Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr.
Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen L***** A*****, geboren am ***** 2010, *****, vertreten durch das Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie Rechtsvertretung Bezirke 12, 13, 23, 1230 Wien, Rößlergasse 15, Mutter J***** A*****, Vater S***** A*****, vertreten durch Dr. Tassilo Wallentin LL.M, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, infolge Revisionsrekurses des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. Mai 2018, GZ 44 R 104/18x-180, womit der Rekurs des Vaters gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 25. Jänner 2018, GZ 1 Pu 73/10b-173, teilweise zurückgewiesen und ihm im Übrigen nicht Folge gegeben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Der Vater verpflichtete sich zunächst mit Vergleich des Bezirksgerichts Meidling vom 1. 10. 2010, GZ 1 C 9/10k-9, zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 180 EUR. Zuletzt wurde – mit Beschluss des Erstgerichts vom 11. 5. 2015 – seine Unterhaltspflicht ab 1. 1. 2015 mit 300 EUR monatlich festgesetzt.
Aufgrund dieses Unterhaltstitels wurde der Minderjährigen mit Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 6. 4. 2016, GZ 16 E 1155/16i-2, die Gehaltsexekution zur Hereinbringung des im Zeitraum 1. 1. 2015 bis 30. 3. 2016 entstandenen Unterhaltsrückstands von 1.800 EUR sowie des laufenden Unterhalts ab 1. 4. 2016 bewilligt.
Mit Oppositionsantrag vom 19. 4. 2016 beantragte der Vater festzustellen, dass der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen aus dem Beschluss vom 11. 5. 2015 ab 1. 1. 2015 zur Gänze erloschen sei.
Mit seinem als „Abänderungsantrag gemäß § 73 AußStrG“ bezeichneten Schriftsatz vom 8. 5. 2016, begehrte er die Abänderung des Beschlusses vom 11. 5. 2015 dahin, dass einem Erhöhungsantrag der Minderjährigen nicht stattgegeben werde.
Am 20. 6. 2016 beantragte er, seine Unterhaltsverpflichtung mangels Leistungsfähigkeit rückwirkend auf drei Jahre auf 50 EUR monatlich herabzusetzen.
Die Minderjährige zog mit Schriftsatz vom 31. 3. 2017 ihren Unterhaltserhöhungsantrag wieder zurück, stimmte gleichzeitig einer Unterhaltsherabsetzung für den Zeitraum 1. 1. 2015 bis 31. 1. 2016 auf 260 EUR monatlich zu und sprach sich gegen eine weitergehende Herabsetzung des Unterhalts aus.
Das Erstgericht setzte die Unterhaltsverpflichtung des Vaters für den Zeitraum vom 1. 1. 2015 bis 31. 1. 2016 auf 260 EUR monatlich herab. Das Abänderungsbegehren, die Unterhaltserhöhung gänzlich abzuweisen, wies es ab. Weiters sprach es aus, dass der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen gegen den Vater von monatlich 300 EUR aufgrund des Beschlusses des Erstgerichts vom 11. 5. 2015 zu dessen Hereinbringung die Exekution bewilligt worden sei, für den Zeitraum 1. 1. 2015 bis 31. 1. 2016 mit einem Teilbetrag von 40 EUR erloschen sei. Das Oppositionsmehrbegehren, das Mehrbegehren auf Feststellung des gänzlichen Erlöschens des Unterhaltsanspruchs ab 1. 1. 2015 und den Antrag, die mit Vergleich vom 1. 10. 2010 auferlegte Unterhaltsverpflichtung von monatlich 180 EUR ab 1. 7. 2013 auf 50 EUR monatlich herabzusetzen, wies es ab.
Das Rekursgericht wies den Rekurs des Vaters, soweit er sich gegen die Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht auf 260 EUR im Zeitraum 1. 1. 2015 bis 31. 1. 2016 und die Feststellung, dass der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen von monatlich 300 EUR aufgrund des Beschlusses des Erstgerichts vom 11. 5. 2015 für den Zeitraum 1. 1. 2015 bis 31. 1. 2016 mit einem Teilbetrag von 40 EUR monatlich erloschen sei, wandte, zurück. Im Übrigen bestätigte es die erstgerichtliche Entscheidung mit der Maßgabe, dass es den Vater in Minderung seiner aufgrund des Beschlusses des Erstgerichts vom 11. 5. 2015 bestehenden Unterhaltsverpflichtung schuldig erkannte, der Minderjährigen vom 1. 1. 2015 bis 31. 1. 2016 nur mehr einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 260 EUR zu zahlen. Es stellte fest, dass der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen von 300 EUR aufgrund des Beschlusses des Erstgerichts vom 11. 5. 2015 – zu dessen Hereinbringung die Gehaltsexekution betreffend den im Zeitraum 1. 1. 2015 bis 30. 3. 2016 entstandenen Unterhaltsrückstand von 1.800 EUR sowie den laufenden Unterhalt ab 1. 4. 2016 bewilligt worden ist – hinsichtlich des Zeitraums vom 1. 1. 2015 bis 31. 1. 2016 mit einem Teilbetrag von 40 EUR erloschen und die Exekution in diesem Umfang unzulässig sei. Den Antrag auf Feststellung, dass der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen in Höhe von 300 EUR monatlich aufgrund des Beschlusses des Erstgerichts vom 11. 5. 2015 hinsichtlich des Zeitraums vom 1. 1. 2015 bis 31. 1. 2016 auch hinsichtlich eines weiteren Teilbetrags von 260 EUR monatlich und ab 1. 2. 2016 zur Gänze erloschen sei, wies es ab. Den Abänderungsantrag nach § 73 AußStrG vom 8. 5. 2016 und den Antrag, die Unterhaltsverpflichtung für den Zeitraum 1. 7. 2013 bis 31. 12. 2014 auf 50 EUR monatlich herabzusetzen, wies es zurück. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil eine Rechtsfrage von wesentlicher Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG nicht vorliege.
Der Vater bekämpft diese Entscheidung in einem als „außerordentlicher Revisionsrekurs“ bezeichneten Rechtsmittel, das das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
Diese Vorgangsweise entspricht nicht der Rechtslage.
Ein Revisionsrekurs im Sinn des § 62 AußStrG ist jeder Rekurs gegen eine Entscheidung der zweiten Instanz als Rekursgericht, unabhängig davon, ob es sich um eine Sachentscheidung oder etwa um die Zurückweisung eines Rechtsmittels gegen eine erstgerichtliche Entscheidung handelt (RIS-Justiz RS0120565). Auch eine § 519 Abs 1 ZPO vergleichbare Bestimmung gibt es im AußStrG nicht, sodass auch Beschlüsse, die einen Antrag ohne Sachentscheidung aus rein formellen Gründen zurückweisen, nur unter den Voraussetzungen des § 62 AußStrG anfechtbar sind (RIS-Justiz RS0120974).
Nach § 62 Abs 3 und 4 AußStrG ist der Revisionsrekurs, soweit der Streitgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist, jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat.
Der Anspruch des Kindes auf Geldunterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur (6 Ob 59/15t mwN). Auch bloß verfahrensrechtliche Entscheidungen sind schon wegen ihres Einflusses auf die Entscheidung in der Hauptsache als solche vermögensrechtlicher Natur anzusehen, wenn die Hauptsache selbst vermögensrechtlicher Natur ist (RIS-Justiz RS0010054).
Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands in Unterhaltssachen ist der 36-fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbetrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war (RIS-Justiz RS0122735). Im vorliegenden Fall beträgt der Entscheidungsgegenstand, der eine Sachentscheidung sowie die (teilweise) Zurückweisung des Antrags und des Rekurses des Vaters umfasst, jedenfalls unter 30.000 EUR.
Davon ausgehend wäre das Rechtsmittel aber nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen (§ 69 Abs 3 AußStrG). Vielmehr hat zunächst das Rekursgericht über den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs zu entscheiden. Daher waren die Akten spruchgemäß dem Erstgericht vor Vorlage an das Rekursgericht zurückzustellen. Ob das Rechtsmittel des Vaters bereits den Anforderungen an eine Zulassungsvorstellung im Sinn des § 63 AußStrG entspricht oder noch der Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.
Textnummer
E122465European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00119.18B.0704.000Im RIS seit
30.08.2018Zuletzt aktualisiert am
30.08.2018