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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 2005 §11;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache der N A in W, vertreten durch MMag. Dr. Eberhard Wallentin, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Porzellangasse 4-6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Februar 2018, Zl. W206 2183145- 1/2E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige Somalias, stellte am 8. Februar 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu ihrem Fluchtgrund gab sie Erbschaftsstreitigkeiten mit ihrem Stiefbruder, der der Al Shabaab angehöre, an. Dieser habe sie bedroht, weshalb sie geflohen sei.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies den Antrag mit Bescheid vom 6. Dezember 2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab, erkannte der Revisionswerberin den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung. Begründend führte das BFA aus, dass sich das Fluchtvorbringen der Revisionswerberin als nicht glaubwürdig erwiesen habe. Ihr sei aber auf Grund der prekären humanitären Situation in Somalia, insbesondere der vorherrschenden Nahrungsversorgungsunsicherheit, subsidiärer Schutz zu gewähren.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 12. Dezember 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten gerichtete Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit im Wesentlichen vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen, weil eine Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens der Revisionswerberin voraussetze, dass sich der erkennende Richter einen persönlichen Eindruck verschaffe. Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht ihr Vorbringen, wonach die sie bedrohende Person Mitglied der Al Shabaab sei, übergangen. Das angefochtene Erkenntnis enthalte darüber hinaus weder Ausführungen zum Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative noch aktuelle Berichte zur Lage in Somalia.
6 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
7 Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass zur Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich sind:
8 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, sowie aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 1.3.2018, Ra 2017/19/0410, mwN).
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach festgehalten, dass ein Revisionswerber, der - wie im vorliegenden Fall - ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, konkret anzuführen hat, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. etwa VwGH 1.3.2018, Ra 2018/19/0007, mwN).
10 Eine derartige Darstellung findet sich in den Ausführungen zur Zulässigkeit der vorliegenden Revision nicht. Die Revisionswerberin zeigt nicht auf, inwiefern die Voraussetzungen für die Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegen wären. Insbesondere stellt die zitierte Rechtsprechung für das Verwaltungsgericht gerade nicht ein unbedingtes Erfordernis, sich vom Asylwerber einen persönlichen Eindruck zu verschaffen, auf.
11 Mit ihrem übrigen Zulässigkeitsvorbringen macht die Revisionswerberin Verfahrensmängel geltend, ohne dabei deren Relevanz für den Verfahrensausgang darzutun.
12 Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel hinsichtlich der die Revisionswerberin verfolgenden Person, der Aktualität der Länderberichte und der fehlenden Prüfung einer innerstaatlichen Fluchtalternative - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 1.3.2018, Ra 2017/19/0454, mwN).
13 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Wien, am 2. August 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018190225.L00Im RIS seit
22.08.2018Zuletzt aktualisiert am
03.09.2018