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E000 EU- Recht allgemein;Norm
32000L0009 Seilbahnen-RL Personenverkehr;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Revisionssache der Z GmbH in S, vertreten durch Altenweisl Wallnöfer Watschinger Zimmermann Rechtsanwälte GmbH in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 27. April 2018, Zl. 405- 2/113/1/2-2018, betreffend eine Angelegenheit nach dem Seilbahngesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 A. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen nach Art. 133 Abs. 9 B-VG sinngemäß anzuwenden.
2 B. Mit dem in Revision gezogenen Beschluss leitete das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) "gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG wegen Unzuständigkeit" die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) vom 19. Jänner 2018, mit dem der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Verlängerung der Konzession gemäß § 28 Abs. 2 Seilbahngesetz 2003 (SeilbG 2003) abgewiesen wurde und erklärt wurde, dass die Konzession somit gemäß § 26 Z 1 SeilbG 2003 ex lege erloschen sei, an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) weiter (Spruchpunkt I.). Weiters erachtete das LVwG gegen diese Entscheidung eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof als nicht zulässig (Spruchpunkt II.).
3 Begründend führte das LVwG unter Hinweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes vom 20. März 2018, Ko 2018/03/0001, aus, dass Art. 102 Abs. 3 B-VG dem Bund neben der bundesgesetzlichen Begründung der Zuständigkeit des Landeshauptmannes auch die Möglichkeit eröffne, in den in Art. 102 Abs. 2 B-VG genannten Angelegenheiten den Landeshauptmann aufgrund einer Delegationsermächtigung mit der Vollziehung des Bundes zu beauftragen, also die Angelegenheit in die mittelbare Bundesverwaltung zu übertragen. Der Übergang der Angelegenheit zur mittelbaren Bundesverwaltung erfordere jedoch die tatsächliche Inanspruchnahme der Ermächtigung. Im § 14 Abs. 4 SeilbG 2003 sei - gleich wie im Eisenbahngesetz - eine Delegationsmöglichkeit vom BMVIT an den Landeshauptmann im Einzelfall vorgesehen. Faktisch sei jedoch im vorliegenden Verfahren von der Möglichkeit der Delegation tatsächlich kein Gebrauch gemacht worden, weshalb die gegenständliche Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen worden sei und die Zuständigkeit des BVwG zur Entscheidung über die anhängige Beschwerde bestehe. Somit sei das LVwG für die Beschwerdesache nicht zuständig und werde die Beschwerde gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG zuständigkeitshalber an das BVwG weitergeleitet.
4 C. Die Revision ist nicht zulässig. 5 Nach der - gemäß § 17 VwGVG für Verwaltungsgerichte
sinngemäß anwendbaren - Bestimmung des § 6 AVG hat das Verwaltungsgericht bei ihm eingelangte Anbringen, zu deren Behandlung es nicht zuständig ist, ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu verweisen. Für die "sinngemäße" Anwendung des § 6 AVG im Verfahren der Verwaltungsgerichte nach dem VwGVG gilt, dass die Weiterleitung eines Anbringens (hier: der Beschwerde) nach dieser Bestimmung nicht als verfahrensabschließender Beschluss, sondern als - wenngleich ebenfalls in Beschlussform zu treffende (§ 31 Abs. 1 VwGVG) - verfahrensleitende Anordnung im Sinne des § 31 Abs. 2 und 3 letzter Satz VwGVG zu qualifizieren ist (vgl. VwGH 17.1.2015, Ra 2015/01/0022, VwSlg. 19.041 A; VwGH 18.2.2015, Ko 2015/03/0001, VwSlg. 19.052 A; VwGH 24.6.2015, Ra 2015/04/0040; vgl. dazu auch VwGH 24.6.2015, Ra 2015/04/0035, VwSlg. 19.148 A; VwGH 22.11.2017, Ra 2017/13/0010).
6 Im vorliegenden Fall hat das LVwG seinem Spruchpunkt I. zu Folge lediglich die Beschwerde an das BVwG zuständigkeitshalber - wie die Wendung "wegen Unzuständigkeit" indiziert - weitergeleitet und damit bloß einen verfahrensleitenden Beschluss gefasst. Eine darüber hinausgehende beschlussförmige Ablehnung seiner Entscheidung aus dem Grund der Unzuständigkeit hat das LVwG nicht vorgenommen (vgl. idZ etwa VwGH 9.11.2009, 2006/18/0450). Damit hat es vorliegend auch keinen der Rechtskraft fähigen Abspruch über seine Zuständigkeit getroffen (vgl. dazu etwa VwGH 19.1.2016, Ro 2015/01/0016;VwGH 19.6.2018, Ko 2018/03/0002).
7 Gemäß § 25a Abs. 3 VwGG ist gegen verfahrensleitende Beschlüsse eine abgesonderte Revision (ungeachtet eines fehlerhaften Ausspruches samt Rechtsmittelbelehrung zur Revisionszulässigkeit) aber nicht zulässig (vgl. dazu VwGH 3.5.2018, Ro 2017/19/0574, mwH).
8 D. Die Revision war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
9 E. Hinsichtlich der relevierten Zuständigkeitsfrage ist der Vollständigkeit halber noch anzumerken, dass im Rahmen der Umsetzung der RL 2000/9/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 20. März 2000 über Seilbahnen für den Personenverkehr (vgl. nunmehr die Verordnung (EU) 2016/424 über Seilbahnen und zur Aufhebung der genannten RL) mit dem SeilbG 2003 eine eigene gesetzliche Grundlage für diese Verkehrsanlagen im Rahmen des Kompetenztatbestandes Eisenbahnwesen (Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG) geschaffen wurde und gemäß den Vorgaben dieser RL Schlepplifte ohne Veränderung der verfassungsrechtlichen Grundlagen für die Zwecke dieses Gesetzes dem Seilbahnbegriff unterstellt werden. Durch die Umsetzung hat sich auch die Notwendigkeit zur Änderung des Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG) ergeben, welches mit Inkrafttreten des SeilbG 2003 - abgesehen von Übergangsbestimmungen - materiell keine Anwendung mehr findet (vgl. ErläutRV 204 BlgNR 22. GP, 1 und 7). Der sowohl dem SeilbG 2003 als auch dem EisbG zugrundliegenden Kompetenztatbestand "Verkehrswesen bezüglich Eisenbahnen", der gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache ist, zählt zu den in Art. 102 Abs. 2 leg. cit. taxativ - als "Verkehrswesen" - genannten Angelegenheiten. Im SeilbG 2003 sind die Angelegenheiten zuständigkeitshalber auf den BMVIT (§ 14 leg. cit.) und den Landeshauptmann (§ 13 leg. cit.) aufgeteilt. Der Bundesgesetzgeber hat von der Ermächtigung gemäß Art. 102 Abs. 3 B-VG bezüglich § 13 SeilbG 2003 Gebrauch gemacht und für die dort genannten Angelegenheiten die Zuständigkeit des Landeshauptmanns und zudem in § 13 Abs. 3 SeilbG 2003 für den Landeshauptmann eine Delegationsmöglichkeit an die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde vorgesehen, wodurch diese Angelegenheiten zu solchen der mittelbaren Bundesverwaltung werden. Gleiches gilt für die in § 14 Abs. 4 SeilbG 2003 für den BMVIT vorgesehene Ermächtigung, im Einzelfall seine behördliche Zuständigkeit an den örtlich zuständigen Landeshauptmann zu übertragen. Erfolgt eine derartige gesetzlich vorgesehene Delegation, mit der der BMVIT seine Zuständigkeit zu Gunsten des Landeshauptmannes aufgibt, kommt ebenfalls die Ermächtigung gemäß Art. 102 Abs. 3 B-VG zum Tragen. Demgegenüber wurde in § 14 Abs. 1 bis 3 SeilbG 2003 nicht von der Ermächtigung gemäß Art. 102 Abs. 3 B-VG, die Vollziehung in mittelbarer Bundesverwaltung vorzusehen, Gebrauch gemacht. Diese gesetzliche Bestimmung sieht eine Zuständigkeit des BMVIT als Behörde des Bundes für die Vollziehung der dort genannten Angelegenheiten vor. Die Vollziehung von Angelegenheiten in der Ministerialinstanz, wenn sie gemäß Art. 102 Abs. 2 B-VG besorgt wird, zählt notwendigerweise zur unmittelbaren Bundesverwaltung (vgl. VwGH 20.3.2018, Ko 2018/03/0001, mwH). Für die Angelegenheiten des § 14 SeilbG 2003, welche - wie hier - in erster Instanz vom BMVIT vollzogen wurden, ist daher das BVwG zuständig. Daran vermag die neue Rechtslage nach der Verordnung (EU) 2016/424 über Seilbahnen und zur Aufhebung der genannten RL 2000/9/EG nichts zu ändern.
Wien, am 2. August 2018
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Gemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030072.L00Im RIS seit
22.08.2018Zuletzt aktualisiert am
03.09.2018