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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der M L in G, vertreten durch Mag. Constantin Koch, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Ringstraße 63, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 29. Juli 2016, LVwG-S-1508/001-2016, betreffend Übertretung des Düngemittelgesetzes 1994 (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Krems), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Krems (BH) vom 10. Mai 2016 wurde der Revisionswerberin zur Last gelegt, als handelsrechtliche Geschäftsführerin der L. Ges.m.b.H. und sohin als zur Außenvertretung Berufene nicht dafür Sorge getragen zu haben, dass die Bestimmungen des Düngemittelgesetzes 1994 (DMG 1994) eingehalten werden. Anlässlich einer am 18. Februar 2015 in der L. Ges.m.b.H. durchgeführten Kontrolle sei eine Menge von 48 x 600 kg des Düngemittels "Nova 23%" - lagernd und für den Verkauf vorrätig - vorgefunden worden. Die Revisionswerberin als handelsrechtliche Geschäftsführerin habe dieses Produkt durch Lagern und Vorrätighalten in Verkehr gebracht, wobei laut Gutachten des Institutes für nachhaltige Pflanzenproduktion der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) vom 24. März 2015 das Düngemittel einen näher bezeichneten Cadmiumwert aufgewiesen habe, der den Cadmium-Grenzwert bei mineralischen Düngemittel überschritten habe.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 29. Juli 2016 wurde einer Beschwerde der Revisionswerberin gegen das Straferkenntnis der BH keine Folge gegeben. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit wird in der Revision ausgeführt, die Frage, ob aufgrund widersprechender Gutachten ein drittes Gutachten einzuholen wäre, richte sich im DMG 1994 nicht nach der allgemeinen Bestimmung des § 45 AVG (oder § 41 VwGG), wo sich die Behörde für ein Gutachten in schlüssiger Weise zu entscheiden habe, sondern nach der ratio legis des § 12 Abs. 2 zweiter Satz DMG 1994 als lex specialis, wonach dem Verfügungsberechtigten eine versiegelte Gegenprobe auszufolgen sei. Sinn dieser Bestimmung könne es nur sein, dass der Verfügungsberechtigte die Möglichkeit erhalte, "das Ergebnis externer Organisationen, die die Behörde zur Prüfung in Anspruch nehmen muss, selbst überprüfen zu können". Wenn sich nun nach Überprüfung dieser versiegelten Gegenprobe Zweifel an der Richtigkeit des von der Behörde in Auftrag gegebenen Gutachtens ergäben und die Behörde diese Zweifel gänzlich unbeachtet lasse, obwohl eine weitere Prüfung mit keinem nennenswerten Aufwand verbunden wäre, unterstelle die Behörde der Bestimmung des § 12 Abs. 2 DMG 1994 eine völlige Sinnfreiheit. Dies könne dem Zweck der Norm aber nicht unterstellt werden. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich mit dieser Frage bezogen auf das DMG 1994 und insbesondere § 12 Abs. 2 DMG 1994 noch nicht auseinandergesetzt.
7 Die Bezugnahme des Revisionswerbers auf § 12 Abs. 2 zweiter Satz DMG 1994, BGBl. Nr. 513 in der Fassung BGBl. I Nr. 117/1998, zeigt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, zumal im vorliegenden Fall unbestritten - dem Gesetz entsprechend - der Revisionswerberin eine versiegelte Gegenprobe ausgefolgt wurde und sie auch die Möglichkeit hatte, diese Gegenprobe untersuchen zu lassen.
8 Das zitierte Vorbringen wendet sich im Ergebnis auch gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts.
9 Rechtsfragen des Verfahrensrechts sind nur dann von grundsätzlicher Bedeutung, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (VwGH 21.6.2018, Ra 2018/07/0361 bis 0363, mwN).
10 Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. nochmals VwGH 21.6.2018, Ra 2018/07/0361 bis 0363, mwN).
11 Vor dem Hintergrund des Umfangs der Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Beweiswürdigung (VwGH 24.9.2014, Ra 2014/03/0012) liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit einer im Einzelfall erfolgten Beweiswürdigung vielmehr nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hat, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt ist (vgl. erneut VwGH 21.6.2018, Ra 2018/07/0361 bis 0363, mwN).
12 Davon ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, dass die in Rede stehende Probe der AGES doppeltbestimmt und darüber hinaus nach einer weiteren wissenschaftlich anerkannten Methode noch einmal untersucht worden sei, womit drei Untersuchungsergebnisse mit gleichem erhöhtem Cadmiumwert vorlägen. Hingegen habe die Revisionswerberin lediglich ein einseitiges, als Untersuchungsbericht bezeichnetes Schreiben der landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt (LUFA) S vorgelegt. Dieser Bericht enthalte auch keine Schlussfolgerungen, womit eine Überprüfung, ob der Bericht den Denkgesetzen entspreche, nicht möglich sei. Vor allem aber hob das Verwaltungsgericht hervor, dass zwei Parameter des von der Revisionswerberin vorgelegten Untersuchungsberichtes - nämlich die Angabe des Probennehmers und die Angabe des Ortes der Probenentnahme - nicht mit der tatsächlichen Probeziehung übereinstimmten. Zwar habe der als Zeuge vernommene Gutachter der AGES die von der LUFA S angewendete Methode zu Untersuchung des Düngemittels im Hinblick auf den Schwermetallgehalt als wissenschaftlich anerkannte Methode bezeichnet, doch könne vom Verwaltungsgericht wegen der unrichtigen Angaben über Probennehmer und Ort der Probenziehung nicht sicher davon ausgegangen werden, ob es sich tatsächlich um die übermittelte Gegenprobe handle.
13 Die Revisionswerberin tritt den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes, wonach sie keine Erklärung für die unterschiedlichen Angaben (in dem von ihr vorgelegten Prüfbericht) bezüglich Probennehmer und Ort der Probenentnahme geben habe können, nicht entgegen.
14 Wenngleich die Probennummer im Bericht der LUFA S mit jener im Gutachten der AGES übereinstimmte, begegnet es keinen Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht - unter anderem - den erwähnten unterschiedlichen Angaben entsprechende Bedeutung zumaß und nach dem Ergebnis der Beweiswürdigung die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht für erforderlich erachtete.
15 Im Übrigen geht es hier - entgegen dem Revisionsvorbringen - nicht um den Ort und den Mitarbeiter der LUFA, wo bzw. von dem die Probe "übernommen" wurde, sondern um die Daten der Probennahme selbst. Es liegen daher auch keine "völlig irrelevant(en)" Scheinwidersprüche vor.
16 Der Revisionswerberin gelingt es somit nicht aufzuzeigen, dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen und dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt worden wäre.
17 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 23. Juli 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016070080.L00Im RIS seit
22.08.2018Zuletzt aktualisiert am
24.09.2018