TE Vfgh Erkenntnis 1997/10/8 V172/95, V173/95

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.10.1997
beobachten
merken

Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
StGG Art5
Bebauungsplan Nr 40 der Gemeinde Leonding vom 23.07.82 und 27.05.83
Flächenwidmungsplan F 3 der Gemeinde Leonding vom 12.09.80
Oö RaumOG 1972 §15 Abs4
Oö RaumOG 1972 §20 Abs1 Z5
Oö BauO §18

Leitsatz

Keine Aufhebung der Verkehrsflächenwidmung in einem Flächenwidmungs- und einem Bebauungsplan infolge Nichtverwirklichung des Widmungszweckes innerhalb von 12 Jahren; Verkehrsflächenwidmung und daraus abzuleitende - begrenzte - Grundabtretungsverpflichtung im Hinblick auf die Notwendigkeit einer langjährigen, vorausschauenden Verkehrsplanung noch gerechtfertigt

Spruch

Den Anträgen wird keine Folge gegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Aus Anlaß eines bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahrens stellte der VwGH (zur Z A134/95) gemäß Art139 Abs1 B-VG die Anträge,

1. "den Flächenwidmungsplan F 3 der Stadtgemeinde Leonding, vom Gemeinderat beschlossen am 12. September 1980, genehmigt von der Oö Landesregierung mit Bescheid vom 27. Oktober 1981, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 16. November 1981 bis 1. Dezember 1981, insoweit als gesetzwidrig aufzuheben, als darin zwischen der Ruflinger Bezirksstraße (1388) und der Leondinger Bezirksstraße (1386) in der Nähe der Gleisanlage verlaufend die Widmung 'Verkehrsfläche' ausgewiesen ist," und

2. "den Bebauungsplan Nr. 40 der Stadtgemeinde Leonding, Leonding-Zentrum, Planteil West, beschlossen vom Gemeinderat am 23. Juli 1982 und 27. Mai 1983, genehmigt von der Oö Landesregierung mit Bescheid vom 30. Jänner 1984, kundgemacht vom 16. Februar 1984 bis 2. März 1984, insoweit als gesetzwidrig aufzuheben, als darin zwischen der Hofackerstraße und der Gemeindegrenze die Widmung 'Verkehrsfläche' mit der Bezeichnung 'Südl. Umfahrungsstraße - Projekt D.I. Atzwanger' ausgewiesen ist;" sowie

in eventu die Anträge,

3. "den Flächenwidmungsplan F 3 der Stadtgemeinde Leonding, vom Gemeinderat beschlossen am 12. September 1980, genehmigt von der Oö Landesregierung mit Bescheid vom 27. Oktober 1981, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 16. November 1981 bis 1. Dezember 1981, soweit das Gebiet betroffen ist, das von der Ruflinger Bezirksstraße (1388), der Leondinger Bezirksstraße (1386), der Paschinger Straße (1227) und der zwischen der Paschinger Straße (1227) und der Ruflinger Straße (1388) verlaufenden Gemeindegrenze umgrenzt wird, als gesetzwidrig aufzuheben;" und

4. "den Bebauungsplan Nr. 40 der Stadtgemeinde Leonding, Leonding-Zentrum, Planteil West, beschlossen vom Gemeinderat am 23. Juli 1982 und 27. Mai 1983, genehmigt von der Oö Landesregierung mit Bescheid vom 30. Jänner 1984, kundgemacht vom 16. Februar 1984 bis 2. März 1984, soweit das Gebiet betroffen ist, das von der 'Südl. Umfahrungsstraße - Projekt D.I. Atzwanger', der Hofackerstraße, der Dallinger Straße, der Rueflinger Straße und der zwischen der Rueflinger Straße und der 'Südl. Umfahrungsstraße - Projekt D.I. Atzwanger' verlaufenden Grenze des erfaßten Plangebietes umgrenzt wird, als gesetzwidrig aufzuheben."

Diese Anträge sind beim Verfassungsgerichtshof zu den Zlen. V172, 173/95 protokolliert.

1.2. Der Vorstellung der Beschwerdeführerin (des beim VwGH zur Zahl 93/05/0299 anhängigen Verfahrens) gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leonding vom 3. Februar 1993, mit welchem das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Schaffung des Bauplatzes betreffend das Grundstück Nr. 192/1, KG Leonding, gemäß den §§4 und 18 O.ö. Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 35/1976 idF LGBl. Nr. 103/1991, (im folgenden: O.ö. BauO 1976) abgewiesen wurde, wurde mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 19. März 1993 keine Folge gegeben.

Das Grundstück Nr. 192/1, KG Leonding, ist vom rechtswirksamen Bebauungsplan Nr. 40 der Stadtgemeinde Leonding, "Leonding-Zentrum", beschlossen vom Gemeinderat am 23. Juli 1982 und 27. Mai 1983, genehmigt von der Oberösterreichischen Landesregierung mit Bescheid vom 30. Jänner 1984, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel bzw. Auflage zur Einsicht vom 16. Februar 1984 bis 2. März 1984, (im folgenden: Bebauungsplan Nr. 40) erfaßt. Im Bebauungsplan Nr. 40 ist im nordwestlichen Anschluß an das genannte Grundstück Nr. 192/1, KG Leonding, - teils noch auf diesem Grundstück, teils auf den Nachbargrundstücken Nr. 196/1 und - im Kreuzungsbereich - Nr. 178/2, KG Leonding, - eine öffentliche Verkehrsfläche ("Verlegung Ruflingerstr.") ausgewiesen. Im südwestlichen Anschluß an das Grundstück Nr. 192/1, KG Leonding, ist im Bebauungsplan Nr. 40 eine Vergrößerung des Grundstückes vorgesehen (Zuerwerbsfläche aus dem Grundstück Nr. 163/2, KG Leonding) und daran anschließend - ua. auf den Nachbargrundstücken Nr. 163/2 und - im Kreuzungsbereich - Nr. 178/2, KG Leonding - ebenfalls eine öffentliche Verkehrsfläche ("Südl. Umfahrungsstraße - Projekt D.I. Atzwanger") durch Straßenfluchtlinien ausgewiesen. Im Flächenwidmungsplan F 3 der Stadtgemeinde Leonding, beschlossen vom Gemeinderat am 12. September 1980, genehmigt von der Oberösterreichischen Landesregierung mit Bescheid vom 27. Oktober 1981, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel bzw. Auflage zur Einsicht vom 16. November 1981 bis 1. Dezember 1981, (im folgenden: Flächenwidmungsplan F 3) sind - abgesehen von den Verkehrsflächenwidmungen - die in nordwestlicher bzw. südwestlicher Richtung an das Grundstück der Beschwerdeführerin anschließenden Grundstücke Nr. 196/1 bzw. Nr. 163/2, KG Leonding, als "Für die Land- und Forstwirtschaft bestimmte Flächen" (Grünland), das Grundstück Nr. 192/1, KG Leonding, der Beschwerdeführerin als "Wohngebiet" und das am westlichen Eckpunkt des Grundstückes der Beschwerdeführerin im Bereich des Zusammentreffens der beiden Verkehrsflächen anschließende Grundstück Nr. 178/2, KG Leonding, als "Gemischtes Baugebiet" ausgewiesen.

Der Vorstellungsbescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 19. März 1993 wurde damit begründet, daß die Bauplatzbewilligung nicht zu erteilen gewesen sei, da die aus §18 O.ö. BauO 1976 erfließende Grundabtretungsverpflichtung (umfassend Erwerb und Abtretung von Teilflächen aus den Grundstücken Nr. 196/1, 178/2 und 163/2, KG Leonding) im Ansuchen der Beschwerdeführerin auf Bauplatzbewilligung nicht berücksichtigt worden sei.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen den genannten Vorstellungsbescheid gerichteten Beschwerde gemäß Art144 Abs2 B-VG mit Beschluß vom 29. November 1993, B883/93, abgelehnt und die Beschwerde dem VwGH zur Entscheidung abgetreten. Aus Anlaß dieses nunmehr beim VwGH anhängigen Beschwerdeverfahrens hat dieser die bereits erwähnten, beim Verfassungsgerichtshof zu V172, 173/95 protokollierten Anträge gestellt.

1.3. Die in dem der Beschwerde an den VwGH zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren angewendeten Bestimmungen der §§4 und 18 O.ö. BauO 1976 lauten auszugsweise wie folgt:

"§4

Bauplatzbewilligung

(1) ... Die Bauplatzbewilligung ist zu erteilen, wenn die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers vorliegt, der Erteilung nicht gesetzliche Bestimmungen oder Bestimmungen eines Flächenwidmungs- oder eines Bebauungsplanes entgegenstehen und die Bauplatzbewilligung mit den Grundsätzen der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung vereinbar ist. ... Der Bauplatzbewilligung stehen auch dann Bestimmungen eines Bebauungsplanes entgegen, wenn der nach §3 Abs3 vorgelegte Plan für Zwecke der grundbücherlichen Teilung die Grundabtretungspflicht gemäß §18 Abs1 nicht berücksichtigt.

(2) - (7)"

"§18

Grundabtretung

(1) Anläßlich der Bewilligung von Bauplätzen (§4) und der Änderung von Bauplätzen und bebauten Liegenschaften (§7) sind die nach Maßgabe der Straßenfluchtlinien des Bebauungsplanes zu den öffentlichen Verkehrsflächen fallenden, an den Bauplatz bzw. an den von der Änderung betroffenen Teil des Bauplatzes oder der bebauten Liegenschaft (§7 Abs1 litb) angrenzenden Grundflächen, und zwar bei beiderseitiger Bebaubarkeit bis zur Achse der Verkehrsfläche, bei einseitiger Bebaubarkeit bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, in beiden Fällen im rechten Winkel auf die Straßenfluchtlinie, abzutreten. Bei Bruchpunkten in der Straßenfluchtlinie und bei Eckbildungen erstreckt sich die Verpflichtung auch auf die zwischen den Senkrechten gelegenen Flächen. Die abzutretenden Grundflächen sind gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung der Teilung in das Eigentum der Gemeinde zu übertragen. Sie sind über Auftrag der Gemeinde frei von baulichen Anlagen in den Besitz der Gemeinde zu übergeben. Mit der bücherlichen Übertragung des Eigentumsrechtes an die Gemeinde erlöschen die auf den abgetretenen Grundflächen allenfalls verbücherten dinglichen Rechte.

(2) Die Verpflichtung zur Grundabtretung trifft den Eigentümer jener Grundflächen, für die die Bewilligung gemäß §4 oder §7 erteilt wird. Ist er nicht Eigentümer der abzutretenden Grundflächen, so hat er diese, allenfalls im Wege der Enteignung, zu erwerben.

(3) Für die gemäß Abs1 abzutretenden Grundflächen hat die Gemeinde Entschädigung zu leisten, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt. Wenn eine unbebaute Grundfläche als Bauplatz bewilligt (§4) oder einem Bauplatz oder einer bebauten Liegenschaft (§7 Abs1 litb) zugeschrieben wird (§7), so hat die Grundabtretung gemäß Abs1 bis zu acht Meter, von der Straßenfluchtlinie aus gemessen und senkrecht auf diese, ohne Entschädigung zu erfolgen; beträgt jedoch die abzutretende Fläche mehr als ein Viertel des Bauplatzes bzw. der bebauten Liegenschaft, so ist für das darüber hinausgehende Ausmaß von der Gemeinde Entschädigung zu leisten.

Als unbebaut im Sinne dieses Absatzes gelten auch Grundflächen, auf denen sich nur Einfriedungen, nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlagen oder bauliche Anlagen befinden, für die gemäß §25 Abs2 die Baubewilligung nur auf Widerruf oder nur für einen fünf Jahre nicht übersteigenden Zeitraum erteilt wurde oder für die die erforderliche Baubewilligung nicht eingeholt bzw. nicht erteilt wurde.

(4) - (8)"

1.4.1. Zur Präjudizialität der angefochtenen Verordnungen führt der VwGH aus, daß im vorliegenden Fall das Ansuchen auf Bauplatzbewilligung deshalb abgewiesen worden sei, weil der mit dem Ansuchen eingereichte Lageplan die Grundabtretungsverpflichtung gemäß §18 Abs1 O.ö. BauO 1976 ua. im Hinblick auf jene Straßenfluchtlinie nicht berücksichtigt habe, die sich für das verfahrensgegenständliche Grundstück aus der im Flächenwidmungsplan F 3 vorgesehenen Verkehrsfläche, die im Bebauungsplan Nr. 40 als "Südl. Umfahrungsstraße - Projekt D.I. Atzwanger" näher bezeichnet sei, ergebe. Da für die im Bebauungsplan festgelegten Straßenfluchtlinien die Festlegung der Verkehrsflächen im Flächenwidmungsplan maßgeblich sei (vgl. §15 Abs4 O.ö. Raumordnungsgesetz, LGBl. Nr. 18/1972, - im folgenden:

O.ö. ROG 1972 - das im Zeitpunkt der Erlassung des anzuwendenden Bebauungsplanes galt), deren näherer Verlauf und deren Breite im Bebauungsplan zu bestimmen sei (vgl. §20 Abs1 Z5 O.ö. ROG 1972), erweise sich - neben dem Bebauungsplan Nr. 40 - auch der angeführte Flächenwidmungsplan F 3 im beantragten Aufhebungsumfang als präjudiziell.

Zum beantragten Aufhebungsumfang verweist der VwGH auf VfSlg. 13911/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur, wonach dann, wenn der hinsichtlich bestimmter Grundstücke anzuwendende Raumordnungsplan diese Grundstücksnummern nicht ausweist, der Bereich der präjudiziellen Widmung anhand anderer planerischer Merkmale abzugrenzen sei. Im Sinne dieser Judikatur seien die Bedenken gegen den "keine Parzellennummern der einzelnen Grundstücke" aufweisenden Bebauungsplan Nr. 40, die sich gegen die in untrennbarem Zusammenhang mit der Verkehrsfläche "Südliche Umfahrungsstraße - Projekt D.I. Atzwanger" stehende Straßenfluchtlinie, soweit diese für die Abtretungsverpflichtung der Beschwerdeführerin maßgeblich sei, richteten, sowie die Bedenken gegen den Flächenwidmungsplan F 3, die sich gegen den südlich des Grundstückes Nr. 192/1, KG Leonding, vorgesehenen und diesem Grundstück unmittelbar zugewandten, für sich nicht abgeschlossenen und bezeichenbaren Teil der von der Hofackerstraße bis zum verfahrensgegenständlichen Grundstück verlaufenden Verkehrsfläche richteten, durch die gestellten Hauptanträge bzw. Eventualanträge geltend zu machen gewesen.

1.4.2. Der vom Verfassungsgerichtshof in seinem die Behandlung der Beschwerde ablehnenden Beschluß vom 29. November 1993, B883/93, geäußerten Auffassung, daß die Beschwerde in bezug auf die geltend gemachten Gesetzwidrigkeiten der beiden angeführten Verordnungen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe, weil jeder zur Grundabtretung Verpflichtete dies in jenem Ausmaß zu tragen habe, das sich aus §18 Abs3 O.ö. BauO 1976 ergebe, hält der VwGH entgegen, daß dies wohl nur insoweit von Bedeutung sein könne, als die Abtretungsverpflichtung gesetzmäßig sei. Dies könne jedoch nicht gelten, wenn die Abtretungsverpflichtung auf einer Flächenwidmung einer Verkehrsfläche und deren näherer Bestimmung im Bebauungsplan beruhe, die sich nach Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof als gesetzwidrig erweise. Gerade diese Frage nach der Gesetzmäßigkeit des der Abtretungsverpflichtung zugrundeliegenden Bebauungsplanes und des für diesen maßgeblichen Flächenwidmungsplanes stelle sich aber im vorliegenden Fall und sei in der Beschwerde aufgeworfen worden.

Das primäre Bedenken des VwGH geht dahin, daß die Widmung (der im Bebauungsplan Nr. 40 als "Südl. Umfahrungsstraße - Projekt D.I. Atzwanger" bezeichneten Fläche) als Verkehrsfläche im Lichte des §17 O.ö. ROG 1972 (das im Zeitpunkt der Erlassung beider in Prüfung gezogener Verordnungen gegolten hat) nicht mehr gesetzmäßig sei. Gemäß §17 O.ö. ROG 1972 seien als Verkehrsflächen "für den fließenden und ruhenden Verkehr bestimmte Flächen mit besonderer Verkehrsbedeutung einschließlich der dazugehörigen Anlagen vorzusehen". Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei die Planung der Südlichen Umfahrungsstraße für alle Zeiten fallengelassen worden. In der im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zur Z B883/93 eingeholten Gegenschrift vom 5. Juli 1993 seien keine konkreten Planungen einer Realisierung der "Südl. Umfahrungsstraße - Projekt D.I. Atzwanger" ins Treffen geführt worden. Der VwGH übersehe nicht, daß es sich bei der Raumordnung um die "planmäßige und vorausschauende Gesamtgestaltung eines bestimmten Gebietes in bezug auf seine Verbauung ..." (vgl. VfSlg. 2674/1954, 5669/1968) handle. Es stehe daher dem Verordnungsgeber - wie dies in VfSlg. 11849/1988 zum Ausdruck gebracht worden sei - im Rahmen des Planungsermessens, gestützt auf §17 O.ö. ROG 1972, zu, Grundflächen für (auch noch nicht abgeschlossene) Planungen von Verkehrsflächen zu "reservieren". Nach Auffassung des VwGH könne jedoch die im Flächenwidmungsplan F 3 festgelegte Verkehrsfläche, für welche innerhalb von 11 1/2 Jahren nach der Festlegung im Flächenwidmungsplan (gerechnet bis zur Erlassung des Berufungsbescheides des Gemeinderates) keinerlei Planungs- bzw. Umsetzungsmaßnahmen gesetzt worden seien, nicht mehr als eine Verkehrsfläche im Sinne des §17 O.ö. ROG 1972 angesehen werden, die für den fließenden und ruhenden Verkehr bestimmt sei. Der Verfassungsgerichtshof habe in VfSlg. 13744/1994 ausgesprochen, daß der Verordnungsgeber auf den Wegfall des öffentlichen Interesses an der Errichtung einer Verkehrsfläche mit einer entsprechenden Widmungsänderung zu reagieren habe. Unter Hinweis auf VfSlg. 14043/1995 vertritt der VwGH die Auffassung, daß auch für die verfahrensgegenständliche Verkehrsfläche das öffentliche Interesse an ihrer Errichtung nicht mehr zu bestehen scheine und die Widmung als Verkehrsfläche infolge Zeitablaufes im Lichte des O.ö. ROG 1972 gesetzwidrig sei. Aufgrund der Bedenken gegen die Widmung der Verkehrsfläche im Flächenwidmungsplan F 3 im angeführten Umfang bestünden auch gegen die entsprechende, konkretisierende Festlegung dieser Verkehrsfläche im Bebauungsplan Nr. 40 Bedenken.

1.4.3. Das langjährige Unterlassen der Inangriffnahme der Errichtung der Südlichen Umfahrungsstraße erwecke aber auch im Hinblick auf den Schutz des Eigentums, wie er in Art1 1. ZPEMRK gewährleistet werde, Bedenken. Die Verkehrsfläche, die für die Grundabtretungen im vorliegenden Fall maßgeblich sei, bewirke zwar - anders als in dem VfSlg. 11849/1988 zugrundeliegenden Fall - kein Bauverbot auf dem (angrenzenden) Grundstück der Beschwerdeführerin, diese werde aber in der Nutzung ihres Eigentums für den Fall des Bauens durch die sich aus dieser Verkehrsflächenwidmung ergebende, nicht unbeträchtliche Verpflichtung zur Grundabtretung (nach vorherigem Erwerb dieser Teile des angrenzenden Grundstückes durch Kauf oder Enteignung) erheblich beschränkt. Es liege somit eine Eigentumsbeschränkung vor, für deren Zulässigkeit der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ua. im Urteil vom 23. September 1982 im Fall Sporrong-Lönnroth, EuGRZ 1983, S 523 ff, ein faires Gleichgewicht zwischen den öffentlichen Interessen an der Eigentumsbeschränkung und dem privaten Interesse an dem Schutz des Eigentums verlangt habe. Ein solches faires Gleichgewicht im Sinne des Art1

1. ZPEMRK scheine nicht mehr vorzuliegen, wenn eine - die Nutzung des Eigentums beschränkende - geplante Verkehrsfläche binnen zehn Jahren nicht in Angriff genommen werde (vgl. VfSlg. 11849/1988). Es bestehe im vorliegenden Fall für die Beschwerdeführerin - anders als in dem VfSlg. 11849/1988 zugrundeliegenden Fall - auch keine Möglichkeit, die Aufhebung der Widmung als Verkehrsfläche zu beantragen. Die angesprochene Unverhältnismäßigkeit der Grundabtretungsverpflichtung aus der seit über 11 Jahren nicht in Angriff genommenen Errichtung der Verkehrsfläche erscheine sich auch daraus zu ergeben, daß diese Verkehrsfläche bloß für eine Umfahrungsstraße und nicht etwa für eine auch für den Abtretungsverpflichteten wichtige Aufschließungsstraße geplant sei.

2. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Leonding hat eine Stellungnahme erstattet und darin beantragt, die Anträge des VwGH abzuweisen.

Die Südliche Umfahrungsstraße sei erstmals im Flächenwidmungsplan F 3 ausgewiesen und in der Folge in den Bebauungsplan Nr. 40 aufgenommen worden. Auch im nunmehrigen Flächenwidmungsplan Nr. F 3/50, rechtswirksam seit 29. Juni 1994, sei diese Verkehrsfläche ausgewiesen.

Die Südliche Umfahrungsstraße sei aus städteplanerischen Gründen ua. zur Entlastung des Verkehrs im Zentrum Leondings, zur Reduktion der Lärmbelastung der Wohnbevölkerung durch die Verkehrsverlagerung zur Bahnlinie und zur Anbindung von Aufschließungsstraßen des noch unbebauten Baugebietes erforderlich. Die Stadtgemeinde Leonding habe bei all ihren Planungen stets an der Notwendigkeit dieser Umfahrungsstraße festgehalten. Bereits im Jahre 1980 sei zur künftigen Verbindung dieser Umfahrungsstraße mit der südlich der Westbahn liegenden Paschinger Bezirksstraße eine Unterführung der Bahnstrecke errichtet worden. Auch in dem im Jahre 1993 von Prof. D.I. Dr. Kriebernegg, Graz, und D.I. Schimetta, Linz, erstellten Verkehrskonzept der Stadtgemeinde Leonding sei die Errichtung dieser Umfahrungsstraße zwecks Lösung der "Verkehrsprobleme" vorgesehen, sodaß die Festlegungen in den angefochtenen Verordnungen noch den aktuellen Planungserfordernissen entsprächen.

3. Die Oberösterreichische Landesregierung beantragte in ihrer Äußerung, den Anträgen des VwGH nicht stattzugeben.

3.1. Der Flächenwidmungsplan F 3 sei für das dem beim VwGH anhängigen Beschwerdeverfahren zugrundeliegende Bauplatzbewilligungsverfahren nicht unmittelbar präjudiziell. Zum einen werde das Grundstück Nr. 192/1, KG Leonding, der Beschwerdeführerin von der im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Verkehrsfläche der Südlichen Umfahrungsstraße gar nicht unmittelbar berührt, zum anderen sei Rechtsgrundlage für die Abtretungsverpflichtung nach §18 O.ö. BauO 1976 nicht der Flächenwidmungsplan, sondern der - gleichfalls angefochtene - Bebauungsplan.

3.2. Die Gesetzmäßigkeit der Verkehrsflächenwidmung der Südlichen Umfahrungsstraße im Flächenwidmungsplan F 3 wird damit verteidigt, daß nach wie vor ein öffentliches Interesse an der Südlichen Umfahrungsstraße bestehe und dies insbesondere durch das (oben unter 2. genannte) Verkehrskonzept der Stadtgemeinde Leonding aus dem Jahre 1993 dokumentiert sei. In VfSlg. 13820/1994 werde unter Hinweis auf VfSlg. 11849/1988 sowie das dort verwiesene Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Falle Sporrong-Lönnroth ausgeführt, daß "(Planungs-)Überlegungen" nicht eine unbegrenzt lange Zeit dauern dürfen, wobei VfSlg. 13820/1994 zufolge der zulässige Überlegungszeitraum der "Größe, Kompliziertheit und Kostenintensität" eines Planungsvorhabens angemessen sein müsse. Nach Auffassung der Oberösterreichischen Landesregierung komme es letztlich darauf an, daß der für die Verwirklichung einer Planung zur Verfügung stehende Zeitraum nicht in einem Mißverhältnis zur Größe, Kompliziertheit und Kostenintensität des geplanten Vorhabens stehe.

Ein derartiges Mißverhältnis sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, da die nach dem Ergebnis der Grundlagenforschung zum Flächenwidmungsplan F 3 festgelegte Stadtentwicklung Leondings eine über Jahrzehnte vorausschauende Verkehrsplanung erfordere. Dabei sei insbesondere auch zu bedenken, daß die in Rede stehende Verkehrsfläche nicht nur als lokale Aufschließungsstraße, sondern auch zur Entlastung des Verkehrs im Zentrum Leondings und zur Reduktion der Lärmbelästigung der Wohnbevölkerung durch die Verkehrsverlagerung zur Bahnlinie erforderlich sei. Die in Frage gestellte Dauer von 11 Jahren für die Verwirklichung der Planung scheine aber auch im Hinblick auf die enormen Kosten der Errichtung der Straße und die zu erwartende Steigerung des Verkehrsaufkommens, die die Errichtung der Verkehrsfläche erst zu einem späteren Zeitpunkt als "wirklich dringlich" erscheinen lassen werde, nicht unangemessen lang zu sein. Hinsichtlich der gegen den Bebauungsplan Nr. 40 gerichteten Bedenken gälten ähnliche Überlegungen wie für den Flächenwidmungsplan.

Das zur Tiroler Rechtslage ergangene Erkenntnis VfSlg. 11849/1988 sei auf den vorliegenden Fall überdies nicht ohne weiteres übertragbar, da das Oberösterreichische Raumordnungsrecht im Unterschied zu §16 Abs5 Tiroler Raumordnungsgesetz 1972, wonach eine Sonderflächenwidmung bei nicht widmungsgemäßer Verwendung innerhalb von zehn Jahren auf Antrag aufzuheben sei, eine entsprechende Frist nicht festlege.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Mit dem vor dem VwGH zur Zl 93/05/0299 angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen die Verweigerung einer Bauplatzbewilligung deshalb abgewiesen, weil dem Ansuchen auf Bauplatzbewilligung der Bebauungsplan Nr. 40 der Gemeinde Leonding insofern entgegenstand, als im Ansuchen die Grundabtretungsverpflichtung gemäß §18 Abs1 O.ö. BauO 1976 nicht berücksichtigt wurde, wie sie sich aus der im Bebauungsplan festgelegten Verkehrsfläche mit der Bezeichnung "Südl. Umfahrungsstraße - Projekt D. I. Atzwanger" ergibt. Der Verfassungsgerichtshof folgt dem VwGH darin, daß für diesen der Bebauungsplan Nr. 40 der Gemeinde Leonding insoweit präjudiziell ist, als darin zwischen der Hofackerstraße und der Grenze des Planungsgebietes (des Bebauungsplanes Nr. 40, die vom VwGH irrtümlich als "Gemeindegrenze" bezeichnet wird,) die genannte Verkehrsflächenwidmung festgelegt ist.

Da die Festlegung der genannten Verkehrsfläche gemäß §15 Abs4 in Verbindung mit §20 Abs1 Z5 O.ö. ROG 1972 (das die Rechtsgrundlage für die Erlassung des Bebauungsplanes Nr. 40 bildete) im Bebauungsplan Nr. 40 auf dem Flächenwidmungsplan F 3 der Gemeinde Leonding beruht, ist der Annahme des VwGH nicht entgegenzutreten, daß auch der Flächenwidmungsplan F 3 der Gemeinde Leonding für den VwGH im Verfahren über die Beschwerde zur Zl. 93/05/0299 insoweit präjudiziell ist, als darin zwischen der Ruflinger Bezirksstraße (1388) und der Leondinger Bezirksstraße (1386) - in der Nähe der Gleisanlage verlaufend - die Widmung "Verkehrsfläche" ausgewiesen ist. Entgegen der von der Oö. Landesregierung in ihrer Äußerung vertretenen Meinung teilt der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des VwGH, derzufolge dieser bei Überprüfung des bei ihm angefochtenen Vorstellungsbescheides über die Versagung einer Bauplatzbewilligung nicht nur den Bebauungsplan Nr. 40, sondern auch den Flächenwidmungsplan F 3 der Gemeinde Leonding (der mittlerweile von dem diesbezüglich unveränderten Flächenwidmungsplan Nr. F 3/50 vom 17. Dezember 1993 abgelöst wurde) insofern anzuwenden hat, als dieser Flächenwidmungsplan nicht nur die Rechtsgrundlage des genannten Bebauungsplanes bildet, sondern aus jenem erst in eindeutiger Weise die Verkehrsflächenwidmung der für die Bebaubarkeit des Grundstücks der Beschwerdeführerin maßgeblichen angrenzenden Grundflächen ersichtlich ist. Auch der unter 1. gestellte Antrag des VwGH auf Aufhebung des Flächenwidmungsplanes F 3 der Gemeinde Leonding ist sohin im angegebenen Umfang zulässig.

Wie sich aus dem Antrag des VwGH (unter II.3. seiner Begründung) ergibt, wurden die unter 3. und 4. "in eventu" gestellten Anträge nur für den Fall gestellt, daß der Verfassungsgerichtshof der vom VwGH gewählten Begrenzung des präjudiziellen Teils des Flächenwidmungsplanes F 3 und des Bebauungsplanes Nr. 40 der Gemeinde Leonding nicht folgt. Da der Verfassungsgerichtshof die Zulässigkeit der Primäranträge des VwGH bejaht, erübrigt es sich, auf die Eventualanträge weiter einzugehen.

2. Der Verfassungsgerichtshof vermag dem VwGH in der Sache selbst gleichwohl nicht zu folgen:

Der VwGH hält die in seinen Prüfungsanträgen näher bezeichnete Verkehrsflächenwidmung bzw. -festlegung für rechtswidrig, weil 11 1/2 Jahre nach ihrer Festlegung im Flächenwidmungsplan keinerlei weitere Planungs- bzw. Umsetzungsmaßnahmen gesetzt wurden, sodaß der Verordnungsgeber gemäß §17 O.ö. ROG auf den Wegfall des öffentlichen Interesses an der Errichtung der Verkehrsfläche mit einer entsprechenden Widmungsänderung zu reagieren gehabt hätte.

Der Verfassungsgerichtshof stimmt zwar dem VwGH darin zu, daß - wie in VfSlg. 13744/1994 näher ausgeführt wurde - "auf den Wegfall des öffentlichen Interesses an der Errichtung einer Verkehrsfläche mit einer entsprechenden Widmungsänderung zu reagieren ist" und daß "(e)ine Widmung als Verkehrsfläche ... also nur insoweit und nur solange gesetzmäßig (ist), als der die Enteignung rechtfertigende Zweck gegeben ist". Soweit der Gesetzgeber selbst, wie etwa nach Tiroler oder Vorarlberger Raumordnungsrecht eine bestimmte Frist (nach §16 TROG 1972 zehn Jahre sowie nach §18 Abs1 Vorarlberger RPG 1973 fünfzehn Jahre) dafür festgelegt hat, daß das für eine Hauptverkehrsfläche bestimmte bzw. als Sonderfläche gewidmete Grundstück dem festgelegten Verwendungszweck zugeführt wird (vgl. VfSlg. 11849/1988 und VfSlg. 14043/1995), entfällt das öffentliche Interesse an der das Eigentum besonders intensiv beschränkenden Widmung als Sonder- oder Vorbehaltsfläche, wenn die öffentliche Hand - aus welchen Gründen immer - die im öffentlichen Interesse gelegene Verwendung der deshalb entsprechend gewidmeten Grundfläche nicht innerhalb der vom Gesetzgeber dafür bestimmten Frist realisiert hat.

Fehlt es an einer gesetzlich festgelegten Frist für die Verwirklichung im öffentlichen Interesse geplanter Vorhaben (wie Verkehrsflächen), so hat es der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 13744/1994 aber als für die Verwirklichung einer Verkehrsflächenplanung "denkbar" bezeichnet, "daß in manchen - durchaus nicht vernachlässigbaren - Fällen, wie ... bei ... Enteignungen, wo die jeweilige Enteignung mehr als 30 Jahre zurücklag, die Frist zur Verwirklichung des Enteignungszweckes länger dauern kann, ohne daß dies sachwidrig wäre". Unter Heranziehung der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Sporrong-Lönnroth, EuGRZ 1983, 523f.) angestellten, unter dem Aspekt des verfassungsgesetzlichen Eigentumsschutzes vorgetragenen Überlegungen hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 13820/1994 zwar festgehalten, daß eine Verkehrsflächenwidmung ohne entsprechende Verwirklichungsmaßnahmen "nicht eine unbegrenzt lange Zeit dauern" darf. Er hat dabei die Angemessenheit des Verwirklichungszeitraumes für die nähere Planung oder den Bau der Verkehrsfläche danach beurteilt, ob der dafür benötigte Zeitraum "der Größe, der Kompliziertheit und Kostenintensität" des Verkehrsvorhabens entspricht.

Wenn daher, wie nach Oberösterreichischem Raumordnungsrecht, der Gesetzgeber selbst keine besondere Frist für die Verwirklichung einer in einem Flächenwidmungs- und/oder Bebauungsplan festgesetzten Verkehrsfläche nennt, ist diese Widmung solange rechtmäßig, als weiterhin ein entsprechendes öffentliches Interesse an der Verwirklichung der Verkehrsfläche besteht und als unter Berücksichtigung des Umfanges des Verkehrsvorhabens und der damit verbundenen Schwierigkeiten und Probleme der Zeitraum zur Verwirklichung des Verkehrsprojektes - noch - angemessen ist. Die Prüfung der Angemessenheit des Realisierungszeitraums für öffentliche Vorhaben gebietet sich schon deswegen, weil der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentums die durch eine Verkehrsflächenwidmung begründete Eigentumsbeschränkung nur insoweit als verfassungsmäßig erscheinen läßt, als sie verhältnismäßig ist, sohin auch hinsichtlich des in Betracht kommenden Zeitraums dem jeweiligen konkreten Verkehrsvorhaben angemessen erscheint. Dementsprechend erachtete der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 11845/1988 eine seit acht Jahren bestehende, in VfSlg. 13820/1994 eine Verkehrflächenwidmung von zehn Jahren als unbedenklich, wiewohl die betreffende Widmung - noch - nicht in die Wirklichkeit umgesetzt worden war. Umgekehrt hob der Gerichtshof in VfSlg. 11849/1988 eine beinahe drei Jahrzehnte dauernde Sonderflächenwidmung für Verkehrszwecke (auch im Hinblick auf die Zehnjahresfrist des §16 TROG 1972) und in VfSlg. 14043/1995 eine seit beinahe 17 Jahren für öffentliche Zwecke gemäß §18 Vorarlberger RPG 1973 ausgesprochene Vorbehaltsflächenwidmung (auch auf Grund der dafür im §18 Abs1 RPG vorgesehenen 15 Jahre-Maximalfrist) als gesetzwidrig auf, wobei der Gerichtshof ausdrücklich den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz in seine Überlegungen miteinschloß.

Eine privates Grundeigentum belastende Verkehrsflächenwidmung wird sohin rechtswidrig, wenn das öffentliche Interesse an der Errichtung der betreffenden Verkehrsfläche entfällt, sei es daß entsprechende Planungsabsichten ausdrücklich preisgegeben werden, sei es daß innerhalb angemessener, dem Umfang und der Bedeutung des Verkehrsvorhabens adäquater und dem damit verbundenen finanziellen Aufwand angemessener Zeit keine ernstlichen Schritte zur Verwirklichung des betreffenden Vorhabens gesetzt wurden.

Wie die Gemeinde Leonding unter Hinweis auf ihr Verkehrskonzept vom Juli 1993 dargetan hat, ist die "Südliche Umfahrungsstraße - Projekt D. I. Atzwanger" weiterhin Bestandteil des "funktionell gegliederten Straßennetzes mit flächenhaft beruhigten Bereichen" (so Verkehrskonzept, S 60), wobei die genannte Verkehrsfläche als zukünftige Sammelstraße im Verkehrskonzept eingezeichnet ist. Anläßlich des Beschlusses des Gemeinderates der Gemeinde Leonding über den Flächenwidmungsänderungsplan Nr. F 3/50 am 17. Dezember 1993 wurde ferner ein gegen die genannte Verkehrsflächenwidmung gerichteter Einwand der vor dem VwGH beschwerdeführenden Partei behandelt. Im Amtsbericht zum Gemeinderatsbeschluß wird dazu festgehalten:

"Diesem Einwand wird nicht stattgegeben, da diese geplante Straße bereits im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan als Verkehrsfläche ausgewiesen ist und überdies keine Planänderungsfläche darstellt. Darüber hinaus ist diese geplante Straße im neuen Gesamtverkehrskonzept Leonding als Sammelstraße enthalten. Da diese Straße daher nach wie vor eine wesentliche Bedeutung für das Leondinger Verkehrsnetz hat, kann auf eine Ausweisung nicht verzichtet werden."

Der Verfassungsgerichtshof folgt der in der Stellungnahme der Gemeinde Leonding vertretenen Auffassung, daß die Errichtung der Südlichen Umfahrungsstraße aus städteplanerischen Gründen zur Entlastung des Verkehrs im Zentrum Leondings, zur Verkehrsverlagerung sowie zur Anbindung von Aufschließungsstraßen des noch unbebauten Baugebietes notwendig ist, mögen auch seit der Planung der betreffenden Verkehrsfläche im Jahre 1981 bis zur Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Gemeinde Leonding im Jahre 1993 zwölf Jahre verstrichen sein. Für die durch diese Verkehrsflächenwidmung bewirkte Eigentumsbeschränkung ergibt sich ihre verfassungsrechtlich notwendige Angemessenheit schon daraus, daß die aus der Verkehrsflächenwidmung gemäß §18 O.ö. BauO 1976 abzuleitende Grundabtretungsverpflichtung in Anbetracht ihres gesetzlich beschränkten Ausmaßes keinen besonderen, etwa mit einer Enteignung des gesamten Grundstückes hinsichtlich seiner Schwere vergleichbaren Eigentumseingriff bildet, sodaß diese Verkehrsflächenwidmung und die daraus folgende - begrenzte - Grundabtretungsverpflichtung auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer langjährigen, vorausschauenden Verkehrsplanung von den an die geplante Verkehrsfläche angrenzenden Grundeigentümern hinzunehmen ist. Es liegt sohin auch hier im Sinne des Erkenntnisses VfSlg. 13744/1994 ein Fall vor, bei dem "die Frist zur Verwirklichung des ... (erg. Widmungs-)zweckes länger dauern kann, ohne daß dies sachwidrig wäre". Zu beachten wird freilich sein, daß, wie dies bereits in VfSlg. 14043/1995 vom Verfassungsgerichtshof ausgesprochen wurde, das öffentliche Interesse an einer das Eigentum beschränkenden Widmung etwa als Verkehrsfläche entfällt, sofern die öffentliche Hand - etwa auch aus finanziellen Gründen - die im öffentlichen Interesse gelegene Verwendung deshalb entsprechend (wie hier als Verkehrsfläche) gewidmeter Grundflächen nicht innerhalb des im Rahmen der Planung selbst vorgegebenen äußersten Zeithorizonts zu realisieren vermag.

Da die Verkehrsflächenwidmung im Flächenwidmungsplan F 3 sowie im Bebauungsplan Nr. 40 der Gemeinde Leonding für die dort ausgewiesene Südliche Umfahrungsstraße jedenfalls zum Zeitpunkt der für den VwGH maßgeblichen Sach- und Rechtslage - noch - nicht wegen der Dauer der bis dahin nicht verwirklichten Widmung gesetzwidrig wurde, war dem Antrag des VwGH nicht stattzugeben.

3. Dies konnte vom Verfassungsgerichtshof in gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Präjudizialität, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Baurecht, Grundabtretung, Eigentumsbeschränkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:V172.1995

Dokumentnummer

JFT_10028992_95V00172_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten