TE Vwgh Erkenntnis 1999/12/21 95/14/0009

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Veröffentlicht am 21.12.1999
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §20 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG 1988 §20;
EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §4 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der S KG in K, vertreten durch Dr. G. Heinz Waldmüller, Rechtsanwalt in Innsbruck, Fallmerayerstraße 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 10. November 1994, Zl 31.063-3/93, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 1984 bis 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung bei der beschwerdeführenden KG, welche den Handel mit Sanitärartikeln betreibt, vertrat der Prüfer die Ansicht, dass eine erstmals in der Bilanz zum 31. Dezember 1984 eingestellte, aus einem Abstattungskredit vom 1. Dezember 1982 resultierende Verbindlichkeit in Höhe von rd S 800.000,-- nicht betrieblich veranlasst gewesen sei. Der Prüfer stützte sich diesbezüglich auf eine Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Gewerbesteuerbescheid für 1983, worin beantragt worden war, eine Forderungsabschreibung einer im Jahr "1983" für eine mit der Beschwerdeführerin in Geschäftsverbindung stehende G W GmbH & Co KG (in der Folge auch G W ), ein Installationsunternehmen, eingegangene und in der Folge schlagend gewordene Bürgschaft in Höhe von S 800.000,-- im Wert von S 600.000,-- anzuerkennen. Die Wertberichtigung sei im Rahmen einer Berufungsvorentscheidung mit der Begründung nicht anerkannt worden, dass für die Übernahme der Bürgschaft durch C K, den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, überwiegend private Gründe ausschlaggebend gewesen seien. Diese Ansicht sei in der Folge durch den Berufungssenat nicht zuletzt deswegen bestätigt worden, weil die "Haftungsübernahme" im Jahr 1982 in den Büchern der KG keinen Niederschlag gefunden habe und das zur Abstattung der "Haftungssumme" aufgenommene Darlehen in der Vermögensteuererklärung des C K als dessen Privatschuld aufgeschienen sei.

In der Folge erließ das Finanzamt für die Jahre 1984 bis 1989 Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften, in welchen die Ansicht des Prüfers ihren Niederschlag fand.

In einer dagegen erhobenen Berufung wandte sich die Beschwerdeführerin gegen die Ansicht, die für die G W eingegangene Bürgschaft sei nicht betrieblich veranlasst und der zur Erfüllung dieser Bürgschaft entstandene Aufwand sowie die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Zinsenaufwendungen seien nicht anzuerkennen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe keine Gewerbeberechtigung für Montagearbeiten, sondern nur für den Handel mit Sanitärartikeln, weshalb die Beschwerdeführerin auf eine Firma angewiesen gewesen sei, die den Kunden die verkauften Artikel hätte montieren können. Bis zur Aufnahme der Geschäftsbeziehungen mit der G W seien die Montagearbeiten von einem anderen Unternehmen, welches im Jahr 1981 in Konkurs gegangen sei, durchgeführt worden. Im Jahre "1983" sei die G W (bzw deren namensgebender Gesellschafter) an die Beschwerdeführerin mit dem Ersuchen herangetreten, eine Wechselbürgschaft zu übernehmen. Nachdem die Zusammenarbeit zufrieden stellend gewesen sei und es keinerlei Reklamationen über die durchgeführten Montagearbeiten der G W gegeben habe, habe die Beschwerdeführerin die entsprechende Bürgschaft übernommen, um zu vermeiden, dass sie sich wieder ein neues Montageunternehmen suchen müsse. Die eingegangene Bürgschaft habe somit durchaus betrieblichen Charakter gehabt, weshalb der Antrag gestellt werde, die daraus entstandenen Aufwendungen und Zinsen gewinnmindernd zu berücksichtigen.

Mit Berufungsvorentscheidung wurde die Berufung abgewiesen. Ohne auf das Berufungsvorbringen einzugehen, wiederholte das Finanzamt als Begründung entsprechend einer Stellungnahme des Prüfers zur Berufung den Hinweis darauf, dass die Haftungsübernahme in den Büchern der Beschwerdeführerin keinen Niederschlag gefunden habe und das zur Abstattung der Haftungssumme aufgenommene Darlehen in der Vermögensteuererklärung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin zum 1. Jänner 1983 als dessen Privatschuld aufgeschienen sei. Diese Umstände ließen den Schluss zu, dass außerbetriebliche Gründe für die Übernahme der Bürgschaft ausschlaggebend gewesen seien. In einem rechtzeitig gestellten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz ging die Beschwerdeführerin ihrerseits auf die Begründung des Finanzamtes nicht ein, sondern verwies darauf, dass in der Berufung der betriebliche Charakter der der eingegangenen Bürgschaft zugrunde liegenden Tatsachen aufgezeigt worden sei, weshalb eine in der Folge "unrichtige Behandlung der Haftungsübernahme nicht über den wahren wirtschaftlichen Gehalt gestellt" werden könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof allein strittigen Punkt ab. Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin im Oktober 1982 einen Wechsel über S 800.000,-- für die mit der Beschwerdeführerin in Geschäftskontakt stehende G W GmbH & Co KG mitunterfertigt habe. Wegen Zahlungsunfähigkeit dieser Gesellschaft sei er selbst gezwungen gewesen, einen Kredit aufzunehmen, um die Wechselverbindlichkeit begleichen zu können. Die Bürgschaftsverpflichtung, die daraus erfolgte Inanspruchnahme und der nachfolgende Zahlungsverkehr habe trotz entsprechender Vorhalte nicht belegt werden können. Vorgelegt worden seien nur die Urkunden über die am 1. Dezember 1982 mit dem Kreditunternehmen abgeschlossenen Verträge, und zwar ein Abstattungskreditvertrag über S 1 Mio, ein Bürgschaftsvertrag und eine Wechselbürgschaftserklärung zum Abstattungskredit, woraus eindeutig hervorgehe, dass C K Kreditnehmer und Schuldner sei. Der Kredit sei auf einer näher bezeichneten Liegenschaft, "dem im Hälfteeigentum der Ehegatten stehenden Einfamilienwohnhaus" sichergestellt worden. Dementsprechend habe auch C K persönlich "diese" Forderung über S 1,016.588,33 aus "Wechselverbindlichkeit" zum Ausgleich (Edikt vom 19. Jänner 1983) und Konkurs (Edikt vom 19. Mai 1983) der G W GmbH & Co KG angemeldet. In Anbetracht der von der Beschwerdeführerin für die Jahre 1980 bis 1982 erklärten Gewinne (zwischen S 44.000,-- und S 149.000,--) erschiene eine Bürgschaftsübernahme in Höhe von S 800.000,-- selbst unter Berücksichtigung des Vorteiles, sich keine andere Installationsfirma suchen zu müssen, sowie der Kostenersparnis für einen eigenen Meister als unverständlich und in auffallendem Missverhältnis zu den durch die Bürgschaft eingegangenen Risken. Da ein Bürge in aller Regel mit der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft rechnen müsse, werde sich derjenige, der sich aus betrieblichen Gründen verbürge, durch gezielte Information - die Einsichtnahme in die Bücher der G W GmbH & Co KG hätte die massive Überschuldung des Betriebes erkennen lassen - Klarheit über die Höhe der Risken und die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme verschaffen. Gerade dies sei hier nicht geschehen. Dieses kaufmännischen Grundsätzen krass widersprechende Verhalten spreche gegen einen Zusammenhang der Bürgschaft mit dem Betrieb der Beschwerdeführerin, wie auch die Unverhältnismäßigkeit des der Bürgschaft gegenüberstehenden Vorteiles die Zweckdienlichkeit für den Betrieb der Beschwerdeführerin ausschließe. Auch die eingereichten Urkunden seien nach Meinung des Senates eindeutige Indizien für die Zugehörigkeit der Wechselverbindlichkeiten zum Privatbereich. In diesem Zusammenhang erwähnt die belangte Behörde abermals die Aufnahme der Wechselverbindlichkeit in die Vermögensteuererklärung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin zum 1. Jänner 1983 und eine im Zuge des Insolvenzverfahrens der G W GmbH & Co KG erstellte Vermögensübersicht, in welcher unter den langfristigen Verbindlichkeiten das "Darlehen C K über S 1 Mio" aufscheine. In weiterer Folge weist die belangte Behörde darauf hin, dass die aus der Bürgschaftsverpflichtung resultierende Verbindlichkeit, wenn sie zum Betriebsvermögen gehörte, nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung bereits in der für das Kalenderjahr 1982 erstellten Schlussbilanz, welche am 14. März 1984 erstellt und am 19. März 1984 mit den Abgabenerklärungen beim Finanzamt eingereicht worden sei, hätte aufgenommen werden müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Übernahme einer Bürgschaft im Jahr 1982 durch den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin (und somit die wegen der Bürgschaft aufgenommene Bankschuld) bei dieser als betrieblich veranlasst beurteilt werden kann. Die belangte Behörde verneinte dies aus mehreren Gründen:

1. Die drohende Inanspruchnahme aus der im Jahr 1982 eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung sei ebenso wie der kurz danach zur Deckung der Zahlungen aufgenommene Abstattungskreditvertrag vom 1. Dezember 1982 nicht in das Rechenwerk der Beschwerdeführerin aufgenommen worden.

2. Der Geschäftsführer habe vielmehr eine entsprechende Schuld in seiner persönlichen Vermögensteuererklärung zum 1. Jänner 1983 in Ansatz gebracht.

3. Die Übernahme einer Bürgschaft in der Größenordnung von

S 800.000,-- erschiene unter Berücksichtigung der erklärten Gewinne der Beschwerdeführerin zwischen S 44.000,-- und S 149.000,-- jährlich unverständlich, zumal

4. keinerlei Ermittlungen zur wirtschaftlichen Lage der primärschuldnerischen Gesellschaft und damit zur Frage des Risikos aus der Bürgschaftsübernahme angestellt worden seien.

Diesen Punkten stellt die Beschwerdeführerin als Grund für ihre Behauptung einer betrieblichen Veranlassung der Bürgschaftsübernahme lediglich den Vorteil gegenüber, sich keinen neuen Geschäftspartner suchen zu müssen, welcher die von der Beschwerdeführerin verkauften Sanitärartikel montiere.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin einen Widerspruch der behördlichen Beweiswürdigung mit Denkgesetzen oder menschlichem Erfahrungsgut schon deswegen nicht auf, weil die belangte Behörde auf Grund der dargestellten Indizien davon ausgehen konnte, dass die Veranlassung für die Bürgschaftsübernahme nicht im betrieblichen Bereich der KG, sondern in der persönlichen Bekanntschaft zwischen ihrem Geschäftsführer und dem namensgebenden Gesellschafter der G W gelegen war. Die Beschwerdeführerin klärt aber auch den Widerspruch zwischen behaupteter betrieblicher Veranlassung der Bürgschaftsübernahme und dem unbestrittenen Umstand der Geltendmachung eines entsprechenden Schuldpostens in der persönlichen Vermögensteuererklärung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin nicht auf.

Die Beschwerdeführerin macht der belangten Behörde zum Vorwurf, sie habe keine entsprechenden Erhebungen zur Frage geführt, welche Nachteile sich für die Beschwerdeführerin durch den Ausfall der Montagefirma ergeben hätten. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin in keiner Weise aufgezeigt hat, inwiefern sie sich ihrerseits davon überzeugt hat, dass es trotz der Bürgschaftsübernahme nicht dennoch zu einem Ausfall der Montagefirma kommen würde und dass kein anderes Unternehmen die Montagearbeiten habe übernehmen können. Derartige Ermittlungen wären aber zunächst von der Beschwerdeführerin anzustellen gewesen, um die Frage der betrieblichen Veranlassung allenfalls positiv beantworten zu können.

Soweit die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit den am 1. Dezember 1982 abgeschlossenen Verträgen darauf hinweist, dass insbesondere der Abstattungskreditvertrag von der Beschwerdeführerin - durch ihren Geschäftsführer - abgeschlossen worden sei, ist daraus für die Fragen, ob die Bürgschaftsübernahme durch den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin persönlich oder durch die Beschwerdeführerin erfolgte und ob sie im letzteren Fall betrieblich veranlasst war, nichts zu gewinnen. Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen nämlich davon aus, dass die aus den im Dezember 1982 abgeschlossenen Kreditvereinbarungen resultierenden Mittel zur Abdeckung der schlagend gewordenen Bürgschaft gedient hätten. Damit waren die aufgenommenen Fremdmittel aber je nach dem, ob sie der Abdeckung einer betrieblichen oder einer privaten Verbindlichkeit dienten, dem Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin oder dem Privatvermögen allenfalls ihres Geschäftsführers zuzurechnen (vgl das hg Erkenntnis vom 19. September 1990, 89/13/0112). Zur Beantwortung der Frage, ob die Bürgschaftsübernahme betrieblich oder privat veranlasst gewesen sei, tragen die im Dezember 1982 abgeschlossenen Vereinbarungen aber - auch wenn sie in dem von der Beschwerdeführerin behaupteten und von der belangten Behörde nicht in Frage gestellten Zusammenhang standen - nichts bei. Unterlagen bezüglich der Bürgschaftsverpflichtung und der erfolgten Inanspruchnahme aus dieser Bürgschaftsverpflichtung, mit welchen allenfalls hätte belegt werden können, von wem die Bürgschaft übernommen und wer daraus hinsichtlich welchen Betrages - in diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Bürgschaft behaupteterweise über S 800.000,-- eingegangen, der Abstattungskreditvertrag aber über S 1 Mio vereinbart worden war - in Anspruch genommen worden war, wurden, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unwidersprochen dargetan hat, nicht offen gelegt.

Das Beschwerdevorbringen erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 21. Dezember 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1995140009.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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