TE Vwgh Beschluss 2018/6/1 Ra 2018/22/0108

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Veröffentlicht am 01.06.2018
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §55;
FrPolG 2005 §55 Abs3;
MRK Art8;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des M (geboren 1979), vertreten durch Dr. Gustav Eckharter, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Museumstraße 5/15, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. März 2018, W163 1411680-2/9E, betreffend Aufenthaltstitel gem. § 55 AsylG sowie Rückkehrentscheidung, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Nach ständiger hg. Judikatur hat der Revisionswerber - unabhängig von der Frage des Vorliegens zwingender öffentlicher Interessen im Sinn dieser Gesetzesbestimmung - in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl. dazu den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. Nr. 10.381/A).

2 Nach ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern es ist - wenn das in der Revision selbst erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen ist - zunächst von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen. Eine aufschiebende Wirkung ist demnach zuzuerkennen, wenn der Fehler in der angefochtenen Entscheidung nicht bloß ein potentieller, sondern ein evidenter ist (vgl. VwGH 4.6.2014, Ra 2014/01/0003, mwN).

3 Gegenständlich ist nach den vorgelegten Akten von einem solchen offenkundig vorliegenden Fehler des Bundesverwaltungsgerichts nicht auszugehen. Daher ist im vorliegenden Provisorialverfahren von den Annahmen der angefochtenen Entscheidung auszugehen.

4 Das Bundesverwaltungsgericht führte den Antrag des Revisionswerbers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK betreffend eine Interessenabwägung durch, in der einerseits die lange Aufenthaltsdauer von etwa neuneinhalb Jahren, die Sprachkenntnisse auf Niveau A2, seine Erwerbstätigkeit als Zeitungs- und Werbemittelzusteller seit Februar 2009, zwei Einstellungszusagen, seine Straffreiheit, soziale Bindungen und ein kirchliches Engagement zu Gunsten des Revisionswerbers berücksichtigt wurden; dem stünden laut Bundesverwaltungsgericht starke Bindungen zum Herkunftsland (Einreise nach Österreich erst im Alter von 30 Jahren, zu Mutter und Bruder habe es bis vor einem Jahr regelmäßigen Kontakt bestanden, zu Ehefrau und Sohn sei der Kontakt abgerissen), fehlende familiäre Beziehungen in Österreich, die Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes seit Juni 2010, die Missachtung einer rechtskräftigen Ausweisung, die Angabe falschen Daten (Geburtsdatum und Vorname) betreffend die Erlangung eines Heimreisezertifikates und das Zurückhalten einer Kopie des Reisepasses und einer Abschrift aus dem Geburtenbuch bis 2015, was die Effektuierung der Ausweisungsentscheidung gehindert habe, entgegen.

5 Der Revisionswerber bringt zu seinem Aufschiebungsantrag im Wesentlichen vor, es sei eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung für zulässig erklärt worden; zudem fordere die Behörde seit einigen Monaten ununterbrochen bei der indischen Botschaft die Ausstellung eines Heimreisezertifikates ein. Er müsste in ein Land zurückkehren, das ihm "inzwischen vollkommen unbekannt geworden" sei und in dem er "vollkommen alleingestellt wäre und auch keine Unterstützung durch Angehörige erhalten würde, sodass diese Maßnahme erst recht wiederum einen Verstoß gegen die EMRK darstellen würde. In diesem Sinne muss es schon als Blasphemie festgehalten werden, wenn in dem angefochtenen Erkenntnis mit leichtem Zynismus festgehalten wird, dass mein Antrag gem. § 55 Abs. 3 FPG auf Gewährung eines Abschiebungsaufschubes bis 31.12.2017 zwischenzeitig abgelaufen sei, weil sich das Gericht eben zwei Jahre lang mit der Entscheidung Zeit gelassen hat."

6 Mit diesem Vorbringen vermag der Revisionswerber keinen unverhältnismäßigen Nachteil aufzuzeigen. Dass dem 39-jährigen, gesunden und arbeitsfähigen Revisionswerber, der etwa 30 Jahre in Indien lebte, dieses Land "inzwischen vollkommen unbekannt geworden" sei und er ohne familiäre Unterstützung wiederum einem "Verstoß gegen die EMRK" ausgesetzt wäre, ist ohne nähere Konkretisierung nicht erkennbar.

7 Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 1. Juni 2018

Schlagworte

Unverhältnismäßiger Nachteil

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018220108.L00

Im RIS seit

24.08.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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