TE Bvwg Beschluss 2018/8/14 W244 2112268-2

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Veröffentlicht am 14.08.2018
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Entscheidungsdatum

14.08.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §29 Abs4
VwGVG §33 Abs1

Spruch

W244 2136754-1/21Z

W244 2112270-2/24Z

W244 2112268-2/21Z

W244 2112267-2/20Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Verena JEDLICZKA-MESSNER als Einzelrichterin über den Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 11.07.2018 gegen die Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf schriftliche Ausfertigung des am 14.06.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses betreffend die Beschwerden von 1. XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, 2. XXXX, geb. XXXX, StA. Armenien, 3. XXXX, geb. XXXX, StA. Armenien, und 4. XXXX, geb. XXXX, StA. Armenien, alle vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2016, Zlen. 1. 1089473001-151473511,

2. 1023860303-151709353, 3. 1023860510-151709469 und 4. 1023860107-151709566:

A)

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Das Bundesverwaltungsgericht führte in den im Spruch genannten, gemäß § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Beschwerdesachen am 27.04.2018 und am 14.06.2018 eine mündliche Verhandlung durch. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 14.06.2018 erfolgte eine mündliche Verkündung des Erkenntnisses über die im Spruch angeführten Beschwerden. Die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 14.06.2018 wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl samt Hinweis auf die mündliche Verkündung am 15.06.2018 übermittelt.

2. Am 03.07.2018 erging eine gekürzte Ausfertigung des am 14.06.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses mit der Begründung, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG durch die hiezu Berechtigten innerhalb der zweiwöchigen Frist nicht gestellt wurde.

3. Am 11.07.2018 stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe am 15.06.2018 einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG gestellt. Diesen Schriftsatz habe es an die vom Bundesverwaltungsgericht angegebene Faxnummer (+43 1 53109 153357) gerichtet. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe ein Faxprotokoll erhalten, aus dem hervorgehe, dass die Faxeinbringung erfolgreich gewesen ist. Eine telefonische Rückfrage am 09.07.2018 habe ergeben, dass beim Bundesverwaltungsgericht zu den Geschäftszahlen der vorliegenden Verfahren keine Anträge auf Ausfertigung protokolliert seien.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe am 15.06.2018 ein mit einer Amtssignatur versehenes Schreiben, mit dem eine schriftliche Ausfertigung des am 14.06.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses beantragt wurde, an das Bundesverwaltungsgericht per Outlook-E-Fax unter der vom Bundesverwaltungsgericht anlässlich der Zustellung der Niederschrift angeführten Faxnummer versendet. Das Fax-Übertragungsprotokoll sei nach Versand kontrolliert worden und zeige, dass das volle Schreiben am 15.06.2018, ca. 08.54 Uhr, an die entsprechende Faxnummer versendet worden sei und drei Seiten habe. Insofern sei das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen, sodass es davon ausgehen durfte, dass eine rechtzeitige Einbringung des Antrags auf Ausfertigung erfolgt ist. Es liege daher kein Verschulden bzw. allenfalls kein den minderen Grad des Versehens überschreitendes Verschulden an der Fristversäumung vor, zumal Einbringungen mittels Telefax beim Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich mit Verordnung für zulässig erklärt worden seien (§ 1 BVwG-EVV). Es sei durchaus denkbar, dass Probleme beim Empfang des per Telefax versandten Antrags an der offenbar im Juni 20178 erfolgten Umstellung der Faxnummer des Bundesverwaltungsgerichts liegen könnten, auch wenn - soweit bekannt - entsprechende Fax-Umleitungen bestünden. Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag an die vom Bundesverwaltungsgericht auf der Erledigung, mit der die Niederschrift zugestellt wurde, angeführte Faxnummer übermittelte und das Faxprotokoll die Übertragung bestätigte, liege für allfällige Fehler beim Empfang infolge der Umstellung überhaupt kein Verschulden auf Seite des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vor.

Für den Fall, dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht bewilligt wird, erhebt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen die am 14.06.2018 mündlich verkündeten und am 03.07.2018 schriftlich ausgefertigten Erkenntnisse eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht führte in den im Spruch genannten, gemäß § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Beschwerdesachen am 27.04.2018 und am 14.06.2018 eine mündliche Verhandlung durch. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 14.06.2018 erfolgte eine mündliche Verkündung des Erkenntnisses über die im Spruch angeführten Beschwerden. Die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 14.06.2018 wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl samt Hinweis auf die mündliche Verkündung am 15.06.2018 übermittelt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beantragte am selben Tag die schriftliche Ausfertigung des am 14.06.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses mit einem per Fax an die vom Bundesverwaltungsgericht angegebene Faxnummer +43 1 53109 153357 übermittelten Schriftsatz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl konnte aufgrund eines Fax-Übertragungsprotokolls davon ausgehen, dass das dreiseitige Schriftstück am 15.06.2018 um 08.54 Uhr an die entsprechende Faxnummer erfolgreich versendet wurde. Dieser Schriftsatz langte aufgrund technischer Probleme bei der Umstellung des Faxservers des Bundesverwaltungsgerichts nie beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde nicht protokolliert.

Am 03.07.2018 erging eine gekürzte Ausfertigung des am 14.06.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses. Sie wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 04.07.2018 zugestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 15.06.2018 die schriftliche Ausfertigung des am 14.06.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses mit einem per Fax an die vom Bundesverwaltungsgericht angegebene Faxnummer +43 1 53109 153357 übermittelten Schriftsatz beantragte und von der erfolgreichen Versendung des Schriftsatzes ausgehen konnte, ergibt sich aus dem unbedenklichen Fax-Übertragungsprotoll, das dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beigelegt wurde.

Die Feststellung, dass dieser Schriftsatz aufgrund technischer Probleme bei der Umstellung des Faxservers des Bundesverwaltungsgerichts nie beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, beruht auf Nachforschungen beim Bundesverwaltungsgericht, beim Bundeskanzleramt und beim Bundesrechenzentrum, wonach aufgrund der Umstellung vom Faxserver des Bundeskanzleramtes zum Faxserver des Bundesrechenzentrums der Eingang nicht reproduzierbar ist (OZ 20 zu W244 2136754-1).

Dass der Schriftsatz nicht protokolliert wurde, ergibt sich aus den Gerichtsakten.

Der darüber hinaus gehende festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und im Verfahren unbeanstandeten Aktenlage fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe des - zulässigen - Antrags:

1. Macht eine Partei gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG glaubhaft, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.

2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (vgl. etwa VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/008, mwH). Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (vgl. etwa VwGH 30.05.2017, Ra 2017/19/0113, mwN).

3. Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes. Ein solcher ist gegeben, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann (VwGH 24.01.1996, 94/12/0179). Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt demgegenüber nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht auch nicht erwartet werden konnte (VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214).

4. Technische Probleme aufgrund der Umstellung des Faxservers des Bundesverwaltungsgerichts waren kausal für die fehlgeschlagene Übermittlung des Schriftsatzes, mit dem die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses beantragt wurde. Ein technisches Versagen im Bereich des Servers des Bundesverwaltungsgerichts musste vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch unter Bedachtnahme auf eine zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden, sodass es ein unvorhergesehenes Ereignis im Sinn des § 33 VwGVG darstellt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl konnte aufgrund des ihm vorliegenden Fax-Übertragungsprotokolls davon ausgehen, dass das Schriftstück erfolgreich an die vom Bundesverwaltungsgericht angegebene Faxnummer versendet wurde. Im vorliegenden Fall ist dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl daher kein Verschulden an der fehlgeschlagenen Übermittlung des Schriftsatzes vorzuwerfen.

5. Da ein Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 33 VwGVG vorliegt und das Bundesamt kein Verschulden trifft, war dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG stattzugeben.

6. Das Verfahren tritt in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf schriftliche Ausfertigung des am 14.06.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses befunden hat. Die schriftliche Ausfertigung ergeht gesondert.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig. Die Frage, ob im Sinn des § 33 Abs. 1 VwGVG ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne grobes Verschulden der Partei zur Versäumung der Frist geführt hat bzw. ob der Wiedereinsetzungsgrund ausreichend bescheinigt wurde, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt (VwGH vom 25.11.2015, Ra 2015/06/0113).

Schlagworte

Antrag auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses,
unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, Wiedereinsetzung,
Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W244.2112268.2.01

Zuletzt aktualisiert am

27.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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