine Entscheidung in der Sache, waren aufgrund der getroffenen Feststellungen im Bescheid, den Angaben des BF, des beschuldigten Unteroffiziers sowie der Zeugen in deren Niederschriften möglich.
Sofern der BF einzelne Vorwürfe bestreitet (etwa die Dienstaufsichtsverletzung) bzw. angibt nur fahrlässig und nicht vorsätzlich bei der erzieherischen Maßnahme "Bettzeug" gehandelt zu haben, wird auf die rechtliche Begründung verwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit der Beschwerde
Art 131 B-VG regelt die grundsätzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Das Dienstrecht und damit auch das Disziplinarrecht der Beamten ist gem. Art 10 Abs 1 Z 16 B-VG ebenso wie das Heeresdisziplinarrecht (als militärische Angelegenheit gem. Art 102 Abs 2 B-VG) unmittelbar von Bundesbehörden zu vollziehen.
Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht und sind auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit zu Tage getreten.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen eine Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, es besteht kein Neuerungsverbot (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K2). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amtswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017 § 27, K3).
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.
Der BF hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK) noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) entgegenstehen. Gemäß der zu § 24 Abs 4 VwGVG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lassen die Akten dann erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann (vgl. etwa VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0007, Ra 2014/09/0008, Ra 2014/09/0023, Ra 2014/09/0035 mwN). Ein solcher Fall liegt hier vor: Der BF hat in seiner Beschwerde kein relevantes, substantiiertes Sachverhaltsvorbringen, das geeignet wäre, die Feststellungen der belangten Behörde zu erschüttern, erstattet. Das Verwaltungsgeschehen und der entscheidungsrelevante Sachverhalt sind geklärt, sodass vor diesem Hintergrund nur mehr die - im vorliegenden Fall keine besondere Komplexität aufweisende - Rechtsfrage, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, zu beantworten war (vgl. unter anderem VwGH 27.05.2015, Ra 2014/12/0021, und VwGH 21.04.2015, Ra 2015/09/0009). Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung im Hinblick auf Art 6 Abs 1 EMRK und Art 47 GRC ist nicht ersichtlich. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen
Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Heeresdisziplinargesetzes 2014 - HDG, BGBl I 2014/2 von Bedeutung (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG):
"Strafbemessung und Schuldspruch ohne Strafe
§ 6. (1) Das Maß für die Höhe einer Disziplinarstrafe ist die Schwere der Pflichtverletzung. Dabei ist unter Bedachtnahme auf frühere Pflichtverletzungen, die in einem Führungsblatt festgehalten sind, darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beschuldigten von der Begehung weiterer Pflichtverletzungen abzuhalten oder um Pflichtverletzungen anderer Personen entgegenzuwirken. Darüber hinaus sind zu berücksichtigen
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1.-die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Umstände und
2.-die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschuldigten.
(2) Wird über mehrere Pflichtverletzungen desselben Beschuldigten gemeinsam erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen.
(3) Im Falle eines Schuldspruches kann von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden (Schuldspruch ohne Strafe), wenn
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1.-das Absehen ohne Verletzung dienstlicher Interessen möglich ist und
2.-nach den Umständen des Falles und nach der Persönlichkeit des Beschuldigten angenommen werden kann, dass ein Schuldspruch allein genügen wird, den Beschuldigten von weiteren Pflichtverletzungen abzuhalten.
Aufhebung von Entscheidungen
§ 67. (1) Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport hat eine Disziplinarverfügung unabhängig von deren Rechtskraft von Amts wegen aufzuheben und die Disziplinarsache an den Disziplinarvorgesetzten zu verweisen, wenn bei deren Erlassung
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1.-die Voraussetzungen nach § 64 Abs. 1 nicht vorgelegen sind oder
2.-eine strengere Disziplinarstrafe als nach § 64 Abs. 1 Z 2 verhängt wurde.
Diese Aufhebung ist binnen drei Jahren nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung zulässig.
(2) Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport hat ein Disziplinarerkenntnis unabhängig von dessen Rechtskraft von Amts wegen aufzuheben und die Disziplinarsache an den Disziplinarvorgesetzten zurückzuverweisen, der das aufgehobene Disziplinarerkenntnis erlassen hat, wenn bei dessen Erlassung
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1.-Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung der Disziplinarvorgesetzte zu einer anderen Entscheidung hätte kommen können, oder
2.-die Strafbefugnis überschritten wurde.
Diese Aufhebung ist binnen drei Jahren nach dessen Erlassung zulässig.
(3) Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport hat eine Disziplinarverfügung oder ein Disziplinarerkenntnis von Amts wegen aufzuheben und die Disziplinarsache an jenen Disziplinarkommandanten zurückzuverweisen, der die aufgehobene Entscheidung erlassen hat, wenn die Bestimmungen über die Strafbemessung gröblich verletzt wurden. Diese Aufhebung ist zulässig,
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1.-sofern gegen das Disziplinarerkenntnis eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben wurde, bis zu dessen rechtskräftiger Entscheidung oder
2.-in allen anderen Fällen während des Zeitraumes von der Erlassung der Entscheidung bis drei Monate nach Eintritt der Rechtskraft.
(4) Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport hat die Entscheidung eines Disziplinarkommandanten, mit der ein Disziplinarverfahren eingestellt wurde, von Amts wegen aufzuheben und die Disziplinarsache an jenen Disziplinarkommandanten zurückzuverweisen, der diese Entscheidung erlassen hat, wenn die Voraussetzungen nach § 62 Abs. 3 für die Einstellung nicht vorgelegen sind. Diese Aufhebung ist zulässig während des Zeitraumes von der Einstellung des Verfahrens bis drei Monate
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1.-nach Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung oder,
2.-im Falle der formlosen Einstellung, nach dieser Entscheidung.
(5) Eine Aufhebung nach den Abs. 1 bis 4 ist in jedem Fall schriftlich zu verfügen."
3.3. Anwendung auf den konkreten Fall
Vorauszuschicken ist, dass der BF als Berufsoffizier in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht und primär für ihn die Dienstpflichten des BDG maßgeblich sind. Hier kommt § 44 Abs 1 BDG (Einhaltung von Weisungen/Erlässen) in Betracht. Die Bestimmungen der ADV (hier etwa § 4 Abs 1 ADV) kommen bei Soldaten im Dienstverhältnis nur subsidiär zur Anwendung (§ 46 Abs 1 WG 2001).
Im konkreten Fall ist dem BF zuzustimmen, wenn er anführt, dass die belangte Behörde neuerlich zwar bestimmte Weisungen/Erlässe in ihrem Bescheid genannt, es aber verabsäumt hat, jene Bestimmungen in diesen Erlässen konkret anzuführen gegen die er verstoßen haben soll. Dies wird nachzuholen sein, da ansonsten das nunmehr zu erfolgende neue Disziplinarerkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet sein würde.
Wenn in einem Disziplinarerkenntnis der Vorwurf der Missachtung einer Weisung entgegen § 44 Abs. 1 BDG 1979 erhoben wird, muss sowohl der Inhalt der Weisung, deren Verletzung Gegenstand des Verfahrens ist, als auch das vorgeworfene, der Weisung zuwiderlaufende Verhalten des Beschuldigten auf präzise Weise dargestellt werden, sodass der Beschuldigte dadurch in die Lage versetzt ist, sich im Rechtsmittelverfahren sowohl mit auf den konkreten Tatvorwurf bezogenen rechtlichen Argumenten als auch mit Beweisanboten zur Wehr zu setzen, und davor geschützt wird, wegen desselben Vorwurfes nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Hinweis E 17.11.2004, Zl. 2001/09/0035; VwGH 18.06.2014, Ro 2014/09/0037).
Wenn der BF daraus aber die Schlussfolgerung zieht, darum dürfe die belangte Behörde den rechtskräftigen Spruch nicht aufheben und keine strengere Bestrafung fordern, verkennt er die Rechtslage, weil es bei der Aufhebung gerade darauf nicht ankommt.
Das dem vorliegenden Beschwerdeverfahren zugrundeliegende Disziplinarverfahren wurde als Kommandantenverfahren nach dem § 59ff HDG durchgeführt. Das zugrundeliegende Disziplinarerkenntnis wurde mündlich verkündet. Eine Niederschrift darüber findet sich nicht im Akt (§ 63 HDG), sodass schon aus diesem Grund die Strafbemessung des Kommandanten nicht nachvollziehbar ist. Auch das wird im folgenden Verfahren nachzuholen sein und sind der als erwiesen angenommene Sachverhalt, sowie die Strafbemessungsgründe zu dokumentieren.
Rechtlich ist dazu auszuführen, dass der Befolgung von Weisungen von Vorgesetzten nicht nur ein bloß geringfügiger Stellenwert zukommt und schon deshalb die Verhängung einer Geldbuße gerechtfertigt ist, um der Nichtbefolgung von Weisungen durch andere Beamte iSd § 93 Abs 1. BDG entgegenzuwirken (VwGH 26.06.2012, 2011/09/0032).
Womit die generalpräventive Erforderlichkeit einer Geldbuße bei einem Weisungsverstoß grundsätzlich gegeben ist, wenngleich Milderungs- und Erschwerungsgründe entsprechend zu berücksichtigen sind.
Zu den spezialpräventiven Gründen beteuert der BF zwar einerseits eingesehen zu haben, dass er eine "verbotene erzieherische Maßnahme" gesetzt hat (Seite 3 der Beschwerde), vermeint aber gleich danach, seine Maßnahmen hätten weder die Menschenwürde, noch die Ehre, noch Gesetze Verordnungen, Erlässe oder die Gesundheit des Soldaten verletzt (Seite 4 der Beschwerde).
Stellt man dieser Aussage, den festgestellten Sachverhalt gegenüber, ergibt sich, dass der BF einen möglicher Weise kranken Rekruten (Bauchschmerzen und Schwindel lt. Niederschrift des Rekruten vom 28.11.2017) angeschrien, psychisch unter Druck gesetzt und in der Lächerlichmachung ausgesetzt hat, indem er ihn seine Matratze durch die Gänge tragen ließ und sein Bettzeug mehrfach zu Boden warf, um es ihn neuerlich falten zu lassen. Dass hier zumindest ein Verstoß gegen § 4 Abs 1 ADV (Der Vorgesetzte hat seinen Untergebenen ein Vorbild soldatischer Haltung und Pflichterfüllung zu sein. Er hat sich seinen Untergebenen gegenüber stets gerecht, fürsorglich und rücksichtsvoll zu verhalten und alles zu unterlassen, was ihre Menschenwürde verletzen könnte.) vorliegt, ist evident. Von einer "Entbehrlichkeit" einer höheren Strafe als Verweis kann vor diesem Hintergrund keine Rede sein.
Was die Verschuldensfrage betrifft (Fahrlässigkeit oder Vorsatz) ist eine abschließende Beurteilung nicht möglich, da die konkreten Weisungen nicht vorliegen. Der BF ist aber darauf hinzuweisen, dass aus dem bloßen Fehlen eines ganz konkreten Beispiels in diesen Weisungen noch nicht auf ein Nichtvorliegen von Vorsatz geschlossen werden kann, weil § 7 Abs 1 ADV auch das bloß buchstäbliche Befolgen von Befehlen ohne Rücksichtnahme auf die ihnen offenkundig zugrunde liegende Absicht nicht zur Erfüllung der Gehorsamspflicht ausreicht.
Schließlich geht auch die Kritik des BF ins Leere, wonach eine Disziplinaranzeige angeordnet worden sei, weil sich im Spruch des bekämpften Bescheides keine diesbezügliche Anordnung findet und ein Kommissionsverfahren nur dann nicht durchzuführen ist, wenn eine höhere Strafe als Geldbuße erforderlich ist (§ 59 Z 2 HDG).
Abschließend ist noch anzuführen, dass hinsichtlich des Vorwurfes der BF habe seine Pflicht als Vorgesetzter zur Dienstaufsicht verletzt, im zu wiederholenden Verfahren durch Einvernahme von Zeugen zu klären sein wird, ob dieser Verdacht bewiesen werden kann oder nicht. Nur bei Beweisbarkeit wird diese weitere Pflichtverletzung als Erschwerungsgrund in die Strafbemessung einzufließen haben, ebenso wie weitere allfällige Milderungsgründe (wie beispielsweise die bisher klaglose Dienstleistung und Unbescholtenheit des BF, sofern dies vorliegt).
Als Ergebnis ist daher festzuhalten, dass § 67 Abs 3 HDG die gesetzliche Grundlage dafür darstellt, dass auch bereits rechtskräftige Disziplinarerkenntnisse (Disziplinarverfügungen) aufgehoben werden können, wenn die Bestimmungen über die Strafbemessung gröblich verletzt wurden. Dies war hier der Fall, die Aufhebung ist zu Recht erfolgt und es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die angeführte Rechtsprechung wird verwiesen.
Schlagworte
Disziplinarerkenntnis, Gehorsamspflicht, Geldbuße,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W208.2193907.2.00Zuletzt aktualisiert am
27.08.2018